Mit: Ben Affleck, Bryan Cranston, John Goodman, Alan Arkin, Victor Garber, Tate Donovan, Clea DuVall, Scoot McNairy, Rory Cochrane, Christopher Denham, Kerry Bishé, Kyle Chandler, Chris Messina, Zeljko Ivanek, Titus Welliver u.a.
Kurzinhalt:
1979 wird die amerikanische Botschaft im Iran gestürmt. Während die Revolutionären einige Geiseln nehmen, gelingt es sechs Mitarbeitern, zu entkommen und in der kanadischen Botschaft unterzutauchen. Nun stellt sich jedoch die Frage, wie man sie außer Landes und damit in Sicherheit schaffen soll. Während die CIA verschiedenste Optionen in Erwägung zieht, lässt der Exfiltrations-Experte Tony Mendez mit einem originellen und kuriosen Vorschlag aufhorchen: Was, wenn man die sechs Amerikaner als Mitglieder eines Filmteams ausgeben würde, die im Iran potentielle Drehorte besichtigen? Dann könnten sie das Land ganz normal mit dem Flugzeug verlassen. Tony erntet viel Skepsis, da jedoch kein erfolgversprechenderer Vorschlag auf dem Tisch liegt, bekommt er grünes Licht. Zusammen mit den Produzenten Lester Siegel und John Chambers wählt er das trashige SF-Drehbuch "Argo" als jenes Filmprojekt aus, das bei der Mission als Fassade dienen soll. Doch nach seiner Ankunft im Iran zeigen sich nicht alle der dort versteckten Mitarbeiter von seinem eigenwilligen Plan überzeugt…
Review:
Es tut mir leid, aber so ganz kann ich die Lobeshymnen (Oscar-Favorit! Meisterwerk!) nicht nachvollziehen. "Argo" ist ein nettes, unterhaltsames Filmchen, bei dem mich vor allem der packende Einstieg, mit der Stürmung der Botschaft, begeistert hat. Diese war wirklich grandios, ungemein spannend und atmosphärisch dicht. Ein dramaturgischer Höhepunkt, an den Ben Affleck meines Erachtens – so sehr er es versucht hat, und genau dieses versucht ist mein größtes Problem an diesem Film – nicht mehr anknüpfen konnte. Nicht, dass der Rest des Films schlecht wäre. Vor allem der Mittelteil bietet aufgrund zahlreicher witziger Szenen sehr gute Unterhaltung. Die Vorbereitung der Mission fand ich jedenfalls um einiges interessanter und unterhaltsamer, als die Mission selbst – was vor allem zahlreichen amüsanten und denkwürdigen Szenen, Details und Dialogen zu verdanken ist. "Argofuckyourself" ist wohl mein meistzitierter Satz aus einem Film des Vorjahres, und zumindest bei mir in den normalen Sprachgebrauch übergegangen, der teilweise das normale böse vierstellige Wort ersetzt hat. Und natürlich wärmt die Tatsache, dass nicht einfach nur Hollywood, sondern just ein Science Fiction-Film, eine derart wichtige Rolle bei der Rettung der Geiseln gespielt hat, mein Geek-Herz.
Die ersten beiden Dritteln waren demnach alles in allem sehr gelungen; hier konnte ich auch ansatzweise verstehen, warum "Argo" in Kritikerkreisen in den höchsten Tönen gelobt wurde, und bereits kurz nach seinem Kinostart in den USA als Oscar-Favorit gehandelt wurde. Leider aber fällt der Film im letzten Drittel für mich auseinander. "Argo" basiert ja bekanntlich auf realen Ereignissen – deren Ausgang ich für die weitere Besprechung des Films als bekannt voraussetze (wer die Geschichte noch nicht kennt, sollte daher erst beim Fazit weiterlesen!). Ben Affleck war jedoch im letzten Drittel derart davon besessen, an der Spannungsschraube zu drehen, dass sämtliche Authentizität für mich flöten ging. Mir war einfach bewusst, dass sich die Flucht in der Wirklichkeit niemalsnimmernicht derart hochdramatisch und filmklischeehaft (Stichwort Rettung in letzter Sekunde" abgespielt haben kann – womit "Argo" seinen größten Bonus verlor. Was Affleck da geritten hat, verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Ich meine, ganz ehrlich… es war bereits im Vorfeld fast überall zu lesen, dass die Rettung gelungen ist. Wie Affleck hier versucht, unbedingt noch Spannung rauszuquetschen, wirkt daher nicht nur unglaublich konstruiert – es funktioniert vor allem nicht. Es ist ungefähr so, als hätte uns James Cameron bei Titanic mehrmals gezeigt, wie das Schiff fast einen Eisberg rammt, und dann in letzter Sekunde doch noch vorbeifährt. "Wir wissen, dass das Schiff einen Eisberg treffen und untergehen wird, hör damit auf, uns für dumm zu verkaufen!" Ähnlich ging's mir bei "Argo". Zuerst das mit den Flugtickets, dann der Anruf (bei dem Goodman und Arkin natürlich auf einem Filmset festhängen und daher nicht ins Büro gelangen), und zuletzt noch die Jagd übers Flugfeld. Vor allem letzteres war einfach zu viel des Guten, und wirkte schon fast unfreiwillig komisch. Ich mein, sollen wir wirklich glauben, dass die Iraner zu deppert sind, den Kontrollturm anzufunken und die Starterlaubnis für die Maschine zurückzuziehen? Gimme a break!
Mir ist natürlich bewusst, dass hätte der die Flucht so unspektakulär umgesetzt wie sie in der Wirklichkeit wohl war, dies wenig spannend gewesen wäre. Eine gewisse Überdramatisierung gestehe ich ihm durchaus auch zu, und hätte kein Problem gehabt, wenn er eine dieser Szenen im Film belassen hätte (am besten die erste, rund um die Flugtickets, da diese am wenigsten konstruiert erschien). Aber alle zusammen, das war für mich einfach zu viel des Guten, und spätestens bei der unfreiwillig komischen Jagd über das Flugfeld hat mich "Argo" verloren. Jedenfalls erreichte Ben Affleck im Endeffekt durch diesen krampfhaften Versuch, Spannung zu erzeugen, bei mir letztendlich das genaue Gegenteil. Wie gesagt, das allein macht aus "Argo" noch keinen schlechten Film. Die ersten zwei Drittel vermochte er sehr gut, zu unterhalten, und er verfügt definitiv über einen gewissen Charme, dem auch ich mich über weite Strecken nicht entziehen konnte. Die schauspielerischen Leistungen sind allesamt gelungen, wobei für mich persönlich John Goodman sogar noch mehr hervorstach das der oscarnominierte Alan Arkin. Ben Affleck zeigte ebenfalls erneut unter seiner eigenen Regie eine beachtliche Leistung. Aber das letzte Drittel hinterließ bei mir einfach einen bitteren Nachgeschmack, den selbst der emotionale Ausklang nicht wegspülen konnte.
Fazit:
"Argo" ist zweifellos ein netter Film, den man sich mal anschauen kann – mehr aber (meiner bescheidenen Meinung nach) auch nicht. Während das erste Drittel mit einer enorm packenden Stürmung der Botschaft, und der Mittelteil mit ungemein viel Humor und amüsanten Szenen sehr gut zu unterhalten vermögen, hat das letzte Drittel für mich leider nur stellenweise funktioniert. Vor allem die Hollywoodisierung und Überdramatisierung der letztendlichen Flucht, welche dem Film jeglicher Authentizität und Glaubwürdigkeit beraubte, schadete "Argo" meines Erachtens enorm. Denn war zuvor eine der wesentlichen Stärken des Films die Tatsache bzw. das Bewusstsein, dass sich diese Ereignisse tatsächlich so – oder zumindest so ähnlich – zugetragen haben, ging diese Wirkung beim Finale gänzlich verloren. Was bleibt, ist ein guter und stellenweise ausgezeichneter Film, der vor allem in den launigeren Momenten gut unterhalten konnte. Als Meisterwerk kann ich "Argo" aber guten Gewissens leider nicht bezeichnen.