Originaltitel: Tithonus Episodennummer: 6x10 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 24. Januer 1999 Erstausstrahlung D: 22. November 1999 Drehbuch: Vince Gilligan Regie: Michael Watkins Hauptdarsteller: David Duchovny als Special Agent Fox Mulder, Gillian Anderson als Special Agent Dana Scully Gastdarsteller:
Geoffrey Lewis als Alfred Fellig,
Richard Ruccolo als Agent Peyton Ritter,
James Pickens Jr. als Assistant Director Alvin Kersh,
Matt Gallini als Hood,
Naomi Matsuda als Streetwalker,
Ange Billman als Secretary,
Barry Wiggins als NYPD Detective,
Javier Grajeda als Desk Sergeant,
Dell Yount als Truck Driver,
Nicky Fane als Blue-Collar Man,
Don Fehmel als EMT,
Coby Ryan McLaughlin als Young Agent,
Jolyon Resse als Second Young Agent u.a.
Kurzinhalt:
Der neue Boss von Mulder und Scully, Assistant Director Alvin Kersh, ruft Dana zu sich ins Büro. Während er Mulder für einen hoffnungslosen Fall hält, glaubt er, dass diese sich sehr wohl noch Chancen auf eine Karriere beim FBI ausrechnen kann. Er trägt ihr deshalb auf, gemeinsam mit einem neuen Partner, den jungen, aufstrebenden und motivierten Agenten Peyton Ritter, an einem neuen Fall zu arbeiten. Durch Zufall fiel nämlich auf, dass ein bestimmter Polizeifotograph ungewöhnlich oft als erster beim Tatort eines Verbrechens oder auch einer – vermeintlichen? – Unfallstelle vor Ort ist. Besonders mysteriös und suspekt wird es, als man bemerkt, dass von einem Tatort zwei Photos von ihm existieren, mit unterschiedlichen Zeitstempeln: Eines unmittelbar zur Tatzeit, und eines rund eine Stunde später, nachdem der Mord bei der Polizei gemeldet wurde. Kann es sein, dass er selbst für einige dieser Morde verantwortlich ist, und unmittelbar darauf Photos von seiner Tat schießt? Scully hat – angestachelt von Mulder, der sich verdeckt in die Ermittlungen einmischt – jedoch schon bald einen anderen Verdacht…
Review:Am besten hat mir an "Tithonos" die Art und Weise gefallen, wie jene Menschen, die in Kürze sterben sollen, von Alfred Felling gesehen werden. Es war zwar nicht das erste Mal, dass "Akte X" mit so etwas herumgespielt hat (bei "Ein neues Nest" war es z.B. genau umgekehrt; dort sah Tooms nur seine Opfer in Farbe, und den Rest in grau), ich fand die grauen Menschen im farbigen Hintergrund aber sehr gut umgesetzt, und die entsprechenden Szenen optisch interessant. Was der Episode auch gut gelingt, ist das Mysterium rund um den Photographen aufzubauen. Dass er sehen kann, wenn jemand kurz davor ist zu sterben, ist zwar relativ bald offensichtlich – dadurch drängt sich aber die Frage auf: Warum ist er so versessen darauf, Photos von diesen sterbenden Menschen zu schießen? Mit seiner Unsterblichkeit wird dem Puzzle dann ein weiteres interessantes Teil hinzugefügt, und ich begann, mir alle möglichen Erklärungen zu überlegen. Schießt er die Photos vielleicht, um sein eigenes Leben zu verlängern? Wie sich herausstellte, hätte ich mit dieser Vermutung nicht weiter danebenliegen können.
Auch diese Auflösung hat mir dann gut gefallen. Seine Unsterblichkeit, und wie er diese Photos schießt, in der Hoffnung einen Blick auf den Tod zu erhaschen, dessen Antlitz zu erblicken, und dadurch selbst zu sterben. Wie in einigen anderen Filmen und Serien, wird auch hier die Unsterblichkeit mehr als Fluch denn als Segen dargestellt. Alfred beneidet jene Personen, die er im Moment ihres Todes fotografiert. Wunderbar auch seine Antwort auf Scullys Kommentar "Most people wanna live forever.": "Most people are idiots." Die Erzählung, wie es dazu kam, und ihm eine andere Frau sein Leben gerettet und quasi seinen Platz eingenommen hat, als es eigentlich seine Zeit gewesen wäre zu sterben, war grundsätzlich ebenfalls toll. Hier verzichtete man ganz bewusst auf eine musikalische Untermalung, und ließ die Szene einfach nur von den Worten und der Performance von Geoffrey Lewis tragen – was phantastisch funktioniert hat. Und natürlich war auch jener Moment kurzfristig ein Schock, als wir die graue Scully sahen – wenn auch nicht anzunehmen war, dass sie wirklich sterben würde. Gut gefallen hat mir auch, dass Scully hier wieder einmal glauben darf – was von Gillian Anderson auch sehr gut dargestellt wurde. Lediglich die Tatsache, dass es ihr ursprünglich so schwer fällt zu glauben, dass er unsterblich ist – obwohl sie seine Photos gesehen hat auf denen er sich jahrzehntelang nicht verändert – wirkte etwas unglaubwürdig. Ich versteh e natürlich grundsätzlich ihre Skepsis, aber wenn sie den Beweis derart deutlich vor Augen hat. Davon abgesehen agierte sie aber durchaus clever und erwies sich als sehr aufmerksam (wie z.B. bei Alfreds Verhör).
Zwei weitere kleine Kritikpunkte: Die Erklärung, warum sich Alfred nie einmischt – da seine Einmischung ja wiederum zum Tod führen könnte, wie dies Scully miterleben musste als sie versuchte der Prostituierten das Leben zu retten – hat mich nur bedingt überzeugt. Und das Muster "alle FBI-Agenten außer Mulder und Scully sind böse und dämlich" wird schön langsam doch ein bisserl fad und übertrieben. Am schwersten wiegt für mich aber letztendlich das Ende, das ich für den größten Schwachpunkt der Folge halte, ich das mich überhaupt nicht überzeugt hat. Einerseits: Wenn es so vergleichsweise leicht ist, den Platz einer anderen Person einzunehmen und für sie zu sterben – warum hat Alfred das dann nicht schon längst gemacht, wenn er sich so danach sehnt? Und vor allem: Heißt das jetzt, dass wiederum Scully unsterblich ist? Einem der Hauptcharaktere eine derartige Fähigkeit anzudichten (wenn auch nur andeutungsweise), wirkt schon ziemlich seltsam, und auch ein bisschen unüberlegt. Insgesamt hätte ich es jedenfalls vorgezogen, wenn man das anders gelöst hätte.
Fazit:
"Tithonos" hat viele gute Elemente. Am besten konnte mir die Inszenierung gefallen, mit den grau eingefärbten Menschen, die in Kürze sterben werden. Diese Szenen sahen wirklich phantastisch aus. Auch alles rund um Alfred fand ich sehr interessant. Von Beginn an fragt man sich, was es mit ihm wohl auf sich hat, und die Auflösung konnte mich dann durchaus überraschen – und das auf eine positive Art und Weise. Mir gefällt der Zugang, die Unsterblichkeit nicht als Segen, sondern als Fluch, darzustellen; auch wenn man diesbezüglich zweifellos auch anderer Meinung sein kann. Außerdem gefiel mir, dass Scully hier nach längerer Zeit wieder einmal im Zentrum eines mysteriösen Ereignisses stand, und wieder einmal "glauben" durfte. Neben ein paar kleineren Kritikpunkten war es dann aber in erster Linie das Ende, das mich leider so überhaupt nicht überzeugt hat. Zwar wunderbar inszeniert, drängen sich dadurch einfach gewisse Fragen auf, welche die Episode für mich zumindest ansatzweise zerstören. Vor allem auch Alfreds Anstrengung, den Tod zu finden, sind danach meines Erachtens nicht mehr wirklich nachvollziehbar – wenn es doch eh so einfach ist. Das hätte man aus meiner Sicht anders umsetzen sollen.