Originaltitel: Pilot Episodennummer: 1x01 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 10. September 1993 Erstausstrahlung D: 05. September 1994 Drehbuch: Chris Carter Regie: Robert Mandel Hauptdarsteller: David Duchovny als Agent Fox Mulder, Gillian Anderson als Agent Dana Scully Gastdarsteller: Charles Cioffi als Section Chief Scott Blevins,
Cliff DeYoung als Dr. Jay Nemman,
Sarah Koskoff als Theresa Nemman,
Leon Russom als Detective Miles,
Zachary Ansley als Billy Miles,
Stephen E. Miller als Coroner Truitt,
Malcolm Stewart als Dr. Glass,
Alexandra Berlin als Orderly,
Jim Jansen als Dr. Heitz Werber,
William B. Davis als Cigarette-Smoking Man
u.a.
Kurzinhalt:
Die FBI-Agentin Dana Scully wird ins Büro des Direktors zitiert. Sie wird in die Abteilung der X-Akten, die sich mit unerklärlichen Phänomenen befassen, versetzt. Geleitet werden diese Ermittlungen vom FBI-Agenten Fox "spooky" Mulder, und Scully soll nun für die FBI-Führung ein Auge auf ihn werfen und seine Arbeit nach rein wissenschaftlichen Aspekten beurteilen. Bereits ihr erster Fall stellt dabei eine Herausforderung dar: Mulder untersucht eine mysteriöse Mordserie, bei der alle Opfer seltsame Male am Körper aufweisen. Er vermutet, dass es sich dabei um Opfer von Alien-Entführungen handelt. Scully hält dies verständlicherweise für Schwachsinn, doch ihre Überzeugung, es gäbe eine rein logische und wissenschaftliche Erklärung, gerät nichtsdestotrotz schon bald ins Wanken…
Review:
"Gezeichnet" ist noch eine in vielerlei Hinsicht etwas ungewöhnliche X-Akte. So fehlt noch das Intro, die Musik ist ebenfalls noch etwas seltsam und untypisch, es gibt nach jedem Werbeblock unten rechts eine "X"-Einblendung, und auch den Hinweis, dass die Ereignisse quasi auf einer wahren Geschichte basieren, hat man sich in weiterer Folge dankenswerter Weise gespart. Dennoch sind bereits zahlreiche Elemente vorhanden, welche die Serie in den folgenden Jahren so auszeichnen sollten, wie z.B. der geheimnisvolle Raucher, der bereits bei seinem ersten Auftritt mit seiner mysteriös-bedrohlichen Präsenz besticht; in erster Linie aber natürlich die beiden Hauptdarsteller. David Duchovny und Gillian Anderson harmonieren bereits bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt perfekt miteinander. Die Chemie stimmt, wie man so schön sagt – tatsächlich fragt man sich bereits nach dieser ersten Episode, wie sie es eigentlich geschafft haben, das mit den beiden so lange hinauszuzögern. Jedenfalls erweisen sich beide als absoluter Glücksgriff.
Darüber hinaus ist es vor allem das konträre Konzept beider Figuren, dass gefallen kann. Mulder ist der irrationale, der "Believer" (das deutsche Wort "Gläubiger" passt insofern nicht ganz, da man in unseren Breitengraden dies fast ausschließlich mit Religion gleichsetzt), der fest daran glaubt, dass es zwischen Himmel und Erde mehr gibt, und der nicht nur nicht davor zurückschreckt, nach übersinnlichen und übernatürlichen Erklärungen zu suchen, sondern diesen sogar oftmals gegenüber rationaleren Erklärungen den Vorzug zu geben scheint. Wie es das berühmte Poster auch so schön aussagt: Der glaubt nicht "nur", er will vor allem Dingen auch glauben. Kurzer und prägnanter hat man die treibende Kraft einer Figur wohl selten beschrieben. Auch seine Motivation dafür wird uns gleich im Pilotfilm deutlich gemacht – ist er doch davon überzeugt, dass seine Schwester als er ein kleiner Junge war von Außerirdischen entführt wurde. Nun leitet er die X-Akten, ständig auf der Suche nach übernatürlichen Phänomenen und vor allem auch Anzeichen außerirdischen Lebens – denn wenn er die von ihm vermutete Alien-Verschwörung wirklich nachweisen kann, bedeutet das auch, dass seine Schwester möglicherweise noch am Leben sein könnte. Scully ist das genaue Gegenteil. Sie spiegelt den skeptischen Teil der Zuschauer wieder, der davon überzeugt ist, dass es für alles eine rein wissenschaftliche Erklärung gibt. Eben dies wird im weiteren Verlauf der Serie immer wieder für eine nicht unwesentliche Herausforderung sorgen: Wie soll/kann sich Scully ihre Skepsis bewahren, wenn sie im wöchentlichen Rhythmus mit scheinbar übernatürlichen Phänomenen konfrontiert wird? Die doch etwas konstruiert wirkende Antwort des Pilotfilms darauf, die zugleich den Ton für die weiteren Episoden vorgeben sollte: Sie verpasst die Auflösung am Ende, als Billy Miles und seine Freundin scheinbar von Außerirdischen entführt werden.
Diese Szene zählt definitiv zu den Höhepunkten – sie war aber nicht das erste mysteriöse Phänomen, das wir im Zuge der Serie erlebt haben. Eines meiner absoluten Highlights von "Gezeichnet" war für mich damals, als ich sie zum ersten Mal gesehen habe, jener Moment, als das Auto von Mulder und Scully plötzlich stehen bleibt, und sie mehrere Minuten verloren haben. Es ist zwar ein vergleichsweise unspektakulärer Moment, aber da es das erste unerklärliche Phänomen war, dass wir wirklich unmittelbar miterlebt haben, und aufgrund der mitschwingenden Möglichkeiten und potentiellen Erklärungen, hat es mich schon immer fasziniert. Die letzte Schlüsselszene der Episode ist dann natürlich das – von "Jäger des verlorenen Schatzes" inspirierte – Ende im Lagerraum, wo man uns nicht nur deutlich macht, dass die Regierung über die Außerirdischen Bescheid weiß und dieses Wissen zu vertuschen versucht, sondern uns zudem mit einer einzigen prägnanten Einstellung das Ausmaß der Verschwörung deutlich macht – und damit dem Rest der Serie den Weg ebnet.
Fazit:
"Gezeichnet" verfügt bereits über einige Merkmale und Aspekte, welche die Serie so gelungen machen – allen voran natürlich die beiden Hauptdarsteller, die bereits bei ihrem ersten Auftritt perfekt miteinander harmonieren. Die Handlung an sich gestaltet sich durchaus interessant, und hat einige faszinierende Offenbarungen und Wendungen parat. Nichtsdestotrotz sehe ich die Stärke von "Gezeichnet" noch weniger im großen Ganzen als vielmehr in individuellen Einzelszenen und -momenten, wie der Zeitverlust, die Entführung am Ende, sowie insbesondere die faszinierende Einstellung im Lagerraum. Inszenierung und Musik sind hingegen noch nicht ganz auf jenem hohen Niveau, das die Serie in weiterer Folge vom Rest der Fernsehunterhaltung abheben sollte, und insgesamt fehlt es doch noch etwas an Spannung. Nichtsdestotrotz ist "Gezeichnet" ein durchaus vielversprechender Beginn, der die Weichen für den Rest der Serie stellt.