Mit: Gunner Wright, Corey Richardson, Bradley Horne, Nancy Steele, Roger E. Fanter u.a.
Kurzinhalt:
Der Astronaut Gunner Wright, der auf der ISS allein die Stellung hält, verliert den Kontakt zur Erde. Von Tag zu Tag ist die Isolation für ihn schwerer zu ertragen – wie auch die Ungewissheit, was auf der Erde vorgefallen ist. Macht man mit ihm ein psychologisches Langzeit-Experiment? Handelt es sich schlicht um einen Ausfall der Kommunikation? Oder hat es auf der Erde eine Katastrophe gegeben? Die Jahre vergehen, und Gunner Wright beginnt, nicht nur die Hoffnung zu verlieren, sondern scheinbar auch seinen Verstand…
Review:
"LOVE" ist das beste Beispiel dafür, dass eine gute Idee allein – oder auch deren zwei – noch keinen guten Film macht. Und dabei ist es ihm gelungen, mich praktisch von der ersten Szene an zu begeistern und zu faszinieren. Denn der Einstieg, mit den Szenen des amerikanischen Bürgerkriegs war einfach nur phantastisch. Grandios inszeniert (sofern man so wie ich solche Superzeitlupen mag), der Voice-Over-Kommentar (vorgelesene Tagebuch-Auszüge des Soldaten) war wundervoll geschrieben und zudem sehr gut vorgetragen, und gegen Ende hin kam sogar richtige Gänsehautstimmung auf. Selbst wenn ich noch nicht wirklich wusste, wie ich diese Szenen mit dem die Erde vom Weltraum aus zeigenden Cover sowie der kurzen Inhaltsangabe rund um einen Astronauten auf einer Raumstation in Verbindung bringen soll, hat es "LOVE" geschafft, mich auf seine Seite zu ziehen – nur um in den darauffolgenden 80 Minuten meinen Goodwill konstant auf die Probe zu stellen, bis von diesem leider nicht mehr viel übrig geblieben ist.
Wie ihr ja vielleicht wisst, ist "2001 – Odyssee im Weltraum" mein absoluter Lieblingsfilm. Man kann also wohl mit Fug und Recht behaupten: Ich habe weder ein Problem mit langsamen Filmen, noch mit solchen, die mehr Wert auf Atmosphäre denn auf Inhalt legen (nicht, dass ich damit sagen will, "2001" sei inhaltsarm – aber ihr wisst hoffentlich, wie das gemeint ist). Leider war "LOVE" aber zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise so packend, oder auch atmosphärisch dicht. Die Ausgangssituation ist faszinierend, originell (kleiner Exkurs: wobei auch ich schon mal die Idee eines Drehbuchs mit Astronauten hatte, die auf der ISS plötzlich von der Erde abgeschnitten sind. Und dann hat der gute William Eubank Inception-mäßig meine Idee geklaut. Damn him to hell!), und regt zum Nachdenken an. Wie würde es einem wohl selbst in dieser Situation ergehen? Leider hapert es aber in weiterer Folge genau daran, uns mit Captain Miller identifizieren zu lassen. Wir wissen einfach zu wenig über seine Situation – u.a. auch, wie lange er denn nun eigentlich schon an Bord der Station ausharrt. Nach ca. einer Stunde erfahren wir endlich, dass er nun schon sechs Jahre auf der Station verbringt, und ich dachte nur… WTF?!?! Ich hatte ja keine Ahnung, da man sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht darum bemüht hat, uns die verstrichene Zeit spürbar zu machen. Es hätten genauso gut 6 Monate oder 6 Wochen sein können. Eben dies war für mich ein wesentlicher Punkt, warum es mir schwer fiel, mich in Lee Miller hineinzufühlen.
Es hilft auch nicht, dass wir bis zuletzt nicht genau wissen, was hier eigentlich los ist. Nun kann man richtigerweise sagen, Miller weiß es ja auch nicht, so gesehen ist es wichtig, uns seine Ungewissheit nachfühlen zu lassen. Dennoch hätte es nicht geschadet, etwas deutlicher zu machen, was auf der Erde vor sich geht, und ihn vielleicht seine diesbezüglichen Befürchtungen aussprechen zu lassen. Überhaupt fehlte Miller leider – bis auf den Szenen am Funkgerät oder jenen, wo er sich mit imaginären Personen unterhält – eine Ansprechperson, über die es ihm möglich gewesen wäre, auch dem Zuschauer Einblick in sein Inneres zu gewähren, in seine Gedanken und Gefühle. Eben diese imaginären Personen und seine Visionen sind ein weiteres Problem: Weiß man doch danach nicht mehr so recht, was man glauben kann; was real ist, und was Einbildung. Z.B.: Hat er das Tagebuch wirklich gefunden, oder ist es eine Erfindung von ihm?
Am Ende wird es noch einmal kurz interessant – aber selbst dieser Teil des Films wird von Problemen geplagt. In erster Linie sind dies die Ähnlichkeiten mit dem Finale aus "2001 – Odyssee im Weltraum". Zuerst findet er sich in einer ungewohnt normalen Umgebung wieder, und die Szenen mit ihm in seinem Raumanzug in z.B. einem Büro sollen wohl surreal wirken; ich konnte ständig nur an Dave Bowman und sein "Hotelzimmer" denken. Und am Ende findet dann zuerst eine lange Reise und daraufhin eine Verwandlung statt – auch dies kennt man aus "2001" bereits. Zumindest eine gelungene, originelle und faszinierende Idee muss man den Machern zugestehen, nämlich jene des "Archivs", mit der sich dann spät aber doch auch endlich aufklärt, was es mit den Interviews auf sich hat, die zwischendurch immer wieder eingeblendet werden, und die narrative Struktur des Films durchbrechen und doch etwas störend wirken. Auch optisch ist "LOVE" zweifellos teilweise sehr beeindruckend. Vor allem die Weltraumszenen konnten mir gefallen (vom diesbezüglich bereits gelobten Einstieg abgesehen). Und am ISS-Set haben es mir vor allem die Ventilatoren im Hintergrund angetan. Doch "LOVE" ist nicht nur visuell, sondern auch akustisch höchst gelungen. Der Soundtrack von "Angels & Airwaves" zählt zu den wenigen wirklich konstanten Stärken des Films, und werten viele Szenen – bzw. auch den Film generell – merklich auf. Schade nur, dass der Film an sich teilweise wie den Eindruck eines überlangen Musikvideos vermittelt, und inhaltlich kaum zu überzeugen vermag.
Fazit:
Als Bilderrausch und/oder rein audiovisuelles Erlebnis, kann "LOVE" durchaus gefallen. Inhaltlich ist er hingegen eine ziemliche Enttäuschung, da William Eubank bis auf die interessante Grundidee keine weiteren interessanten Inhalte anzubieten hat, um die Laufzeit zu füllen – weshalb sich die ohnehin nur 84 Minuten teilweise doch etwas ziehen. Zudem hat er es leider nicht geschafft, mich mit Captain Lee Miller identifizieren zu lassen – u.a. auch, da man uns für lange Zeit im Unklaren darüber lässt, wie viel Zeit auf der Station mittlerweile eigentlich vergangen und damit auch, wie lange er nun schon auf dieser vom Rest der Welt abgeschnitten ist. Vor allem letzteres wäre enorm wichtig gewesen, um die Tragweite seiner Isolation und seiner Verzweiflung nachvollziehen zu können. Insgesamt denke ich jedenfalls, dass man mit der Doppel-CD von "Angels & Airwaves" besser bedient ist als mit der Blu Ray und/oder DVD des Films, der leider bis auf die tolle Filmmusik, einzelne nette Szenen, die gelungene visuelle Gestaltung, ein bis zwei nette Ideen, sowie den phänomenalen Einstieg, nicht wirklich viel zu bieten hat.