Originaltitel: Learning Curve
Episodennummer: 5x05
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 18. Februar 1998
Erstausstrahlung D: 05. Dezember 1998
Drehbuch: J. Michael Straczynski
Regie: David Eagle
Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als President John Sheridan, Tracy Scoggins als Captain Elizabeth Lochley, Jerry Doyle als Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jeff Conaway als Security Chief Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar.
Gastdarsteller:
Nathan Anderson als Rastenn,
Brendan Ford als Tannier,
Turhan Bey als Turval,
Brian McDermott als Durhan,
Trevor Goddard als Trace,
Mongo Brownlee als Enforcer,
Dawn Comer als Security Guard,
Erica Ortega als Teegarden u.a.
Kurzinhalt:
Rastenn und Tannier sind zwei junge Minbari, welche die Ausbildung zu Rangern begonnen haben. Zwei ihrer Ausbilder, Turval von der religiösen und Durhan von der Krieger-Kaste, brechen nach Babylon 5 auf, um sich dort mit Delenn, der Anführerin der Anla'shok zu treffen, und nehmen die beiden als Begleitung mit. Auf der Station selbst sorgt gerade eine Mordserie in den unteren Ebenen für Angst und Schrecken unter der dort lebenden Bevölkerung. Der Unterweltboss Trace versucht, die Kontrolle über den Sektor an sich zu reißen – und dabei ist ihm jedes Mittel recht. Mit Hilfe einer jungen Frau lockt er Security Chief Zack Allan in eine Falle, doch Rastenn und Tannier werden darauf aufmerksam. Während Rastenn meint, dass dies nicht ihre Angelegenheit sei und sich nicht einmischen will, eilt Tannier der jungen Frau, die als sie hörte dass man Allan umbringen will Skrupel bekam, zu Hilfe – und wird lebensgefährlich verletzt. In weiterer Folge werden sich beide ihren Ängsten stellen müssen, und auf Babylon 5 eine wertvolle Lektion des Schreckens lernen. Währenddessen versucht Michael Garibaldi, der frisch ernannte Leiter des Geheimdienstes der Interstellaren Allianz, mehr über den neuen Captain der Station, Elizabeth Lochley, in Erfahrung zu bringen…
Denkwürdige Zitate:
"Apologies. The choice of words was…"
"Unfortunate? In error?"
"Untimely."
(Schön ausgedrückt!)
"He joined the anla-shok for the wrong reasons, because of guilt over the death of his brother. He was not looking for a way to serve, he was seeking a way to atone."
(Turvals Analyse von Marcus.)
"Did it ever occur to you that someone who just happens to disagree with you on one point may not be the enemy?"
"No."
(Garibaldi bringt seine totalitäre Sichtweise kurz und knapp auf den Punkt.)
Review:
Auf die Probleme und Herausforderungen denen sich JMS bei der fünften Staffel gegenübersah, bin ich ja schon in meinem Review zu "Der Attentäter" eingegangen. Claudia Christians Ausstieg tat vor allem der Telepathen-Handlung weh, und zwang ihn zudem, fünf vor zwölf eine neue Figur einzuführen – wobei er sich dann noch dazu meines Erachtens nicht sonderlich geschickt angestellt hat (dazu gleich noch mehr). "Lektion des Schreckens" ist nun aber jene Folge, wo sich der ihn ebenfalls hart treffende Verlust seiner Notizen für die Staffel am deutlichsten bemerkbar macht. Herausgekommen ist dabei letztendlich eine Episode, die in ihrer Unbeholfenheit Erinnerungen an die erste Staffel weckt – und zugleich leider auch die schlechteste Folge seit "Im Ring des Blutes". Selbst das viel gescholtene "Rätsel von Grau 17" stufe ich insgesamt stärker ein, da diese wenigstens eine interessante Grundidee sowie mit dem für Delenn aufopfernd kämpfenden Marcus eine starke B-Story zu bieten hatte. Im Vergleich dazu fällt die Positiv-Bilanz bei "Lektion des Schreckens" mit dem willkommenen Wiedersehen mit Turhan Bey (der in "Schatten am Horizont" den Imperator der Centauri gespielt hat), Delenns gutem Plan für die Pak'ma'ra, der netten Inszenierung (die sich z.B. in der Spiegelung im Medlab-Fenster zeigt), die Referenz auf Marcus sowie der amüsanten letzten Szene doch eher ernüchternd aus.
Demgegenüber stehen eine schwache A-Story und eine nicht minder enttäuschende B-Story. Beginnen wir mit der Haupthandlung rund um die beiden jungen Ranger, Rastenn und Tannier. Ich kann JMS' Grundgedanken dahinter durchaus verstehen und anerkennen, einerseits was den Einblick in die Ausbildung der Ranger betrifft, und andererseits die zugrundeliegende Aussage, dass man sich jenen Dingen, die einen Angst machen, stellen muss – da diese sonst Macht über einen gewinnen. Nur die Art und Weise, wie das hier umgesetzt wurde, hat mich in beiderlei Hinsicht leider nicht überzeugt. "Lektion des Schreckens" leidet dabei vor allem auch darunter, dass er den Fokus auf zwei uns bislang unbekannte Figuren legt, mit denen uns nichts verbindet. Wenn er die Gelegenheit genutzt hätte, um uns zu zeigen, wie es Lennier bei seiner Ranger-Ausbildung ergeht, und dieser sich am Ende dann seinem Schrecken hätte stellen müssen, wäre das gleich ganz etwas anderes gewesen. Einerseits, da dies Delenn emotional stärker berührt hätte, und andererseits hätte man auch als Zuschauer gleich deutlich mehr mitgefiebert. Zudem hätte man uns so seine Getriebenheit zeigen können, statt uns nur von ihr zu erzählen – und hätte damit vielleicht sogar gleich noch den zweiten Kritikpunkt ausschalten können. Weil so sehr ich die Grundaussage, dass man quasi wenn man vom Pferd fällt so bald als möglich wieder aufsitzen sollte, auch schätzen mag, aber wie sich Tannier hier schwerstens verletzt zu einer Konfrontation schleppt, bei der er schon als Gesunder unterlegen war, hat mehr was von Selbstmord, als Mut. Bei Lennier, der sich in Delenns Augen beweisen will, und sich – eigentlich viel zu früh – in diese Konfrontation schleppt, hätte das schon mehr Sinn ergeben. So konnte ich zwar mit der Aussage an sich etwas anfangen, nicht jedoch der Umsetzung. Und vor allem auch die Fragen von Turval, die zu offensichtlich prüfend waren ("Fühlst du nun Genugtuung? Freude?" usw.), sowie die betreffenden ablehnenden Antworten von Tannier, fand ich extrem schwach, nervig und aufgesetzt.
Der B-Story rund um Garibaldi und seinen Nachforschungen gegenüber Captain Lochley erging es nur unwesentlich besser. Auch hier kann ich grundsätzlich anerkennen, was JMS damit beabsichtigt hat, in dem er Lochley aus unserer Sicht auf der falschen Seite des Erg-Bürgerkrieges kämpfen ließ. "Babylon 5" entzieht sich nun mal generell weitestgehend einer Schwarz-Weiß-Zeichnung, da ist es nur logisch, uns mit ihr nun quasi auch einen "guten Nazi" zu präsentieren. Das Problem ist halt nur einerseits, dass man in Season 4 wiederum an der Notwendigkeit eines Militärputschs keinen Zweifel ließ (weil wir natürlich voll und ganz auf Sheridans Seite stehen sollten), weshalb das Argument zu spät kommt (und zu schwach ist). Generell macht es die Tatsache, dass sie bis zuletzt auf der Seite der Erdregierung stand, unnötig schwer, sie – die noch dazu die Nachfolge einer ungemein beliebten Figur antritt, und somit von vornherein schon einen schweren Stand hatte – ins Herz zu schließen. Und zu allem Überfluss ist da dann auch noch die Szene, wo sie ihre Rede hält, und die Anwesenden sie dann beklatschen – wo JMS mal wieder viel zu verkrampft, offensichtlich und aufgesetzt versucht, ihre Akzeptanz beim Zuschauer zu erhöhen, da wir wegen des Applauses nun ebenfalls denken sollen, sie hätte recht. Was halt nur bei mir überhaupt nicht funktioniert hat.
Fazit:
Das war ja wohl nichts. Zwar gab es immer noch genug gute Momente, um nicht als völliger Reinfall zu gelten, aber das war einfach alles so schrecklich belanglos. JMS selbst mag ständig über die – in der Tat nicht sonderlich gelungene – Folge "Ein unheimlicher Fund" herziehen, aber dort hatte er wenigstens eine Message zu vermitteln; so verkrampft und mit dem Holzhammer er sie uns dort auch serviert haben mag. Aber was will uns diese "Lektion des Schreckens" sagen? Dass sich der Minbari praktisch allein seiner Nemesis stellen muss… ich weiß nicht. Wenn, dann hätte ich ihn sich wenigstens auskurieren lassen, bis er wieder bei Kräften ist. Den Schrecken, Terror bzw. die Angst zu besiegen gut und schön, aber ihn in diesem Zustand gegen diese Gangster zu schicken, nachdem sie ihn bereits einmal so zugerichtet haben, wo es ihm noch deutlich besser ging, erschien doch etwas unüberlegt. Und dann erst dieses ganze "Was empfindest du jetzt. Bist du stolz?"-bla bla und die "Ich empfinde Mitleid für ihn"-Antwort – Schmerz lass nach! Und generell hätte dieser Teil der Episode enorm davon profitiert, wenn uns JMS statt zwei völlig unbekannten Figuren vielmehr Lennier vorgesetzt hätte. Auch die B-Story zwischen Lochley und Garibaldi war absolut kein Reißer. Vor allem störte ich mich daran, wie JMS hier auf zu konstruierte Art und Weise versucht hat, den Zuschauer wieder einmal auf Lochleys Seite zu ziehen – was bei mir auch wieder überhaupt nicht funktionierte. Außerdem finde ich, dass er es dem Zuschauer, der ohnehin schon den Weggang von Ivanova verkraften muss, unnötig schwer macht, Lochley in die Arme zu schließen, wenn sich hier herausstellt, dass sie im Bürgerkrieg auf der "falschen" Seite gekämpft hat. Es mag für B5 und JMS insofern typisch sein, als es Grautöne statt schwarz-weiß offenbart, hier erschien es aber doch etwas ungeschickt. Gut gefallen konnten mir in erster Linie die Inszenierung, Delenns Idee für den Ranger-Einsatz der Pak'ma'ra, sowie das kurze Gespräch über Marcus und Lennier. Und die letzte Szene im Bett ist absolut köstlich. Als Entschädigung für die suboptimale und doch arg inhaltsarme Folge war das aber entschieden zu wenig.
Wertung: 1.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
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Vom Skript zur Folge:
Bei "Lektion des Schreckens" gibt es wieder einmal keine nennenswerten Unterschiede zwischen der fertigen Folge und dem in den Script Books abgedruckten Drehbuch.
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 12"
Stimmen zur Episode:
Mira Furlan über Gaststar Turhan Bey: „Er ist wundervoll und reizend und ich freute mich, als er zurückkam. Er ist dieser unglaublich sanfte und nette und reizende Mensch, wie aus einer anderen Welt. Er erinnerte mich an die Welt, aus der ich komme, nämlich Zentraleuropa. Er ist aus Österreich, wir sprachen als er zu uns kam Deutsch miteinander, und Deutsch ist die Sprache meiner Kindheit, da meine Großmutter deutsch zu uns sprach als ich noch klein war. Er erinnerte mich an diese ganze Welt, und dieses Level an Bildung das heutzutage nicht mehr da ist, und beständig verloren geht. Früher war es ganz normal, mehrere Sprachen zu sprechen, und mit all diesen unterschiedlichen Kulturen zu kommunizieren, die miteinander verschmelzen, wie ein kleiner Schmelztiegel. Das gesamte österreichisch-ungarische Königreich war definitiv für mich noch spürbar, als ich aufwuchs, obwohl wir in einem kommunistischen oder sozialistischen Jugoslawien lebten. Aber meine Großmutter kam aus dieser Welt, und sie studierte zuerst in Graz, und später in Paris, und sie reiste durch ganz Europa, sprach Deutsch und Französisch. Und er kam definitiv auch aus dieser Welt, und hatte diese Gewandtheit. Ich liebte ihn.”
Regisseur David Eagle über die Episode: „Das war eine interessante Folge, da es das erste Mal für mich war, dass ich bei der Serie den Großteil der Episode mit Gaststars arbeiten musste, statt den Großteil mit der Stammbesetzung zu erledigen. Das ist manchmal schwerer, weil das tolle an unserer regulären Besetzung ist, dass sie ihre Figuren größtenteils schon kennen, sie kennen die Serie, und sie kennen mich, da wir zuvor schon miteinander gearbeitet haben. Es ist daher üblicherweise einfacher, mit der Stammbesetzung zu arbeiten, da wir schon wissen, was wir voneinander zu erwarten haben. In "Lektion des Schreckens" hingegen hast du nun vier neue Figuren, alle Minbari, und keiner von ihnen weiß etwas über die Minbari, oder sonderlich viel über "Bablon 5", die Stammfiguren, oder ihre eigenen Charaktere. Für mich als Regisseur bedeutet das deutlich mehr Arbeit, mehr Vorbereitung, und mehr Zeit zu verbringen mit diesen Schauspielern, um über ihre Figuren zu sprechen, und wie sie mit einer bestimmten Situation der sie gegenüberstehen umgehen würden. Bei der Stammbesetzung kann ich mich im Normalfall darauf verlassen, dass sie auf Anhieb wissen, wie ihre Figur auf etwas reagiert, und ich muss nur mehr hingegen und gegebenenfalls kleine Veränderungen vornehmen. Hier hingegen hast du nun Darsteller, die das zum ersten Mal machen, und die Serie nicht kennen. Du fängst von vorne an, so als würdest du vor einer leeren Leinwand stehen, mit frischen Farben, und würdest ein völlig neues Gemälde malen – im Gegensatz dazu, mit der Stammbesetzung zu arbeiten, wo die Leinwand bereits voller Farben ist, und viele Leute etwas zum Gesamtbild beigetragen haben. Auf der einen Seite bedeutet es also erheblich mehr Arbeit, andererseits kann es aber auch sehr viel Spaß machen, und aus Sicht des Regisseurs sehr lohnend sein.”
Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 5: The Wheel of Fire"
Kommentare von JMS
Von den ersten elf oder zwölf Episoden bricht fast die Hälfte auf die eine oder andere Art und Weise aus dem üblichen Schema aus. Ich mag so etwas, da es wie Muskeln sind, die du als Autor hast, aber nicht die ganze Zeit trainierst. Eines der Dinge die ich machen wollte war, neue Sachen auszuprobieren. Es ist das fünfte Jahr, ich kann also experimentieren. Denn was können sie mir schon anhaben, wenn ich herumexperimentiere? Sie können mich nicht ins Gefängnis werfen, und auch nicht meine Serie absetzen. Und so dachte ich dass ich die Gelegenheit ergreifen würde und statt mich zurückzulehnen und auf meinen Lorbeeren auszuruhen und immer das gleiche zu machen, vielmehr zu experimentieren, das Format zu wechseln. Was ist das schlimmste, das passieren kann? Dass eine Episode nicht funktioniert – aber das war's dann auch schon.
Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 5: The Wheel of Fire"
Wir, als Zuschauer, glauben dass unsere Figuren im Recht waren als sie sich von der Erde lossagten, der Erdregierung den Krieg erklärten, und den Präsidenten stürzten, auch wenn dies bedeutete, das Feuer auf ihre eigenen Schiffe zu eröffnen. Lochley nahm eine andere Haltung ein. Der Schlüssel dabei ist es, diesen Gesichtspunkt nicht als Strohmann-Argument zu bringen welches von unseren Lieblingsfiguren leicht entkräftet werden kann, sondern vielmehr als etwas, über das sie sich beträchtliche Gedanken gemacht hat. Es kann keine willkürliche Entscheidung gewesen sein. Wenn du diese Seite der Diskussion präsentierst und zugleich mit den Figuren und der Geschichte und den Zuschauern fair umgehen willst, muss es eine ausreichende Logik für ihre Position geben, so dass man sagen kann, "Da ist was Wahres dran. Ich stimme mit ihr nicht überein, aber ich kann verstehen, warum sie das so empfunden hat." Als ich sie also zu Garibaldi setzen ließ, war es essentiell, ihren Standpunkt fair zu präsentieren, und ich denke, auf lange Sicht hat das sehr gut funktioniert und half dabei, ihre Figur in einem positiven Licht darzustellen, auch wenn sie nach allem was wir in den letzten vier Jahren gesehen haben definitiv auf der falschen Seite stand. Denn sie war zwar auf der falschen Seite, aber aus den richtigen Gründen: Pflicht, Ehre, Loyalität.
Als Schriftsteller gibt es jene Drehbücher, oder Geschichten, oder Bücher, auf die du zurückblickst, und bei denen du froh bist, sie geschrieben zu haben. Da ist etwas, manchmal auch nur etwas ganz kleines, dass vielleicht nur dir selber wichtig ist, aber dass du intakt durchbekommen hast, und wo du genau die Geschichte erzählen konntest, die du schon immer erzählen wolltest. Und dann sind da jene Geschichten die du erzählst, und auf die du später zurückblickst und dich fragst: "Was zur Hölle hab ich mir dabei nur gedacht?". "Lektion des Schreckens" ist genau so eine Episode. Obwohl es da und dort nette Teilstücke geben mag, sind diese nicht genug um das Gewicht dessen aufzuwiegen, das einfach nur dämlich ist. Ich hätte überhaupt nichts dagegen wenn eines Tages jedes Exemplar dieser Episode mitten in der Nacht am Ende des Santa Monica Piers versenkt werden würde.
So tief in der fünften Staffel machte es überhaupt keinen Sinn, einen neuen zentralen Handlungsstrang aufzumachen für den ich dann später in der Staffel keine Zeit mehr haben würde, um ihn neuerlich aufzusuchen, angesichts all des anderen Krams um den ich mich kümmern musste. Sheridans neue Position hatte ihn was die action-orientierten Figuren betrifft etwas vom Schachbrett genommen. Delenns Rolle wurde ebenfalls passiver, und ich suchte nach Möglichkeiten, dies zu kompensieren, in dem ich ihr mehr Minbari-zentrierte Dinge zu tun gab. Und darüber hinaus arbeitete ich auch immer noch daran, den Zuschauern Lochley vorzustellen. Ich strauchelte, und versuchte verzweifelt, wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen. Und so bewegte ich mich nach Zick wenn ich nach Zack hätte gehen sollen, und brach die Kardinalsregel des Fernsehens: Stelle immer, immer, immer sicher dass jede Episode fest um deine Hauptfiguren herumgewickelt ist, und nicht um deine Gaststars. Und wenn du schon aus produktionstechnischen oder anderen Gründen so etwas mal schreiben musst, stell wenigstens sicher dass du nicht zwei davon hintereinander hast – was natürlich, mit dieser Folge, die direkt an "Einfache Leute" anknüpfte, genau das ist, was ich tat. Dumm. Dumm, dumm, dumm.
Noch ein Grund warum ich ein Idiot bin und jeden B5-Fan auf der Erde persönlich besuchen sollte um mich für diese Folge zu entschuldigen: Jedes Mal wenn ich mir nicht sicher war, was ich als nächstes tun oder wie ich Konflikt in eine Episode bringen sollte, erschuf ich einen völlig generischen Bösewicht der aus dem Nichts kommt und für Ärger sorgt. Wie z.B. Trace aus dieser folge, oder den Kerl aus "Der Arzt des Präsidenten", oder "Bombenterror", oder einige weitere Episoden die ich anführen könnte, und sie sind alle völlig austauschbar. Sie kommen aus dem Nichts, sorgen für Ärger, und dann sind sie weg. Und ja, ich weiß, dass 90% der Fernsehunterhaltung genau so funktioniert, aber es ärgert mich dennoch maßlos wenn es bei meiner eigenen Arbeit passiert. Idiot.
Ich denke dass es unsere Pflicht ist, genau jene Dinge zu tun, vor denen wir Angst haben, um sicherzustellen dass sie keine Macht über uns erlangen. Egal ob es darum geht, in der Öffentlichkeit zu sprechen, eine Kurzgeschichte einzureichen, einem geliebten Menschen entgegenzutreten – oder, sich an genau jene immer noch blutige Stelle zu stellen, wo eine Gruppe von Schlägertypen (die nie erwischt wurden) einen überfielen, zusammenschlugen, und versuchten, dir das Leben zu nehmen [Wie es JMS passiert ist; Anm. des Übersetzers]. Egal ob groß oder klein, wir dürfen uns nie von Angst regieren lassen. Niemals. Aber die Erinnerung verbleibt. Und als ich mich hinsetzte um mir eine Geschichte für diese Episode einfallen zu lassen, kam diese Erinnerung wieder hoch. Die Wut. Die Wichtigkeit, sich seinen Ängsten zu stellen. Und genau darüber habe ich geschrieben. Es war selbstgefällig, töricht, und hätte soweit es die Serie betrifft kein größerer Fehler sein können. Also lasst uns weiterziehen und nicht länger darüber reden.
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 12"
Lochley würde nie damit durchkommen, mit einem Vorgesetzten so umzugehen wie mit Garibaldi.
Das könnte in einer streng hierarchischen Organisation zutreffen, aber Garibaldi ist nicht ihr Vorgesetzter: sie befinden sich auf parallelen Kommandoebenen, nicht in vertikaler Linie. Er hat sich ihr gegenüber nicht zu verantworten, sie sich ihm gegenüber auch nicht. Sie hat die völlige und ausschließliche Autorität über die Station und muss sich nur der Erdregierung gegenüber und bei politischen Angelegenheiten Sheridan gegenüber verantworten. Du glaubst vielleicht, dass solche Dinge nicht passieren, aber das tun sie. Du sprichst gerade mit dem einzigen Produzenten, der es fertiggebracht hat, Angela Lansburys Sohn, der gerade Regie bei einer Episode von "Mord ist ihr Hobby" führte, vor der versammelten Crew zu schelten und trotzdem hinterher seinen Job zu behalten.
Quelle: Der deutsche Lurker’s Guide für Babylon 5
Zusammengestellt und übersetzt von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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