Mit: Brian Geraghty, Alice Eve, Josh Peck, Aaron Hughes, Will Woytowich, Omar Khan, Glen Thompson, Robert Huculak u.a.
Kurzinhalt:
Nach einer Firmen-Weihnachtsfeier brechen die drei Kollegen David, Emily und Corey nach Hause auf. Doch auf dem Weg bekommt Corey Hunger, und da er kein Geld dabei hat, ersucht er seinen Freund darum, doch bitte kurz bei einem Bankomaten halt zu machen. David tut ihm den Gefallen – bereut dies jedoch schon bald, als die drei beobachten müssen, wie ein Mann in einem Parka einen anderen Mann tötet – und seinen Blick daraufhin verdächtig in Richtung des kleinen Hauses, in dem sich der Bankomat befindet, richtet. Hat er es etwa auf sie abgesehen, oder auf das Geld? Was will er? Verstört und verängstigt sperren sich die drei im Bankomat-Gebäude ein, und diskutieren darüber, was sie nun tun sollen…
Review:
Unglaublich, aber wahr: "ATM" war doch tatsächlich in meiner "Most Wanted"-Liste für 2012 enthalten! Mea culpa. Zu meiner Verteidigung sei jedoch festgehalten, dass das Grundkonzept grundsätzlich nicht uninteressant klang – und dass ein solcher Film, der nur an einem einigen bzw. über weite Strecken einem sehr eingeschränkten Schauplatz spielt, grundsätzlich funktionieren kann, haben in den letzten Jahren u.a. "Nicht auflegen!", "Frozen" und "Buried – Lebend begraben" eindrucksvoll bewiesen. "ATM" scheitert daran jedoch leider auf der ganzen Linie. Hauptgrund dafür ist das hirnrissige Drehbuch inklusive einem absolut bescheuerten Verhalten der Protagonisten, sowie die fast noch verheerende Tatsache, dass der Serienkiller sich in vielerlei Hinsicht auf eben dieses – dass er nicht vorhersehen konnte! – verlassen musste, da sein Plan sonst nicht funktioniert hätte! Und so sehr ich mich auch bemühe, Spoiler sonst zu vermeiden, sehe ich mich bei "ATM" leider gezwungen, die zahlreichen Logiklöcher und Dämlichkeiten des Drehbuchs eine nach dem anderen durchzugehen. Daher folgt an dieser Stelle eine Spoilerwarnung! – wer den Film so unvorbereitet wie möglich sehen will, sollte erst beim Fazit weiterlesen!
Eigentlich wollte ja nur David Emily, auf die er schon seit Ewigkeiten steht, sich jedoch nie getraut hat, etwas deswegen zu unternehmen, nach Hause bringen, doch dann nimmt er doch noch seinen Freund Corey mit. Doch anstatt dass dieser dankbar ist und die Klappe hält, jammert er ihnen auf einmal die Ohren voll, er hätte Hunger. Offenbar hat man als Yuppie keine Zeit, sich Essen zu kaufen und es sich für später im Kühlschrank aufzubewahren. Oder auch einzufrieren. Egal. Jedenfalls hat natürlich niemand von ihnen Bargeld mit dabei. Nicht einmal genug für einen 1-Euro-Burger bei McDonalds. Arme Yuppies. Kreditkarte, die in den USA sogar bei jedem kleinsten Imbiss akzeptiert wird, hat scheinbar auch niemand. Also gut, fahren wir halt zur nächsten Bankomat-Station, und heben etwas ab. Da David Emily zeigen will, wie sportlich er ist, parkt er natürlich nicht direkt davor, sondern rund 50 Meter weiter weg. "Schau, wie weit ich gehen kann! Bin ich nicht ein toller Kerl?!" Ok, zugegeben, das ist jetzt Spekulation von mir, aber ich meine… irgend einen Grund muss er ja wohl dafür haben, dass er das Auto nicht auf einem Parkplatz unmittelbar vor der Türe abstellt. Vielleicht dachte er sich aber auch, es ist so kalt, und Bewegung ist ja bekanntlich gut, um sich aufzuwärmen. Was auch immer der Grund dafür gewesen sein mag – es wird nicht thematisiert. Es wundert sich auch niemand darüber, warum er so weit weg parkt. Es wird von allen frag- und kommentarlos akzeptiert. Das war die erste – von leider noch sehr vielen – Szenen, wo ich aus dem Kopfschütteln nicht mehr herauskam, und sich zeigt, wie schlampig und schlecht durchdacht das Drehbuch ist. Und dabei war das noch nicht einmal die schlimmste Dummheit!
Es geht leider in dieser Tonart weiter. Als Corey sich länger im Gebäude aufhält, beschließt David, nachzusehen, was da so lange dauert. Emily fürchtet sich nach einer Weile im Auto, und folgt ihm kurz darauf. Dass sie dabei ihre Tasche – in dem sich auch ihr Handy befindet (Corey hat seins überhaupt vergessen, und David keinen Akku, natürlich) – nicht mitnimmt, könnte ich vielleicht noch verstehen… wenn sie nicht zugleich das Auto offen lassen würde! Der Grund, warum das Auto offen bleibt, schießt aber dann endgültig den nächsten Vogel ab: Der Klicker (oder wie immer man dieses Teil nennt) zum automatischen verschließen der Türe funktioniert nicht! Und zum Schlüssel umdrehen sind blonde Frauen scheinbar zu dämlich. Nun erleben die drei den Mord, doch anstatt gleich Reißaus zu nehmen, schließen sie sich lieber im Hütterl ein. Ist ja auch so gemütlich und überhaupt nicht kalt. Es läuft auch niemand zum Auto, um zumindest das Handy zu holen und die Polizei zu verständigen. Wir schauen einfach nur blöd in die Luft.
In will die restlichen Dummheiten jetzt nicht ähnlich ausführlich besprechen, sonst sitze ich (und ihr) noch morgen da. Was die drei von der Bankomat-Stelle betrifft sei daher nur mehr festgehalten, dass sie als der Killer kaltes Wasser einlässt, damit sie erfrieren, zu dämlich sind die Türe einen Spalt weit aufzumachen (und ja, ich weiß selber, dass der Killer das Auto vor der Türe parkt, um ihnen und uns damit zu signalisieren, sie seien nun dort gefangen. Das einzige Problem daran: Die Tür geht nach innen auf!). Jedenfalls war es mir schwer bis unmöglich, mit ihnen mitzufühlen oder gar mitzufiebern und zu hoffen, dass ihnen die Flucht gelingt. Der Begriff der "natürlichen Auslese" ist euch geläufig? Echt, ich hielt es für besser, wenn diese drei Hirnamputierten keine Gelegenheit mehr erhalten, sich fortzupflanzen. Nicht, dass sich andere Leute wesentlich geschickter anstellen würden. Da gibt es z.B. einen Wachmann, der die Lage auskundschaften soll, das große mit Lippenstift auf das Fenster geschriebene "Help!" sieht, es jedoch nicht für notwendig erachtet, dazu gleich Meldung zu machen, sondern lieber vorher mal aussteigt und sich umsieht. Oder auch der andere ATM-Besucher, der zufälligerweise in einem ähnlichen Parka das Gebäude betrifft, da er entweder blind ist, oder beschlossen hat, das große "Help!" zu ignorieren und sich nichts dabei zu denken. Letzteres ist besonders fatal, da jener Moment, als David ihn für den Killer hält und ihn ermordet, eigentlich der dramaturgische Höhepunkt des Films sein sollte. Mir fällt dazu nur wieder die natürliche Auslese ein. Nun könnte man sagen, diese Leute befinden sich in einer Ausnahmesituation, sind völlig verängstigt, und da lässt das Hirn schon mal aus. Was zwar immer noch nicht erklären würde, warum sie sich auf dem ATM so dämlich verhalten haben, aber von mir aus, will ich mal gelten lassen.
Damit sind wir aber bei der absolut größten Krux des Films angelangt: Aufgrund der Vielzahl an Zufällen, glücklichen Umständen und auch an dämlichen Verhaltens, deren es bedurft hat, damit die drei schließlich in jener beschissenen Situation landen, wo sie landen, wirkt auch der Killer völlig bescheuert. Ich meine, was hätte er gemacht, wenn nur ein einziger von denen ein funktionstüchtiges Handy mitgehabt hätte? Sie nicht 50 Meter weiter weg geparkt hätten? Der Wachmann gleich in die Zentrale gefunkt hätte? Und und und. Darüber hinaus stellte sich mir vor allem die Frage nach seiner Motivation. Was genau will er eigentlich erreichen? Sie leiden lassen? Sie töten? Hat er es bewusst auf sie abgesehen gehabt (dann wäre der Film nämlich noch hirnrissiger, als er ohnehin schon ist), oder schlägt er willkürlich zu? "ATM" bleibt eine Antwort darauf leider schuldig – was ich ebenfalls anprangern muss. Denn dem Zuschauer jene Informationen vorzuenthalten, die er benötigen würde, um eine qualifizierte Aussage treffen zu können, inwiefern das Handeln der Figuren in einem Film Sinn ergibt oder nicht, ist der billigste Trick, um Kritik zu unterbinden.
Allerdings: Ein Drehbuch ist natürlich nicht der einzige Aspekt einer Filmproduktion – und auch wenn "ATM" wieder einmal veranschaulicht, dass es sich dabei um eines der wichtigsten handelt, und wenn dort etwas schief geht, die anderen Aspekte nicht mehr viel tun können, um diese Defizite auszugleichen, so sollen dennoch auch die gelungeneren Seiten des Films nicht verschwiegen werden. Das Beste an "ATM" sind sicherlich die Inszenierung von David Brooks bzw. die Kameraarbeit von Bengt Jonsson. Beiden gelingt es durch eine Arbeit, die besser ist als es sich das Drehbuch verdient, den Film aufzuwerten, und mehr Atmosphäre aus dem Setting herauszuquetschen, als man das angesichts der zahlreichen Schwächen des Drehbuchs für möglich halten würde. Die Filmmusik von David Buckley ist zwar nichts besonders, und geht kaum über das übliche bedrohliche tiefe Brummen heraus, erweist sich aber nichtsdestotrotz als durchaus effektiv. Und die armen, vom Drehbuch völlig im Stich gelassenen Schauspieler tun ihr Möglichstes, um uns ihre Figuren trotz ihrer dummen Taten und Entscheidungen sympathisch zu machen. Vor allem Alice Eve haucht ihrer Emily viel Leben ein. Natürlich scheitert selbst sie im Endeffekt daran, die Schwächen des Drehbuchs auszugleichen und uns eine Verbindung zu ihrer Figur aufzubauen, aber so wie ihre Co-Stars versucht sie es wenigstens. Das ist immerhin mehr, als man vom Drehbuchautor behaupten kann, der mit "Buried – Lebend begraben" bewiesen hat, dass er es besser kann. Entweder hat er dort seinen Lebensvorrat an Talent schon verbraucht, oder aber er dachte bei "ATM" mehr an den schnellen nächsten Gehaltsscheck als an die künstlerische Qualität. Anders ist ein derartiger Abfall von einem Film-Drehbuch zum nächsten ja eigentlich nicht zu erklären.
Fazit:
Die Prämisse des Films war ja durchaus nicht schlecht, aber was Drehbuchautor Chris Sparling dann daraus gemacht hat, ist einfach nur grauenhaft. Am meisten stieß mir dabei das einfach nur dümmliche Verhalten der drei vermeintlichen Opfer auf, die eine falsche Entscheidung nach der anderen treffen – und noch dazu eine dümmer als die andere. Was dem Film dann endgültig das Genick bricht, dass angesichts der ganzen Zufälle und der vielen dämlichen Verhaltensweise, die es gebraucht hat damit die Figuren dort ankommen wo sie ankommen sollen, selbst der Killer völlig bescheuert wirkt. Uns seine Motivation darzulegen, hätte hier entweder helfen oder das Ganze noch schlimmer machen können – weshalb man sich vorsorglich dazu entschlossen hat, uns gar nicht erst an dieser teilhaben zu lassen. Immerhin, Inszenierung, Kameraarbeit, Filmmusik und schauspielerische Leistungen können durchaus gefallen. Trotzdem, jeder Gang zum Bankomaten ist unterhaltsamer als dieser dümmliche Quargel.