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Der große Mutato Drucken E-Mail
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Originaltitel: Post-Modern Prometheus
Episodennummer: 5x05
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 30. November 1997
Erstausstrahlung D: 14. Dezember 1998
Drehbuch: Chris Carter
Regie: Chris Carter
Hauptdarsteller: David Duchovny als Special Agent Fox Mulder, Gillian Anderson als Special Agent Dana Scully, Mitch Pileggi als Assistant Director Walter Skinner
Gastdarsteller: Chris Owens als The Great Mutato, Pattie Tierce als Shaineh Berkowitz, Stewart Gale als Izzy Berkowitz, John O'Hurley als Dr. Francis Pollidori, Lloyd Berry als Old Man Pollidori, Miriam Smith als Elizabeth Pollidori, Chris Giacoletti als Booger, Dana Grahame als Reporter, Jean-Yves Hammel als Izzy's Friend, C. Ernst Harth als Huge Man, Vitaliy Kravchenko als JJ, Xantha Radley als Waitress, Jean-Yves Hammel als Goat Boy, Jerry Springer als Himself, Tracey Bell als Cher u.a.

Kurzinhalt: Eine Frau behauptet, ein Monster gesehen und danach bewusstlos geworden zu sein. Ein paar Wochen später erfuhr sie dann schließlich, dass sie schwanger. Sie ist davon überzeugt, dass während ihrer Bewusstlosigkeit etwas mit ihr geschehen und das Monster der Vater des Kindes ist. Es sei auch nicht das erste Mal, dass ihr dies wiederfahren sei. Bereits vor 18 Jahren hätte es einen ganz ähnlichen Vorfall gegeben, durch den dann schließlich ihr Sohn Izzy zur Welt kam. Mulder beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen – sehr zum Missfallen seiner Kollegin, die Miss Berkowitz für eine Schwindlerin hält. Ein von ihrem Sohn gezeichnetes Comic, dessen Monster der Beschreibung der Frau zum Verwechseln ähnlich sieht, scheint diesen Verdacht zu bestätigen. Dann jedoch kommt es zu einem weiteren Angriff. Zudem erfahren Mulder und Scully von einem Wissenschaftler, Francis Pollidori, der geheime Gen-Experimente durchführen soll…


Review: Image"Der große Mutato" ist Chris Carters Liebeserklärung an die alten Horrorfilm-Klassiker der 30er und 40er-Jahre, allen voran natürlich "Frankenstein". So wie das Vorbild ist auch der große Mutato nur äußerlich ein Monster, innerlich jedoch ein zartes Wesen, und damit eine zutiefst tragische Figur. Bereits wenn er zu Chers Musik tanzt kommt man nicht umhin, für dieses vermeintliche Monster Sympathien zu empfinden. Wundervoll und ansatzweise berührend auch jene Szene, als er seinen ermordeten Vater begräbt. Spätestens aber, wenn Mutato die traurige Geschichte seines Lebens erzählt – und zudem die Geschehnisse in dieser sonderbaren Stadt aufklärt – sollten ihm die Herzen der Zuschauer zufliegen. Der stets humoristische Ton der Folge erlaubt es dabei, über die fragwürdigen Taten seines Großvaters – der Frauen betäubt und sie künstlich befruchtet, um eine Partnerin für den Mutato zu erschaffen – ansatzweise hinwegzusehen, und einfach eine wundervoll erzählte Geschichte und wunderbare Hommage an "Frankenstein" zu genießen.

Diese äußerst sich nicht nur in der Handlung, sondern vor allem auch in der Inszenierung, für die sich Serienschöpfer und "Mutato"-Drehbuchautor Chris Carter höchstpersönlich hinter den Regiestuhl begab. Das hervorstechendste Merkmal ist dabei sicherlich, dass "Der große Mutato" in schwarz/weiß gedreht wurde, was ihm alleine schon einen besonderen Charakter verleiht und aus den "Akte X"-Episoden hervorstechen lässt. So sehr ich den Wechsel aufs 16:9-Format, den die Serie mit Beginn dieser Staffel vollzog grundsätzlich auch begrüße, hätte ich es schön gefunden, wenn man für diese Folge auch wieder auf 4:3 zurückgewechselt wäre, um der Vorlage noch näher zu sein. Dies ist aber wirklich nur Erbsenzählerei. Jedenfalls sieht "Der große Mutato" absolut phantastisch aus; hier hat Chris Carter mit seinem Kameramann wirklich exzellente Arbeit geleistet. Die schwarz/weiß-Optik ist jedoch nicht der einzige Aspekt, in dem sich Chris Carter an die hier von ihm zitierten Horrorklassiker anlehnt. wird die Stadt z.B. immer wieder von Unwettern heimgesucht, in denen es zwar ordentlich blitzt und donnert, von Regen jedoch seltsamerweise jede Spur fehlt. Und natürlich folgt auf jeden Blitz der Donner sogleich, und ohne Verzögerung – und sind diese just immer an dramatischen Stellen platziert. Auch der Himmel bei den Autofahrt-Szenen sticht als künstlich hervor. Was den Ton betrifft, scheint man ebenfalls darauf geachtet zu haben, den Klassikern so nahe wie möglich zu sein. Ich konnte dazu keine genaueren Informationen finden, könnte aber schwören, dass für die Dreharbeiten zu "Der große Mutato" andere und/oder ältere Mikrofone zum Einsatz kamen, oder deren Sensitivität hochgeschraubt wurde. Denn so wie in den alten Horrorklassikern (im O-Ton) hören sich die Stimmen irgendwie anders an, und sind auch die Umgebungsgeräusche (wie Schritte etc.) viel stärker zu hören. Auch scheint man fast ausschließlich auf den direkt beim Dreh aufgezeichneten Ton zurückgegriffen zu haben, statt ADR einzusetzen, und den Ton generell kaum nachbearbeitet zu haben. Auch dies steht in der Tradition der hier zitierten Horror-Klassiker.

ImageAuch musikalisch ist "Der große Mutato" ein Genuss. Ich bin ja generell ein Fan von Mark Snows Kompositionen für die Serie, aber bei dieser Episode hat er sich in meinen Ohren (wieder einmal) selbst übertroffen. Sein Hauptthema im Walzertakt ist einfach nur eine wunderschöne und ungemein vielschichtige Melodie; verspielt (mit Karneval-Charakter), ein bisschen gruselig, aber irgendwie auch romantisch, fängt er den Ton der Episode perfekt ein. Neben diesem Hauptmotiv können aber auch die atmosphärischen und teils tragischen, emotionalen Töne die er anschlägt begeistern, wie z.B. wenn der Mutato seinen Großvater begräbt. Neben seinem Score hat "Der große Mutato" aber natürlich noch weitere nennenswerte musikalische Einlagen zu bieten: Sind doch gleich mehrere Songs von Cher zu hören. Auch dies verleiht "Der große Mutato" einen ganz eigenen Charakter und lässt sie aus den "Akte X"-Episoden klar und deutlich hervorstechen. Ich mag zwar nicht der Überdrüber-Fan von ihr sein, die hier ausgewählten Songs gefallen mir aber allesamt sehr gut, und vor allem "Walking in Memphis" am Ende ist ein echter Stimmungsmacher.

"Der große Mutato" lehnt sich aber nicht nur inszenatorisch an sein großes Vorbild "Frankenstein" an; auch in bestimmten Szenen zeigen sich Ähnlichkeiten und werden bekannte Momente zitiert; Mulders "It's alive!" und der mit Fackeln ausgestattete, aufgebrachte Mob sind dabei nur die Offensichtlichsten. Auch abseits aller Zitate und Anspielungen kann mir die Geschichte grundsätzlich gefallen. Sie geht nicht ins Übersinnliche, sondern hat eine weltliche Erklärung für die Vorkommnisse zu bieten. Überhaupt ist dies ein weiterer Punkt, in dem sich "Der große Mutato" vom Rest der Serie ein bisschen abhebt. Denn eine so klare und deutliche Aufklärung wie am Ende dieser Folge bekommt man bei "Akte X" selten. In erster Linie ist die Folge aber eines: Ungemein unterhaltsam. Von der ersten bis zur letzten Minute habe ich "Der große Mutato" – nicht nur wegen der Tatsache, dass es sich bei ihm um eine Hommage an Horror-Klassiker handelt – absolut genossen. Die Episode liefert einfach nur beste Unterhaltung, mit zahlreichen amüsanten Szenen, jedoch dennoch einem spannenden und gut ausgeklügelten Mysterium, und eben auch einer überzeugenden Auflösung. Der absolute Höhepunkt ist für mich dann das Cher-Konzert, das die Episode (auch wenn offensichtlich ist, dass die Sängerin für die Dreharbeiten leider nicht zur Verfügung stand) mit einem Hochgefühl ausklingen lässt, und der Serie damit ein höchst ungewohntes und eben deshalb umso willkommeneres Happy End beschert. Der letzte Geniestreich ist dann der im Originaltitel (wobei ich in diesem Fall den deutschen Episodentitel sogar vorziehe, da dieser stärker in der Tradition der hier gefeierten Klassiker steht) ausgewiesene postmoderne Ansatz der Episode. Diese beginnt damit, dass ein Comic aufgeschlagen wird, und endet auch wieder mit einer Illustration von Mulder und Scully. Gegen Ende hält Mulder zudem den von Izzy gezeichneten Comic in der Hand, beklagt das mangelnde Happy End, und meint, er möchte den Autor sprechen. Damit bietet man all jenen, die eine Episode wie "Der große Mutato" nicht innerhalb der normalen Kontinuität der Serie akzeptieren können oder wollen, einen äußerst praktischen Ausweg.

Fazit: Image"Der große Mutato" ist eine liebevolle Hommage an die ganz großen, frühen Horrorfilm-Klassiker, insbesondere natürlich "Frankenstein". Dabei sticht vor allem die Inszenierung hervor, die an eben diese Filme angelehnt ist, was u.a. (aber nicht nur) in der Schwarz/Weiß-Optik zum Ausdruck kommt. Einzelne Szenen werden dabei ebenso zitiert wie die "Frankenstein" zugrundeliegende Thematik eines zarten, freundlichen Wesens, dass in der Gestalt eines Monsters gefangen ist. Das Design des Mutato ist wirklich gelungen und weiß zu gefallen. Weitere wesentliche Stärken sind die phantastische musikalische Untermalung von Mark Snow, die gelungene Auflösung rund um die Geschehnisse, sowie die phantastische letzte Szene beim Konzert von Cher, die ein Hochgefühl verströmt, wie man es bei "Akte X" nur sehr selten erleben darf. Insgesamt ist die Folge – vor allem auch für Kenner und Fans von "Frankenstein" und den anderen Universal-Horrorklassikern – einfach nur ein Genuss. "Der große Mutato" bietet von der ersten bis zur letzten Minute absolut grandiose, phänomenale Unterhaltung, und zählt für mich ganz klar zu den allerbesten Episoden der Serie.

Wertung: 5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 20th Century Fox)




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