Originaltitel: The Tholian Web Produktionsnummer: 3x09 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 15.11.1968 Erstausstrahlung D: 17.06.1972 Drehbuch: Judy Burns & Chet Richards Regie: Herb Wallerstein & Ralph Senensky Hauptdarsteller: William Shatner als Captain James T. Kirk, Leonard Nimoy als Mr. Spock, DeForest Kelley als Dr. Leonard McCoy, James Doohan als Scotty, George Takei als Hikaru Sulu, Walter Koenig als Pavel Chekov, Nichelle Nichols als Lt. Uhura Gastdarsteller: Majel Barrett als Christine Chapel, Sean Morgan als Lt. O'Neil, Barbara Babcock als Loskene (Stimme) u.a.
Kurzinhalt:
Die U.S.S. Defiant ist verschollen. Die Enterprise wurde losgeschickt, um an der letzten bekannten Position nach ihr zu suchen. Man stößt tatsächlich auf das Schiff der Constitution-Klasse – welches jedoch im Weltall treibt. Kirk, Spock, McCoy und Checkov beamen sich an Bord, und finden die Crew tot vor – offenbar haben sich diese gegenseitig umgebracht. Zudem findet man schon bald heraus, dass dieser Teil des Weltalls instabil ist, und droht, sich in ein Paralleluniversum zu verschieben. Aufgrund einer Fehlfunktion können jedoch nur drei Personen auf einmal zurückgebeamt werden. Captain Kirk bleibt zurück – doch gerade als man versucht, ihn auf die Enterprise zu beamen, verschwindet die Defiant. Spock übernimmt daraufhin das Kommando über die Enterprise. Man berechnet, dass die Defiant in rund zwei Stunden wieder in unseren Raum zurückkehren wird. Da der Sauerstoffvorrat des Captains begrenzt ist, handelt es sich dabei um die letzte Chance, um ihn zu retten und lebend vom Wrack der Defiant herüberzubeamen. Doch es gibt Komplikationen: Die Tholianer beanspruchen diesen Teil des Weltraums für sich. Zwar erlauben sie der Enterprise, für zwei Stunden an Ort und Stelle zu bleiben, um den Captain zu retten, doch durch ihre Ankunft ist der Raum noch instabiler geworden – das erhoffte Erscheinen der U.S.S. Defiant bleibt aus. Die Crew muss demnach davon ausgehen, dass Captain Kirk nun endgültig verloren ist. Während man versucht, mit diesem tragischen Verlust fertig zu werden, greifen die Tholianer die Enterprise an. Zwei ihrer Schiffe beginnen, ein Netz um die Enterprise zu ziehen – deren Antrieb ausgefallen ist. Falls es ihnen gelingt, dieses fertig zu stellen, wird die Enterprise vernichtet…
Denkwürdige Zitate:"I shall not attempt to voice the quality of respect and admiration which Captain Kirk commanded. Each of you must evaluate the loss in the privacy of your own thoughts."
(Spocks Worte bei Kirks Trauerfeier.)
"I'm a doctor, not a coal miner."
(Endlich wieder mal eines von McCoys klassischen Zitaten.)
"You might find that he is capable of human insight and human error."
(Kirk in seiner Nachricht an McCoy.)
"I'm sure the captain would simply have said: 'Forget it, Bones'."
(Spock zu McCoy, nachdem sich dieser für sein Verhalten entschuldigt hat.)
Review:
Die untypisch lange Inhaltsangabe macht es schon deutlich: "Das Spinnennetz" ist voller interessanter Ideen, Wendungen, bzw. ganz einfach auch Handlung – was dafür sorgt, dass die Episode nie langweilig wird. Beginnend vom Mysterium rund um die U.S.S. Defiant und deren sich gegenseitig umbringende Crew, über die Phasenverschiebung, die Tholianer, die Unruhen an Bord als sich jenes Phänomen das wohl auch schon der Besatzung der Defiant das Leben gekostet hat nun auch auf der Enterprise zeigt, die Trauer rund um Kirk, wie er danach unerwartet wieder auftaucht, bis hin zum Netz der Tholianer… dies und noch viel mehr wird in rund 50 Minuten abgehandelt. Eben dies macht die Episode sehr wendungs- und abwechslungsreich, und sorgt dafür, dass sie zweifellos zu den kurzweiligsten und unterhaltsamsten Episoden der klassischen Serie zu zählen ist. Ein paar tolle Charaktermomente, das überzeugende Design der Raumanzüge, die tollen Effekte (mit dem absolut denkwürdigen Netz der Tholianer) sowie die packende Musik vervollständigen den überaus positiven Eindruck, den die Episode jedes Mal aufs Neue bei mir hinterlässt.
Bereits der Einstieg ist sehr gelungen, und sorgt dafür, dass die Episode praktisch von Beginn an zu packen vermag. Zugegeben, wenn man an Bord der U.S.S. Defiant beamt und die Crew vorfindet, die sich scheinbar gegenseitig umgebracht hat, fühlt man sich kurzzeitig an "Implosion in der Spirale" erinnert – aber spätestens sobald McCoy durch die Leiche greift und auf die Phasenverschiebung des Schiffes hinweist, ist der Gedanke ebenso schnell wieder vergessen, wie er gekommen ist. Der nächste große Höhepunkt ist dann – nach der Fehlfunktion des Transporters, die dazu führt, dass man Captain Kirk auf dem Schiff zurücklassen muss – das Auftauchen der Tholianer. Eigentlich schade, dass ihnen in der klassischen Serie nur dieser eine Auftritt geschenkt wurde. Sowohl das Design ihres Raumschiffs als auch ihr Aussehen sind sehr originell, und wirklich gefällige Designs. Nachdem der Versuch fehlschlägt, James Kirk zurückzuholen, und Spock sich dazu entschließt gegen die Tholianer zu kämpfen statt den Captain einfach zurückzulassen, kommt es dann zunehmend zu Konflikten zwischen ihm und McCoy. Der Doktor beginnt, jede Entscheidung von Spock zu hinterfragen – erst die mahnenden Worte an die beiden, die Kirk in seiner im Falle seines Todes aufgezeichneten Nachricht an sie richtet, vermag es die Wogen zu glätten. Darüber hinaus ist die Episode auch durchaus spannend. "Das Spinnennetz" hat dabei gleich drei Countdowns zu bieten: Der Sauerstoff des Captains geht zu neige, die Crew droht durch den seltsamen Raum in dem sie sich befinden wahnsinnig zu werden, und die Tholianer stehen kurz davor, ihr Netz fertigzustellen. Toll auch, wie schließlich Kirks "Rückkehr" inszeniert wurde. Zuerst erscheint er Uhura – doch niemand glaubt ihr. Dann sieht man ihn im Maschinenraum, und zuletzt taucht er sogar auf der Brücke auf. Die entsprechenden Szenen, und wie Kirk zu versuchen scheint, ihnen etwas mitzuteilen und/oder um Hilfe zu rufen, haben mich als Kind ganz schön verschreckt – und selbst heute kann ich die Inszenierung dahiner noch anerkennen. Schließlich endet die Episode dann gewohnt locker mit einem gelungenen Witz, als McCoy und Spock abstreiten, Kirks Nachricht gesehen zu haben.
Bei so viel – berechtigtem – Lob möchte ich aber dennoch auch auf die vorhandenen Schwächen nicht vergessen, die knapp verhindern, dass sich "Das Spinnennetz" mit den allerbesten Episoden der Serie ("Griff in die Geschichte", "Planeten-Killer", "Der schlafende Tiger" und "Spock unter Verdacht") messen kann. So fällt z.B. die neuerliche Verwendung der Fischaugenlinse auf, die Ralph Senensky (der während der Dreharbeiten zu dieser Folge gefeuert wurde) bereits bei "Die fremde Materie" zum Einsatz brachte, um den Wahnsinn der Figuren anzuzeigen. Auch gibt es eine extrem seltsam wirkende Einstellung mit Chekov auf der Defiant, wo es scheint als hätte man die Aufnahme mit ihm zuerst vor- und dann zurückgespult – was wenn es einem mal aufgefallen ist doch eher unfreiwillig komisch wirkt. Apropos Checkov und unfreiwillig komisch – der Schrei den er ablässt, als er auf der Brücke der Enterprise durchdreht, klingt dann ja auch eher "girlisch". Etwas seltsam und erzwungen wirkt es auch, dass Kirk wieder mal der erste ist, der die U.S.S. Defiant erkennt (was vor allem in der Remastered-Fassung, wo sie auch davor eigentlich schon längst zu erkennen ist, peinlich erscheint).
Die weitaus größeren Probleme sind aber erneut logischer Natur. Sowohl bei diesem ersten Auftreten einer Phasenverschiebung wie auch bei allen späteren Verwendungen dieser Idee muss man sich die Frage stellen, warum just der Boden davon nicht betroffen ist. So optisch beeindruckend das Netz der Tholianer auch aussehen mag – als Waffe erscheint es doch ziemlich ineffektiv, wenn dafür das gegnerische Schiff mehrere Stunden regungslos im All verharren muss. Etwas seltsam wirkt es auch, dass Spock meint, während dieser Krise die Trauerfeier für Kirk abhalten zu müssen. Hätte man nicht vielleicht wichtigeres zu tun – wie z.B. die Triebwerke reparieren, damit man rechtzeitig fliehen kann, ehe die Tholianer ihr Netz fertigstellen können? Was ebenfalls negativ auffällt bzw. inkonsequent erscheint, ist wie McCoy zuerst darauf besteht, dass sie sich Kirks Aufzeichnung im Falle seines Todes sofort anschauen sollten – und wenn sie dann in Kirks Quartier sind und Spock diese gerade abspielen will, meint er dann auf einmal, er hätte wichtigeres zu tun und dafür jetzt keine Zeit. Häh? Wo wir gerade bei untypischem Verhalten sind: Wo bleibt eigentlich Spocks "Das Wohl der Vielen"-Philosophie, wenn er die Enterprise in Gefahr bringt, um Captain Kirk zu retten? Ich weiß natürlich, dass ihm dieser Spruch erst später angedichtet wurde; aber sonderlich logisch erscheint sein Verhalten dennoch nicht. Etwas schade fand ich auch, dass man aufgrund der Struktur der Folge leider nicht mitbekommt, wie es dem einsamen und verlassenen Kirk auf der U.S.S. Defiant ergangen ist, nachdem man ihn zurückgelassen hat. Der letzte große Kritikpunkt ist dann das Ende. Wie die Enterprise mit Hilfe der Phasenverschiebung entkommt uns es dabei zudem gelingt, den Captain mitzuziehen und zu retten, ist eine der größten, praktischsten und am konstruiertesten wirkenden Deus Ex Machina-Lösungen der gesamten Serie. Trotz aller Stärken zuvor – das kann ich dann leider doch nicht ganz ungestraft lassen.
Fazit:
Nach den bislang doch eher enttäuschenden Episoden der dritten Staffel ist "Das Spinnennetz" eine echte Wohltat – vermag sie es doch von der ersten bis zur letzten Minute, phänomenal zu unterhalten. Neben den gelungenen Effekten und der großartigen (wenn auch diesmal überwiegend wieder aus der Bibliothek geholten) Musik ist es in erster Linie Handlung, die gefallen kann – ist diese doch sehr wendungs- und abwechslungsreich, und mit zahlreichen interessanten Einfällen und Ideen gespickt. Darüber hinaus gibt es auch wieder tolle Charaktermomente, allen voran für Spock und McCoy, die sich ohne den versöhnlichen Einfluss von Kirk zunehmend in die Haare kriegen. Und generell verfügt "Das Spinnennetz" über viele Szenen, die sehr gelungen sind und auch lange nach Sichtung der Episode noch in Erinnerung bleiben. Trotz einiger (insbesondere logischer) Schwächen – wie die bei genauerer Überlegung wenig effektive Waffe der Tholianer, oder auch einer selbst für "Star Trek"-Verhältnisse aus der Luft gegriffen wirkende Deus Ex Machina-Lösung – zählt "Das Spinnennetz" für mich zu den denkwürdigsten und besten Episoden von "Raumschiff Enterprise".