Originaltitel: Spectre of the Gun Produktionsnummer: 3x01 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 25.10.1968 Erstausstrahlung D: 28.03.1988 Drehbuch: Lee Cronin Regie: Vincent McEveety Hauptdarsteller: William Shatner als Captain James T. Kirk, Leonard Nimoy als Mr. Spock, DeForest Kelley als Dr. Leonard McCoy, James Doohan als Scotty, George Takei als Hikaru Sulu, Walter Koenig als Pavel Chekov, Nichelle Nichols als Lt. Uhura Gastdarsteller: Ron Soble als Wyatt Earp, Charles Maxwell als Virgil Earp , Rex Holman als Morgan Earp, Sam Gilman als Doc Holiday, Bonnie Beecher als Sylvia u.a.
Kurzinhalt:
Die Enterprise stößt mitten im Weltall auf eine Sonde, die sie anweist, sich zurückzuziehen, da es sich um den Raum der Melkotianer handeln würde – die offenbar über starke telepathische Fähigkeiten verfügen, hörte doch jedes Besatzungsmitglied die Nachricht in seiner jeweiligen Muttersprache. Allerdings hat Captain Kirk von der Föderation den Auftrag erhalten, unbedingt jede Möglichkeit zum Kontakt mit den fortschrittlichen, mächtigen Wesen zu nutzen – und versucht, mit ihnen in Dialog zu treten. Man besucht ihren Planeten, und trifft kurz darauf von einem Melkotianer, der den Landetrupp noch einmal an die Warnung erinnert. Da diese ignoriert wurde, soll der Landetrupp nun exekutiert werden. Dafür haben sich die Melkotianer eine ganz besondere Methode ausgesucht: Man versetzt Kirk, Spock, McCoy, Scotty und Chekov scheinbar in die Vergangenheit, genauer gesagt in den Wilden Westen. Aufgrund der sehr surrealen Westernstadt, die überwiegend nur aus Fassaden besteht, wird jedoch auch klar, dass man sich nicht wirklich in der Vergangenheit, sondern vielmehr in eine von den Melkotianern geschaffenen Illusion befindet. Der Landetrupp schlüpft dabei in die Haut der Clanton-Bande, an jenem Tag, als diese am O.K. Corral auf die Earps und Doc Holiday trafen – und erschossen wurden…
Denkwürdige Zitate:"Captain, since we have seen that death is the one reality in this situation, I seriously suggest you reseat yourself immediately. Without moving a muscle of either hand. If I remember correctly, that would involve you in what was called the fast draw. It initiated unfortunate events."
(Das ist eine Art, es auszudrücken.)
"What can I do, Captain? You know we're always supposed to maintain good relations with the natives."
(Chekov, nachdem er gerade Sylvia geküsst hat.)
"Taos Lightning straight bourbon. Try some. In small amounts, it was considered medicinal." "Label it for external use Only."
(Kirk kann dem medizinischen Ratschlag seines Doktors scheinbar nicht viel abgewinnen.)
"How did you manage to test it?" "It has not been tested." "It's not necessary, Captain. It's very simple. Nothing can go wrong." "Up to now, everything has gone wrong."
(Kirk zeigt sich wenig optimistisch und auch ein wenig verbittert.)
Review:
Nach der Staffelpause kehrt "Star Trek" mit dem Besuch eines jener Genres zurück, mit dem sich einige in der Besetzung bestens auskennen: Dem Western! Dabei werden Kirk und sein Landetrupp – für "Star Trek" sehr ungewöhnlich – in eine sehr surreale Umgebung geworfen. Da zum Zeitpunkt der Dreharbeiten gerade keine Westernstadt zur Verfügung stand, und man natürlich nicht genug Zeit hatte, um eines im Studio aufzubauen, entschloss man sich dazu, oftmals nur die Fassaden zu errichten – was die Stadt praktisch ab dem ersten Moment als Illusion entlarvt. Auf den ersten Blick mag es billig aussehen, ich finde jedoch, dass es im weiteren Verlauf der Episode eben dieser eine gewisse eigene Qualität verleiht – gerade auch, wenn Kirk & Co. im Saloon sitzen und hinter ihnen die Landschaft zu sehen ist. Es mag eine notwendige Budgetbeschränkung gewesen sein, passt aber nicht nur ins Konzept der Episode und hilft dabei, dieses zu verkaufen, sondern lässt "Wild West im Weltraum" mit einigen visuellen Schmankerln aufwarten, die sie vom Rest der Serie abheben.
Was mir auch gut gefällt, ist die Wendung rund um Chekovs Tod. Wie jeder auf einen Blick der fünf Besatzungsmitglieder gleich bemerken wird, war diesmal gar kein Rothemd dabei! Außer Scotty, aber der zählt in diesem Fall nicht. Nach zwei Staffeln ist der geneigte "Star Trek"-Fan mittlerweile eigentlich darauf konditioniert, bei unbekannten Gesichtern sofort ihren Tod zu erwarten, und die Stammbesetzung in Sicherheit zu wiegen. Hier scheint es aber für einige Zeit tatsächlich so, als müssten wir uns von Chekov verabschieden. Auch die Reaktion der Crew auf diesen Verlust – allen voran natürlich von Kirk – wurde (mit Ausnahme des sich über Spocks mangelnde Reaktion beschwerenden Scottys; das war wirklich nur zu Gunsten allfälliger neuer Zuschauer da, welche die Serie bisher noch nicht kennen; aber der Chefingenieur sollte den Vulkanier nun wirklich gut genug kennen) sehr gut umgesetzt, und wusste sogar ansatzweise zu berühren. Besonders gut gefällt mir auch, wie Kirk & Co. dieses Horrorszenario schließlich besiegen. Nachdem der ursprüngliche Plan, die Earps mit Hilfe eines Betäubungsgases auszuschalten fehl schlägt, weist Spock noch einmal darauf hin, dass es sich bei den Ereignissen um eine von den Melkotianern geschaffene Illusion handelt – nichts ist echt. Nicht die Kugeln, welche die Earps abfeuern, und auch nicht Chekovs Tod. Dieser starb nur, weil für ihn die Kugeln echt waren. Um auch nur den kleinsten Zweifel an dieser Theorie zu beseitigen, geht er nacheinander mit Scotty, McCoy und Kirk eine Gedankenverschmelzung ein (die noch dazu verdammt gut inszeniert wurde, mit dem Licht von oben). Danach können die Kugeln der Earps ihnen nichts mehr anhaben. Es ist eine clevere Lösung für ein scheinbar aussichtsloses Problem, mit dem die Kraft der Phantasie, des Geistes und der Überzeugung gefeiert wird – und wertete für mich die Episode zweifellos auf. Auch das Design des Melkotianers konnte mir gefallen. Der letzte positive Aspekt ist dann die neu komponierte Musik von Jerry Fielding, der nach "Immer Ärger mit Tribbles" erneut eine sehr eigenständige Komposition vorlegt, die im Gedächtnis bleibt.
Leider gibt es aber auch an diesem Staffel-Einstieg wieder mal so einiges zu bemängeln. Allen voran sind es wieder einmal ein paar logische Schwächen. Angesichts der surrealen Sets ist eigentlich von vornherein klar, dass es sich um keine Reise in die Vergangenheit der Erde, sondern vielmehr um eine Illusion handelt – Spock selbst weist ja sofort darauf hin. Eben dies macht es aber leider absolut unverständlich, dass sich Kirk & Co. in der Vergangenheit gefangen fühlen, und der Ansicht sind, alles müsse wieder genauso ablaufen wie damals (erst nach Chekovs Tod, dessen "Figur" in Wirklichkeit überlebt hat, beginnen sie umzudenken). Auch der eine oder andere Lösungsansatz von Kirk, wie z.B. zu Versuchen, zuerst den Barkeeper und danach die Earps davon zu überzeugen, nicht die zu sein, für die sie sie halten, erscheinen wenig logisch, nachvollziehbar, oder gar sonderlich intelligent. Ich meine, das ist im Prinzip so, als würden sie zu den Melkotianern sprechen – was soll das für einen Sinn haben? Unklar ist mir auch, warum sie sich mit den altmodischen Schießeisen automatisch für unterlegen halten. Im Prinzip müssen sie ja auch mit denen nichts anderes tun als zielen und abfeuern – und mit den Phasern sind sie darin ja eigentlich recht gut.
Absolut unverständlich war mir auch jene Szene, als Kirk zum Sheriff geht, und ihm um Hilfe ersucht. Neben dem gleichen Problem wie gerade angesprochen wundert mich dabei vor allem seine Beteuerung, er könne die Earps nicht einfach so töten. Noch einmal: Das ist nur eine verdammte Illusion. Warum hat Kirk derartige Skrupel, Trugbilder "umzubringen"? Zumal er schon oft genug bewiesen hat, dass er kein Problem damit hat, Gewalt anzuwenden und andere Lebewesen zu töten, wenn sich dies absolut nicht vermeiden lässt, und er es tun muss um sich und/oder seine Crew zu retten. Jedenfalls fühlte sich diese Szene sehr fehl am Platz an – und war noch dazu von Shatner recht übertrieben gespielt. Eher enttäuscht war ich auch von der plötzlichen Rückkehr aller auf die Enterprise. Ja wir durften nicht mal die Freude über das Wiedersehen mit dem gesunden Chekov miterleben. Der Überraschungseffekt war dem Drehbuchautor und/oder dem Regisseur hier wichtiger als die emotionale Wirkung. Meines Erachtens ein denkbar schlechter Tausch. Die größte Schwäche der Episode liegt jedoch in der Ausführung. Wie gesagt, grundsätzlich ist "Wild West im Weltraum" ja nicht schlecht inszeniert – aber am Ende meinte der Regisseur, um die Dramatik zu erhöhen, unbedingt ein Unwetter einbauen zu müssen, mit Blitz, Donner und einem Sturm (jedoch keinem Regen – warum auch immer). Das Problem daran ist... üblicherweise funktionieren die farbigen Planetenhintergründe ja sehr gut (wenn dieser allein schon im vorliegenden Fall nicht viel Sinn ergibt, angesichts der Tatsache, dass man hier ja eigentlich die Erde nachbilden wollte). Bei den Blitzen am Ende spiegeln sich aber die ganze Zeit die Bäume, Äste und Fassaden in der roten Tapete im Hintergrund, wodurch die Illusion völlig zerstört wird. Es wird einfach viel zu deutlich, dass man sich nur auf einem Studiogelände befindet. Warum dies während der Dreharbeiten niemandem aufgefallen ist und man wenn man es aus Budgetgründen nicht anders hinbekommen konnte wenigstens auf Blitz und Donner verzichtet hat, um diesen Effekt zu verhindern, erschließt sich mir nicht. Das sah einfach nur lächerlich und peinlich aus, und kostet der Episode letztendlich einen kompletten Wertungspunkt.
Fazit:
Grundsätzlich hielten sich die positiven und negativen Aspekte bei "Wild West im Weltraum" ja ansatzweise die Waage. Dem interessanten Grundkonzept, den surrealen Sets, der sehr guten Filmmusik von Jerry Fielding sowie dem einfallsreichen und originellen Ausklang der Episode stehen der eine oder andere logische Schwachpunkt, das nicht immer nachvollziehbare Verhalten des Landetrupps sowie das überhastete Ende gegenüber. Das größte Problem von "Wild West im Weltraum" ist aber der Schnitzer mit den Blitzen, bei denen sich der Schatten der Bäume, Äste und Gebäuden auf der roten Leinwand im Hintergrund abzeichnen, man dadurch die Grenzen des Sets erkennt, und die Illusion völlig verloren geht. Warum man hier nicht entweder nachgebessert oder halt einfach auf die Blitze verzichtet hat, ist mir unbegreiflich. Dieser grobe inszenatorische Schnitzer ist es dann leider auch, der "Wild West im Weltraum" trotz einiger gelungener Szenen und guter Ansätze unter den Durchschnitt drückt.