Mit: Tom Cruise, Andrea Riseborough, Olga Kurylenko, Morgan Freeman, Nicholaj Coster-Waldau, Melissa Leo u.a.
Kurzinhalt:
Die Erde ist ein Ödland. Nach einem verheerenden Krieg gegen eine außerirdische Macht, ist die Erde zu großen Teilen unbewohnbar und die meisten Menschen leben inzwischen auf dem Saturnmond Titan. Die letzten Menschen auf der Erde sind Techniker, die Drohnen reparieren, die ihrerseits riesige Sammelmaschinen bewachen, die das gesamte Meerwasser absaugen und zu Brennstoffzellen verarbeiten. Diese müssen geschützt werden, denn obwohl der Krieg gewonnen wurde, treiben sich noch immer Plünderer – so werden die Aggressoren genannt – auf der Erde herum. Zurück blieb außerdem der Ted, eine riesige Raumstation, die einen Zwischenstopp auf dem Weg zum Titan darstellt und die letzten Techniker überwacht. Einer dieser Techniker ist Jack Harper. Er und seine Koordinatorin Victoria leben 3000 Fuß hoch über den Wolken, von wo aus er täglich seine Einsätze fliegt. Als eines Tages in ihrem Gebiet ein Raumschiff abstürzt und Jack, entgegen seiner Befehle das Wrack untersucht, sieht er sich gezwungen, über die wahre Natur ihrer Aufgabe, den Krieg und den Feind nachzudenken…
Review von Michael Spieler:
2013 ist ein gutes Jahr für Science Fiction, und "Oblivion" ein furioser Auftakt. Man mag von Tom Cruise halten was man will, die Filme in denen er die Hauptrolle spielt, enttäuschen fast nie. "Oblivion" ähnelt in seiner Thematik und Präsentation sehr stark Genrefilmen wie "Solaris", "Sunshine" oder "Moon". Ein erstaunlicher Umstand, den man kaum einem Blockbuster-Anwärter zuschreiben würde. Dass diese Art grüblerischer, hochkonzeptueller Science Fiction es ins Mainstream-Kino schafft, liegt natürlich an den Namen, die mit dem Film verbunden sind. Aber es ist auch dem Studio hoch anzurechnen, dass einem originären Skript, das zunächst nicht mit einer Kassenschlagerthematik und dem dazugehörigen Krachbumm ausgestattet daherkommt, so eine Riesenchance gegeben wurde. Da war jemand mutig. Ich denke, es wird sich eine Art "Inception-Effekt" einstellen, wobei ein Großteil der Kinogänger geflasht sein wird, ohne alles zu verstehen und "mein Hirn tut weh"-Schreie ins Netz abliefert, während andere ihn für das Beste seit geschnittenem Brot halten werden. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen, denn "Oblivion" bedient sich kräftig bei den ökonomisch nicht so erfolgreichen bzw. Indie-Produktionen. Während des Films hatte ich immer wieder einen Gedanken: das ist "Moon", auf das man 10x mehr Geld geworfen hat um es visuell zu skalieren. Ohne lange ins Detail zu gehen: In "Moon" überwacht ein einzelner Mann auf dem Mond Rohstoffsammler. Er hat nur Gesellschaft von seinem Computer und als eines Tages ein Sammler stehen bleibt, entdeckt er Dinge, die sein Weltbild umkrempeln. Klingt doch vertraut?
Trotz der für Fans des Hochkonzept-SciFi offensichtlichen Wendungen, kann "Oblivion" begeistern und ich fühlte mich auch nicht betrogen. Dazu gibt es einfach noch mehr Elemente, die den Film dann doch von den Anderen unterscheiden, auch wenn das Grundkonzept ähnlich ist. Der harte Kontrast aus dem überstilisierten Architektentraum von einer Wohnumgebung über den Wolken zur vernarbten Erdoberfläche – die ausgiebig erkundet wird – schafft es, eine seltsame Mischung aus Freiheit, Monotonie, Hoffnung und Verzweiflung aufzubauen, der seines Gleichen sucht. Jack (Tom Cruise) und Victoria (Andrea Riseborough) stehen kurz davor, selbst zum Titan aufzubrechen und Victoria will um jeden Preis diese letzte Zeit ohne Vorkommnisse hinter sich bringen. Jack auf der anderen Seite empfindet etwas für seine Heimat und ist immer mehr enttäuscht davon, sie bald zurücklassen zu müssen. Er hat ein verstecktes Tal gefunden, dass im Gegensatz zum Rest ihres Gebietes ein wahres Idyll mit Haus am See ist. Er hat sich in das Fleckchen Erde verliebt und will nicht fort. Das Publikum erlebt die Offenbarungen der Geschichte mit Jack zusammen und Cruise vermittelt eine glaubwürdige Darstellung von jemandem, der zu wissen glaubt, was er warum tut und wie die Welt läuft, bis diese Welt durcheinandergewirbelt wird und er vorm Scherbenhaufen seiner Überzeugungen steht.
Die praktischen Gadgets – wie das wirklich fotogene Bubble-Schiff, ein hubschrauberähnliches Gefährt, mit dem er seine Einsätze fliegt und das tatsächlich komplett gebaut wurde – tragen zum Realismus bei, und auch die Planetenoberfläche wirkt echt und nie übertrieben. Das reale und digitale Produktionsdesign ist einfach umwerfend. Da kommt man sich schon mal kurz so vor, als würde man eine Alternativversion der Dokumentation "Home", bzw. den Teil, der nach einer globalen Umweltkatastrophe gedreht wurde, sehen. Die knapp über zwei Stunden Film zeigen eben auch Jacks monotone Arbeit – filmische Längen, die ich aber gern in Kauf genommen habe. Es gibt dann tatsächlich auch wohl überlegte Actionszenen, die effektiv und nicht "weil sie es konnten" eingesetzt wurden. Das ist kein "Transformers"-Film. Der Soundtrack kommt von M83. Co-Autor und Regisseur Joseph Kosinski hat sich nach seinem Erstlingswerk "TRON: Legacy" also wieder ein paar Elektro-Franzosen ins Boot geholt. Damit fährt er ja offenbar sehr gut und an den Soundtrack von Daft Punk erinnert sich ja noch jeder. Der OST zu "Oblivion" ist nicht ganz so episch oder individuell, aber nah dran. Auf Soundcloud hat Back Lot Music den gesamten Soundtrack zum Streamen bereit gestellt, bevor er einen Tag nach dem Kinostart in die Läden kommt. Wer einen Dolby-Atmos-Saal in seiner Nähe hat (Berlin, Nürnberg, Stuttgart, Wien) darf sich freuen, denn "Oblivion" macht als erster Film direkt vom neuen 3D-Audio Gebrauch und wurde bei der Produktion schon passend abgemischt, während alle anderen Filme die bisher schon Atmos anboten nachbearbeitet wurden.
Fazit:
Großes Kino. Bilder für die größte Leinwand, die ihr finden könnt und ganz ohne schlechten 3D-Effekt. Pure Science Fiction für Fans und aufgeschlossenes Mainstreampublikum. Ein echtes Muss im April.
Wertung:10 von 10 Punkten
Michael Spieler
Review von Christian Siegel:
Mit "Tron: Legacy" hat sich Joseph Kosinski vor zwei Jahren als Genre-Talent erwiesen, dass es im Auge zu behalten gilt. Zwei Jahre später gelingt es ihm mit "Oblivion" nun, diesen Eindruck zu bestätigen. Als größte Stärke erweist sich dabei – wie schon bei seinem Erstlingswerk – die visuelle Gestaltung des Films. Bereits bei "Tron: Legacy" hat das Design der dort geschaffenen und präsentierten Welt gefallen, und auch in "Oblivion" finden sich viele interessante, originelle und grandiose Designs, die dem Film eine eigene Identität geben und ihn aus der Masse der SF-Filme hervorstechen lassen. Auch abseits der Designs präsentiert er zahlreiche beeindruckende Bilder und tolle, imposante Aufnahmen – wobei es vor allem zu Beginn und am Ende des Films (Stichwort Weltraum) ein paar diesbezügliche Schmankerl gibt. Auch die Action ist imposant, wobei vor allem die Verfolgungsjagd im Canyon hervorsticht; aber auch die Schießerei gegen Ende hin ist gut. Kosinski versteht es, die Action einerseits sehr energetisch und packend, aber dennoch übersichtlich zu inszenieren – ein Talent, dass man in Hollywood ja heutzutage leider mit der Lupe suchen muss. Mir gefällt sein sehr eleganter Inszenierungsstil jedenfalls ungemein gut.
Insofern ist "Oblivion" zweifellos wieder ein Film, den man auf einer so großen Leinwand wie möglich sehen sollte. Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, dass Besucher einer IMAX-Vorstellung sogar eine Version mit mehr Bildinformationen oben und unten zu Gesicht bekommen, die das Format zur Gänze ausfüllt – ähnlich, wie dies bei "The Dark Knight" und "The Dark Knight Rises" in einzelnen Szenen der Fall war. Bei "Oblivion" betrifft es aber – von den Rückblenden abgesehen – de facto den kompletten Film. Insofern ist "Oblivion" wieder einmal ein Film, wo es sich meines Erachtens lohnt, den Aufschlag für eine IMAX-Vorstellung zu bezahlen, da man auch wirklich einen Mehrwert bekommt. Wenn ihr die Möglichkeit habt, sei euch daher hiermit dringend zu einem IMAX-Besuch geraten. Ich fand "Oblivion" in diesem Format jedenfalls optisch ungemein beeindruckend, und überlege sogar, ihm vielleicht noch einen zweiten Besuch abzustatten. Neben der Optik teilt sich "Oblivion" noch eine zweite wesentliche Stärke mit Joseph Kosinskis Erstlingswerk: Den Soundtrack. Zwar würde ich diesen – für den er erneut eine Electronic-Band, in diesem Fall "M83", verpflichtet hat – nicht ganz auf dem Niveau von Daft Punk Kompositionen für "Tron: Legacy" sehen, aber wer diesen Stil mochte, wird auch am Soundtrack zu "Oblivion" wieder Gefallen finden, der teilweise wie eine Mischung aus dem Score von "Tron: Legacy", "Lost" und Sounds im Stile von "Two Steps From Hell" (deren Arbeit Genrefans vor allem noch aus dem Trailer zu J.J. Abrams erstem "Star Trek"-Film in Erinnerung sein dürfte) wirkt; also so eine Rock-Elektronik-Orchester-Mischung. Ich fand die Filmmusik jedenfalls phantastisch, und freue mich schon auf die CD (ja, was soll ich sagen, ich bin halt altmodisch). Neben der Filmmusik muss vor allem auch das Sounddesign hervorgehoben werden – ein Aspekt, dem man als Kinozuschauer ja üblicherweise weniger Beachtung schenkt, bei "Oblivion" ist es mir aber wirklich mal positiv aufgefallen. Neben den Bildern sorgte jedenfalls auch die tolle Akustik dafür, dass ich in die Welt von "Oblivion" hineingezogen wurde.
"Oblivion" kommt mit einer recht kleinen Besetzung aus – dafür ist die vorhandene Darstellerriege umso hochkarätiger. Ohne Tom Cruise's Starpower wäre "Oblivion" – ein teurer, origineller, opulenter Science Fiction-Film, der auf kein bestehendes, populäres und bewährtes Gut basiert – möglicherweise gar nicht produziert worden, so traurig der Gedanke auch ist. Er tut in "Oblivion" zwar nichts, um aus seinem üblichen Rollenschema auszubrechen – es ist die typische cruissche Heldenfigur – aber bloß weil er nichts Neues zeigt heißt das nicht, dass das was er zeigt, schlecht wäre. Er verfügt jedenfalls über das notwendige Charisma, um einen Film wie "Oblivion" zu schultern. Olga Kurylenko konnte mir ebenfalls wieder gut gefallen, von den beiden weiblichen Nebenrollen fand ich jedoch Andrea Riseborough noch einen Tick besser – die jedoch zugegebenermaßen auch etwas mehr zu tun bekam. In Nebenrollen sind dann u.a. noch Morgan Freeman, Nicholaj Coster-Waldau und Melissa Leo zu sehen – auch an deren Leistungen hatte ich nichts auszusetzen, auch hier gilt aber: Sonderlich gefordert wird keiner von ihnen. Die Qualitäten von "Oblivion" liegen doch eher woanders.
Was die Handlung betrifft, will ich bewusst nicht zu viel verraten. Tatsächlich denke ich sogar, dass der Trailer schon zu freizügig mit Informationen umgegangen ist – vor allem eine Wendung ca. zur Mitte des Films konnte man mit etwas Grips aufgrund der Trailer bereits erahnen. Hier wäre es mir deutlich lieber gewesen, dies erst im Kontext des Films zu erfahren. Die Handlung an sich ist vor allem aufgrund des zuvor bereits erwähnten Aspekts bemerkenswert, als dass sie auf keine Vorlage und/oder eine bestehende Marke setzt. Ja, Kosinski hat "Oblivion" ursprünglich als Graphic Novel umgesetzt, diese wurde jedoch nie veröffentlicht. Und derartige "originelle" (im Sinne von eine neue, unabhängige Geschichte erzählende) großbudgetäre SF-Produktionen haben ja heutzutage doch eher Seltenheitswert (der letzte, der mir einfallen würde, wäre "Inception"). Insofern ist "Oblivion" zweifellos beachtlich und lobenswert. Zugleich muss man aber auch die Kirche im Dorf lassen und so ehrlich sein und sagen: Sonderlich revolutionär ist die hier erzählte Geschichte nicht. Vor allem auch als Genre-Kenner wird man die eine oder andere Inspirationsquelle erkennen (wobei man da angesichts der Tatsache, dass wir die Graphic Novel-Vorlage aus 2005 ja nicht kennen, vorsichtig sein müssen, was ein paar thematische Ähnlichkeiten zu jüngeren Genrefilmen betrifft; näher möchte ich auf diesen Punkt aus Spoilergründen nicht eingehen). Und insgesamt bleibt "Oblivion" was den Tiefgang und die Auseinandersetzung mit großen Themen betrifft, trotz Andeutungen in diese Richtung, sicherlich hinter den Möglichkeiten zurück. Für einen teuren, "originellen" (siehe oben) SF-Streifen ist aber selbst dieses bisserl an Anspruch, dass es in den Film geschafft hat, bemerkens- und lobenswert. So gesehen war ich auch was den Inhalt betrifft mit "Oblivion" durchaus zufrieden.
Drei relevante Kritikpunkte, die insgesamt die Höchstwertung knapp verhindern, hab ich dann aber doch noch vorzubringen. So dauert es doch ein bisschen, bis "Oblivion" so richtig in Schwung kommt – was vor allem auch daran liegt, dass man zu Beginn mit Exposition förmlich erschlagen wird. Hier braucht mal als Zuschauer also zweifellos ein wenig Geduld. Die Handlung danach ist doch etwas absehbar, was neben den etwas zu vielsagenden Trailern vor allem auch daran liegt, dass "Oblivion" teilweise doch recht streng den üblichen Genre-Konventionen folgt. Dies zeigt sich dann insbesondere am Ende, das für mich den dritten, letzten und zugleich wesentlichsten Kritikpunkt darstellt. Ich persönlich hätte einen etwas anderen Ausgang des Geschehens vorgezogen. Keine richtige, eklatante Schwäche, wohl aber erwähnenswert erscheint mir auch, dass die eine oder andere Szene zweifellos Erinnerungen an frühere SF-Filme weckt. "Oblivion" ist halt doch eher ein Sammelsurium an bekannten Ideen, als dass er mit revolutionären Gedanken überzeugen könnte. Die Zusammensetzung dieser bekannten Themen ist aber nichtsdestotrotz sehr gelungen, ansatzweise originell – und wird vor allem auch in einem opulenten Bilderrausch verpackt, der im Kino aktuell seines gleichen sucht.
Fazit:
Wie schon sein beachtliches Erstlingswerk "Tron: Legacy" so ist auch "Oblivion" ein audiovisuelles Fest, und zweifellos der optisch beeindruckendste Film seit "Prometheus". Wo jedoch Ridleys Scotts jüngster Film inhaltlich doch eher enttäuschte, vermag es "Oblivion" aber auch in dieser Hinsicht durchaus zu überzeugen – wobei Genre-Kennern das eine oder andere Element durchaus bekannt vorkommen dürfte, und man hier das Rad sicherlich nicht neu erfindet. Immerhin gibt es aber keine riesigen Plotlöcher, der Film ist in sich schlüssig, und lässt auch keine offenen Fragen zurück. Sicherlich hätte ich mir was Anspruch, Tiefgang und Kopflastigkeit betrifft vielleicht etwas mehr erhofft, dies wäre dann aber wohl wieder zu Lasten der Massentauglichkeit gegangen. Schwer wiegte auch, dass man "Oblivion" mit den Trailern, die für meinen Geschmack schon zu viel verraten haben, wohl auch keinen Gefallen getan hat, da ihn dies teilweise doch etwas vorhersehbar macht. Auch die eine oder andere Genrekonvention konnte oder wollte sich Joseph Kosinski nicht verkneifen – was ebenfalls zur Vorhersehbarkeit beiträgt. Am schwersten wiegt für mich aber das Ende, dass ich mir doch etwas anders gewünscht hätte. Trotz dieser Kritikpunkte war ich von "Oblivion" aber insgesamt begeistert. Vor allem auf der riesigen IMAX-Leinwand – die vom Film von wenigen Szenen abgesehen auch zur Gänze ausgefüllt wird – ist der Film einfach nur eine Wucht, und ungemein beeindruckend. Zusammen mit dem tollen Soundtrack und der mehr als soliden Handlung ergibt das insgesamt das erste große Science Fiction-Highlight des Kinojahres 2013, dass sich Fans des Genres nicht entgehen lassen dürfen. Nach dem SF-technisch doch eher enttäuschenden letzten Kinojahr ist es Joseph Kosinski jedenfalls gelungen, meine Liebe zum Genre mit "Oblivion" aufs Neue zu entfachen. Bleibt nur zu hoffen, dass er – als groß angelegter, opulenter und reinrassiger Science Fiction-Film – sein Publikum finden wird, und wir in Zukunft wieder mehr Filme dieser Machart zu sehen bekommen.