Mit: Arnold Schwarzenegger, Rachel Ticotin, Ronny Cox, Sharon Stone, Michael Ironside, Mel Johnson Jr., Marshal Bell u.a.
Kurzinhalt:
Seit einiger Zeit plagen Douglas Quaid Träume vom Mars. Er scheint vom Gedanken fast wie besessen, dorthin zu reisen, doch seine Frau rät ihm dies jedes Mal aufs Neue aus. Da wird er auf die Werbung der Firma Rekall aufmerksam, die implantierte Erinnerungen anbieten – die von echten nicht unterscheidbar sein sollen. Zwar rät ihm ein Arbeitskollege davon ab, zu diesen "Hirnpfuschern" zu gehen, doch letztendlich siegt die Neugier. Quaid kauft sich die Erinnerung einer Reise zum Mars – und nimmt sich, um das Ganze noch etwas aufregender zu machen, das Geheimagenten-Paket dazu. Doch während der Prozedur geht etwas schief: Quaid greift die Techniker an und schreit, sie hätten ihn entlarvt. Rekall betäubt ihn daraufhin, gibt ihm sein Geld zurück und setzt ihn in ein Taxi. Als er kurz darauf erwacht, kann er sich an nichts mehr erinnern – bemerkt jedoch schon bald, dass er von ein paar Leuten verfolgt wird. Als es zu einem Kampf kommt, schaltet er diese mit einer Leichtigkeit aus, die er sich selbst nicht zugetraut hätte. Zu Hause angekommen, erzählt er seiner Frau Lori, was vorgefallen ist – und diese versucht plötzlich, ihn zu töten. Was geht hier vor? Die Antwort darauf findet er schließlich in einer von ihm selbst aufgezeichneten Nachricht: Er ist nicht Douglas Quaid, sondern vielmehr Cole Hauser – und gehört der Widerstandsbewegung auf dem Mars an. Eben dorthin soll er nun so schnell als möglich zurückkehren, um eine wichtige Mission auszuführen, welche die Pläne des Großindustriellen Vilos Cohaagen vereiteln sollen, die Mars-Bewohner auszubeuten. Doch dessen Schergen sind Quaid dicht auf den Fersen…
Review:
"Total Recall" ist einer der ganz großen Klassiker des SF-Action-Kinos, und zugleich einer der besten Schwarzenegger-Filme. Dieser erweist sich auch als eine der größten Stärken des Films. Solche "larger than life"-Geschichten und –Filme verlangen ganz einfach auch nach einem besonderen, überlebensgroßen Helden in der Hauptrolle, und Arnold Schwarzenegger erfüllt diese Anforderung wie kaum ein zweiter. Ende der 80er/Anfang der 90er war er generell einer der größten Filmstars, und in "Total Recall" stellt er eindrucksvoll unter Beweis, warum. Er verfügt über eine ungeheure, dominierende Leinwandpräsenz, die Douglas Quaid ungemein aufwertet. Auch sein Humor, sein Charme und seine Natürlichkeit tragen viel dazu bei, uns Quaid schnell sympathisch zu machen. Und so kritisch man gegenüber seinen schauspielerischen Fähigkeiten auch sein kann und darf, so muss man doch auch so ehrlich und fair sein, und festhalten: Er war selten besser als hier. Immerhin stellt ihn der Film vor der Herausforderung, im Prinzip gleich mehrere Rollen zu spielen, und er schafft es sehr gut, Quaid und Hauser voneinander abzugrenzen, und zudem Quaids Entwicklung von einem einfachen Bauarbeiten hin zum großen Helden der Geschichte glaubwürdig zu machen.
Jemand wie Schwarzenegger braucht einen Feind, der ihm was die Leinwandpräsenz betrifft kaum nachsteht. Bei "Total Recall" entschied man sich dazu, ihm gleich mehrere Gegner in den Weg zu stellen. Ronny Cox schlüpft in die Rolle von Cohaagen, und spielt im Prinzip die gleiche Rolle, die er schon bei "Robocop" inne hatte, nämlich die des intriganten Unternehmers, der sein Wohl bzw. das wohl seiner Firma vor jenem von Einzelpersonen oder gar der ganzen Zivilbevölkerung stellt. Ihm zur Seite steht Richter, dargestellt von Michael Ironside. Richter liefert die Muskeln zu Cohaagens Hirn, und profitiert von der nachvollziehbaren Motivation, die man ihm bei seiner Jagd auf Quaid mitgibt – verfolgt er diesen doch mit den unerbittlichen Rachegelüsten des "gehörnten" Ehemanns, und in weiterer Folge des Witwers. Körperlich kann Ironside zwar naturgemäß mit Schwarzenegger nicht mithalten, doch – wie auch Cox – verfügt er dennoch über eine starke Leinwandpräsenz, die verhindert, dass er völlig neben diesem untergeht. Man traut ihm zwar nicht wirklich zu, in einem Zweikampf gegen ihn zu gewinnen, dennoch verleiht er Richter eine Bedrohlichkeit, die auch elementar war, um für Spannung zu sorgen; denn würde man ihn nicht als gefährlich erachten und als Bedrohung vor Quaid anerkennen können, würde der Film nur mehr halb so gut funktionieren. Auch Sharon Stone ist in ihrer Rolle der verräterischen Ehefrau phantastisch. Zwei Jahre, bevor sie sich im ebenfalls von Verhoeven inszenierten "Basic Instinct" unvergesslich machen sollte, zeigt sie sich schon in "Total Recall" mindestens so gefährlich wie verführerisch. Einzig Rachel Ticotin fällt im Vergleich zum Rest der Besetzung etwas ab. Zwar verleiht sie ihrer Melina einiges an Feuer, und zeigt keinesfalls eine schlechte Performance, in dieser charismatischen Besetzung geht sie aber doch etwas unter. Einer der wenigen Aspekte des Films, die noch Raum nach oben geboten hätten.
Wo "Total Recall" hingegen wieder gänzlich überzeugen kann, ist bei der Action. Wobei hier gleich ein warnendes Wort angebracht ist: Denn der Film war nicht umsonst lange Zeit auf dem Index. Ähnlich wie schon bei "Robocop" spart Verhoeven nicht mit blutigen und sehr brutalen Szenen. Einen guten Gradmesser, ob "Total Recall" diesbezüglich für einen zu viel ist, oder man die schonungslose Gewalt verträgt, gibt ein Moment relativ zu Beginn ab, als sich Quaid einen unschuldigen Zivilisten packt, um ihn als menschliches Schutzschild zu benutzen – und dieser von mehreren Kugeln getroffen wird. Definitiv nichts für zartbesaitete Gemüter. Dabei ist dem Film aber zu Gute zu halten, dass diese Action bzw. die darin vorhandene Brutalität nie auf cool getrimmt ist. Wir sollen uns nicht denken "Boah, schau wie's den zerfetzt, wie geil!", sondern uns vielmehr abgestoßen fühlen. Und die Tatsache, dass die Gewalt nicht verharmlost wird, steigert natürlich auch die Spannung. Insgesamt ist die Action jedenfalls – sofern man mit dem hohen Gewaltfaktor klar kommt, von Verhoeven sehr gelungen, packend und spektakulär inszeniert.
Doch die Action ist nicht der einzige Bereich, in dem Verhoevens Handschrift unverkennbar ist. So reichert er "Total Recall" mit einigen bizarren Elementen an, die ihn ebenfalls aus der Riege der SF-Actioner klar hervorstechen lassen, und ihm einige Momente und Bilder bescheren, die in Erinnerung bleiben. Dies betrifft insbesondere die Mutanten auf dem Mars. Egal ob das kleine Kind, die "Seherin", die ikonische dreibusige Dame, Kuato, oder auch die kleinwüchsige Frau mit Maschinengewehr in den Händen, die Mutanten sind phantastisch designt und bleiben definitiv noch lange nach Sichtung des Films in Erinnerung. Hier ist neben Verhoeven natürlich insbesondere auch die phantastische Leistung der Make-Up- und Masken-Leute (angeführt von "The Thing"-Mastermind Rob Bottin) hervorzuheben, die – kurz bevor CGI Hollywood erobern sollte – noch einmal so richtig auftrumpfen. Auch abseits der Masken ist das Design des Films einfach nur phantastisch. Egal ob auf der Erde (wie der Stuhl bei Rekall, der Röntgenscanner am Bahnhof, die Taxis inklusive Roboter-Fahrer) oder auf dem Mars (die Stadt der Mutanten, die Bohrfahrzeuge, die imposante Station der Außerirdischen), "Total Recall" liefert uns unzählige originelle und denkwürdige Designs, wobei vor allem die Sets beeindrucken können. Neben diesen Elementen sind es vor allem auch viele unvergessliche Szenen, die "Total Recall" so auszeichnen. Egal ob jener Moment, als sich Quaid die riesige Wanze aus der Nase zieht, Quaids düsterer Traum als er zusammen mit einer unbekannten brünetten Frau auf dem Mars erstickt und ihnen die Augen aus den Höhlen treten, seine Ankunft auf dem Mars als korpulente Frau verkleidet, die Szene mit dem angeblichen Doktor und der langsam herunterrinnenden Schweißperle, der Szene als die Ventilatoren aufhören zu laufen, sowie natürlich das Finale in der Fabrik der Aliens… "Total Recall" bietet außergewöhnlich viele originelle, gelungene und denkwürdige Momente, die man so schnell nicht wieder vergisst.
Was für mich "Total Recall" aber so besonders auszeichnet, ist seine clevere, gut durchdachte und wendungsreiche Handlung. Im Gegensatz zu vielen anderen Actionfilmen bietet dieser Arnie-Klassiker nämlich auch Nahrung fürs Gehirn, und erfordert vom Zuschauer doch einiges an Aufmerksamkeit, um in der Fülle an Wendungen nicht den Überblick zu verlieren. Die Geschichte ist dabei sehr spannend- und temporeich, und vermag eigentlich ab der ersten Minute, mit dem interessanten Traum, unser Interesse zu wecken. Besonders interessant wird es dann natürlich nach Quaids Besuch bei Recall, sowie nach der Aufzeichnung, die offenbart, dass es sich bei ihm um einen Geheimagenten vom Mars handelt. Auch wenn der Film mit Philip K. Dick's Vorlage nicht mehr viel gemein haben sollte, präsentiert man uns hier eines jener Themen, das in seiner Arbeit immer wieder vorkommt: Die Suche nach sich selbst. Auch einer weiteren seiner ganz großen Stärken, nämlich den überraschenden Wendungen, zollt man Tribut. Die entsprechende Offenbarung, die ich hier (ungeachtet des Alters des Films) nicht vorwegnehmen will, ist eine weitere ganz große Stärke des Films, die enorm zu seiner Wirkung beiträgt.
Für Verhoeven typisch, ist "Total Recall" auch mit einer ordentlichen Portion Tiefgang und Gesellschaftskritik gespickt. Vor allem die Wirtschaft bzw. gierige Unternehmen bekommen hier wieder einmal ihr Fett ab. Die Ausbeutung der Menschen durch die Unternehmen aufzuzeigen bzw. davor zu warnen, war ihm zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere ein immensen Anliegen (siehe auch "Robocop"), und mit dem entsprechenden Subtext wertet er "Total Recall" ebenfalls auf. Trotz all dieser positiven Aspekte, was die Geschichte des Films betrifft… seine größte Stärke ist für mich der Interpretationsspielraum, der sich bietet. Mehr noch als die Frage nach der eigenen Identität ist das zentrale Thema aus Philip K. Dicks Schaffen jene nach der Realität. Was ist Traum, was ist Wirklichkeit? Es ist eine Frage, die sich durch Dicks Werk zieht – und auch bei "Total Recall" groß vertreten ist. Denn die Frage, ob sich wirklich alles so zuträgt wie wir es erleben, oder ob jener Arzt den man angeblich in sein Gehirn geschickt hat nicht vielleicht doch die Wahrheit sagt und es sich lediglich um einen "Traum" bzw. um die eingepflanzte Erinnerung von Rekall handelt, wird bis zuletzt nicht definitiv aufgeklärt. Die offensichtliche Interpretation ist natürlich, dass die Geschichte auch wirklich so passiert, doch es gibt auch zahlreiche Anspielungen, welche die Interpretation eines Traums unterstützen. Etwas, dass mich gerade auch an den Arbeiten von Stephen King (nur um ein Beispiel zu nennen) oftmals so stört, ist sein zwanghafter Antrieb, uns nachdem er uns zuvor zwei Interpretationsmöglichkeiten geboten hat am Ende eine davon aufzuzwingen, anstatt uns selbst entscheiden zu lassen, welche Variante wir vorziehen. Eben diesen Fehler begeht "Total Recall" eben nicht, und das ist ein weiterer Aspekt, der ihn für mich so auszeichnet: Die Antwort auf die Frage, ob es sich bei Quaids Erlebnissen um Traum oder Wirklichkeit handelt, bleibt dem Zuschauer überlassen.
Eine ganz wesentliche Stärke des Films sind auch die Effekte. Anfang der 90er steckte CGI noch eher in den Kinderschuhen, weshalb für die imposanten Szenen auf dem Mars beeindruckende Modelle gebaut wurden. In manchen Szenen mögen diese zwar ihre Herkunft offenbaren (wie z.B. am Ende mit dem Berg/Vulkan), aber den gleichen Kritikpunkt kann man auch oftmals gegenüber CGI-Sequenzen vorbringen. Ich finde es jedenfalls immer wieder schade, wenn etwas jüngere Semester sich über frühere Modelleffekte beschweren, und zugleich grauenhaft schlechte und überdeutlich als solche erkennbare Computereffekte kommentarlos akzeptieren – wohl auch, da diese leider in den letzten 15 Jahren allzu oft präsent waren, und man wenn man damit aufwächst wohl unweigerlich etwas abstumpft. Ich finde, Modelle haben einen Charme, an den selbst die besten CGI-Szenen nur selten herankommen. Bereits die futuristischen Elemente auf der Erde können gefallen, aber die Mars-Szenen sind dann einfach nur phantastisch. Für mich wurde der Mars jedenfalls selten ähnlich imposant und überzeugend in Szene gesetzt, als bei "Total Recall".
Die letzte große Stärke ist dann der phantastische Score von Jerry Goldsmith. Dieser hat im Laufe seiner jahrzehntelangen Karriere in Hollywood ja unzählige großartige Soundtracks abgeliefert, und ausgehend davon ist es durchaus als ganz besonderes Lob zu verstehen, wenn ich festhalte, dass ich seine Musik für "Total Recall" als eine seiner besten Arbeiten erachte. Schon allein das für den Film geschaffene Hauptthema ist grandios, wie auch dessen diverse Varianten und Interpretationen, aber auch abseits davon schafft er ein paar wunderschöne Stücke, welche die jeweiligen Momente des Films perfekt untermalen. Trotz allen Lobes muss ich jedoch abschließend auch festhalten, dass "Total Recall" im Vergleich zu den ganz großen SF-Action-Meisterwerken und/oder Arnie-Filmen, wie dem ersten "Terminator" sowie dessen Fortsetzung "Terminator 2: Tag der Abrechnung" nicht ganz in derselben Liga spielt. So zieht sich ein doch leicht trashiger Unterton durch den Film, den sich (und uns) die zuvor genannten ersparen. Vor allem aber ist leider auch festzuhalten, dass der Ton des Films teilweise doch etwas unausgegoren ist, und sich so manche Elemente etwas miteinander spießen. Mal gibt es ernstere Elemente, dann wird es leicht trashig, und wenig später gibt Arnie einen seiner typischen One-Liner zum Besten. Viele davon sind absolut denkwürdig und gelungen (allen voran natürlich "Consider that a divorce"), es gibt aber auch einen, der für mich so ziemlich den Bodensatz der entsprechenden typischen Gags aus Schwarzeneggers Filmen darstellt ("Screw you!"). Und insgesamt muss man schon sagen, dass sich diese typischen Arnie-Action-Einlagen doch etwas mit den ernsteren, dramatischeren Elementen spießen. Eben dies verhindert dann auch knapp die Höchstwertung, und die Einstufung als unantastbares Meisterwerk des SF-Genres.
Fazit:
"Total Recall" ist ein phantastischer Film, der es von der ersten bis zur letzten Minute versteht, zu packen und glänzend zu unterhalten. Arnold Schwarzenegger befand sich Anfang der 90er am Zenit seines Schaffens, und liefert im Film eine für seine Verhältnisse beachtliche Performance ab, wobei er den Film zugegebenermaßen in erster Linie mit seiner unvergleichlichen Leinwandpräsenz aufwertet. Auch der Rest der Besetzung kann überwiegend überzeugen, wobei vor allem noch das Widersacher-Dreigespann Sharon Stone, Ronny Cox und Michael Ironside hervorsticht. Ein Aspekt, an dem sich die Geister scheiden werden, ist die Action, die von Verhoeven – wie schon bei "Robocop" – schonungslos brutal inszeniert wird. Davon abgesehen reichert er den Film mit einigen bizarren Elementen an, die noch lange im Gedächtnis bleiben sollten. Generell bietet "Total Recall" zahlreiche unvergessliche Szenen und Momente, die es allein schon wert sind, ihn sich anzusehen. Weitere Stärken sind die phantastische Arbeit der Maskenbildner und Set-Designer, die grandiosen Spezialeffekte, sowie Jerry Goldsmiths großartige Filmmusik. Für einen SF-Actionfilm überraschend ist jedoch eine seiner größten Pluspunkte die clevere, wendungsreiche und sogar ansatzweise tiefgründige Handlung, die zudem einiges an Interpretationsspielraum bietet. Von kleineren, überwiegend vernachlässigbaren Kritikpunkten abgesehen bietet "Total Recall" somit phantastische, packende Science Fiction- und/oder Action-Unterhaltung, und zählt somit zu Recht zu den ganz großen Klassiker des Genres!
Wertung:9 von 10 Punkten