Originaltitel: The Measure Of A Man Episodennummer: 2x09 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 13.02.1989 Erstausstrahlung BRD: 14.02.1992 Drehbuch: Melinda M. Snodgrass Regie: Robert Scheerer Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Michael Dorn als Lt. Worf, Diana Muldaur als Dr. Katherine Pulaski , Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data, Wil Wheaton als Wesley Crusher Gastdarsteller: Amanda McBroom als Captain Phillipa Louvois, Brian Brophy als Commander Bruce Maddox, Brian Brophy als Commander Bruce Maddox, Whoopi Goldberg als Guinan, Colm Meaney als Chief O'Brien u.a.
Kurzinhalt:
Die Enterprise wird zur Sternenbasis 173 gerufen. Commander Maddox möchte an Data Experimente durchführen, um so das Geheimnis seiner Schöpfung zu lüften und in weiterer Folge mehr Androiden seines Typs produzieren zu können. Data ist jedoch skeptisch, ob er über das notwendige Wissen verfügt, um für Datas Sicherheit zu garantieren – und lehnt es strikt ab, sich für seine Forschung zur Verfügung zu stellen. Daraufhin lässt Commander Maddox den Androiden zur Sternenbasis versetzen – was wiederum Data dazu veranlasst, den Dienst bei der Sternenflotte zu quittieren. Doch darf er das überhaupt? Über welche Rechte und Pflichten verfügt der von Menschenhand geschaffene Androide eigentlich? Mit eben dieser Frage muss sich die Richterin Phillipa Louvois befassen, als Maddox offiziell Beschwerde einreicht, und behauptet, Data sei – so wie die Computer an Bord der Enterprise – Eigentum der Sternenflotte. Captain Louvois ist geneigt, ihm zuzustimmen, doch Captain Picard erhebt Einspruch, und besteht auf eine Anhörung, um Datas Status zu klären. Während Picard Data vor Gericht vertritt, zwingt Louvois Commander Riker dazu, Maddox Position vor Gericht zu vertreten. Das Urteil wird über Datas Schicksal entscheiden…
Denkwürdige Zitate:"It makes very little sense to bet when you cannot win." "But I did win."
(Commander Riker versucht Data, Poker bzw. Bluffen zu erklären.)
"You always enjoyed the adversarial process more than arriving at the truth."
(Captain Picard zu und über Captain Louvois.)
"It brings a sense of order and stability to my universe to know that you're still a pompous ass."
(Captain Louvois wenig schmeichelhafte Erwiderung.)
"We have a problem." "I find myself in complete agreement with that assessment of the situation, sir."
(.)
"Pinocchio is broken. It's strings have been cut."
(Commander Riker, nachdem er Data deaktiviert hat.)
Review:Mehr als eine Staffel lang kennen wir Data nun schon, und haben ihn als treues, vollwertiges und geschätztes Mitglied der Enterprise-Crew kennengelernt. So wie der Besatzung der Enterprise würde es demnach auch dem Zuschauer gar nicht in den Sinn kommen, in ihm etwas anderes zu sehen als eine Person, und ihn nur als Maschine, als Ding zu betrachten – was dazu führt dass wir uns unweigerlich unwohl fühlen, wenn in dieser Episode von Data immer wieder als "es" gesprochen wird. Und doch wirft "Wem gehört Data?" die Frage auf: Ist er denn wirklich mehr als ein "Toaster"? Oder imitiert er vielmehr nur menschliches Verhalten, ist jedoch nichts weiter als eine Maschine – wie Riker bei seiner Befragung von Data so wirkungsvoll demonstriert? Und wenn dem so ist, hat eine Maschine das Recht, einfach so den Dienst zu quittieren? Ist Data eine vollwertige Person mit allen damit einhergehenden Rechten und Pflichten, oder vielmehr (als Bergungsgut) Eigentum der Sternenflotte? Mit eben diesen Fragen beschäftigt sich "Wem gehört Data?" – und beschert der Serie damit ihre bislang beste Episode.
Roboter gibt es in der Science Fiction-Literatur schon seit einer halben Ewigkeit, und immer wieder beschäftigen sich Autoren mit den Einschränkungen, denen sie unterliegen sollen – allen voran natürlich den drei berühmten Regeln von Isaac Asimov. Mir ist jedoch keine Geschichte bekannt, die sich – wie diese Episode – schon einmal mit der Frage beschäftigt hätte, inwiefern Roboter und/oder Androiden über ähnliche oder die gleichen Persönlichkeitsrechte wie Menschen verfügen (sollen). "Wem gehört Data?" wirft diesbezüglich einige faszinierende und teils auch erschreckende Fragen auf. Angenommen wir sind eines Tages wirklich soweit, derartige Roboter zu erschaffen, und sie mit Intelligenz und vielleicht sogar einem Bewusstsein auszustatten. Werden sie unsere willenlosen Sklaven sein, oder werden wir sie vielmehr als neue Lebensform betrachten? Und überhaupt: Was genau unterscheidet uns von solchen "künstlichen Intelligenzen"? Ab wann beginnt man, von einem Lebewesen zu sprechen? Können auch Maschinen über so etwas wie eine Seele verfügen? Diese Gedanken allein sind schon interessant genug, um für gute Unterhaltung zu sorgen. Zusätzliche Dramatik bezieht die Folge dann aber aus der perfiden Konstellation, dass Picard Data vertritt, und Commander Riker dazu gezwungen wird, Maddox Interessen zu vertreten. Eben diesem handlungstechnischen Kniff verdankt "Wem gehört Data?" einige seiner besten Momente. Großartig z.B. die kurze Szene, als Riker sich über Data informiert, von seinem Ausschalter erfährt, ein kurzes Lächeln über seine Lippen huscht (da es seiner Argumentation bei der Verhandlung helfen wird), dieses aber unmittelbar von einen betrübten Blick abgelöst wird, als er erkennt, dass er möglicherweise gewinnen und seinen Freund und Kameraden zu einem Leben als Sklaven der Sternenflotte verdammen wird.
Die Verhandlung an sich ist dann das Herzstück der Episode. Absolut erschreckend ist jener Moment, als Riker zuerst Data seinen Arm abnimmt, und ihn dann ausschaltet. "Pinocchio is broken" – und damit auch das Herz des Zuschauers. Kurz darauf kommt Guinan eine entscheidende Rolle dabei zu, Picard dabei zu helfen, sein Verteidigungsplädoyer zu erstellen. Denn wenn man eine ganze Armee solcher Datas baut, ohne Rechte, schafft man damit nicht zugleich eine Sklavenrasse? Eben dies ist dann der Dreh- und Angelpunkt von Picards Schlussplädoyer. Doch bereits zuvor, bei der Befragung von Data und auch Maddox, gibt es viele wundervolle Momente, wie z.B. Datas Erinnerungen an Tasha, oder wie Maddox zunehmend in die Ecke gedrängt wird, und sich zuletzt selbst nicht mehr sicher zu sein scheint, ob Data nicht doch die Kriterien eines Lebewesens erfüllt. Der Ausgang bzw. das Urteil mag dann vorhersehbar gewesen sein, verfehlte die gewünschte Wirkung bei mir aber dennoch nicht. Wie schon Picards flammende Rede zuvor, bei der sich Patrick Stewart wieder einmal absolut auszeichnet, ist es ein erhebender Gänsehautmoment.
Generell wissen die schauspielerischen Leistungen wieder einmal absolut zu gefallen. Neben Patrick Stewart bekommt vor allem auch Jonathan Frakes diesmal einiges zu tun, der Rikers emotionalen Zwiespalt perfekt vermittelt. Auch Brent Spiner schafft es, dass wir für seinen Androiden trotz dessen Emotionslosigkeit viel Sympathie empfinden, und im Verlauf der Verhandlung mit ihm mitfühlen. In wichtigen Nebenrollen treten außerdem noch Amanda McBroom als Richterin Louvois und Brian Brophy als Bruce Maddox auf. Letzterer scheut sich nicht davor, seinen Charakter verachtenswert anzulegen, und erstere liefert sich ein paar wundervolle, schnippische Dialoge mit Patrick Stewart, und zeigt eine sehr spielfreudige Performance. Auch Whoopi Goldberg ist in ihrer einen Szene großartig. Sie mag in anderen Episoden mehr zu tun bekommen haben, aber selten war ihr Beitrag zu einer Folge so wichtig, denkwürdig und bemerkenswert wie hier. Weitere Stärken der Episode, wie die gute Musik von Dennis McCarthy oder die neuerlich phantastischen Spezialeffekte (wobei vor allem die Raumstation hervorsticht, sowie jene Aufnahme, als man von dieser aus die Enterprise im Orbit vorbeifliegen sieht) verkommen da vergleichsweise zur Randnotiz, seien nichtsdestotrotz hiermit aber ebenfalls erwähnt. Und auch auf die Einstiegsszene, welche zum ersten Mal die wöchentliche Pokerrunde auf der Enterprise zeigt, darf nicht vergessen werden. Insgesamt ist "Wem gehört Data?" jedenfalls eine großartige Episode, der ich nur einen Aspekt anlasten würde. So ist das Intro wieder einmal suboptimal platziert; es ist mehr eine willkürliche Unterbrechung an beliebiger Stelle, als dramaturgisch geschickt gemacht. Davon abgesehen gibt es aber nichts zu bemängeln, und ist sie eine höchst gelungene Episode mit vielen großartigen Szenen.
Für die Blu Ray-Veröffentlichung hat man sich zudem noch ein ganz besonderes Schmankerl ausgedacht. So war die ursprüngliche Fassung der Folge fast eine Stunde lang, weshalb einige Szenen der Schere zum Opfer fielen. Da jedoch diese ursprüngliche Fassung noch auf Video hatte, wurde im Zuge der Restaurierungsarbeiten auch diese erweiterte Version der Episode wiederhergestellt. Die längere Fassung gefällt mir letztendlich sogar noch einmal eine Spur besser als die ursprüngliche Version, da die Handlung etwas mehr Luft zum Atmen bekommt, und es einige tolle Charakterszenen gibt. So gibt in einer Data Geordi die Pfeife von Sherlock Holmes, die Abschiedsfeier von Data wurde deutlich erweitert, wir sehen Picard wieder einmal beim Fechten, und auch die Vorbereitungen auf die Verhandlung zwischen Picard und Data werden näher beleuchtet. Meine Lieblingsstelle von den neuen Szenen ist aber jener kurze Moment, der in den Abschlussdialog zwischen Data und Riker am Ende der Episode eingefügt wurde. Jedenfalls wird "Wem gehört Data?" für mich durch die erweiterte Fassung noch einmal zusätzlich aufgewertet.
Fazit:
"Wem gehört Data?" ist die erste großartige Episode der Serie. Bereits in der ursprünglichen, "alten" Version gefällt sie mir sehr gut, aber die zusätzlichen Szenen der auf der Blu Ray enthaltenen erweiterten Fassung werten die Folge für mich durch zahlreiche wundervolle Momente und tolle Charakterszenen noch einmal zusätzlich auf. Bereits die alte Version war aber eine faszinierende Auseinandersetzung mit dem Thema künstliche Intelligenz und "künstlich" geschaffenes Leben. Ist Data eine Person, mit allen Persönlichkeitsrechten die damit einhergehen, oder nur ein Ding, und Eigentum der Sternenflotte? Diese Frage steht im Zentrum der Episode – und doch gehen die offenen Fragen in weiterer Folge noch deutlich darüber hinaus, bis auf die metaphysische Ebene und die Frage, ob Data eine Seele hat. Neben diesen interessanten Ideen und Thematiken bezieht die Episode einen Großteil ihrer Dramatik aber aus dem Einfall, Data von Picard und Maddox durch Riker vertreten zu lassen – was die beiden obersten Offiziere der Enterprise gegeneinander antreten lässt, und Riker zudem dazu zwingt, gegen einen Freund und Kameraden Stellung zu beziehen. Das Ergebnis ist eine außergewöhnliche Episode, und die bis dato beste Episode der Serie.