Mit: Jack Nicholson, Shelley Duvall, Danny Lloyd, Scatman Crothers, Barry Nelson, Philip Stone, Joe Turkel, Anne Jackson, Tony Burton u.a.
Kurzinhalt:
Jack Torrance zieht mit seiner Frau Wendy und ihrem gemeinsamen Sohn Danny über den Winter in das abgelegene "Overlook"-Hotel, um dort außerhalb der Saison als Hausmeister nach dem Rechten zu sehen. Jack ist davon überzeugt, dass die Abgeschiedenheit des Hotels, welches von der Familie abgesehen verlassen sein wird, genau das ist was er braucht, um seine Schreibblockade zu überwinden und mit dem Verfassen eines neuen Romans zu beginnen. Doch sein imaginärer Freund Tony warnt Danny davor, ins Hotel zu gehen, da sich doch eine schreckliche Tragödie ereignet hat. Danny verfügt über übersinnliche Kräfte – wie auch der Koch des Hotels, Dick Hallorann, der sich mit Danny kurz unterhält. Er bezeichnet diese Fähigkeit als das "Shining". Danny kann Dinge sehen, die für andere unsichtbar sind, kann mit seinen Gedanken kommunizieren, usw. Bereits nach wenigen Tagen im Hotel wird die Situation zunehmend angespannt. Jack wird immer gereizter, und die Isolation scheint ihn langsam aber sicher in den Wahnsinn zu treiben. Schon bald fürchten Wendy und Danny um ihr Leben…
Review:
Stephen King ist kein Freund von Kubricks Interpretation seines Romans – und viele Fans seiner Arbeit stimmen ihm hier zu. Da ich bislang die Vorlage nicht gelesen habe, kann ich dazu keine fundierte Aussage treffen, und kann nur das beurteilen, was Kubrick auf die Leinwand gebracht hat. Ich bin generell ein Verfechter davon, dass auch eine Filmadaption im Endeffekt für sich selbst stehen sollte, und muss. Eine Abweichung von der Vorlage allein muss ihn deswegen nicht unbedingt gleich schlechter machen. Zudem sind Literatur und Film ohnehin völlig unterschiedliche Medien, mit unterschiedlichen Möglichkeiten, aber auch Ansprüchen. Jedenfalls… davon ausgehend, dass King und seine Jünger recht haben, und man sich bei der Adaptierung von King's Roman tatsächlich einige Freiheiten genommen hat (was ich ja selbst noch nicht beurteilen kann), darf "Shining" als Paradebeispiel dafür gelten, dass dies allein noch keinen schlechten Film bedeuten muss – ist Kubrick hier doch ein absolutes Horror-Meisterwerk gelungen.
Dass an diesem auch Stephen King mit seiner Vorlage großen Anteil hatte, steht natürlich außer Zweifel. Denn eine Stärke von "Shining" ist eine vielschichtigkeit. Die meisten Horrorfilme präsentieren eine Idee, ein gruseliges Element, eine bestimmte Bedrohung. Sei es nun ein scheinbar unsterblicher Serienkiller, ein bestimmtes Monster, oder eine gewisse Ausgangssituation, in der sich die Protagonisten befinden. "Shining" fügt jedoch viele unterschiedlichste Elemente zu einem stimmigen, abwechslungsreichen ganzen zusammen. Da wären einerseits die übersinnlichen Fähigkeiten von Danny, das titelgebende "shining", welches es ihm ermöglicht, Dinge zu sehen und zu spüren, die für andere unsichtbar sind. Daraus allein ließe sich schon ein packender Horrorfilm stricken ("The Sixth Sense" geht ja in etwa in diese Richtung). Darüber hinaus haben wir das Spukhaus – bzw. im vorliegenden Fall Hotel – in dem böse Geister ihr Unwesen treiben. Die Isolation des Gebäudes, welches auch dafür sorgt, dass man von der Zivilisation weitestgehend abgeschnitten ist – was die Protagonisten schutzlos vor was auch immer ausliefert, dass im Hotel auf sie lauert. Für mich der beste und erschreckendste Aspekt ist jedoch Jacks langsamer Verfall in den Wahnsinn. Einerseits aufgrund der Isolation, dem Druck unter dem er steht, seine Schreibblockade – aber wohl auch der Alkoholentzug (etwas, dass in der von mir gesehenen und besprochenen europäischen Fassung ja nur angedeutet wird, mit den Szenen in der Bar), sowie die böse Präsenz, die im Hotel ihr Unwesen treibt. Hilflos müssen sowohl seine Familie als auch wir mit ansehen, wie er zunehmend launisch und aggressiv wird. Eine ungemein beängstigende Entwicklung, die mir mehr unter die Haut gefahren ist, als die meisten Filmmonster, die man uns in Horrorfilmen sonst oft präsentiert. Das letzte Element ist dann der Abschlussgag mit dem Bild, welcher "Shining" einen weiteren interessanten Aspekt hinzufügt.
Stanley Kubrick, der unbestritten zu den größten Regisseuren aller Zeiten zählt, nahm nun diese Geschichte, und erzählt sie in teils wunderschönen, teils schrecklich-schaurigen, aber immer sehenswerten Bildern. Es gibt ungemein viele Einstellungen und Szenen, die nach Sichtung von "Shining" in Erinnerung bleiben, und einem noch lange beschäftigen – und vielleicht auch in den einen oder anderen Alptraum verfolgen. Wie das in den Korridor strömende Blut. Das kleine Geschwisterpärchen, das sich an den Händen hält. Die Frau im Badezimmer. Jack, der mit der Axt die Tür zum Badezimmer einschlägt – in dem sich die zu Tode verängstigte Wendy versteckt hält. Der mysteriöse Mann im Bärenkostüm. Das fantastische Finale im Irrgarten. Und damit habe ich jetzt nur die wichtigsten und imposantesten aufgezählt, in Wahrheit aber nur an der Oberfläche gekratzt. "Shining" ist, dank Kubricks Genie, wohl nach wie vor der visuell eindrucksvollste und schönste Horrorfilm aller Zeiten.
Doch es sind nicht nur die Bilder allein. "Shining" war zudem einer der ersten Filme, die eindrucksvollen Gebrauch von der Steadycam gemacht haben. Das Ergebnis sind zahlreiche großartige, denkwürdige Kamerafahrten, wie z.B. jene, als wir hinter dem im Tretauto fahrenden Danny dahingleiten. Auch die Positionierung der Kamera fällt immer wieder positiv auf. Besonders beeindruckend und gelungen fand ich dabei jene Momente, in denen uns Kubrick auf die Augenhöhe von Danny setzt, und uns damit quasi in seine Position versetzt – was unsere Identifikation mit ihm zusätzlich verstärkt. Auch die eine oder andere imposante Einstellung aus der Vogelperspektive präsentiert er uns, wie z.B. beim Irrgarten. Und auch Spiegel setzt Kubrick immer wieder höchst geschickt ein. Darüber hinaus verleiht Kubrick dem Geschehen auch eine – im wahrsten Sinne des Wortes – unheimliche Atmosphäre, und das eigentlich von Beginn an. Er hat es nicht nötig, billige Schockeffekte zu präsentieren, die uns nur deshalb aus dem Sitz reißen, weil die Lautstärke auf kurz vor Hörsturz hochgefahren wird. Vielmehr ist er ein Meister des Spannungsaufbaus, was sowohl den Film an sich als auch einzelne Szenen betrifft. Neben den schrecklichen Ereignissen sowie der Tatsache, dass wir Jacks Verfall mitverfolgen müssen, ist jedenfalls seine Inszenierung maßgeblich für die beängstigende Wirkung des Films verantwortlich. Was die Atmosphäre von "Shining" betrifft, gibt es jedoch auch einen Aspekt, der leider meines Erachtens allzu oft übersehen – oder besser gesagt überhört – wird, und das ist die Filmmusik. Von einem Stück von György Ligeti abgesehen, auf dessen Werk Kubrick bereits auf "2001 – Odyssee im Weltraum" zurückgegriffen hat, um eine schaurige Stimmung aufzubauen, waren für diese in erster Linie Wendy Carlos und Rachel Elkind verantwortlich. Mit ihrer Filmmusik zu "Shining" haben sie Maßstäbe gesetzt, und die musikalische Untermalung von Horrorfilmen maßgeblich geprägt.
Doch es ist nicht nur die Musik selbst, sondern vor allem auch, wie clever Kubrick sie einsetzt. Schon von Beginn ab – obwohl dort eigentlich genau genommen noch nichts Gruseliges passiert – lässt Kubrick hohe Streicher erklingen, die für eine beängstigende Atmosphäre sorgen, und uns den weiteren tragischen Verlauf der Handlung schon quasi erahnen lassen. Zusammen mit der Musik hängt dadurch von Anfang an ein Gefühl des Schreckens über dem Geschehen. In weiterer Folge spielt er dann geschickt mit unserer Erwartungshaltung. Als Horrorfan ist man darauf konditioniert, dass die Musik die Bedrohung quasi ankündigt. Kubrick macht sich dies zu Nutze, und setzt sie oftmals genau gegenteilig ein. So erreicht die Musik ihr schauriges Crescendo manchmal bei ganz banalen Szenen, wie z.B. einer Titeleinblendung, oder auch bei Jack, der eine Seite aus seiner Schreibmaschine reißt. Aufgrund unserer Genre-Gewohnheiten mag einiges davon zwar schon fast komisch wirken, auf lange Sicht profitiert Kubrick aber von diesem innovativen und originellen Einsatz, lernen wir dadurch doch, dass wir der Musik nicht vertrauen können, uns erschreckende Szenen anzukündigen – was unser Gefühl des Unwohlseins und der Unbehaglichkeit verstärkt.
Die grandiosen schauspielerischen Leistungen machen das Meisterwerk dann schließlich perfekt. Jack Nicholson hat im Lauf seiner Karriere viele phantastische Performances gezeigt – dennoch bin ich geneigt zu sagen, dass es sich bei "Shining" um die beste Leistung seiner Karriere handelt. Jack Torrance ist eine sehr komplexe Rolle, vor allem auch, da die Figur im Verlauf des Films so eine große, fast unvorstellbar dunkle Wandlung durchmacht. Er beginnt als normaler Familienvater, doch kurz nach der Ankunft im Hotel wird er zunehmend launischer und aggressiver. Die Szenen, in denen Jack seine Geduld verliert, sind bereits ungemein beängstigend, da Nicholson erkennen lässt, welcher Zorn unter der Oberfläche brodelt. Als dieser dann endlich hervorbricht, wechselt Nicholson gekonnt zwischen ruhig und hysterisch, zwischen under- und overacting, und sorgt so ebenfalls dafür, dass wir nie genau wissen, was uns als nächstes erwartet. Unvergesslich ist natürlich auch der von ihm improvisierte Aufschrei "Here's Johnny!" nachdem er die Tür mit der Axt durchschlagen hat – eine Anspielung auf die Ankündigung des Showmasters Johnny Carson in seiner "Tonight Show". Neben Jack Nicholson besticht vor allem auch Shelley Duvall. Als Jack seine ersten Wutausbrüche hat, ist ihr der Schreck ins Gesicht geschrieben. Später, als er sie durchs Hotel verfolgt und die Tür zum Badezimmer einschlägt, lässt sie uns den Terror dieser Situation und ihre Todesangst spüren. Dennoch ist sie keine schlichte, hilflose Frau in Nöten. Kurz zuvor behauptet sie sich noch gegen Jack, und bietet ihm die Stirn. Insgesamt steht ihre Leistung jedenfalls jener von Jack Nicholson in nichts nach. Last but not least darf auch Danny Lloyd nicht vergessen werden. Er spielt das verängstigte kleine Kind genauso natürlich und glaubhaft wie jene beängstigenden Momente, in denen Tony zum Vorschein kommt. Vor allem angesichts der Tatsache, wie oftmals Leistungen von Kindern doch eher zu wünschen übrig lassen, ist seine Darstellung, wenn auch nicht sensationell, doch eine Wohltat.
Fazit:
Mit "Shining" hat der unvergleichliche und unvergessliche Stanley Kubrick ein nicht minder unvergleichliches und unvergessliches Horror-Meisterwerk geschaffen. Ausgehend von einer vielschichtigen und abwechslungsreichen Geschichte von Stephen King, erzählt "Shining" eine erschreckende und beängstigende Geschichte über den Verfall eines Familienvaters in den Wahnsinn. Kubrick schmückt die Erzählung dabei mit unzähligen unvergesslichen Bildern, Szenen und Momenten; sein stilvoller, pedantischer Inszenierungsstil voller beeindruckender Kamerafahrten und mit einer beängstigend-schaurigen Inszenierung erweist sich als wesentliche Stärke des Films. Auch die schauerliche Filmmusik von Wendy Carlos und Rachel Elkind trägt viel zur beunruhigenden Atmosphäre des Films bei. Das letzte wesentliche Steinchen im Mosaik dieses filmischen Meisterwerks sind dann die schauspielerischen Leistungen – allen voran von Jack Nicholson und Shelley Duvall. In Anlehnung an eine andere bekannte Rolle von Nicholson, kann ich abschließend zu "Shining" nur festhalten: Besser geht’s nicht!