Originaltitel: The Wheel Of Fire
Episodennummer: 5x19
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 04. November 1998
Erstausstrahlung D: 20. März 1999
Drehbuch: J. Michael Straczynski
Regie: Janet Greek
Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als President John Sheridan, Tracy Scoggins als Captain Elizabeth Lochley, Jerry Doyle als Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jeff Conaway als Security Chief Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar.
Gastdarsteller:
Denise Gentile als Lise Hampton-Edgars,
Monique Edwards als Officer u.a.
Kurzinhalt:
Als G'Kar nach seinem Aufenthalt auf Centauri Prime auf die Station zurückkehrt, muss er erkennen, dass der Kult um seine Person in seiner Abwesenheit nur schlimmer geworden ist. Während die Pilger vor seinem Quartier darauf warten, einen Blick auf ihn erhaschen zu können, und jedes Wort von ihm als heilig verehrt wird, erhält er vom Heimatplaneten das Angebot, die Führung des Kha'ri zu übernehmen. Nun steht G'Kar vor einem Dilemma: Er hat nach wie vor kein Interesse, zu einem Anführer zu werden, doch wenn er auf Babylon 5 bleibt, droht die Station von seinen Anhängern überlaufen zu werden. Was tun? Währenddessen fliegt Garibaldis Alkoholproblem auf. Sheridan stellt ihn zur Rede und beurlaubt ihn, und Captain Lochley versucht, ihm zu helfen, indem sie ihm an ihren eigenen Erfahrungen mit Sucht teilhaben lässt. Als Lise auf die Station kommt, um ihm zu helfen, muss Garibaldi entscheiden, wie sein Leben weitergehen soll. Captain Lochley wird indes von der Erdregierung angeordnet, Lyta festzunehmen, da sie Terrorangriffe auf Psi-Corps-Einrichtungen finanziell unterstützt haben soll. Mit Sheridans Hilfe gelingt es zwar, sie trotz ihrer nach wie vor wachsenden telepathischen Kräfte einzusperren, doch stellt sich die Frage, wie man mit ihr weiter verfahren soll…
Denkwürdige Zitate:
"I want to give you a normal life."
"There is no normal life, Michael. There's just life."
(G'Kar mag vom Kult um seine Person nichts halten – aber seine Weisheiten sind beachtenswert.)
Review:
In den vorangegangenen Staffeln waren jene Episoden, deren Titel zugleich den übergeordneten Titel der Staffel lieferten, von besonderer Wichtigkeit für die fortlaufende Handlung. Das kann man von "Augen aus Feuer" (bzw. "Wheel of Fire" aka "Feuerrad", was eben wiederum als Titel der fünften Staffel fungiert) nicht mehr wirklich behaupten. Denn den großen dramaturgischen Höhepunkt, sowie es die Handlung aus der fünften Staffel betrifft, hat man uns bereits in der Episode davor geliefert. Nun ist "Babylon 5", nachdem bereits einige Szenen in den Folgen zuvor immer wieder das nahende Ende der Serie ankündigten, endgültig nur mehr damit beschäftigt, die Geschichte langsam ausklingen zu lassen. Und nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Das ist grundsätzlich nicht negativ gemeint. Ich schätze es, dass "Babylon 5" nicht nach dem großen dramatischen Höhepunkt einfach aufhört, sondern wir die Figuren dabei begleiten, wie sie langsam Abschied nehmen. Und insgesamt schwingt in diesen Szenen – auch hier wieder – eine herrliche Melancholie mit. Aber die ganz großen, dramatischen Höhe- und Wendepunkte haben "Augen aus Feuer" halt überwiegend gefehlt.
Wohlgemerkt: Ich schrieb überwiegend. Denn es gibt immerhin einen längeren Handlungsstrang, der hier nun seinen Höhepunkt erreicht, und dass ist die in der fünften Staffel nun schon länger verlaufende Story rund um Garibaldis Rückfall. Nachdem er in den letzten zwei Episoden zugunsten der Handlung auf Centauri Prime wieder in den Hintergrund gerutscht ist, rückt man diese hier nun in den Fokus. Am besten konnte mir dabei das Gespräch zwischen Sheridan und Garibaldi gefallen. Die beiden haben eine teilweise problematische Vergangenheit hinter sich, sind aber nichtsdestotrotz in den letzten Jahren enge Freunde geworden. Ihr Dialog hier ist nun sowohl gut geschrieben als auch von Boxleitner und Doyle toll gespielt, und profitiert von ihrer Vorgeschichte und der Freundschaft, welche die beiden verbindet. Was vermutlich auch der Hauptgrund ist, warum die spätere lange Szene mit Lochley da nicht mehr rankam. Diese ist zwar grundsätzlich auch stark, und natürlich liegt in der Art und Weise, wie die beiden sich ursprünglich nicht ausstehen konnten und hier nun erkennen, dass sie etwas miteinander verbindet, eine nette Aussage versteckt. Dennoch hatten diese Szenen mangels einer markanten Historie zwischen den beiden nicht das Gewicht der Szene mit Sheridan zuvor, und insgesamt wäre mir dieses Gespräch wohl mit Franklin lieber gewesen, als mit Lochley. Zumal sie auch zu lang war. Ich verstehe zwar, was JMS hier bezweckte, und finde es auf der einen Seite ja gut, dass Garibaldi nicht gleich klein bei gibt, sondern stur bleibt und – aus einem Abwehrmechanismus heraus – angriffslustig wird. Seine Reaktion wirkt zugegebenermaßen so auch viel natürlicher und lebensnaher. Jedoch: In diesem Fall wäre ein Mittelmaß aus Realismus und TV-Dramaturgie vielleicht besser gewesen, denn so zog sich die Szene schon ein bisschen. Dennoch war alles rund um Garibaldi – auch die späteren Szenen mit Lise – ganz klar das Beste an der Folge.
Kaum Eindruck bei mir hinterließ dafür die Wendung, dass Delenn schwanger ist. Wohl aufgrund der Zukunftsszenen aus "Tausend Jahre durch die Zeit" war das einfach keine sonderliche Überraschung. Alles rund um G'Kar war zwar soweit ganz nett und sorgte für den einen oder anderen lustigen Moment, lässt es aber ebenfalls an großen Höhepunkten vermissen. Bleibt noch Lyta. Die Szene, wo man sie verhaftet, und zuvor alle im Zocalo mit den Fingern trommeln, genauso wie sie, ist ja noch sehr stark. Und auch ihre Vereinbarung mit Garibaldi am Ende – der Begriff "ein Pakt mit dem Teufel" kommt einem da wieder in den Sinn – sticht hervor. Aber einerseits hätte ich von ihrer Wandlung zur "bösen" Lyta gern mehr gesehen, und andererseits fällt gerade auch hier auf, dass dies der möglicherweise einzige Handlungsstrang der Serie ist, der die ganze Zeit über aufgebaut wurde, wo man jedoch auf einen pay-off verzichten muss. Dieser wäre ursprünglich für einen potentiellen Kinofilm und später dann im Zuge von "Crusade" geplant gewesen; beides wurde leider nie verwirklicht. Rückwirkend betrachtet wäre es wohl klüger gewesen, statt des Byron-Intermezzos lieber den in der Serie oftmals angekündigten Telepathenkrieg direkt in der fünfte Staffel – parallel zum Fall von Centauri Prime – zu erzählen; aber im Nachhinein ist man natürlich immer klüger.
Fazit:
Der mit der Tatsache, dass diese Folge zugleich den Titel für die fünfte Staffel lieferte, in Zusammenhang stehenden Erwartungshaltung wird "Augen aus Feuer" nicht wirklich gerecht. Vielmehr wird deutlich, dass die Geschichte aus Season 5 mit "Die Bürde des Imperators" ihren dramaturgischen Höhepunkt erreicht hat, und sich die Serie nun in großen Schritten dem Ende nähert. Dies an sich ist auch keinesfalls schlecht; ich schätze es sehr, dass sich "Babylon 5" für den Abschied ausreichend Zeit nimmt. Allerdings fehlten "Augen aus Feuer" ein bisschen die ganz großen, emotionalen Höhepunkte. Diesbezüglich stach lediglich die Szene zwischen Garibaldi und Sheridan hervor. Wie für mich generell die Thematisierung von Garibaldis wieder aufkommendem Alkoholproblem für mich das Beste an der Folge war. Keinen Eindruck hinterließ bei mir dafür die Offenbarung von Delenns Schwangerschaft. Und alles rund um G'Kar war zwar recht amüsant, und bereitet seine anstehende Abreise mit Lyta vor, war jedoch für sich genommen jetzt nicht sonderlich mitreißend. Neben der Garibaldi-Story fand ich alles rund um Lyta noch am gelungensten, wobei man ihrem Wechsel auf die "dunkle Seite" ruhig mehr Beachtung hätte schenken können. Vor allem aber finde ich es enorm schade, dass das "Versprechen" der Episode hier, mit Lyta als telepathische Massenvernichtungswaffe, in weiterer Folge nie eingelöst wurde. Es ist eigentlich so ziemlich der einzige Handlungsstrang bei "Babylon 5", der offen blieb, und nie seinem Höhepunkt zugeführt wurde; wo es rein beim Vorspiel bleibt. Dies macht ihren Teil der Handlung etwas unbefriedigend. Und generell war der Tempowechsel von der vorherigen Episode zu dieser hier doch recht drastisch. Als Auftakt des letzten Kapitels der Serie kann "Augen aus Feuer" aber durchaus gefallen und überzeugen.
Wertung: 3.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
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Vom Skript zur Folge
Im Gegensatz zu den letzten Folgen gibt's hier doch tatsächlich wieder mal was zu berichten! So wurde das eine oder andere – vermeintlich weil die Folge zu lang war – geschnitten. Ein meines Erachtens ziemlich wichtiger Monolog, der dabei verloren ging – und den Konflikt rund um Lyta etwas differenzierter dargestellt hätte – sind Sheridans Worte über Lyta, als er sich mit Franklin über sie unterhält: "Schau, Stephen, es vergeht kein Tag an dem ich mich wegen ihr nicht schuldig fühle. Ich wünschte, wir hätten mehr für sie tun können, aber wir standen mitten in einem Krieg. Leute starben. Wir sind in den letzten Jahren alle durch die Hölle gegangen, und einiges davon war wesentlich schlimmer als das, was sie erdulden musste, aber wir haben uns zusammengerissen." Direkt daran schloss dann sein Satz "Doch da muss noch irgendetwas anderes gewesen sein" an. Auch zum Ende hin gab's noch zwei Kürzungen: Garibaldi machte auch in Worten deutlich, dass er wegen Lyta besorgt ist, ja richtiggehend Angst vor ihr hat. Und Delenn und Sheridan führten die Namensdiskussion und entschieden sich letztendlich für David, den Namen von Sheridans Vater (und zugleich der zweite Vorname von Jeffrey Sinclair). Zuletzt noch eine Änderung: Im Drehbuch lautete Lises "Angebot" an Garibaldi noch: Ich biete dir Liebe, den besten Sex deines Lebens, und du wirst Miteigentümer von einem der größten Unternehmen auf dem Mars." In der fertigen Folge wurde das mit dem Sex dann durch Leidenschaft (bzw. in der Synchro "Hingabe") ersetzt.
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 14"
Stimmen zur Episode:
Regisseurin Janet Greek über ihren letzten B5-Einsatz: „In der ersten Staffel, damals noch in Sinclairs Büro, gab es viele Szenen wo Garibaldi am Ende des Tisches saß. Es gibt eine Szene im Speziellen, wo Sinclair um Garibaldi herumgeht und die Kamera ihm folgt, bis wir zum auf dem Tisch hockenden Garibaldi zurückkommen. Genau die gleiche Einstellung verwendete ich hier wieder, nachdem Lochley und Garibaldi ihre Aussprache hatten, und sie sich dann in ihrem Büro miteinander unterhalten. Ich setzte Garibaldi an die Kante des Tisches, so wie er das früher immer gemacht hat, und ließ Lochley auf die gleiche Art und Weise an ihm vorbeigehen, quasi als Echo der ersten Staffel. Ich bezweifle, dass es jemandem auffallen wird, wenn sie sich die Folge ansehen, aber ich fand es lustig, das so umzusetzen.”
Jerry Doyle über seine Szene mit Bruce Boxleitner: „Das war großartig. An einem Punkt in der Szene frage ich "Wie lang bin ich beurlaubt?" und er antwortet "Solange, wie du brauchst." In diesem Moment dachte ich zu mir "Was, wenn es zu lange dauert?". Er sah mich einfach an und sagte "Es dauert so lange, wie es eben dauert – ich werde da sein." – und die Emotionen überwältigten mich. Es traf mich mitten ins Herz. Mir stiegen Tränen in die Augen und sie riefen "Cut!" und ich ging davon. Ich dachte so "Puh, ich weiß nicht, darüber werde ich noch nachdenken müssen." Ich ging also zu Bruce und sagte, während wir zwei Hauptdarsteller mit feuchten Augen beieinandersaßen, hat das für dich funktioniert? Er sagte, "Ja, du warfst mir diesen Satz zu, und ich weiß nicht was passiert ist, aber ich schlug ihn wieder übers Netz zu dir zurück, und du hast ihn erwischt, und es ist einfach passiert." Dann drehten wir die Nahaufnahmen, und es traf uns immer noch. Wir wollten in der Szene nicht die Tränen fließen lassen, weil Weinen für mich immer etwas antiklimaktisches hat. Ich denke, jemanden dabei zu sehen, wie er versucht, nicht zu heulen und nicht emotional zu werden, und dagegen anzukämpfen, ist die viel dramatischere Wahl. An einem bestimmten Punkt wirst du zusammenbrechen, aber dagegen anzukämpfen hat dieses menschliche Element. Du versuchst es zu unterdrücken, und dass es dich nicht überwältigt. Es war eine großartige Szene, einer dieser ganz Besonderen. Du bekommst in diesem Job diese Momente mit denen du dich auf tieferer Ebene verbindest, als bei den meisten anderen. Wir schmeißen ja viele Szenen raus, aber manchmal treffen sie dich, und die hier tat es.”
Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 5: The Wheel of Fire"
Kommentare von JMS
Es war mir wichtig, zu zeigen, wie jemand wie Garibaldi, den wir mögen und bewundern, einen derart schwerwiegenden Fehler machen kann, dass er seine Karriere in den Sand setzt – aber sich trotzdem davon auch wieder erholen kann. Dies ist insofern eine unerlässliche Message, als wir alle Fehler machen, und es ist leicht, sich von ihnen begraben zu lassen. Vor, während und nach "Babylon 5", habe ich gravierende Fehler gemacht, sowohl beruflich als auch privat, von größerem und geringerem Ausmaß. Einige davon waren Fehler, von denen ich dachte, dass ich mich von ihnen nie wieder erholen würde. Wir alle haben solche Momente. Es war daher wichtig für mich, den Zusehern diese Wahrheit über ihre Verbindung zu den Figuren zu vermitteln. Zugegeben, es wär natürlich besser, wir würden von vornherein keine Scheiße bauen. Aber wenn und das passiert, und wir uns unseren Fehlern mit Entschlossenheit, Ehrlichkeit und Gelassenheit stellen, können wir sie hinter uns lassen.
Nicht lange nachdem wir damit begangen, "Augen aus Feuer" zu drehen, kam Tracy Scoggins in mein Büro und schloss die Tür hinter sich. Ich habe es zuvor schon erwähnt: Ich werde immer nervös, wenn das passiert, und so bereitete ich mich auf Schwierigkeiten vor, vor allem als ich sah, dass sie mit den Tränen kämpfte. Wie die meisten Leute, trank Tracy. Nicht zum Exzess, und auch nicht in solchem Ausmaß wie andere Mitglieder der Besetzung, aber sie trank. Als sie das Drehbuch für "Augen aus Feuer" las, erkannte sie einige der Gründe aus denen Garibaldi trank wieder, und beschloss in dem Moment, damit dauerhaft aufzuhören. Rund zehn Jahre später, als wir "The Lost Tales" drehten, war sie immer noch trocken. Und das ist überaus bewundernswert.
Während meiner Besprechungen der Episoden habe mich mehrmals das Thema der "Babylon 5"-Synchronizitäten angesprochen. Dinge, die in der Geschichte passieren, die unbeabsichtigterweise das echte Leben widerspiegeln. Diese Episode stellt im Hinblick darauf quasi den Gipfel dar, den Mount Everest der Zufälle. In dieser Episode weißt Botschafterin Delenn nicht, dass sie schwanger ist. Während wir die Folge drehten, wusste Mira Furlan nicht, dass sie schwanger war – zum gleichen Zeitpunkt als Sheridan ihr ihre Schwangerschaft offenbart. Als sie kurz darauf von ihrem Zustand erfuhr, und die Geschichte die Runde machte, kam ein weibliches Mitglied der Besetzung in mein Büro, schloss die Tür, und machte es sehr deutlich dass ich mich auch ja unterstehen sollte, etwas Ähnliches mit ihrer Figur anzustellen, weil sie mir ansonsten die Hölle heiß machen würde.
Nachtrag des Übersetzers: Scheinbar gab es auch noch eine weitere, tragischere Synchronizität, die JMS als er diese Zeilen verfasste möglicherweise noch nicht bewusst war: Als Jerry Doyle im Juli 2016 im Alter von 60 Jahren verstarb, ergab die Obduktion, dass sein Tod auf die Folgen von langjährigem Alkoholmissbrauch zurückzuführen war.
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 14"
Zusammengestellt und übersetzt von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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