Originaltitel: In the Kingdom of the Blind
Episodennummer: 5x09
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 18. März 1998
Erstausstrahlung D: 09. Januar 1999
Drehbuch: J. Michael Straczynski
Regie: David Eagle
Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als President John Sheridan, Tracy Scoggins als Captain Elizabeth Lochley, Jerry Doyle als Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jeff Conaway als Security Chief Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar.
Gastdarsteller:
Robin Atkin Downes Byron,
Damian London als Regent,
Neil Hunt als Minister Vitari,
Francis X. McCarthy als Minister Vole,
Ian Ogilvy als Lord Jano,
Victor Love als Telepath,
David Darling als Drazi u.a.
Kurzinhalt:
Nachdem er durch die Verbindung zu Lyta erfahren hat, dass die TElepathen nicht etwa eine Laune der Natur sind, sondern vielmehr bewusst von den Vorlonen gezüchtet wurden, um im Krieg gegen die Schatten als Waffen zu dienen, geht Byron in die Offensive. Er lässt die Botschafter mehrere Tage lang von seinen Anhängern beschatten, und trägt dann im Sitzungssaal seine Forderung vor: Er möchte einen Planeten, der den Telepathen als Heimat fungieren soll. Falls man dieser Bitte nicht nachkommt, droht Byron die in den letzten Tagen von seinen Anhängern gesammelten Informationen und Geheimnisse an die Öffentlichkeit zu bringen. Nicht nur Präsident Sheridan ist ob dieser Vorgehensweise vor den Kopf gestoßen – und sieht sich dazu gezwungen, seinen Schutz für die Telepathenkolonie auf Babylon 5 zurückzuziehen. Auch andere Völker reagieren auf diese Drohung überaus verstimmt – was sich schließlich in einer gewalttätigen Auseinandersetzung entlädt, als mehrere Drazi einen Telepathen zusammenschlagen. Byron fleht seine Anhänger an, dem eingeschlagenen, Gewaltfreien Weg auch weiterhin zu folgen, doch mehr und mehr seiner Leute wenden sich von ihm ab. Ein Ausbruch der Gewalt scheint unausweichlich. Währenddessen begleitet G'Kar Londo als seine Leibwache bei dessen Besuch von Centauri Prime. Eigentlich wollte er sich dort mit dem Regenten treffen. Doch dieser macht sich in letzter Zeit rar, und scheint für niemanden zu sprechen zu sein…
Denkwürdige Zitate:
"I have known the regent since I first came to the royal court. He does not drink. He cultivated it as his one vice, a break with conventional, accepted behavior."
(Auch ein Ansatz.)
"Narns are barbarians. Primitives. Turn your back on them for a second, they stick a knife in it."
"The Narn would never stab a Centauri in the back. It has always been our tradition to go for the chest. That way, you can see the life go out of their eyes as they fall."
"G'Kar…"
"Just doing my best in the interest of accuracy."
(Ob G'Kar den Hof der Centauri so wirklich beruhigen kann?)
"If you have ever believed me before, Londo, believe me now. You still have time. Enjoy it. Run in the sunlight. Eat. Laugh like a fool. You have so little time."
(Die Warnung des Regenten an Londo.)
Review:
Bereits im Review zu "Der Tag der Toten" habe ich ja schon angemerkt, dass diese vom Handlungsrahmen eher unabhängige Einzel-Episode just an dieser Stelle, gerade als die Telepathen-Story endlich in Schwung zu geraten schien, etwas ungünstig platziert scheint. "Die Telepathenkolonie" machte es aber nun noch einmal schlimmer, als Byron direkt in der Folge erwähnt, dass die Nacht davor – und da meinte er eindeutig nicht den Tag der Toten, sondern sein Liebesspiel mit Lyta und die dabei gewonnene Erkenntnis, dass die Telepathen "künstlich" von den Vorlonen erschaffen wurden – alles verändert. Nun gab es zwar in der Vergangenheit – insbesondere in Staffel 1 – auch schon den Fall, dass die Reihung der Episoden nicht immer der eigentlichen chronologischen Reihenfolge der Ereignisse entsprach, aber wirklich aufgefallen wäre das dort nie, sprich: Es ist nie ein derart krasser Kontinuitätsfehler daraus erwachsen. Was JMS da geritten hat, verstehe ich nach wie vor nicht. Und vor allem, selbst wenn es bei der Erstausstrahlung erforderlich gewesen sein mag, dann hätte ich doch wenigstens darauf geachtet, es auf den DVDs wieder umzudrehen. Jedenfalls ist dies ein anschauliches Beispiel dafür, dass die fünfte Staffel in ihrer Unbeholfenheit teilweise wieder starke Erinnerungen an Season Eins weckt.
Sieht man von diesem auffälligen Kritikpunkt ab, ist "Die Telepathenkolonie" aber ok. Zwar bin ich nach wie vor kein großer Freund der Telepathenstory aus der ersten Hälfte von Season 5, und daran konnte auch diese Episode wieder nichts ändern, aber wenigstens kommt in diese hier nun endlich Schwung hinein. Sein Unvermögen, seine Anhänger auf seinen gewaltfreien Kurs einzuschwören, verleiht Byron zudem eine nette Tragik: Er ist eben doch nicht jener heilsbringende, charismatische Anführer, als der er sich selbst sah – und ihn bislang vermeintlich auch die Zuschauer wahrnehmen sollten. Wobei ich schon sehr unangenehm überrascht darüber war, wie viel charismatischer und mitreißender ich seinen größten Kritiker fand (wobei ich nicht einmal sagen könnte, wer diesen gespielt hat). Nicht zuletzt hier zeigt sich, was bei Byron mit einer anderen Darstellung (und ev. auch einem anderen Darsteller; sorry, Robin Atkin Downes) möglich gewesen wäre. Generell fühlt sich der gesamte Konflikt bislang etwas erzwungen und konstruiert an. Dass Sheridan Byrons Methoden gegen den Strich gehen ist ja voll und ganz verständlich, aber warum wehrt er sich eigentlich generell so dagegen, einen Planeten für die Telepathen zu finden? Wäre das Problem damit nicht im Wesentlichen gelöst? Auch Byrons Argumentation kann ich wiederum nach wie vor nicht ganz nachvollziehen. Ja, sie mögen für den Schattenkrieg gezüchtet worden sein, aber daraus nun eine Verpflichtung gegenüber der Allianz abzuleiten, bei dem Gedankensprung komme ich einfach nicht mit. Was letztendlich dazu führt, dass ich mit beiden Seiten des Konflikts nicht wirklich kann. Trotzdem, mit der zunehmenden Eskalation ist der Handlungsstrang wenigstens nicht mehr langweilig. Ist ja auch schon was.
Trotzdem wird "Die Telepathenkolonie" in erster Linie von der wunderbaren Handlung auf Centauri Prime gerettet. Gleich zu Beginn führt man mit dem Angriff (wo sogar für einen Sekundenbruchteil ein Centauri-Kreuzer zu erkennen ist) und der nachfolgenden Besprechung endlich jenen Handlungsstrang ein, der uns in der zweiten Staffelhälfte beschäftigen wird. Zudem wird die Identität der Angreifer gar nicht lang hinterm Berg gehalten, sondern am Ende der Folge auch gleich wieder aufgeklärt. Dies allein konnte mein Interesse gleich mal deutlich mehr wecken, als alle bisherigen Telepathen-Entwicklungen zusammengenommen. In erster Linie liegt es aber an G'Kar und Londo, dass mir der Centauri-Teil der Episode so gut gefallen konnte. Die beiden bekommen dabei nicht nur ein paar tolle gemeinsame Szenen, sondern auch einzelne Momente geschenkt, in denen sie glänzen können. Wie z.B. wenn G'Kar es ablehnt, sich an jenem Centauri zu rächen, der auf Cartagias Befehl hin die Peitsche hieb. Oder auch Londos treffen mit seinem alten Jugendfreund. Die ganz großen Highlights der Geschichte auf Centauri Prime waren für mich aber der extrem interessante Moment, als das Messer mitten in der Luft stehen bleibt, und offenkundig jemand Londos Leben rettet, sowie alle Szenen mit dem Regenten, der von Damian London wieder einmal phänomenal gespielt wurde. Echt ein Genuss, ihm zuzusehen, wie er ständig zwischen amüsiert und verzweifelt hin- und herschwenkt, und so sowohl die Komik als auch die Tragik der Figur herausarbeitet. Daneben können selbst Londo und G'kar – fast – einpacken.
Fazit:
Auch wenn die Telepathen-Handlung nach Byrons Erkenntnis rund um ihre Herkunft endlich an Schwung gewinnt, und die Lage an Bord nun zunehmend eskaliert, war es in erster Linie die Handlung auf Centauri Prime, die "Die Telepathenkolonie" für mich herausgerissen hat. Alles rund um Londo und G'Kar war einfach nur wunderbar, wobei die beiden nicht nur im Zusammenspiel überzeugten, sodnern auch einzelne Momente bekamen, um zu glänzen. Generell war alles rund um die mysteriösen Vorkommnisse auf dem Planeten, sowie den Angriffen auf Schiffe der Allianz, sehr interessant – und schürte bereits in der ersten Folge mehr Interesse dafür, wie es weitergeht, als es der Telepathenstory in all den bisherigen Folgen gelang. Das Beste an der Handlung auf Centauri Prime waren jedoch die sowohl köstlichen als auch tragischen Auftritte des Regenten. Dennoch konnte mir auch die Telepathen-Geschichte diesmal besser gefallen als zuletzt. Endlich erhalten die Geschehnisse ein gewisses Gewicht; zudem beginnt man zunehmend, Byron nicht mehr als den von allen verehrten Erlöser darzustellen, sondern aufzuzeigen, dass er die Kontrolle über seine Leute zunehmend verliert. Dennoch leidet die Telepathen-Story darunter, dass ich mit keiner der beiden Seiten so recht kann, und der gesamte Konflikt teilweise auch etwas konstruiert wirkt. Zudem fällt gerade auch bei "Die Telepathenkolonie" auf, wie schlecht "Der Tag der Toten" platziert war – solche Kontinuitätsfehler ist man von "Babylon 5" nun wirklich nicht gewohnt. Immerhin, der Abschluss dieses Handlungsstrangs rückt nun zunehmend näher – was insofern positiv ist, als dieser dann Platz für eine deutlich interessantere Geschichte macht.
Wertung: 3 von 5 Punkten
Christian Siegel
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Vom Skript zur Folge:
Gleich zu Beginn, beim Meeting zwischen Sheridan, Delenn und Garibaldi, gibt es einen amüsanten Dialog wo Sheridan meint, jetzt da sie so allein sind könnten sie einen Putsch planen, woraufhin Delenn erwidert, er sei ja bereits der Präsident der Allianz – und wenn ihm etwas passieren würde, fiele die Rolle ihr zu. "Wieso, wird mir denn etwa etwas zustoßen?" "Nicht wenn du dich innerhalb der nächsten fünf Sekunden setzt." Danach verläuft das Meeting wie in der Folge gesehen, und auch sonst wäre mir nichts Wesentliches aufgefallen.
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 12"
Stimmen zur Episode:
Andreas Katsulas über G'Kars neue Rolle: „Es wäre ihm bestimmt nicht möglich gewesen Londos Bodyguard zu werden und das Angebot welches Delenn ihm machte anzunehmen, wenn es nicht diesen Sinneswandel gegeben hätte, zwischen ihnen beiden – und auf beiden Seiten. Zudem denke ich, dass er es aus einem gewissen Verantwortungsgefühl gegenüber der Allianz macht. Er hat nun die ehrliche Überzeugung gewonnen, dass das Wohl der Gesamtheit auch den einzelnen Teilen, den Teilstücken, zugutekommt. Es ist daher im besten Interesse für seine eigenen Leute, das zu tun, was für das Gesamte am besten ist. So sieht er auch seine Rolle als Londos Bodyguard, und alles andere. Es öffnete also wirklich seinen Horizont dahingehend, wie er seinem Volk am besten dienen kann.”
Peter Jurasik über die Episode und die Staffel: „Es war eine interessante Folge, und sie hat auch Spaß gemacht. Joe war in der fünften Staffel dazu in der Lage, an einige Orte zu gehen, an die wir wenn wir nach der vierten Staffel wirklich hätten aufhören müssen nicht hätten nie gelangt wären. G'Kars und Londos Geschichte war eines dieser Dinge, die er darin erforschen konnte. Er konnte mit uns völlig neue Dinge erkunden, und ich hoffe, den Fans gefällt es. Was mir ein bisschen Sorge bereitet ist dass die vierte Staffel so von der Geschichte getrieben war, und sie die sich daraus ergebende Begeisterung so sehr liebten, dass sie nun in der fünften Staffel denken werden "Oh, das ist alles Füllmaterial, und zu seicht und trivial".”
Robin Atkin Downes über die Dreharbeiten zur Folge: „Als ich meine Arbeit bei der Serie begann ging gerade ein Virus herum, und Pat und ich schafften es ein paar Monate unbeschadet zu bleiben. Dann näherten sich die Dreharbeiten zu "Die Telepathenkolonie", und ich wurde richtig krank. In der Nacht davor nahm ich daher Medikamente gegen die Erkältung, aber die machten mich ordentlich schwummrig. Am nächsten Tag als ich aufs Set kam hatte ich dann eine dieser langen Rede vor der Allianz, und ich brachte ständig meinen Text durcheinander. Es war das erste Mal, dass mir das passierte, und ich wurde zunehmend nervös. Es war einfach so frustrierend. Ich denke nicht, dass es ein gröberes Problem war, es gelang ihnen, es vernünftig zusammenzuschneiden, und ich brachte alle Sätze irgendwie heraus, aber es war einfach eine miserable Erfahrung. .”
Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 5: The Wheel of Fire"
Kommentare von JMS
Von all den Farben die Andreas im Zuge seiner Arbeit als G'Kar spielte, schien er seine Entwicklung in der fünften Staffel am meisten zu genießen. Er hatte Spaß dabei, Londos Bodyguard zu spielen, und genoss auch die Versöhnung zwischen beiden Figuren im weiteren Verlauf der Staffel. Es war in dem Jahr eine etwas leichtere Rolle, sowohl was die Zeit vor der Kamera als auch die Stimmung des Ganzen betraf, und er brachte eine Verspieltheit in die Hinter-den-Kulissen-Momente ein, die selbst für seine Verhältnisse ausgelassen war. Als es an der Zeit war, dass G'Kar den königlichen Palast der Centauri als Londos Leibwächter betrat, amüsierte sich Andreas königlich darüber, und trug in einem Outtake die coolsten Sonnenbrillen, die er nur finden konnte, und spielte einen CIA-artigen Agenten. Zugleich denke ich, dass die Staffel auch einiges der besten Arbeit von Peter beinhaltet, als ein Londo der erwachsener und nachdenklicher ist, ein Patriot der dazu bereit ist, für das Wohle seines Volkes sein Leben zu geben. Ich wollte, dass die Geschichte, sowie der Eindruck des Centauri-Palastes, fast einen "Lovecraft trifft Ich, Claudius, Kaiser und Gott"-Eindruck vermittelt, und ein Gefühl von Intrigen verströmt und von etwas, dass sich im Dunkeln bewegt und kurz davor ist, an die Oberfläche zu gelangen. Etwas, dass du nur aus den Augenwinkeln sehen kannst. Und ich denke, in dieser Hinsicht waren wir wesentlich erfolgreicher als mit der Telepathen-Story – nicht zuletzt auch aufgrund der Art und Weise, wie es Peter gelang, die Geschichte zu tragen.
Das war das erste Drehbuch der Staffel wo ich das Gefühl hatte, mein Momentum wiedergefunden zu haben, und B5 begann, sich wieder wie B5 anzufühlen. Die Telepathen-Geschichte hatte ihren Zweck erfüllt, mir einen Rettungsanker zu geben an den ich mich klammern konnte, während ich den Rest ausarbeitete. Würde ich es rückwirkend betrachtet wieder so machen? Nein. Mit dem Wissen, dass ich heute besitze, und mit einem Geist der nicht von massiver Erschöpfung und Depression geplagt ist, die mich zu Beginn der fünften Staffel plagten – wo meine Gefühle eigentlich von Vorfreude und Glück hätten dominiert werden sollen, ehe das verheerende Blackpool-Wochenende sie zerstörte – hätte ich wohl direkt in die Londo-Story einsteigen und mehr Zeit darauf verwenden sollen, die ersten Versuche der Allianz zu zeigen, sich zu etablieren. Aber da wir damals schon über die Nachfolgeserie "Crusade" sprachen, die bis zu einem gewissen Grad über den Aufbau von Imperien hätte sein sollen, widerstrebte es mir, zu viel davon schon in der fünften Staffel zu machen. Hätte ich im Vorfeld gewusst dass wir dazu bei "Crusade" nie kommen würden, hätte ich definitiv mehr eine "King Arthur's Ritt"-Imperien-bildungs-Geschichte erzählt, die mir viele große, tiefgründige Geschichten gegeben hätte, um die intimere Londo/G'Kar-Story auszugleichen. Leider jedoch, ohne all dies damals schon zu wissen, klammerte ich mich an die Telepathen und benutzte sie, um die Geschichte in Gang zu bringen.
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 12"
Zu enthüllen, dass die Centauri hinter den Angriffen stecken, hat die Überraschung verdorben.
Weißt Du, vielleicht solltest du abwarten, wie es weitergeht, bevor Du behauptest, dass das ein Problem ist. Ich wollte, dass die Zuschauer wissen, dass die Centauri dahinterstecken, aus Gründen, die in den nächsten Episoden klarer werden. Und wieder einmal geht es in dieser Serie nicht um das wer oder wie, sondern um das warum.
Quelle: Der deutsche Lurker’s Guide für Babylon 5
Zusammengestellt und übersetzt von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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