Kurzinhalt:
Seit den Ereignissen aus "Star Trek" ist rund ein Jahr vergangen. Die Crew der Enterprise hat in der Zwischenzeit bereits ein paar Abenteuer erlebt, und ist stärker zusammengewachsen. Immer noch plagen Spock Albträume von der Zerstörung Vulkans – und dem Tod seiner Mutter, und Captain Kirk beginnt langsam die Einsamkeit des Kommandos zu spüren. Als die Enterprise bei ihrem routinemäßigen Besuch des Planeten Phaedus Technologie auf einer Entwicklungsstufe entdeckt, welche die Bewohner eigentlich noch nicht erreicht haben dürften, beschließt Kirk, dem Planeten einen Besuch abzustatten, um der Sache auf den Grund zu gehen. Kurz nach ihrer Ankunft treffen sie auf den früheren Captain der Enterprise: Robert April. Dieser galt für tot, ist aber in Wahrheit seit rund zwei Jahrzehnten auf Phaedus tätig, und versorgt eine der beiden auf dem Planeten lebenden Rassen mit moderner Technologie, um ihren Fortbestand gegen das aggressive, dominante Volk der Schatten zu sichern, und einen Genozid zu verhindern. Damit verstößt er bewusst und absichtlich gegen die Oberste Direktive. Captain Kirk möchte ihn daraufhin gefangen nehmen und dem Föderationsrat vorführen – doch als die Schatten angreifen, geraten Kirk, Spock und der Rest des Außenteams zwischen die Fronten…
Review:
Bereits zum ersten Film von J.J. Abrams Reboot des Franchises, "Star Trek", erschien ein Prequel-Comic mit dem Namen "Countdown", um auf den anstehenden Film einzustimmen und die Vorgeschichte zu erzählen. Zwar hatte dies den (meines Erachtens geringfügigen) Nachteil, dass man als man den Film sah schon wusste, wie es zu den Zeitsprüngen von Spock und Nero kam, weshalb die entsprechenden Erzählungen der beiden im Film nicht mehr sonderlich überraschend und/oder interessant waren; dafür blieb im Comic aber natürlich mehr Zeit als in den paar Minuten im Film, um die Hintergrundgeschichte zu erzählen, weshalb sie dort meines Erachtens um einiges stärker wirkte als im Film selbst – der so gesehen insgesamt für mich durch das Prequel-Comic doch leicht aufgewertet wurde. Inwiefern "Countdown to Darkness" ähnliches gelingen wird, lässt sich ohne Kenntnis des Films naturgemäß schwer beantworten – insgesamt bin ich aber nachdem ich ihn nun gelesen habe doch eher skeptisch, und bezweifle, dass dieses Prequel-Comic eine ähnliche Bedeutung für den nachfolgenden Film haben wird, wie dies bei "Countdown" der Fall war.
Nun gut, dass J.J. Abrams gerne möglichst unter vollständiger Geheimhaltung agiert und so wenige Details wie möglich nach außen dringen lässt, ist nichts Neues. Insofern war auch nicht zu erwarten, dass "Countdown to Darkness" die ganz großen Fragen (wie z.B. ist John Harrison wirklich nur John Harrison? Oder versteckt sich eine bekanntere Figur dahinter?) beantworten würde – und genau genommen hätte ich das ja auch gar nicht gewollt. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass nachdem "Countdown" die unmittelbare, essentielle Vorgeschichte zu "Star Trek" erzählt hat, "Countdown to Darkness" hieran nicht anknüpfen wird können, und die Andeutungen und/oder Verknüpfungen doch eher vage sind. Jedenfalls weiß ich nachdem ich den Comic gelesen habe nicht mehr als nach Sichtung der Trailer (insbesondere des etwas aufschlussreicheren letzten). Man meint, vielleicht einzelne Elemente zu erkennen, die in "Star Trek Into Darkness" eine Rolle spielen könnten, wie die Oberste Direktive, die Klingonen, Carol Marcus' Vater, oder auch der Geheimdienst der Sternenflotte. Die ganz großen Erkenntnisse bleiben aber aus, und insgesamt scheint mir "Countdown to Darkness" doch eine (im Vergleich zu "Countdown") eher unabhängige Geschichte zu erzählen.
Eben diese ist dann zwar einerseits nicht schlecht, aber andererseits jetzt auch nicht unbedingt so begeisternd. "Countdown to Darkness" nimmt sich Anleihen an der TOS-Episode "Der erste Krieg", in der ein Sternenflottenoffizier (dort Kirk, hier April) eine Prä-Warp-Zivilisation mit fortschrittlich(er)en Waffen ausrüstet, um das durch die Klingonen (welche die Gegenseite beliefern) aus der Balance gebrachte Gleichgewicht der Kräfte wieder herzustellen (was für mich auch die Frage aufwarf, warum man die Handlung nicht gleich auf diesem bereits bekannten Planeten spielen ließ, und –wie bei "Die neue Zeit" – die bekannte Episode adaptierte). Wo uns jedoch "Der erste Krieg" dazu einlud, mit Kirk zu sympathisieren, erschien mir April – vor allem auch angesichts seiner späteren, fanatischen Taten – eher als Bösewicht angelegt zu sein. Etwas schade fand ich dies schon, den eine Diskussion um bzw. kritische Auseinandersetzung mit der Obersten Direktive hätte ich durchaus interessant gefunden. Stattdessen scheint dieser Gedanke eher nur dazu da zu sein, um etwas Action unterbringen zu können. Und dabei hätte ich eigentlich sehr gerne mit Robert April sympathisiert – seine weiteren Taten machen dies aber unmöglich, und deuten an, dass es nicht in der Absicht der Autoren lag, ihn uns sympathisch zu machen. Einen etwas differenzierten Zugang hätte ich hier bevorzugt.
Etwas seltsam fand ich auch die mangelnde Entwicklung zwischen Kirk und Spock. Zumindest ich hatte beim Lesen des Comics nicht den Eindruck, dass sie nun seit zwei Jahren zusammenarbeiten würden. Sie scheinen was ihre freundschaftliche/kameradschaftliche Beziehung betrifft im Wesentlichen immer noch dort zu stehen, wo sie auch am Ende von "Star Trek" waren. Gerade auch nach den riesigen Schritten, die sie im ersten Film zu einem besseren Verständnis gemacht haben, erschien das schon ein wenig seltsam. Ich kann zwar den Wunsch verstehen, dass man die Figuren am Beginn einer Filmfortsetzung gerne möglichst genau dort haben will, wo sie am Ende des Vorgängers standen; und natürlich bietet eine Fernsehserie mehr Möglichkeiten zur kontinuierlichen Charakterentwicklung. Etwas unplausibel erschien es mir dennoch. Um nicht ständig zu nu meckern: Es gab auch ein paar wirklich tolle Momente. Vor allem den Einstieg, als wir Spocks Albtraum miterleben und erkennen, dass ihn die Zerstörung von Vulkan und der Tod seiner Mutter nach wie vor ungemein belasten, fand ich phantastisch. Und nachdem die Handlung zuvor doch etwas gemächlich verlief, kommen am Ende doch noch einmal etwas Schwung und Spannung rein. Mit 88 Seiten ist er zudem kurz genug, um zu gewährleisten. dass nie Langeweile aufkommt.
Weitere ungeordnete Gedanken zum Comic: Der potentielle Logikfehler aus "Star Trek" rund um den Jungfernflug der U.S.S. Enterprise wird hier nun nachträglich noch ausgeräumt, wenn auch mit der Brechstange. So erfahren wir in "Countdown to Darkness", dass das Schiff auf der Erde eine Generalüberholung hinter sich brachte. Damit ist die ursprüngliche Vorgeschichte rund um die früheren Captains Robert April und Christoper Pike wieder gewahrt. Kaum haben sie diesen Kontinuitätsfehler behoben, liefern sie jedoch einen (potentiellen) neuen, und das alles nur für einen guten (?) Gag. Was man aus Harry Mudd gemacht hat, mag zwar auf den ersten 2-3 Bildern als netter Witz durchgehen, hält aber einer logischen Betrachtung nicht wirklich stand. Ich meine, das soll durch Neros Ankunft vor 30 Jahren passiert sein? Natürlich ließe sich mit viel gutem Willen eine plausible Erklärung finden, aber die Autoren sind nicht einmal daran interessiert, eine solche auch nur anzubieten. Ihnen ging es scheinbar nur um den Gag; alles andere war wohl unwichtig.
Mangelnde Kontinuität habe ich auch gegenüber dem neuen Schiffsdesign der Klingonen kritisch anzumerken. Das sieht so überhaupt nicht wie jene Schiffe aus, die wir aus der klassischen Serie kennen (und die in modernisierter Form auch noch in "Star Trek" während der Kobayahi-Maru-Prüfung zu sehen waren). Unabhängig von der Änderung fand ich das Design generell nicht wirklich gelungen. Womit wir auch schon bei den Zeichnungen wären: Diese sind zwar grundsätzlich recht gut, rissen mich aber ebenfalls nicht vom Hocker. Vor allem die eine oder andere Figur erschien mir teilweise nicht besonders gut getroffen. Insbesondere Kirk konnte ich oftmals nur deshalb erkennen, da ich wusste, dass das jetzt er sein soll – Chris Pine sah er hingegen die längste Zeit leider nicht wirklich ähnlich. Wobei dies von Bild zu Bild enorm schwankt. Mal meint man Pines Abbild zu sehen, dann fragt man sich wieder "Wer soll das jetzt sein?" Ein gutes Beispiel dafür findet ihr gleich zu Beginn, bei Captain Kirks erstem Auftritt. Sein Gesicht ist auf dieser Seite in vier Bildern zu sehen – aber nur auf einem davon hätte ich ihn bzw. hätte ich Chris Pine erkannt. Den anderen Figuren – allen voran Spock und Uhura – ergeht es hier deutlich besser. Und auch die Farbgebung und die künstlerische Gestaltung wissen soweit zu gefallen.
Fazit:
Nach dem Prequel-Comic zum ersten "Star Trek"-Film von J.J. Abrams, "Countdown" – an dem ich zwar auch das eine oder andere auszusetzen hatte, der den Film aber durch die ausführlichere Hintergrundgeschichte definitiv aufgewertet hat, und auch wirklich die relevante, essentielle Vorgeschichte zum Film erzählte – war ich von "Countdown to Darkness" doch etwas getäuscht. Und dabei hatte ich die ganz großen Offenbarungen ohnehin nicht erwartet (oder gewünscht). Dennoch vermittelten mir die Trailer bislang den Eindruck, dass die Geschichte des Comics und des Films doch eher nur rudimentär miteinander verbunden sein werden. Es gibt zweifellos Andeutungen bzw. Elemente, die in "Star Trek Into Darkness" eine größere Rolle spielen werden, aber – auch wenn dies ohne Kenntnis des Films natürlich schwer zu beurteilen ist – ähnlich wichtig wie damals "Countdown" für "Star Trek" erscheint mir dieses Prequel-Comic nicht zu sein. Von diesem Manko abgesehen ist die erzählte Geschichte ok. Nichts Besonderes, und als alten (?) Trekkie stören mich ein paar unnötige (vermeintliche) Kontinuitätsfehler, und fand es vor allem auch schade, dass man für "Countdown to Darkness" nicht gleich – wie man dies bei der "Die neue Zeit"-Comicreihe für Episoden der klassischen Serie macht – "Der erste Krieg", mit dem sie viele thematische Ähnlichkeiten teilt, adaptiert hat. Und auch die Zeichnungen fand ich nicht immer 100%ig geglückt, wobei vor allem Chris Pine meiner Ansicht nach nur sporadisch in Kirks Abbildung zu erkennen war. Dennoch ist der Comic recht unterhaltsam, und weiß vor allem mit einem tollen Einstieg sowie einem vielversprechenden Ausklang zu gefallen. So gesehen macht man als "Star Trek"-Fan sicherlich nichts falsch, wenn man ihn sich – optimalerweise vor dem Kinobesuch – durchliest. Mit Softcover, Hardcover und eBook sollte eigentlich für jeden Trekkie das passende Format dabei sein.
Bewertung:
2.5/5 Punkten
Christian Siegel
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zum Comic im SpacePub!