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Das Labor Drucken E-Mail
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Originaltitel: The Erlenmeyer Flask
Episodennummer: 1x24
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 13. Mai 1994
Erstausstrahlung D: 03. März 1995
Drehbuch: Chris Carter
Regie: R.W. Goodwin
Hauptdarsteller: David Duchovny als Agent Fox Mulder, Gillian Anderson als Agent Dana Scully
Gastdarsteller: Jerry Hardin als Deep Throat, Lindsey Ginter als Crew-Cut Man, Anne DeSalvo als Dr. Anne Carpenter, Simon Webb als Dr. Secare, Jim Leard als Captain Lacerio, Ken Kramer als Dr. Berube, Phillip MacKenzie als Medic, William B. Davis als Cigarette Smoking Man u.a.

Kurzinhalt: Deep Throat wendet sich mit einem neuen Fall an Mulder: In Maryland ist ein Verdächtiger der Polizei entkommen, obwohl dieser angeschossen wurde. Berichten zu folge schien er diesen Schuss aber überhaupt nicht zu bemerken. Außerdem findet man an jener Stelle, wo er zuletzt gesehen wurde – ehe er sich ins Meer stürzte – eine grüne Flüssigkeit. Handelt es sich dabei etwa um sein Blut? Trotz all dieser mysteriösen Aspekte ist Mulder skeptisch, was diesen Fall zu einer X-Akte machen sollte. Er ist kurz davor, die Ermittlungen einzustellen, als ihn Deep Throat erneut aufsucht, und ihm versichert, dass er der Wahrheit noch nie so nahe gewesen ist. Daraufhin setzen Mulder und Scully ihre Ermittlungen fort, und stoßen schließlich ein Labor, in dem scheinbar Tierversuche stattgefunden haben. In einem Erlenmeyer-Kolben findet man zudem eine geheimnisvolle Flüssigkeit. Als Scully diese zusammen mit einer Biologin untersucht, staunen beide nicht schlecht als sich herausstellt, dass diese außerirdischen Ursprungs sein dürfte. Mulder folgt in der Zwischenzeit weiteren Hinweisen – die ihn schließlich zu einer Lagerhalle mit sechs Behältern führen, von denen fünf mit Menschen gefüllt sind. Als er am nächsten Morgen zusammen mit Scully dorthin zurückkehrt, sind diese zwar verschwunden - von Deep Throat wird er aber in die geheimen Experimente eingeweiht, dessen Ergebnis sie waren. Denn angeblich handelte es sich bei diesen Personen - wie auch beim flüchtigen Verdächtigen - um einen Alien-Mensch-Hybriden…


Review: ImageAn das Staffelfinale einer Serie mit zumindest rudimentärer fortlaufender Handlung – wie es bei "Akte X" in der ersten Staffel der Fall war – hegt man natürlich andere Erwartungen, als bei einer rein episodenhaften Serie. Etwas, dem "Das Labor" zwar überwiegend, jedoch nicht 100%ig, gerecht wird. Wie bei vielen anderen "Akte X"-Episoden der ersten Staffel liegen die Stärken der Episode mehr in hervorragenden, denkwürdigen Einzelszenen als im großen Ganzen. Nach einem noch etwas ziellos wirkenden Einstieg vermag dann "Das Labor" mit der Szene in der Lagerhalle, mit dem sechs "Aquarien", fünf davon mit Menschen gefüllt, zum ersten Mal so richtig zu begeistern. Es ist eine denkwürdige Einstellung, die unter die Haut geht. Am nächsten Morgen ist das Lager dann zwar leer, dafür bekommen wir von Deep Throat endlich mal Antworten. Überhaupt zeigt sich dieser, nachdem er zuvor mit Informationen doch immer etwas knausrig war, ungewöhnlich gesprächig. Damit bekommt man als Zuschauer aber wenigstens den Eindruck, dass es durchaus auch Fragen gibt, auf die man eine Antwort erhält – auch wenn diese dabei gleich wieder drei neue Fragen aufwerfen.

Eine weitere Schlüsselszene ist die Entdeckung der von Scully zu Rate gezogenen Biologin, dass die Bakterien außerirdischen Ursprungs zu sein scheinen. Es ist der erste andeutungsweise Beweis außerirdischen Lebens, mit dem Scully konfrontiert wird, und man merkt deutlich, wie dies ihr Weltbild zu erschüttern scheint. Etwas später kommt es dann aber noch einmal deutlich dicker. Nachdem Mulder von jener Organisation, welche die Experimente durchgeführt hat und diese nun unter Verschluss halten will, gefangen genommen wird, dringt sie in ein Labor ein, um wichtiges Beweismaterial zu stehlen, welches sie dann gegen Mulder austauschen kann. Als sie die Halterung aus dem Behälter zieht, erblickt Scully – und damit auch wir – einen Alien-Embryo. Damit bietet sich ihr sowie auch uns der erste echte, unumstößliche Beweis außerirdischen Lebens – ein entscheidender, bedeutsamer Moment, gerade auch nachdem man sich in der ersten Staffel bislang immer so bemüht hat, Scully alle paranormalen Phänomene verpassen zu lassen. Jedenfalls vermittelt auch dieses Ereignis überzeugend den Eindruck, dass sich die Handlung fortbewegt. Zum Ende der Episode präsentiert man uns dann die erste schockierende Wendung der Serie: Beim Austausch des Embryos gegen Mulder wird Deep Throat – dem man kurz zuvor schon fast wieder zu Misstrauen begann, da er so vehement darauf bestanden hat, diesen selbst durchzuführen; stattdessen wird uns nun bewusst, dass er damit nur Scully beschützen wurde – erschossen. Zwar "nur" ein Nebencharakter, war er dennoch seit der zweiten Episode der Serie eine regelmäßige Präsenz, weshalb sein Tod – der nun auch endlich die Frage beantwortet, ob man ihm trauen konnte oder nicht – durchaus berührt. Vor allem aber scheinen mit diesem Verlust auch die Chancen von Mulder und Scully, die Wahrheit ans Licht zu bringen, zu schrumpfen – kommt ihnen mit ihm doch zugleich ihr einziger Verbündeter abhanden. Und natürlich sorgen auch seine warnenden letzten Worte (die man zuvor am Ende des Intros bereits lesen konnte) beim Zuschauer für Gänsehaut, und geben der Serie zugleich ein weiteres/neues Motto: Trust No One!

ImageDamit jedoch noch nicht genug der tragischen Wendungen: Nachdem Mulder und Scully der Wahrheit so nahe gekommen sind wie nie zuvor, werden die X-Akten auf Geheiß der Verschwörer geschlossen. Nun scheint die Lage erst recht aussichtslos und Mulders aufrechter Kampf endgültig verloren. Fast könnte man auf die Idee kommen, die Produzenten hätten diese Szene eingebaut, um im Falle einer Absetzung mit einem herrlich düsteren Ende (aber eben nichtsdestotrotz einem klaren, eindeutigen Ende) abschließen zu können. Vielmehr stand die Rückkehr zu diesem Zeitpunkt schon längst fest, und ging es dabei vielmehr darum, eine aufgrund von Gillian Andersons Schwangerschaft notwendige Entwicklung zu Beginn der zweiten Staffel vorzubereiten. Die letzte Szene der Episode schlägt dann schließlich erfolgreich die Brücke zum Pilotfilm. Gemeinsam mit dem Raucher besuchen wir erneut dass daraus bekannte Lagerhaus, in dem die Regierung all ihre Geheimnisse zu lagern scheint. Dort wird nun auch der Alien-Embryo verstaut. Im Vergleich zur entsprechenden Szene aus dem Pilotfilm erfahren wir diesmal aber wenigstens auch, wo dieses angesiedelt ist: Im Pentagon! Mit dieser Offenbarung entlässt uns "Akte X" dann schließlich in die Staffelpause.

Dass es "Das Labor" trotz dieser tollen Einzelszenen nicht gelingt, die bislang beste Episode der Serie, "Täuschungsmanöver", noch zu übertreffen, liegt vor allem an einigen Aspekten der Handlung, die nicht unbedingt logisch und/oder plausibel erscheinen. Das beginnt schon bei der Sache mit dem Lager. Als Mulder dieses verlässt, wird er offensichtlich ertappt und verfolgt – mit letzter Not gelingt ihm die Flucht. Dass er angesichts dessen tatsächlich erwartet hat, am nächsten Morgen die Behälter mit den Menschen dort noch vorzufinden, erscheint schon etwas naiv. Ich sage ja nicht, dass er davon ausgehen konnte, dass sie weg sein würden – immerhin war es definitiv eine Herausforderung, diese so schnell von dort wegzuschaffen. Aber er hätte es doch zumindest in Betracht ziehen müssen – was er seiner Reaktion nach jedoch nicht getan hat. Das erschien schon ein wenig einfältig. Auch etwas später bekleckert er sich nicht gerade mit Ruhm. So meint er zum Wissenschaftler, er werde ihn beschützen – und wenige Augenblicke später ist dieser schon tot. Good job, Mulder! Schade fand ich auch, dass wir uns aufgrund des hohen Erzähltempos in den letzten Minuten kaum mit Scullys Reaktion beschäftigen können, als sie den Alien-Embryo erblickt. Vor allem angesichts der Tatsache, dass man zuvor um die Entdeckung des extraterrestrischen Bakteriums so einem Tamtam gemacht hat – was wie eine vergleichsweise unwichtige Entdeckung wirkt – fand ich das schon etwas schade. Immerhin stellt diese Erkenntnis ihr komplettes Weltbild auf den Kopf! Stattdessen erblicken wir das Alien-Embryo, das Bild wird schwarz, die Episode blendet in die Werbeunterbrechung – und wenn wir wieder zurück sind, steht der Austausch schon kurz bevor. Generell fand ich das mit Scullys Einbruch nur bedingt überzeugend. Warum hat ihr Deep Throat nicht gleich das Passwort gesagt, dass sie braucht, um an den Embryo zu gelangen? Dass es ihr tatsächlich gelang, dieses zu erraten, hat mich weniger überzeugt. Zudem muss ich mir die Frage stellen, wie es ihr gelungen ist, diese supergeheime Hochsicherheits-Forschungseinrichtung mit dem Ding zu verlassen.

ImageUnd überhaupt, sorry, aber diese ganze Handel ergibt nicht wirklich Sinn. Wenn die Verschwörer alle Beweise verwischen wollen, warum haben sie den Embryo nicht schon längst geholt und vernichtet? Wozu "brauchen" sie Scully, bzw. wie konnte es gerade ihr gelingen, ihnen zuvorzukommen? Warum lässt man die beiden Agenten eigentlich überhaupt am Leben, wenn man – wie die Ermordung der Biologin und ihrer gesamten Familie zeigt – bereit ist, so ziemlich alles zu tun dass notwendig ist, um die Wahrheit zu unterdrücken, und man ganz offensichtlich auch nicht vor Mord an Unschuldigen zurückschreckt? Sind die beiden nicht eine weitaus größere Bedrohung für ihr Projekt, als besagte Biologin, die nicht mehr weiß als dass es ein Bakterium scheinbar außerirdischen Ursprungs gibt, dass soweit wir wissen genauso gut von einem Meteoriten, einem Ausflug ins All usw. stammen könnte, und als Beweis für die große Alien-Verschwörung meines Erachtens kaum geeignet ist? Alles Fragen, welche bei genauerer Betrachtung ein paar zumindest potentielle Drehbuchschwächen aufzeigen, die mir "Das Labor" doch ein wenig verlitten haben.

Fazit: Wie so viele Episoden der ersten "Akte X"-Staffel überzeugt "Das Labor" eher mit großartigen, beeindruckenden und denkwürdigen Einzelszenen denn im Gesamtpaket. Momente wie die Behälter in der Lagerhalle, mit den darin gefangenen Menschen, die Entdeckung des Alien-Embryos durch Scully oder auch die tragische Wendung am Ende sind absolute Wendepunkte der Serie, und bleiben definitiv noch lange nach Sichtung dieses Staffelfinale im Gedächtnis. Zudem hat man hier zum vielleicht ersten Mal innerhalb der Serie das Gefühl, dass die Handlung nun endlich ins Rollen geraten ist und etwas weitergeht. Auch die schockierende Wendung, die aufzeigt, dass – vielleicht mit der Ausnahme von Mulder und Scully – bei "Akte X" jeder entbehrlich ist, verfehlt ihre Wirkung nicht. Hierbei muss man vor allem auch den Kontext der damaligen TV-Landschaft im Auge behalten, so solche Serientode noch längst nicht so an der Tagesordnung waren, wie dies heutzutage der Fall ist. Damals starben (gute) Serienfiguren in erster Linie dann, wenn der Schauspieler aussteigen wollte. Somit kann auch dies durchaus als Innovation gewertet werden – und trug viel zur Wirkung der Episode bei, da diese Wendung vor rund 20 Jahren eben wirklich noch ein Schock war. Letztendlich ist auch diese Szene dann für mich ausschlaggebend, dass es "Das Labor" trotz vermeintlicher Drehbuchschwächen, gerade auch was den einen oder anderen logischen Aspekt betrifft, noch gelingt, mit der bislang besten Episode der Serie ("Täuschungsmanöver") gleichzuziehen.

Wertung: 4 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 20th Century Fox)




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