Originaltitel: El Mundo Gira Episodennummer: 4x11 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 12. Januar 1997 Erstausstrahlung D: 26. Oktober 1997 Drehbuch: John Shiban Regie: Tucker Gates Hauptdarsteller: David Duchovny als Special Agent Fox Mulder, Gillian Anderson als Special Agent Dana Scully, Mitch Pileggi als Assistant Director Walter Skinner Gastdarsteller: Rubén Blades als Conrad Lozano, Raymond Cruz als Eladio Buente, José Yenque als Soledad Buente, Simi als Gabrielle Buente, Lillian Hurst als Flakita, Susan Bain als County Coroner, Robert Thurston als Dr. Larry Steen, Michael Kopsa als Rick Culver, Markus Hondro als Barber, Janeth Munoz als Village Woman, Pamela Diaz als Maria Dorantes u.a.
Kurzinhalt:
Die Bewohner eines Dorfes, das überwiegend von illegalen mexikanischen Einwanderern bewohnt wird, beobachten ein höchst ungewöhnliches Wetterphänomen: Gelben Regen. In ihren Legenden ist dies das Zeichen für das Auftauchen eines gefürchteten Monsters, dem Chupacabra. Und in der Tat, sobald der Regen nachgelassen hat findet man die Leiche einer jungen Frau, Maria. Die Polizei schenkt den Gerüchten rund um ein Monster natürlich keinen Glauben, und hakt den Vorfall als Eifersuchtsdrama ab. Als Mulder und Scully die Leiche untersuchen, finden sie jedoch eine seltsame Pilzinfektion, welche die Leiche zu zerfressen scheint. Als danach noch weitere Todesopfer nach dem gleichen Muster gefunden werden, wird deutlich, dass sich die Krankheit, worum auch immer es sich handeln mag, ausbreitet. Die beiden Agenten vermuten schon bald, dass die Pilzinfektion durch die Übertragung eines Enzyms ausgelöst wird – und halten einen mexikanischen Mann für den Überträger. Doch seit Marias Tod befindet sich Eladio auf der Flucht. Mulder und Scully müssen ihn so schnell als möglich finden und in Gewahrsam nehmen, ehe die Pilzinfektion weitere Opfer fordert…
Review:
"Der Chupacabra" war insgesamt eine solide und recht unterhaltsame Episode. Geprägt wird sie vor allem davon, dass man einen Blick auf die mexikanische Kultur wirft, die im weiteren Verlauf eine große Rolle spielt. Dies macht die Episode abwechslungsreich im Vergleich zu den sonstigen/bisherigen X-Akten, und gibt ihr etwas, dass sie von anderen durchschnittlichen "Mosnter der Woche"-Folgen abhebt. Am besten gefiel mir an der Folge der sehr mysteriöse Einstieg mit dem gelben Regen, sowie der amüsante Ausklang rund um die Erzählung der Mexikanerin, die beschreibt, die Aliens auf die Erde kamen. Unmittelbar darauf erhalten wir eine wohl etwas plausiblere Erklärung, nämlich wie ein Team für biologische Gefahren in das Dorf einfällt und dieses sterilisiert o.ä. Allerdings stellt sich auch dies dann nur als Erzählung heraus. Was genau sich am Ende zugetragen hat, bleibt uns letztendlich verborgen; es ist somit dem Zuschauer überlassen, inwiefern er einer der beiden Erzählungen glauben schenken mag.
Auch die Idee rund um die Bedrohung, durch einen Mann, der ein Enzym aussondert das wiederum die Entstehung einer Pilzinfektion anregt, halte ich grundsätzlich für recht effektiv. Die Szenen, in denen man auf die jeweiligen Opfer trifft, sind dann auch entsprechend grauslich inszeniert, mit dem grünen Pilzüberzug. Ein Mann der praktisch nur durch Berührung töten kann ist jedenfalls eine nachvollziehbar und effektive Bedrohung. Zudem wird er von Raymond Cruz (der später in "24" zu sehen war) sehr gut gespielt, nämlich als ein Mann, der nicht verstehen, was vor sich geht, und der zwar einerseits niemanden verletzten will, aber andererseits auch Angst vor dem hat, was mit ihm geschieht, und deshalb die Flucht ergreifen will. Auch die Musik von Mark Snow ist wieder einmal sehr gelungen. Wie üblich lässt er sich bei seiner Komposition von der Thematik und/oder der behandelten Kultur beeinflussen; dementsprechend findet sich in seiner Musik für "Der Chupacabra" ein starker mexikanischer Einschlag. Zusätzlich bereichert wird die Episode dann auch noch dadurch, dass man mit illegaler Einwanderung ein heißes Eisen anfasst, und dabei Partei für die Menschen ergreift, und an der Politik Kritik übt. So sagt Scully "The Aliens in this story are not the villains, they're the victims", und am Ende wird gegenüber der Geschichte resignierend festgehalten: "Nobody cares" – da es ja ohnehin "nur" illegale Einwanderer betroffen hat. Diese Art der Gesellschaftskritik ist für "Akte X" doch eher ungewöhnlich, ich persönlich empfand es aber definitiv als weitere signifikante Stärke der Folge.
Leider hat "Der Chupacabra" aber nicht nur Stärken, sondern auch ein paar Schwächen. So nett die Gesellschaftskritik auch sein mag, und wie "Akte X" hier für die illegalen Einwanderer Partei ergreift, aber wenn man dann bei der Darstellung ihrer Kultur in Klischees badet, und z.B. auf mexikanische Seifenopern Bezug nimmt, torpediert man zu einem gewissen Grad erst recht wieder jene Toleranz, die man zuvor einzufordern scheint. Etwas weniger stereotypisch und karikiert hätte die Darstellung jedenfalls ruhig sein dürfen. Zudem scheint die Episode mehr an den mexikanischen Figuren und den Seifenopern-Elementen denn dem Mysterium rund um den Chupacabra interessiert zu sein – weshalb auch Mulder und Scully immer wieder recht stark in den Hintergrund gedrängt werden, und teilweise minutenlang nicht in Erscheinung treten. Und zuletzt muss man auch noch feststellen, dass sich die Spannung in Grenzen hält, und die Inszenierung über keine nennenswerten atmosphärisch dichten Szenen verfügt – was ich gerade bei dieser an und für sich sehr gelungenen Bedrohung doch sehr schade finde.
Fazit:
"Der Chupacabra" ist eine grundsolide Episode, die mir vor allem dank einer nachvollziehbaren Bedrohung, den sozial- und gesellschaftskritischen Untertönen, dem mysteriösen Einstieg, sowie dem originellen, einfallsreichen und auch ansatzweise amüsanten Ausklang gefallen kann. Demgegenüber stehen die bedauerlichen kulturellen Klischees und Stereotypen, die mangelnde Spannung, sowie die Tatsache, dass das Mysterium rund um den Chupacabra bzw. auch die Ermittlungen von Mulder und Scully teilweise stark in den Hintergrund geraten. Im Vergleich zu früheren, schlechteren Episoden der 4. Staffel leistet sich "Der Chupacabra" aber einerseits keine gravierenden Schwächen, die mir die Folge ansatzweise verderben würden, und ist andererseits sehr unterhaltsam. Das konnte ich zuletzt ja leider beileibe nicht von allen Episoden behaupten.