Mit: Patrick Huard, Julie LeBreton, Antoine Bertrand, Dominic Philie, Marc Bélanger, Igor Ovadis, David Michael, Patrick Martin, David Giguère, Sarah-Jeanne Labrosse u.a.
Kurzinhalt:
David ist Mitte 40, arbeitet in der Fleischerei seiner Familie und hat Geldprobleme. Kurz nachdem seine Freundin Valérie ihm eröffnet, dass er Vater wird, erfährt er, dass er bereits Vater ist – von 533 Kindern. Vor 20 Jahren hat er ausgiebig Samen gespendet und die Klinik immer wieder seines vergeben. 142 dieser Kinder verklagen nun die Klinik, weil sie ihren leiblichen Vater kennenlernen wollen, den sie nur unter seinem damaligen Pseudonym – Starbuck – kennen…
Review:
Ich hatte leider letztes Jahr keine Zeit diesen kanadischen Film im Kino zu sehen, und bin sehr froh ihn jetzt nachgeholt zu haben, denn es hat sich wirklich gelohnt. Selten rufen Filme bei mir eine stärkere emotionale Reaktion hervor, doch bei "Starbuck" hatte ich am Ende die ein oder andere Freudenträne im Knopfloch. Die abstruse Situation hat schon alleine hohes Komikpotential, das auch ausgekostet wird, ohne von Regisseur Ken Scott ins Lächerliche gezogen zu werden. "Starbuck" ist einfach charmant, ganz ohne fiesen Kitsch und hat neben pointierten Dialogen auch nachdenkliche, stille Momente zu bieten, die den Film wunderbar in Waage halten. David, gespielt von Patrick Huard ("Funkytown"), ist zu Beginn ein Slacker, jemand der die leichtesten Aufgaben immer irgendwie versemmelt und sich gerade so durchmogelt. Das hat ihm 80.000 Dollar Schulden eingebracht und die zwielichtigen Typen, denen er das Geld schuldet, schrecken vor Drohungen nicht zurück. Seine grandiose Idee, mit dem Verkauf von Gras an das Geld zu kommen, kommt weder bei seiner Familie gut an noch trägt es dazu bei, die Beziehung zu seiner Freundin Valérie (Julie LeBreton) – einer Polizistin – zu verbessern. Er will also sein Leben umkrempeln und sieht es als seine Pflicht an, seine schützende Hand über seine bis dato unbekannten Kinder zu halten, was natürlich konträr zu den Bestrebungen seines besten Freundes und Anwalts läuft, seine Anonymität zu verteidigen. David muss sich also entscheiden, ob er anonym bleiben will oder sich zu erkennen gibt.
"Starbuck" ist ein Plädoyer für die Familie, ganz gleich wie diese zu Stande kam oder wie sie sich zusammensetzt, und die Geschichte eines einfachen Mannes, der zwar ein wenig Pech hatte, aber im Grunde ein liebenswerter Kerl ist. Die einzelnen Situationen und Personen sind immer greifbar und wirken vertraut, was es dem Zuschauer ganz leicht macht, gerade David ins Herz zu schließen und mit ihm mitzufühlen, wie übertrieben die Prämisse auch immer sein möge. Man fühlt sich gut, wenn der Abspann läuft, obwohl man ein paar Tränen vergossen hat. Der größere Konflikt zwischen Anonymität von Samenspendern und dem Drang der durch künstliche Befruchtung entstandenen Kinder, ihre biologischen Väter kennenzulernen, ist nicht neu und auch gerade kürzlich in Deutschland heftig diskutiert worden, als ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm eine Fertilisationsklinik dazu verurteilte, den Namen eines Vaters preiszugeben. Ein anderes Gericht mag zwischen den - meiner Auffassung nach - gleichberechtigten Interessen der Kinder und der anonymen Väter anders entscheiden; leicht machen wird es sich nie jemand. Genau diese Schwierigkeit wird im Film auch thematisiert, ihre Auflösung müsst ihr jedoch selbst herausfinden.
"Starbuck" lief im August 2012 in Deutschland in den Kinos an und kam Mitte Januar auf DVD & BluRay in den Handel. Auf den Scheiben finden sich ein Making of, ein Musikvideo, geschnittene Szenen, die Trailer und Outtakes. Der Ton liegt für Deutsch und Französisch in Dolby Digital 5.1 bzw. DTS 5.1 vor. 105 Minuten lang darf man in eine abstruse, witzige und echte Geschichte eintauchen, die nachdenklich stimmt aber auch fröhlich. Es gibt ein etwas unfaires Stilmittel, dass nicht ganz befriedigend durchdacht war, aber auch mit zu den bewegendsten Szenen führt. Eines, der die Klinik verklagenden Kinder, ist geistig beeinträchtigt. Technisch dazu tatsächlich nicht in der Lage und in einer Einrichtung lebend, fragt man sich, wer für ihn die Klage unterstützt haben soll. Die einzige Bezugsperson vor Ort, eventuell sein Vormund, thematisiert die Abstammung nie und andere Erziehungsberechtigte scheint es in seinem Leben nicht mehr zu geben, deren Wunsch nach Aufklärung auch eher unwahrscheinlich wäre. Es tut mir leid, dass ich auch hier meine Logik nicht ganz ausschalten kann, aber ich schätze die sich daraus ergebenen Szenen trotzdem sehr.
Fazit:
"Starbuck" ist der erste Film 2013, der mich zu Tränen gerührt hat ohne schnulzig zu sein. Ich mag das Gefühl, das ich hatte, als der Abspann lief und fand die ganze Besetzung perfekt. Ganz große Empfehlung.