Spoiler-Warnung!
Die nachfolgende Inhaltsangabe sowie das Review beinhalten Spoiler zu den vorangegangenen Romanen der "Kalte Berechnung"-Reihe. Wer diese noch nicht gelesen hat und so wenig als möglich über sie wissen will, sollte daher nur das Fazit lesen.
Kurzinhalt:
Bei seinen Streifzügen durchs All wird Wesley auf eine Maschine im Zentrum unserer Galaxis aufmerksam, die ganze Sonnensysteme durch ein riesiges Wurmloch zieht und in das schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße wirft. Sogar die Reisenden verlassen ob der drohenden Vernichtung die Galaxie. Sie hätten gegen die Maschine bereits in der Vergangenheit gekämpft, jedoch ohne Erfolg. In seiner Verzweiflung wendet sich Wesley – auf Qs Rat hin – an die einzige Person, von der er glaubt, dass sie die Katastrophe noch aufhalten kann: Captain Picard. Dieser nimmt daraufhin sofort Kurs ins Zentrum der Galaxis. Die ersten Versuche zur Kontaktaufnahme verlaufen hingegen wenig vielversprechend, da die Maschine organische Lebensformen nicht als richtiges Leben akzeptiert, und sich daher gar nicht erst dazu herablässt, in einen Dialog zu treten. Auch eine militärische Lösung erscheint aufgrund der mächtigen Waffen der Maschine wenig aussichtsreich. Alle Hoffnungen der Enterprise-Crew ruhen nun auf Data. Doch dieser ist seit kurzem ein Gefangener eines abtrünnigen Arms der Allianz künstlicher Intelligenzen…
Review:
Dass ich das jemals erleben würde, hätte ich nicht gedacht. Mit "Diabolus Ex Machina" ist es aber leider eingetreten: Ich habe einen – meinem subjektiven Empfinden nach, versteht sich – schlechten David Mack-Roman gelesen. Eines der größten Probleme des abschließenden Teils der "Kalte Berechnung"-Reihe ist dabei, dass Mack unbedingt meint, sich bei der drohenden Katastrophe die es zu verhindern gilt selbst übertreffen zu müssen (Stichwort "Destiny"-Trilogie). Dadurch erreicht die Bedrohung jedoch eine Dimension, die ihr eine ungemeine Abstraktheit verleiht – da das menschliche Gehirn einfach gar nicht dazu fähig ist, das Ausmaß dieser (fiktiven) Tragödie zu erfassen und zu verarbeiten. Dadurch fehlt es der Vernichtung von Sonnensystemen im Minutentakt – viele davon von intelligenten Lebewesen bewohnt – leider an jeglicher emotionaler Wirkung. Von der Tatsache, dass es einfach nur mehr abgedroschen und einfallslos wirkt, wenn Picard & Co. erneut zur Rettung der Galaxis und in weiterer Folge sogar des gesamten Universums antreten müssen, ganz zu schweigen. Das ist nun wirklich eine kreative Bankrotterklärung.
Und das ist leider bei weitem nicht das einzige klischeehafte Element, dass Mack in seinen jüngsten Roman einbaut. Zuerst fällt einmal auf, dass es auch in Diabolus Ex Machina wieder einmal einen eher unwichtigen Nebencharakter erwischt. Mittlerweile ist das – gerade auch bei David Macks Büchern, und insbesondere bei dieser Trilogie – schon fast zu einer Art running gag verkommen; tatsächlich habe ich mich sogar zu Beginn des Romans bereits gefragt, wen es wohl diesmal erwischen wird?! Indem man solch tragische Ereignisse vorhersehbar macht, nimmt man ihnen leider gänzlich ihren Schockeffekt, und reduziert damit auch ihre emotionale Wirkung. Jedenfalls war mir von Anfang an klar, dass er erneut jemanden opfern würde – und recht früh wusste ich dann (angesichts seiner scheinbaren Happy End-Aversion, die sich als Antithese zur Friede Freude Eierkuchen-Philosophie zu verstehen scheint, die "Star Trek" jahrzehntelang geprägt hat; wobei er leider oftmals wiederum auf der anderen Seite des Spektrums über das Ziel hinausschießt) auch, wen. Weshalb ich auch eine potentiell berührende, süße, romantische Szene später nicht mehr ernst nehmen bzw. nicht mehr genießen konnte – da mir zu diesem Zeitpunkt schon klar war, wie das Ganze ausgehen würde.
Noch schlimmer fand ich dann aber, dass Mack für diesen Heldentod auf ein weiteres Klischee zurückgegriffen hat – die ausweglose Situation, aus der der Held nur eine von zwei Personen retten kann, und er dementsprechend entscheiden muss, wenn er rettet, und wen er zum Tode verdammt. Was als emotionaler Höhepunkt gedacht war, verpuffte bei mir aufgrund der Vorhersehbarkeit dieser Wendung, sowie der Tatsache, wie abgenutzt und ausgelutscht dieses spezielle Plotkonstrukt mittlerweile wirkt, leider wirkungslos. Ungemein klischeehaft bis hin zu unfreiwillig komisch war auch die Art und Weise, wie die Crew der Enterprise die Katastrophe dann doch noch verhindern kann – nämlich, in dem man der Maschine ihre verheerende Tat ausredet. Echt jetzt, Herr Mack? Es wäre ja lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Womit wir schon beim nächsten Punkt sind: Die drohende Vernichtung der gesamten Galaxis sorgt dafür, dass der Autor auch eine seiner größten Stärken, nämlich die amüsanten und (wort)gewitzten Dialoge, nicht so recht ausspielen kann, da es sehr unpassend wirken würde, wenn die Figuren angesichts der drohenden Katastrophe munter Witzchen reißen würden.
Auch die Charakterisierung blieb leider – von der Nebenhandlung rund um Chen und Taurik abgesehen, deren Beziehungsprobleme jedoch angesichts der drohenden Apokalypse doch etwas banal und auch unpassend wirken – erneut auf der Strecke. Wer darauf hoffte, dass zumindest im letzten Teil das Todesopfer aus dem Einstieg der Trilogie thematisiert wird, irrt – außer man möchte einen wütenden, auf dem Holodeck verbissen trainierenden und seine Aggressionen und seinen Zorn abbauenden Worf als solches gelten lassen. Mir war das hingegen bei weitem zu wenig. Interessant auch, dass die Handlung zwischen Picard und Beverly nicht weitergeführt wird, sondern im Gegenteil Mack dort schon fast wieder eine Kehrtwendung macht. Schloss er in "Lautlose Waffen" nicht aus, das Kommando über die Enterprise abzugeben und sich zum Wohle seiner Familie eine neue Aufgabe zu suchen, meint Captain Picard hier nun zu Worf, dass er gedenkt, das Schiff noch eine ganze Weile zu befehligen. Völliger Reinfall ist der Roman zwar dennoch nicht – es gibt vereinzelte Höhepunkte (allen voran das ansatzweise emotionale Ende), Macks Schreibstil ist erneut recht hochwertig, und vor allem die Verknüpfung zum ersten "Star Trek"-Film ist durchaus gelungen – aber zu meiner großen Verwunderung dominierten bei "Diabolus Ex Machina" leider ganz klar die Schwächen, und damit der (Lese-)Frust.
Fazit:
Mit seiner Vanguard-Reihe hat David Mack vor rund acht Jahren frischen Wind ins "Star Trek"-Universum gebracht. Sein jüngster Roman und zugleich der Abschluss der "Kalte Berechnung"-Trilogie, "Diabolus Ex Machina", kann fast als Antithese dazu angesehen werden, und erweist sich leider als kreative Bankrotterklärung. David Mack versucht hier derart verzweifelt, sich selbst zu überbieten, dass das Ergebnis fast zur Selbstparodie verkommt – und letztendlich zum Scheitern verurteilt ist. Als besonders problematisch erweisen sich auch zahlreiche klischeehafte Elemente, angefangen vom erneuten drohenden Untergang der Galaxis, über einen weiteren Tod einer vergleichsweise insignifikanten Nebenfigur bis hin zu einem derart abgedroschenen Plot-Konstrukt, dass ich meinen Augen nicht trauen konnte. Dies macht den Roman nicht nur ungemein vorhersehbar, es beraubt ihm auch fast gänzlich an emotionaler Wirkung – und lässt ihn zudem ungemein einfallslos erscheinen. Es gibt noch einige weitere Schwachpunkte, die erwähnenswert wären, aber das sind die gravierendsten. Insgesamt wirkt "Diabolus Ex Machina" nicht so, als wäre er von David Mack geschrieben worden – sondern vielmehr von einem Nachahmer, der verzweifelt versucht, ihn zu kopieren. Der ehemals frische Wind ist mit diesem enttäuschenden Abschluss der "Kalte Berechnung"-Trilogie jedenfalls zu einem abgestanden riechenden, lauen Lüftchen verkommen.
Christian Siegel
Bewertung: 1.5/5 Punkten
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