Originaltitel: End Game Episodennummer: 6x17 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 17. Februar 1995 Erstausstrahlung D: 28. Dezember 1995 Drehbuch: Frank Spotnitz Regie: Rob Bowman Hauptdarsteller: David Duchovny als Special Agent Fox Mulder, Gillian Anderson als Special Agent Dana Scully Gastdarsteller: Mitch Pileggi als Assistant Director Walter Skinner, Steven Williams als Mister X, Peter Donat als William Mulder, Brian Thompson als Bounty Hunter, Megan Leitch als Samantha Mulder, Colin Cunningham als Lt. Terry Wilmer, Garry Davey als Captain, Andrew Johnston als Agent Weiss, Allan Lysell als Able Gardner u.a.
Kurzinhalt:
Gerade hat Scully im Motel Besuch von Mulder erhalten, da läutet ihr Telefon. Am anderen Ende meldet sich Mulder, der sie wegen der Fähigkeit des Kopfgeldjägers warnt, seine Gestalt zu verändern. Scully versucht ihm zu entkommen, doch nach einem Kampf gelingt es dem Jäger, sie in seine Gewalt zu bringen. Nun wendet er sich an Mulder, um einen Austausch zu arrangieren: Dana Scully gegen seine Schwester Samantha. Widerwillig stimmt Mulder zu, nicht jedoch, ohne Verstärkung vom FBI anzufordern. Man will dem Unbekannten am Übergabeort – eine Brücke – eine Falle stellen. Doch die Mission schlägt fehl, und dem Kopfgeldjäger gelingt die Flucht. Tags darauf wird Mulders Schwester aus dem See gefischt – stellt sich jedoch alsbald nur als ein Klon heraus. Seine Nachforschungen führen Mulder zu weiteren Klonen seiner Schwester – doch ehe er all dies verarbeiten kann, ist der Kopfgeldjäger zur Stelle, um diese auszuschalten. Um endlich etwas über den Aufenthaltsort seiner Schwester herauszufinden, folgt Mulder ihm unerbittlich – bis in die Arktis…
Review:
Ähnlich wie schon bei der ersten "Doppelfolge" der zweiten Staffel, kann auch bei "Die Kolonie" der zweite Teil mit den ersten nicht ganz mithalten. Einerseits ist die Handlung diesmal nicht mehr ganz so wendungsreich und vollgestopft, andererseits rächt sich mit fortschreitender Laufzeit der Einstieg in die erste Folge; früher oder später macht es einfach bei jedem Zuschauer "klick" und man weiß ich etwa, was passieren wird; eben dies raubt der Handlung ein wenig an Spannung und Rätselhaftigkeit. Das alles sind aber vergleichsweise Peanuts, die ich noch hätte verschmerzen können. Der Hauptgrund ist vielmehr: Die Wendung rund um Samantha ca. zur Mitte der Folge ist ungemein frustrierend. Bis dahin war alles rund um seine Schwester ungemein emotional – gerade auch die Beichte an seinen Vater – aber nun stellt sich das alles als sinnlos heraus, da wir, so wie Mulder, getäuscht wurden. Leider bedeutet diese Wendung zugleich, dass man die scheinbar klaren Antworten, die man von Samantha in dieser und der vorangegangenen Episode erhalten hat, nicht mehr ernst nehmen kann. Möglicherweise ist es die Wahrheit, vielleicht aber auch nicht. Damit geht der Eindruck, die Handlung würde sich weiterbewegen und man würde langsam beginnen, etwas Licht in die Dunkelheit zu bringen, so schnell wieder verloren, wie er gekommen ist.
Von diesem Manko abgesehen war aber auch "Die Kolonie – Teil 2" wieder phantastisch. Dabei ließ man uns länger auf die Auflösung des Cliffhangers warten, als ich erwartet hätte. Normalerweise geht man ja in solchen Fällen davon aus, dass die darauffolgende Episode auch wieder genau bei dieser Szene ansetzt. Stattdessen musste man sich bei "Die Kolonie" bis nach dem Intro gedulden; für einen gelungenen Einstieg sorgte vielmehr die Szene eines U-Boots auf UFO-Suche. Danach war es aber endlich soweit. Ich hätte ja gehofft, Scully hätte so etwas wie "Yeah, Mulder's here with me" ins Telefon gesagt, und damit Mulder mitgeteilt, dass der Kopfgeldjäger gerade bei ihr ist. Andererseits kann ich auch verstehen, dass das – gerade auch für sie, die sich doch sonst immer so vor übernatürlichen Erklärungen sträubt – ein enormer Schock gewesen sein muss. Der nachfolgende Kampf ist dann zwar kurz, wirkt aber ziemlich brutal, und ist insgesamt gut gemacht. Die Offenbarungen von Samantha rund um die Kolonie wären ja grundsätzlich auch interessant – wenn man diesen denn auch wirklich glauben kann. Das nächste große Highlight ist dann natürlich die Übergabe auf der Brücke, die ungemein spannend umgesetzt wurde. Die Wendung rund um Samanthas Klon hat mich dann wie erwähnt doch eher enttäuscht; und führt zudem leider die Szene zuvor zwischen Mulder und seinem Vater (wo Duchovny eine beachtliche schauspielerische Leistung zeigt) ad absurdum. Richtig spannend wird es dann wieder, wenn Mulder in die Arktis aufbricht. Scully versucht verzweifelt herauszufinden, wohin es ihn verschlagen hat, aber sowohl Skinner als auch Mister X wollen ihr scheinbar nicht helfen. Umso unerwarteter dann deren Konfrontation im Fahrstuhl – ein weiterer Höhepunkt der Folge. Großartig auch Skinners lapidare Antwort auf Scullys Frage "How did you get this?", bezogen auf die Information zu Mulders Aufenthaltsort. Skinner, blutend: "Unofficial channels". Köstlich!
In der Arktis bekommen wir nun ein optisch ungemein beeindruckendes Finale serviert. Das U-Boot, das aus dem Eis hervorragt, schließlich die "Flügel" senkrecht stellt und abtaucht, gehört zweifellos zu den bekanntesten und denkwürdigsten Bildern aus der gesamten Serie. Ein Moment, der sich damals auch in mein Hirn eingebrannt hat. Aber auch die Ereignisse im Inneren sind sehr spannend. Mir gefällt, wie Mulder hier gleich auf Nummer sicher geht und den vermeintlichen Überlebenden mit Handschellen an sich kettet – woraufhin sich dieser auch wirklich als der gesuchte Kopfgeldjäger offenbart. Mulder wirkt hier mit seiner Suche nach der Wahrheit, und den Risiken die er dafür einzugehen bereit ist, schon fast besessen. Die Antwort des Kopfgeldjägers "She's alive. Can you die now?" gibt ihm dann aber die Kraft, bzw. die Hoffnung und den Glauben, seine Suche nach der Wahrheit fortzusetzen – nachdem Scully ihm damit, ihn im kalten Wasser zu belassen (da Kälte den Virus tötet, wie sie zuvor erfahren hat), das Leben rettet. Womit sich wiederum der Kreis zum Beginn der ersten Folge dieses Zweiteilers schließt, und ihn auf runde, stimmige und überzeugende Art und Weise beendet.
Fazit:
Auch Teil 2 von "Die Kolonie" ist wieder eine phantastische Folge mit vielen interessanten Wendungen, spannenden Momenten und optisch imposanten Szenen. Vor allem die Auflösung des Cliffhangers, die Übergabe auf der Brücke, die Konfrontation zwischen Skinner und Mister X sowie insbesondere das Finale rund um und im U-Boot, dass mit einigen opulenten Bildern aufwarten kann, stechen hervor. Allerdings ist "Die Kolonie – Teil 2" insgesamt nicht ganz so inhaltsreich wie der Vorgänger, und vor allem die Offenbarung rund um Samantha, durch die man die vermeintlichen definitiven Antworten die für mich die vorherige Episode so ausgezeichnet haben rückwirkend betrachtet relativiert wenn nicht gar revidiert, hat mich doch ziemlich frustriert. Da hat man endlich mal das Gefühl, es geht was weiter, und die Mythologie der Serie macht einen Riesenschritt vorwärts, und schon geht’s gleich wieder zwei Schritte zurück. Von diesem Manko abgesehen, dass letztendlich trotz aller Stärken auch knapp die Höchstwertung verhindert, war "Die Kolonie – Teil 2" aber ein phänomenaler und würdiger Abschluss einer Doppelfolge, die innerhalb der Serie bahnbrechend und richtungsweisend war.