Originaltitel: Piper Maru Episodennummer: 3x15 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 09. Februar 1996 Erstausstrahlung D: 19. Dezember 1996 Drehbuch: Frank Spotnitz & Chris Carter Regie: Rob Bowman Hauptdarsteller: David Duchovny als Special Agent Fox Mulder, Gillian Anderson als Special Agent Dana Scully, Mitch Pileggi als Assistant Director Walter Skinner Gastdarsteller: Robert Clothier als Commander Chris Johansen, Jo Bates als Jeraldine Kallenchuk, Nicholas Lea als Alex Krycek, Morris Panych als Gray Haired Man, Stephen E. Miller als Wayne Morgan, Ari Solomon als Gauthier, Kimberly Unger als Joan Gauthier u.a.
Kurzinhalt:
Ein französisches Bergungsschiff findet im pazifischen Ozean die Überreste eines alten Bombers aus dem zweiten Weltkrieg. Als das Schiff kurz darauf in einem Hafen in San Diego anlegt, leiden alle Matrosen bis auf dem Taucher unter schweren Strahlungsschäden. Mulder und Scully besuchen das Lazarett, um mehr über die Vorgänge auf dem Schiff zu erfahren, und die Ursache für die Strahlung zu finden. Während sich Scully dafür in ihre Vergangenheit begibt, und einen alten Freund ihres Vaters auf einem Militärgelände besucht, folgt Mulder der Spur jenes Tauchers, welcher als Einziger das Schiff unbeschadet verlassen hat. Als er in dessen Wohnung ankommt, findet er ihn ohnmächtig vor, und von einer seltsamen schwarzen, öligen Substanz überzogen. Durch eine weitere Spur wird er auf eine geheimnisvolle Bergungsgesellschaft aufmerksam. Als er deren Sekretärin befragt, gibt sich diese überaus feindselig. Er schließt daraus, dass sie etwas zu verbergen hat – und folgt ihr bis nach Hong Kong, wo sie sich mit ihrem Chef treffen soll…
Review:
"Der Feind – Teil 1" ist eine großartige Mythologie-Episode, die eine der besten Ideen, welche die "Akte X"-Macher je hatten, einführt: Das schwarze Öl! Es ist etwas derart schlichtes, eigentlich bekanntes, gewöhnliches… doch in den Händen der Drehbuchautoren und des Regisseurs wird es zu einem der bedrohlichsten, gruseligsten und effektivsten Bösewichte der Serie. Sofort stellt sich einem die Frage: Wie soll man sich vor so etwas schützen? Ein Monster kann ich erschießen, abwehren, oder mich sonst wie dagegen verteidigen. Aber eine Flüssigkeit? Hinzu gesellt sich dann noch die Idee, dass das Öl über ein eigenes Bewusstsein verfügt, und vom Träger Besitz ergreift. Und während es diesen selbst schützt und offenbar auch das Leben verlängern kann (wie sich am im gesunkenen Wrack Jahrzehnte überdauernden Besatzungsmitglied zeigt), ist es für alle in dessen Umgebung tödlich, aufgrund der radioaktiven Strahlung, die es absondert – und die vom entsprechenden Wesen scheinbar "wie auf Kommando" abgerufen werden kann, um es als Waffe einzusetzen – was wiederum mit einem hellen weißen "Blitz" symbolisiert wird. Jedenfalls war das ein brillanter Einfall, der bereits bei diesem ersten Einsatz faszinieren kann.
Auch davon abgesehen weiß die Episode zu gefallen. Nachdem sich die vorangegangene Mythologie-Doppelfolge u.a. mit Scullys Entführung beschäftigt hat, rücken nun wieder einige andere Elemente ins Zentrum, die seit dem Staffeleinstieg nicht mehr aufgegriffen wurden – wie z.B. der Mord an Scullys Schwester. Sie ist nachvollziehbarerweise enorm enttäuscht und verärgert, zu hören, dass die Ermittlungen abgesägt wurden. Als Skinner versucht sich dafür einzusetzen, sie fortzuführen, erhält er jedoch von Vertretern des Komitees der Verschwörung eine eindringliche Warnung – und wird, als er diese ignoriert, in einem Restaurant angeschossen und lebensgefährlich verletzt. Während man zu diesem Zeitpunkt der Serie einen Tod von Mulder und Scully nicht mehr wirklich in Betracht zieht, kann man eine entsprechende Wendung bei Skinner nicht ausschließen – weshalb der entsprechende Twist seine schockierende Wirkung bei mir damals nicht verfehlte. Auch Scullys Ermittlungen sind sehr interessant, und führen sie sowohl in ihre als auch in die Vergangenheit generell zurück. Nach anfänglichem Zögern erzählt ihr der Freund ihres Vaters doch noch seine Geschichte, und wie sie geschickt wurden um ein mit einer Atombombe bewaffnetes Flugzeug zu bergen. Anstatt uns seine Geschichte nur erzählen zu lassen, wird sie uns im vorliegenden Fall auch gezeigt, wobei man für die Rückblenden auf eine Inszenierung in schwarz-weiß setzt – auch diesen Kniff haben wir bei "Akte X" bisher noch nicht gesehen. Auch davor gab es schon einen wirklich tollen Moment, als sich Scully an ihre Kindheit erinnert, und wie sie auf genau diesem Gelände mit ihrer Schwester gespielt hat. Vor allem auch in dieser Szene stach die schauspielerische Leistung von Gillian Anderson absolut hervor.
Insgesamt kann man sagen, dass die Episode vielleicht etwas gemächlich startet – im letzten Drittel sich dann aber die Ereignisse überschlagen. Bereits der Besuch bei der Bergungsfirma ist spannend, mit der Sekretärin, die offenbar kurz davor war, Mulder – und damit immerhin einen FBI-Agenten – zu erschießen. Mit dem Besuch in Hong Kong wird "Akte X" zudem das erste Mal international. Und dann ist da natürlich noch die Offenbarung mit Krycek. Nicholas Lea wurde ganz bewusst aus den Credits nach dem Vorspann herausgelassen, um diese Überraschung zu bewahren. Das Schöne daran ist, dass sie auch absolut Sinn ergibt, und wirklich etwas aufklärt und einige der bis dato aufgeworfenen Fragen beantwortet. Außerdem wird auch hier wieder die Handlung vom Beginn der Staffel – in Form des Bands mit den Informationen zu allen Begegnungen mit Außerirdischen, von dem Krycek Informationen an den Meistbietenden verkauft – aufgegriffen. Die Wendung am Ende, als Krycek schließlich vom schwarzen Öl übernommen wird, beschert "Akte X" dann schließlich einen weiteren großartigen Cliffhanger.
Fazit:
"Der Feind – Teil 1" ist eine großartige Mythologie-Episode, die eine der interessantesten, faszinierendsten und effektivsten Bedrohungen, welche die Serie jemals hervorgebracht hat – nämlich das schwarze Öl – einführt. Auch davon abgesehen gibt es einige packende Entwicklungen und gelungene Szenen, wie z.B. rund um die Einstellung der Ermittlungen im Mordfall von Scullys Schwester, deren Erinnerungen an ihre Kindheit, die Erinnerungen des alten Marinesoldaten an einen Einsatz während des zweiten Weltkriegs, die Warnung an Skinner und das darauffolgende Attentat, Mulders Reise nach Hong Kong, sowie die Rückkehr von Alex Krycek. Zugegeben, der Einstieg mag vielleicht noch etwas gemächlich sein, aber mit zunehmender Laufzeit überschlagen sich dann auch die Ereignisse zunehmend. Spätestens ab der Hälfte der Folge saß ich gefesselt vor dem Fernsehschirm, und vor allem die letzten 10 Minuten wissen dank der beiden überraschenden Twists zu begeistern. Der wieder einmal gelungene Cliffhanger sorgt dann schließlich für einen runden Abschluss.