Mit: Keith Gordon, John Stockwell, Alexandra Paul, Robert Prosky, Harry Dean Stanton u.a.
Kurzinhalt:
Arnie ist an seiner Schule nicht unbedingt beliebt. Von den Mädels weitestgehend ignoriert, und von den größeren, älteren Burschen tyrannisiert, ist seine einzige Stütze sein langjähriger Freund Dennis, einer der Schlüsselspieler des schuleigenen Football-Teams, und von so manchem Mädel heiß umschwärmt. All das ändert sich aber zusehends, als sich Arnie Hals über Kopf in Christine verliebt – die ihm gegenüber ebenfalls nicht abgeneigt zu sein scheint. Bei dieser handelt es sich allerdings nicht etwa um ein junges, hübsches Mädchen, sondern vielmehr um ein altes, schrottreifes Auto. Adam bringt Christine wieder auf Vordermann – ohne zu ahnen, dass das Auto lebendig ist und schon mehreren Menschen das Leben gekostet hat. Denn Christine ist äußerst besitzergreifend, und wird dementsprechend auch sehr eifersüchtig, als der neue selbstbewusstere Adam bei Leigh, dem hübschen neuen und scheinbar unnahbaren Mädchen an der Schule, landet. Als eine Gruppe von Schul-Rabauken schließlich, um Arnie eins auszuwischen, seinen Cadillac scheinbar zerstören, repariert sich Christine kurzerhand selbst – und macht Jagd auf sie, um sich an ihnen zu rächen…
Review:
Ganz oberflächlich betrachtet, ist "Christine" ein B-Horror-Movie über ein mordendes Auto – und selbst wenn man ihn nur als solchen wahrnimmt und den mitschwingenden Subtext ignoriert, vermag John Carpenters 7. Regiearbeit durchaus zu überzeugen. Zwar dauert es etwas, bis Christine uns ihre Fähigkeit vorführt, sich selbst zu reparieren – was es praktisch unmöglich zu machen scheint, sie zu vernichten – doch wenn es dann nach rund einer Stunde soweit ist und sie sich aufmacht, um sich an den paar Halbstarken die sie ramponiert haben zu rächen, quetscht Carpenter alles als Spannung heraus, was nur irgendwo herauszuquetschen ist. Vor allem die Verfolgung des ersten Opfers ist ungemein atmosphärisch und visuell beeindruckend umgesetzt. Darüber hinaus hat es mir vor allem die den Ober-Heini verfolgende brennende Christine angetan. Und auch der Showdown weiß durchaus zu gefallen. Zudem war die Idee eines Killer-Autors damals im Vergleich zu Monster-Haien, -Spinnen, -Alligatoren und sonstigem Getier doch noch vergleichsweise unverbraucht.
Aber natürlich, wie der erste Absatz schon andeutet, kann man "Christine" wenn man etwas über ihn nachdenkt noch einige weitere Bedeutungen entlocken. Die offensichtlichste ist wohl die Faszination des Automobils gerade auch (wenn auch bestimmt nicht ausschließlich) für das männliche Exemplar der Spezies Mensch. Nun muss ich gestehen, mir selber nicht viel aus Autos zu machen, weshalb das zugegebenermaßen eine Obsession ist, die ich nur bedingt nachvollziehen kann. Dass es sie gibt, ist jedoch unbestreitbar – und in "Christine" wird dieser Gedanke nun stark überzeichnet und dadurch verdeutlicht. Arnie ist von Christine schon richtiggehend besessen. "Sie" ist der Auslöser dafür, dass er sich gegen seine Eltern auflehnt, und er zieht sein Auto sogar seiner ersten Freundin vor. Ich bin mir sicher, wenn Leigh beklagt, dass er mehr Zeit mit seinem Auto verbringt, und diesem mehr Liebe entgegenzubringen scheint, als ihr, so wird das vielleicht der einen oder anderen Freundin/Lebensgefährtin/Frau bekannt vorkommen. Jedoch wäre es falsch, die Aussage des Films lediglich auf Autonarren zu beschränken – lässt sich diese doch grundsätzlich auf jegliche Obsessionen anwenden. Dies ist dann auch spätestens jener Punkt, wo sich wohl jeder von uns bis zu einem gewissen Grad in Arnie wiederfinden wird. Wir alle haben unsere Hobbies, unsere Vorlieben, jene Tätigkeiten oder auch leblose Objekte, denen wir außergewöhnlich viel Zeit und Aufmerksamkeit zuwenden. Und in vertretbaren Rahmen ist das auch richtig, wichtig, und gut. "Christine" warnt jedoch davor, was passieren kann, wenn aus einer solchen Leidenschaft eine Obsession wird. Arnie vernachlässigt seine Freunde, seine Familie, seine Freundin, und verliert sich mit der Zeit auch immer mehr selbst. Eben diese Message lässt sich auch in der modernen Welt auf viele verschiedene Bereiche umlegen.
Neben Handlung und Inszenierung können auch die anderen Aspekte der Produktion – wie die schauspielerischen Leistungen, die Filmmusik oder auch die Songauswahl – durchwegs gefallen. Es gibt jedoch auch einen nicht unwesentlichen Kritikpunkt, der für mich eine höhere Wertung verhindert, und dass ist die dann doch einen Hauch zu überhastet verlaufende und zu extrem dargestellte Wandlung von Arnie. Nicht nur machen es die teils größeren Zeitsprünge von bis zu einem Monat schwer, seine Entwicklung nachzuvollziehen, er wird zu einem derartigen Arschloch (man verzeihe mir den Kraftausdruck), dass zumindest ich ihm schon lange vor dem Showdown keine Sympathien mehr entgegenbringen konnte. Leider wird uns auch keine genauere Erklärung für sein Verhalten geliefert. Schlummerte schon immer dieser arrogante, rachsüchtige und paranoide Kerl in ihm, oder hat Christine ihn quasi verhext? Jedenfalls… so sehr man beim Showdown mit Dennis und Leigh mitfiebern mag, so waren sie halt doch nicht die Hauptprotagonisten – weshalb ich es schon etwas schade fand, dass ich Arnie zu diesem Zeitpunkt praktisch schon abgeschrieben hatte.
Fazit:
"Christine" ist ein nettes Horror-B-Movie, in dem es oberflächlich um ein mordendes Auto geht, in dem sich jedoch auch einiges an interessantem Subtext finden lässt. Als wesentliche Stärken erweisen sich dabei neben der Handlung vor allem die atmosphärische Inszenierung, sowie die guten schauspielerischen Leistungen. Schade jedoch, dass es nicht gelungen ist, mir Arnies Wandlung plausibel zu vermitteln, weshalb er schon bald meine Sympathien eingebüßt hat. Insgesamt ist "Christine" weder der beste John Carpenter-Film, noch die beste Stephen King-Verfilmung – aber ein unterhaltsamer, grundsolider Thriller mit interessanter (und ansatzweise origineller) Prämisse und einigen denkwürdigen Szenen.