Originaltitel: Clyde Bruckman's Final Repose Episodennummer: 3x04 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 13. Oktober 1995 Erstausstrahlung D: 14. November 1996 Drehbuch: Darin Morgan Regie: David Nutter Hauptdarsteller: David Duchovny als Special Agent Fox Mulder, Gillian Anderson als Special Agent Dana Scully, Mitch Pileggi als Assistant Director Walter Skinner Gastdarsteller: Peter Boyle als Clyde Bruckman, Stu Charno als Puppet, Frank Cassini als Detective Cline, Dwight McFee als Detective Havez, Alex Diakun als Tarot Dealer, Karin Konoval als Madame Zelma, Ken Roberts als Clerk, Jaap Broeker als The Stupendous Yappi u.a.
Kurzinhalt:
Eine Mordserie an selbsternannten Hellsehern erschüttert Minneapolis. Um diese zu klären, zieht die Polizei nicht nur das FBI – in Form von Mulder und Scully – zu Rate, sondern auch den berühmten Hellseher Yappi. Mulder hält diesen für einen Schwindler, wird jedoch von der Polizei des Tatorts verwiesen, da seine "negativen Schwingungen" Yappi's Fähigkeiten beeinflussen würden. Als kurz darauf von Clyde Bruckman eine weitere Leiche gefunden wird, ist Mulder davon überzeugt, dass statt Yappi vielmehr dieser über hellseherische Fähigkeiten verfügt. Clyde offenbart ihm, dass er zwar nicht direkt in die Zukunft blicken kann, wohl aber alles rund um den Tod einer Person wahrnehmen kann – auch wenn dieser erst bevorsteht. Widerwillig lässt sich Clyde, der Zeit seines Lebens von schrecklichen Visionen geplagt wird wann immer er mit anderen Menschen in Kontakt kommt, dazu überreden, Mulder und Scully bei den Ermittlungen zu unterstützen, um den Mörder zur Strecke zu bringen…
Review:
Von gelegentlich zur Auflockerung eingestreuten Scherzen – überwiegend in Form von amüsanten, ironischen Dialogen – abgesehen, begann "Akte X" zum ersten Mal gegen Ende der zweiten Staffel, genauer gesagt in der Episode "Der Zirkus", so richtig mit einem erhöhten Humoranteil zu flirten. "Der Hellseher" schlägt in die gleiche Kerbe, wobei der Humor diesmal weniger skurril und/oder makaber, sondern etwas leichtfüßiger und breitgefächerter ist. Schon allein der Hellseher-Scharlatan Yuppi kann dem geneigten Zuschauer mit seiner völlig überzogenen Darbietung das eine oder andere Schmunzeln entlocken – wie auch die Tatsache, dass ihn just der sonst an übernatürliche Phänomene glaubende Mulder durchschaut, und Yappi daraufhin behauptet, dessen negative Schwingungen würden seine Fähigkeiten blockieren. In weiterer Folge ist es aber in erster Linie Clyde Bruckman, der mit einig herrlich trocken-amüsanten Kommentaren für gute Unterhaltung sorgt.
Egal ob seine Beschreibung eines Objekts in der Nähe des Fundorts einer Leiche ("fat little nazi stormtrooper"), seine Antwort auf die Frage von Mulder ob er von einer Vase bestimmte Eindrücke empfängt ("It's ugly.") oder dem Mörder mit klaren Worten dessen Frage beantwortet, warum er diese abscheulichen Dinge tut ("Because you're a homicidal maniac")… "Der Hellseher" bietet viele köstliche Momente – die auch dafür sorgen, dass uns Clyde Bruckman schnell und sehr ans Herz wächst. Und genau da setzt die zweite große Stärke der Episode an: Denn es ist auch nicht alles Jubel, Trubel und Heiterkeit. "Der Hellseher" besitzt nämlich auch eine düster-melancholische Seite, die sich – angesichts der besonderen Fähigkeiten des Hellsehers – mit dem Tod befasst. Vor allem das Ende der Episode, der Clydes vorherige Vision die er Scully schildert wiederspiegelt, sorgt für einen traurigen Ausklang. Doch bereits davor beschäftigt man sich ausgiebig mit dem Tod – und welche Bürde es sein muss, jedem Menschen den man trifft ansehen zu können, wann und wie er sterben wird. Clydes Gabe wirkt plötzlich nicht mehr wie ein Segen, sondern vielmehr ein schrecklicher, grauenhafter Fluch. Mulder bringt es in seinem Gespräch mit Clyde auf den Punkt: "If the future is written, than why go ahead and do anything?" Clydes ernüchternde Antwort: "Now you're catching up." Hier erhalten wir einen Einblick in die Tragödie seines Lebens – ständig von Visionen des Todes umgehen zu sein, ohne etwas an ihnen ändern zu können. Doch "Der Hellseher" hat nicht nur Humor und Tragik zu bieten, sondern auch einiges an Spannung. Vor allem die letzte Jagd nach dem Killer ist – dank Clydes vorheriger Vision von Mulders Verfolgungsjagd, mit dem Kuchen am Boden etc. – ungemein packend. Wenn man überhaupt irgendwas kritisieren kann, dann wäre dies der wenig aufregende und/oder überzeugende Killer-Plot, sowie die Sequenz mit Clydes Verrottungs-"Phantasien". Davon abgesehen war "Der Hellseher" aber eine wirklich gute Episode.
Fazit:
"Der Hellseher" ist eine sehr gute "Monster der Woche"-Folge. Mit den besten Mythologie-Episoden kann "der Hellseher" aber naturgemäß nicht mithalten, denn während diese Teil eines größeren Ganzen sind, steht diese Folge "nur" für sich selbst. Damit fehlt jener Reiz der fortlaufenden Handlung, der diese Episoden nun mal so auszeichnet und ihnen automatisch einen Vorsprung gegenüber den Einzelfolgen gibt. Auch tritt der Mörder dann doch etwas stark in den Hintergrund und kommt daher als Figur kaum zur Geltung; und Clydes Vision seines Todes und dem was danach passiert wirkt auch eher trashig. Davon abgesehen bot "Der Hellseher" aber tolle Unterhaltung, wobei vor allem Clyde Bruckman als eine der interessantesten und besten Gastfiguren der Serie hervorsticht. Auch der erhöhte Humoranteil erweist sich als ein wesentliches Plus der Folge. Und trotz aller zündender Gags und amüsanter Dialoge wird auch auf etwas Anspruch, Tiefgang und Tragik nicht vergessen – spielt der Tod in dieser Episode doch eine ganz große Rolle. Insgesamt bietet "Der Hellseher" jedenfalls sehr gute Mystery-Unterhaltung!