Originaltitel: Is There in Truth Mo Beauty? Produktionsnummer: 3x07 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 19.10.1968 Erstausstrahlung D: 30.09.1972 Drehbuch: Jean Lisette Aroeste Regie: Ralph Senensky Hauptdarsteller: William Shatner als Captain James T. Kirk, Leonard Nimoy als Mr. Spock, DeForest Kelley als Dr. Leonard McCoy, James Doohan als Scotty, George Takei als Hikaru Sulu, Walter Koenig als Pavel Chekov, Nichelle Nichols als Lt. Uhura Gastdarsteller: Diana Muldaur als Dr. Mirana Jones, David Frankham als Larry Marvick u.a.
Kurzinhalt:
Die U.S.S. Enterprise wird damit beauftragt, Kollos, den Botschafter der Medusen zu seiner Heimatwelt zu bringen. Dieser befindet sich in einem Schutzbehälter, da sein Anblick so fremdartig ist, dass er menschliche Wesen in den Wahnsinn treibt. Begleitet wird der Botschafter von Dr. Miranda Jones, einer menschlichen Frau, die jahrelang auf dem Vulkan gelebt hat und zusammen mit Kollos auf dem Planeten bleiben soll. Durch jahrelanges Training sei es ihr angeblich möglich, seinen Anblick zu ertragen ohne wahnsinnig zu werden. Ebenfalls mit an Bord kommt Larry Marvick, einer der Entwickler der Antriebsgondeln der Enterprise. Dieser ist in Miranda Jones verliebt und fleht sie an, nicht mit dem Botschafter mitzugehen. Als sie ablehnt, dringt er in dessen Quartier ein, um ihn umzubringen – doch als er Kollos zu sehen bekommt, dreht er durch. Völlig paranoid und einzig vom Gedanken beseelt, sich vom Heimatplaneten der Medusen so weit als möglich zu entfernen, manipuliert er den Antrieb der Enterprise – woraufhin das Schiff die Milchstraße verlässt. Kurz darauf stirbt Marvick – und die U.S.S. Enterprise ist im Raum zwischen den Galaxien gestrandet. Ihre letzte Hoffnung ist der Botschafter der Medusen, sind diese doch ausgezeichnete Navigatoren. Um die Enterprise zu retten, muss Kollos seine Gedanken mit Spock verschmelzen…
Denkwürdige Zitate:"She walks in beauty, like the night." "That's not Spock." "Are you surprised to find that I've read Byron, Doctor?" "That's Spock!"
(Köstlicher Dialog zwischen Kollos/Spock und McCoy.)
"I have you to thank for my future. Your words enabled me to see."
(Ein herrlich vieldeutiger Satz gegen Ende der Episode.)
"I suppose it has thorns." "I never met a rose that didn't."
(Kirk und Miranda bei ihrem Abschied.)
"The glory of creation is in its infinite diversity." "And the ways our differences combine to create meaning and beauty."
(Amen.)
Review:
Ach ja… Kind zu sein hat halt doch auch seine Vorteile. Man wird umsorgt, muss sich um nichts kümmern, hat keine Verantwortung… und kann von Episoden wie "Die fremde Materie" derart in den Bann gezogen werden, dass einem die ganzen logischen Inkonsistenzen nicht auffallen. Natürlich kann ich mich nicht mehr an jede "Star Trek"-Episode erinnern, oder besser gesagt, wie ich als Kind auf sie reagiert habe. "Die fremde Materie" ist mir aber definitiv in Erinnerung geblieben, und ich weiß noch, dass ich sie damals ungemein gelungen, faszinierend und teilweise sogar beängstigend fand – mit dem Gedanken, man könnte wahnsinnig werden, nur weil man den Botschafter der Medusen erblickt. Heutzutage wird mein Genuss der Episode jedoch durch die teils eklatanten logischen Schwächen doch stark getrübt. Das beginnt schon – passenderweise – am Anfang: Warum müssen alle den Transporterraum und in weiterer Folge auch den Korridor verlassen, und sich Spock den roten Schutzvisor aufsetzen, wenn Kollos ohnehin in seiner Kiste rüberbeamt, und nicht gesehen werden kann? Sorry, aber das ergibt überhaupt keinen Sinn – zumal später viele Menschen die Kiste selbst erblicken, ohne gleich wahnsinnig zu werden.
Das Ende ist dann ebenfalls völlig inkonsequent: Warum setzt sich Spock dort den Visor erneut auf, nur für den Beamvorgang? Zumal Kirk danebensteht – ohne Sichtschutz – und dennoch keine unerwünschten Nebenwirkungen erleidet. Also entweder ist hier beim Filmen des Drehbuchs eine wesentliche Information vergessen worden, oder die Autoren haben das Ganze nicht wirklich gut durchdacht. Eine Frage, die ich mir leider auch bei anderen Gelegenheiten gestellt habe. So nett die Offenbarung rund um Miranda Jones und ihre Blindheit auch sein mag (erklärt man damit doch letztendlich schlüssig, warum ihr der Anblick des Medusen nichts ausmacht), entweder hat Muldaur vor allem auch in der ersten Hälfte nicht ausreichend darauf Acht gegeben, dies auch überzeugend zu spielen, oder es war eine bewusste Entscheidung, damit der Zuschauer von dieser Offenbarung überrascht werden kann. Jedenfalls fixiert sie mehrmals die Augen ihrer Gesprächspartner, und wirft ihren Blick z.B. auch zielsicher auf Spocks IDIC-Symbol, als sie diesen beim Abendmahl darauf anspricht. Wo wir grade bei dieser Szene sind: Miranda erkennt dank ihrer telepathischen Fähigkeiten (im Übrigen ist sie damit die erste und einzige menschliche Telepathin bei "Star Trek"), dass jemand am Tisch an Mord denkt… und Kirk denkt sich nichts dabei? Außer Miranda, ihm und seiner Crew – bei der er dies doch wohl hoffentlich ausschließen kann – sitzt nur mehr Larry Marvick am Tisch. Hmm… lasst mich nachdenken… wer könnte es wohl sein… das ist aber auch wirklich eine harte Nuss! Ernsthaft: Wie wäre es damit, ihn zu konfrontieren, und/oder ihn vielleicht unter Bewachung zu stellen? Oder auch Wachen vor dem Quartier des Botschafters zu positionieren? Hätte Kirk hier etwas cleverer/vorsichtiger agiert, hätte sich all der Trubel danach verhindern und zudem auch noch ein Menschenleben retten lassen.
Als Marvick dann schließlich durchdreht und die Enterprise vom Kurs abkommt, vermittelt die Episode den Eindruck, die galaktische Barriere wäre quasi um die Ecke – so schnell wie man dort ist. Unklar ist mir auch, warum man – nachdem man ja wohl kaum im Zickzack geflogen sein dürfte – nicht einfach eine Kehrtwendung macht, und wieder in die gegengesetzte Richtung zurückfliegt. Womit ich ebenfalls weniger anfangen konnte, war Kirks Plan, Miranda abzulenken, während Spock zum Botschafter geht. Ich meine, hallo, das ist eine Telepathin – und er meint, er kann sie täuschen? Er muss ja von seinem Charme und seiner Anziehungskraft wirklich sehr überzeugt sein. Was ebenfalls negativ auffällt: Zum wiederholten Mal wird eine Gedankenverschmelzung – auch wenn man es hier nun Gedankenfusion nennt, letztendlich ist es doch mehr oder weniger das Gleiche – als Deus Ex Machina herangezogen, um ein scheinbar unlösbares Problem zu lösen. Diese Punkte sind allerdings vergleichsweise Lappalien im Vergleich zu jener völlig konstruiert wirkenden Szene, als Spock doch tatsächlich den Visor vergisst, und dies auch sonst niemandem auf der Brücke auffällt. Nicht Kirk. Nicht Sulu. Nicht Chekov. Nicht Uhura. Ja nicht einmal McCoy. Was ist das denn bitte schön für ein Arzt?
Zur Entlastung der Drehbuchautoren sei festgehalten, dass auch die Inszenierung nicht makellos ist. So hat Ralph Senensky offenbar bevor er mit den Dreharbeiten zu dieser Folge begann ein neues Spielzeug entdeckt: Die Fischaugen-Linse! Diese wird eingesetzt, um den Wahnsinn jener Personen, die Kollos erblickt haben, visuell zu vermitteln. Das Ergebnis sieht Dank der extremen Verzerrung und den dadurch ausgedehnten Armen etc. eher unfreiwillig komisch aus, als sonst etwas. Ach die Art und Weise wie man versucht, den Anblick des Medusen anzudeuten, mit grünen Einblendungen, wirkt eher billig und wenig überzeugend. Und auch der absolut dämliche deutsche Titel muss gescholten werden. Trotz dieser teils eklatanten Kritikpunkte ist aber auch nicht alles an "Die fremde Materie" schlecht. So wurde auch für diese Episode wieder ein eigener Soundtrack komponiert, statt auf Archivmaterial zurückzugreifen. Die Musik von George Duning weiß dabei durchaus zu gefallen. Auch die schauspielerische Leistung von Diana Muldaur hat mir gefallen. Anfangs mag es etwas irritierend sein, sie nach "Geist sucht Körper" in einer weiteren prominenten Nebenrolle zu sehen, und ja, in einzelnen Szenen schien sie darauf vergessen zu haben, dass ihre Figur ja eigentlich blind sein soll. Dennoch zeigt sie eine sehr gute Performance, wobei sie vor allem am Ende, als Kirk sie konfrontiert, besticht. Die Offenbarung rund um ihre Blindheit würde ich – trotz einiger Augenblicke, wo dies rückwirkend betrachtet unplausibel erscheint – ebenfalls zu den Stärken der Episode zählen. Zumal man ihr damit eine verständliche und nachvollziehbare Motivation mit auf den Weg gibt, und praktisch mit einer Erkenntnis ihr bisheriges Verhalten erklärt. Vor allem ihre Worte unmittelbar zuvor, dass Mitleid das schlimmste aller Gefühle wäre, erscheint dadurch in einem völlig neuen Licht.
Eben dies ist dann auch für die interessante Dynamik zwischen Dr. Jones und Spock verantwortlich, welche die Episode maßgeblich prägt und sie ebenfalls definitiv aufwertet. Wie sie Spock gegenüber Eifersucht empfindet, weil dieser den Botschafter auf eine Weise erleben kann, die ihr immer verwehrt bleiben wird, hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Gleiches gilt im Übrigen für ein kleines Detail, dass rückwirkend betrachtet auffällt: Nämlich dass McCoy sie nach dem Abendessen fragt, ob sie den Weg zu ihrem Quartier alleine finden wird oder ob er sie begleiten soll. Was wie reine Höflichkeit wirkt, macht rückwirkend deutlich, dass er die ganze Zeit über ihre Blindheit Bescheid wusste. Das IDIC-Symbol mag zwar von Roddenberry nur eingefügt worden sein, damit er ein neues Stück über seine Firma "Lincoln Enterprises" verkaufen kann, aber die Philosophie, die man damit verbindet – unendliche Vielfalt in unendlichen Kombinationen – gefällt mir ausgesprochen gut; auch wenn sie in dieser Folge leider nur angerissen wird. Der wohl größte Pluspunkt ist jedoch: Die Episode war wenigstens nicht langweilig, sondern bot durchgehend gute Unterhaltung. Etwas, dass man nun wahrlich nicht von allen "Star Trek"-Folgen behaupten kann.
Fazit:
Ich wünschte wirklich, ich könnte "Die fremde Materie" immer noch mit den Augen eines Kindes sehen. Dann würden mir nämlich die ganzen, teils eklatanten, logischen Schwächen und Inkonsistenzen – angefangen beim Befehl, dass alle Menschen den Transporterraum verlassen müssen, obwohl Kollos eh in seiner Kiste steckt, über die Tatsache, wie schnell die Enterprise unsere Galaxis verlässt bis hin zur Szene, als Spock seinen Schutzvisor vergisst und es niemand der Anwesenden bemerkt und ihn darauf aufmerksam macht – nicht auffallen, und ich könnte die Folge ungetrübt genießen. Möglicherweise würde ich dann sogar über die teils doch etwas trashig wirkenden Szenen mit der Fischaugenlinse hinwegsehen. Doch trotz aller Kritikpunkte, auf die ich teilweise auch sehr ausführlich eingegangen bin, ist insgesamt festzuhalten, dass mich "Die fremde Materie" trotz aller Schwächen durchgehend gut unterhalten konnte, und nie langweilig wurde. Die schauspielerischen Leistungen wissen überwiegend zu gefallen, der Soundtrack war ebenfalls wieder sehr gelungen, es gab ein paar nette Wendungen und Offenbarungen, und Dr. Miranda Jones ist sicherlich eine der interessantesten Gastfiguren der Serie. Damit rettet sich die Episode immerhin noch auf durchschnittliches Niveau.