Originaltitel: 731 Episodennummer: 3x10 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 01. Dezember 1995 Erstausstrahlung D: 30. Januar 1997 Drehbuch: Frank Spotnitz Regie: Rob Bowman Hauptdarsteller: David Duchovny als Special Agent Fox Mulder, Gillian Anderson als Special Agent Dana Scully, Mitch Pileggi als Assistant Director Walter Skinner Gastdarsteller: Stephen McHattie als Red-Haired Man, William B. Davis als Cigarette-Smoking Man, Michael Puttonen als Conductor, Robert Ito als Dr. Zama, Steven Williams als Mister X, Colin Cunningham als Escalante, Don S. Williams als Elder, Brendan Beiser als Agent Pendrell u.a.
Kurzinhalt:
Mulder ist auf den Zug gesprungen, und in weiterer Folge gelingt es ihm auch, hineinzugelangen. Allerdings hat er sein Handy und damit auch seine Verbindung zu Scully verloren. Mister X meint zu ihr – gewohnt geheimnisvoll – dass sich die Antwort auf all ihre Fragen, auch rund um den Zug, in dem Chip befinden würde, der ihr nach ihrer Entführung aus dem Nacken entnommen wurde. Als sie diesen analysieren lässt, stößt sie auf einen Firmennamen. Als sie deren Gelände aufsucht, entdeckt sie in einem Schacht versteckt eine Gruppe von deformierten Menschen. Es scheint sich bei ihnen um Leprakranke zu handeln. Sie führen Scully zu einem Massengrab, wo Todeskommandos zahlreiche weitere Testobjekte "entsorgt" haben. Währenddessen gelingt es Mulder, in das Zugabteil zu gelangen. Hinter einer Scheibe verborgen sieht er ein Wesen, das wie ein Alien – oder ein Hybrid – aussieht. Der Attentäter der den Japaner umgebracht hat versucht daraufhin, auch Mulder zu töten. Während sie kämpfen, werden sie vom Schaffner im Abteil eingesperrt. Doch in diesem befindet sich eine Bombe – die ausgelöst wurde, sobald sie das Abteil betreten haben. Mulder und dem Mann, der sich als NSA-Agent vorstellt, bleiben nur zwei Stunden, um zu entkommen…
Review:
Wie es schon überwiegend bei "Die Autopsie" der Fall war, bleiben auch bei "Der Zug" Mulder und Scully weitestgehend getrennt, und erleben ihr eigenes Abenteuer. Während Mulder den titelspendenden Zug erforscht, folgt Scully der Spur aus dem Computerchip bis zu einem Massengrab. Wie es dazu kam, hat man uns gleich zu Beginn der Folge – wo man den für die Serie typischen Kniff bediente, den Cliffhanger der Episode zuvor erst nach dem Intro aufzulösen, und davor mit einer anderen/unabhängigen Szene zu beginnen – in einer recht drastischen Szene gezeigt. Dort bemühte man uns auch offenkundig, uns keinen zu deutlichen Blick auf die Opfer werfen zu lassen. Handelt es sich dabei um Außerirdische? Um Alien-Mensch-Hybriden? Oder doch "nur" deformierte Menschen, Opfer von Experimenten, bzw. Lepra-Kranken? In weiterer Folge landet sie in einem ähnlichen Zugabteil wie jenem, in dem Mulder eingesperrt ist – und sie scheint davon überzeugt, dass sie als sie entführt wurde ebenfalls in eines dieser Abteile gebracht wurde, und nicht auf einem UFO war.
Es ist ein interessanter Gedanke, der für die Akte X-Mythologie eine alternative Erklärung anbieten soll. Gibt es Außerirdische vielleicht gar nicht? Soll diese Geschichte rund um Alien-Entführungen etwa nur die Wahrheit decken, dass Organisationen und Firmen geheime, verbotene Experimente an Menschen durchführen? Damit würde man grundsätzlich allen, die mit kleinen grauen Männchen eher weniger anfangen können, eine Alternative anbieten. Das Problem ist nur: Meines Erachtens kommt diese mindestens eine Staffel zu spät. MINDESTENS. Denn bereits am Ende von Staffel 1 haben wir ein Alien-Embryo gesehen. In Staffel 2 erfuhren wir dann von einer Kolonie von Klonen, trafen auf einen außerirdischen Kopfgeldjäger der sein Aussehen verändern kann, und und und. Und auch Außerirdische konnte man in einigen Szenen, auch bei Entführungen, erblicken. Nach all diesen Momenten fällt es schwer, noch an eine 100%ig wissenschaftliche Erklärung zu glauben. Damit wirkt das Ganze im besten Fall wie ein uneffektiver roter Hering, und im schlechtesten Fall wie ein unnötiges Element, dass die ohnehin nach wie vor sehr unklare und undurchschaubare Mythologie nur noch weiter verkompliziert. Anstatt dass man langsam beginnt, uns ein Puzzleteil nach dem anderen zu geben, auf dass sich für uns langsam aber sicher ein klareres Bild ergibt, scheint man vielmehr mit einem weiteren Puzzle anzufangen. Wenn ich schon beim Meckern bin: Das Motto, dass nach dem Intro eingeblendet wird ("Apology is Policy") fand ich im Vergleich zu den bisherigen Sprüchen ungemein schwach und vergessenswert. Und auch wenn ich die Szene, als Mister X ein wenig aus der Ambivalenz hervortritt und Mulder rettet, sehr schätze; die Art und Weise wie sich Mulder hier austricksen ließ, und wie unvorsichtig er war als er die Tür geöffnet hat (nur gut, dass der Code seit Aufnahme des Videos nicht geändert wurde!), ließen ihn schon ziemlich dämlich aussehen. Jedenfalls wünschte ich, man hätte das irgendwie anders gelöst.
Von dieser Szene sowie dem Manko abgesehen, dass man von Stephen McHattie wieder mal Informationen bekommt von denen man nicht weiß, wie man sie einschätzen soll – ist es die Wahrheit, eine Halbwahrheit, oder überhaupt eine glatte Lüge? – ist die Handlung im Zug aber durchaus gelungen. Zuerst die Versuche, ins Abteil zu kommen, dann das geheimnisvolle Wesen im abgesperrten Bereich, der gefährliche Killer, sowie natürlich die Bombe. Mir gefällt auch, dass diese nicht gleich in 10 Minuten oder so hochgehen soll, sondern man dem Geschehen mit 2 Stunden einen ausreichend großen Zeitrahmen schenkt, um eine Spannungskurve einzubauen. Und vor allem die Rettung durch Mister X ist dann phantastisch. Ihm bleibt nicht genug Zeit, um das Wesen und Mulder zu retten – letztendlich entscheidet er sich aber doch für Mulder, und tragt ihn weg, während wir im Hintergrund den Zug explodieren sehen. Weitere positive Aspekte der Folge: Die Offenbarung, dass der Chip die Gedanken des Trägers aufzeichnet. Mark Snows wieder mal toller Soundtrack, in dem er diesmal auch einen Kinderchor einfließen lässt. Und der wieder eingestreute Humor (wie z.B. Mulders "When I miss, I tend to miss low" als er auf den Bauch des NSA-Agenten zielt).
Fazit:
"Der Zug" hält im Wesentlichen das Niveau des ersten Teils dieser Doppelfolge. Dass sie trotz der spannenden Handlung im Zug diese nicht hinter sich lassen kann, liegt in erster Linie daran, dass sich die Mythologie immer mehr zu verstreuen und in zu viele Richtungen zu strecken scheint, anstatt endlich mal klare Antworten zu liefern und auf den Punkt zu kommen. Man fügt ein Element nach dem anderen hinzu, doch statt eines immer stimmigeren Bildes ergibt sich vielmehr ein wirres Mosaik, dass – zumindest noch – nicht so recht zusammenzupassen scheint. Es ist ein langsamer, schleichender Prozess, aber "Der Zug" war wieder so eine Folge, wo man weniger die Handlung weitererzählt als vielmehr einen scheinbar komplett neuen Handlungsstrang geöffnet hat. Auch davon abgesehen gab es kleinere Kritikpunkte, wie Mulders doch etwas dämliches Verhalten als er die Tür öffnet. Dennoch war die Folge keinesfalls schlecht. Mulder und Scully hatten diesmal getrennte Abenteuer zu durchleben, wobei beide interessante Offenbarungen und einige spannende Szenen boten. Vor allem die Handlung im Zug wird – nachdem man die Bombe gefunden hat – sehr packend. Und der Ausklang, mit der Rettung durch Mister X, entschädigt dann zusätzlich nochmal für die eine oder andere Schwäche zuvor. Insgesamt ist "Der Zug" also eine sehr gute Episode, mit den besten Mythologie-Folgen kann sie aber – wie schon "Die Autopsie" – meines Erachtens nicht ganz mithalten.