Originaltitel: The Paragon of Animals
Episodennummer: 5x03
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 04. Februar 1998
Erstausstrahlung D: 21. November 1998
Drehbuch: J. Michael Straczynski
Regie: Mike Vejar
Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als President John Sheridan, Tracy Scoggins als Captain Elizabeth Lochley, Jerry Doyle als Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jeff Conaway als Security Chief Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar.
Gastdarsteller:
Robin Atkin Downes als Byron,
Tony Abatemarco als Verchan,
Kim Strauss als Drazi Ambassador,
Daniel Bryan Cartmell als Merkat,
Bart Johnson als Ranger u.a.
Kurzinhalt:
Sheridan und Delenn kämpfen darum, alle Mitglieder der Interstellaren Allianz davon zu überzeugen, die von G'Kar verfasste Grundsatzerklärung zu unterschreiben. Die Menschen, die Minbari, die Narn und auch die Centauri haben dies bereits getan, doch die Mitglieder der ehemaligen Liga der blockfreien Welten sträuben sich. Währenddessen tritt Garibaldi mit einer Idee an Sheridan heran: Er möchte Byrons Telepathen, denen dieser erlaubt hat, auf der Station eine Kolonie zu gründen, als Agenten für den Geheimdienst der Allianz verwenden. Sheridan ist von der Idee nicht gerade begeistert, gibt Michael jedoch die Erlaubnis, auf Byron mit dem Vorschlag zuzugehen. Dieser lehnt jedoch Garibaldis Gesuch strikt ab und meint, er und seine Anhänger hätten es satt, sich von den Normalen instrumentalisieren zu lassen – woraufhin Michael Lyta bittet, auf Byron einzuwirken. Diese wiederum hat einen höllischen Tag hinter sich, musste sie doch einen Totenbett-Scan durchführen, während dem der besagte Ranger verstorben ist. Immerhin gelang es ihr, zuvor noch in Erfahrung zu bringen, in welcher Mission es ihn nach Babylon 5 verschlug: Die Enphili, die einen Planeten am Rande des Raums der Drazi bewohnen, werden in regelmäßigen Abständen von Piraten angegriffen, die ihre Ressourcen plündern. Doch nun haben sie sich gegen ihre Peiniger aufgelehnt – die drohen, sie auszulöschen. Sheridan schickt so viele Schiffe der Weißer Stern-Klasse, wie die Allianz entbehren kann, um den Enphili zu helfen – nicht wissend, dass auf die Flotte ein Hinterhalt wartet…
Denkwürdige Zitate:
"I would remind the Drazi ambassador that the Centauri Republic has signed the declaration."
"And if the Centauri can sign it, anybody can sign it."
"That's right. … Wait a minute!"
(Londo braucht ein bisschen, ehe er kapiert, wie das von G'Kar gemeint war.)
"You misspelled. There is no Y in Liberties."
"Go away. Repress someone else."
(G'Kar zu Londo, als dieser Kritik an seiner Rechtschreibung übt.)
"Here, gathered together in common cause, we agree to recognize this singular truth, and this singular rule: That we must be kind to one another. Because each voice enriches and enobles us, and each voice lost diminishes us. We are the voice of the universe, the soul of creation. The fire that will light the way to a better future. We are One."
(Der letzte Teil von G'Kars – im gesamten wunderschönen – Präambel zur Grundsatzerklärung der Interstellaren Allianz.)
Review:
Beginnen wir mit meinem größten Kritikpunkt, nämlich alles rund um Byron, der hier nun damit beginnt, Lyta zu bezirzen. Seine Ablehnung der Anfrage von Garibaldi mag man ja noch nachvollziehen können, aber nicht nur bestätigt sein unkontrolliertes Scannen von dessen Gedanken (oder seine mangelnde Abschirmung) sämtliche Ängste der "Normalen" vor den Telepathen, und vor allem in der Art und Weise, wie er die Flotte aus Weißen Stern-Schiffen ins offene Messer hätte laufen lassen und damit den Tod sowohl deren Besatzung als auch der Enphili in Kauf genommen hätte, offenbart er eine ähnliche Abneigung gegenüber Nicht-Telepathen, dass man sich zu fragen beginnt, inwiefern bzw. ob er sich denn eigentlich sonderlich von Bester unterscheidet, dem ja auch nur seine Telepathen am Herzen liegen. Möglich, dass JMS genau diese Sichtweise beabsichtigt und mit Byron vor charismatischen Anführern warnen wollte. In seiner Darstellung sowie der Art und Weise, wie er Lyta – immerhin eine Sympathieträgerin des Zuschauers – auf seine Seite zieht drängt sich mir aber halt schon der Eindruck auf, dass Byron eigentlich auch uns hätte ansprechen sollen. Was zumindest bei mir nicht funktioniert hat, da ich sein arrogantes Verhalten abstoßend und seine Kritik an den Menschen zu weiten Teilen als nicht gerechtfertigt sehe.
Vor allem die "Sitz!"-Szene stieß mir sauer auf. Letztendlich ist es doch nur höflich und angenehm, wenn einem ein Stuhl angeboten wird, natürlich setze ich mich da nieder! Das macht mich nun lange nicht zu einem Mitläufer der von einer Brücker springt bloß weil man es ihm zuruft. Diese ganze Szene wo er Lyta umschwärmt fand ich jedenfalls extrem nervig, und durch die Art und Weise, wie Lyta von ihm zunehmend fasziniert zu sein schien, verlor leider auch sie bei mir an Ansehen. Natürlich hatten wir in der vierten Staffel bereits die Thematik, dass sich Lyta teilweise ausgeschlossen und benutzt vorkommt, so gesehen stochert Byron hier in einer offenen, bereits bestehenden Wunde herum. Nur, dass Garibaldi ihr nichts befohlen, sondern sie höflich gebeten hat, und sich Sheridan am Ende auch (nachdem man kurz meint, er würde den Raum einfach so verlassen) bei ihr bedankt und ihr versichert, dass sie damit viele Leben gerettet hat. Was soll er denn sonst machen? Ihr 'ne Pizza vorbeibringen? Generell merkt man gerade auch "Die Stimme des Universums" wieder den drastischen Tempowechsel zwischen der vierten und der fünften Staffel an. Denn gerade auch im Vergleich zu den letzten Episoden aus Season 4 nimmt man sich hier für eine insgesamt zwar interessante, aber nicht sonderlich komplexe Geschichte ausgesprochen viel Zeit. Dies mag JMS zwar erlauben, den einen oder anderen amüsanten, auflockernden Moment zwischendurch einzubauen, wie die köstlichen Dialoge zwischen G'Kar und Londo, oder auch einfach so schöne, starke Szenen aufzufahren, wie wenn Lyta mit Garibaldi über Totenbett-Scans spricht (wo Tallman eine phantastische Leistung zeigt). Dennoch ist das gemächliche Erzähltempo der ersten Staffelende nach dem hochdramatischen, ja fast schon überhasteten vierten Jahr ein bisschen ein Kulturschock, und insgesamt konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass ein weiterer Handlungsstrang (ev. rund um Lochley, die hier zum zweiten Mal in Folge mit Abwesenheit glänzt?) nicht geschadet hätte, um etwas mehr Schwung hineinzubekommen.
Die Handlung rund um die Drazi war dafür recht gelungen. Die Enphili machen von Anfang an einen sympathischen Eindruck, so dass man hofft, dass die Rettung rechtzeitig eintreffen wird. Sonderlich überraschend war die Offenbarung rund um die Beteiligung der Drazi zwar nach der Szene wo wir sehen, wie der Botschafter sein Quartier nach Sheridans Besuch verlässt, nicht mehr unbedingt, dennoch fand ich den Moment stark, wo man den Botschafter in die Ecke drängt und dazu zwingt, öffentlich in der Ratssitzung die Taten seines Volkes einzugestehen, um die eigenen Schiffe zu retten. Zudem bot man uns am Ende mit den Raiders-Schiffen und dann der Ankunft der Weißer Stern-Flotte wieder ein paar nette Effekte (letzteres sah ich ein paar Monate oder Jahre später sogar in einem Raum wieder). Zweifellos die beste und stärkste Szene von "Die Stimme des Universums" ist jedoch jener Moment, als Sheridan und G'Kar das Vorwort zur Grundsatzerklärung vorlesen. Mit ihr ist JMS eine der schönsten Textstellen der gesamten Serie gelungen, mit einer ungemein wichtigen Aussage dahinter, die gerade auch in der heutigen Zeit wieder an Relevanz gewinnt.
Fazit:
Im Vergleich zu den letzten beiden Staffeln, gerade auch dem extrem temporeichen, ja schon fast überhasteten Abschluss von "Jahr 4", fällt gerade auch bei "Die Stimme des Universums" wieder auf, wie vergleichsweise viel Zeit man sich hier nimmt, um die Handlung zu erzählen. Dadurch bleibt zwar angenehm viel Zeit für Charakterszenen, die in der viersten Staffel zu kurz gekommen sind – wie der tolle Dialog zwischen Lyta und Garibaldi über die "Todes-Scans" – sowie auflockerndem Humor ("Autor" G'Kar war einfach nur köstlich ), dennoch wirkt alles doch ein wenig ausgedehnt und insgesamt wenig packend, und insgesamt fiel der Tempowechsel von Season 4 auf Season 5 für meinen Geschmack doch etwas zu drastisch aus. Eine zusätzliche Handlung, wenn's auch nur ein weiterer roter Faden im Hintergrund gewesen wäre, hätte hier Abhilfe schaffen können. Kritisch sah ich auch wieder einmal alles rund um Byron, der gerade auch in seinen Gesprächen mit Lyta hier zum ersten Mal so richtig zu nerven begann. Überhaupt: Schwingt sich hier zum Moralapostel auf, hat aber kein Problem damit, Sheridans Flotte ins Messer laufen zu lassen – mit allem Verlust an Leben sowohl auf den Schiffen als auch dem Planeten, der damit einhergeht. Und den Kerl soll ich sympathisch finden? Trotzdem gibt es bei "Die Stimme des Universums" ein paar starke Szenen und Momente, wie der bereits angesprochene Dialog zwischen Garibaldi und Lyta, oder auch, wie man den Drazi-Botschafter in die Ecke drängt. Mit Abstand der beste Moment war jedoch die Verlesung von G'Kars Präambel zur Grundsatzerklärung der Interstellaren Allianz, wo bei mir selbst beim x-ten Ansehen noch Gänsehautalarm herrscht – und deren Worte heutzutage leider fast noch wichtiger Erscheinen als damals bei der Erstausstrahlung.
Wertung: 3 von 5 Punkten
Christian Siegel
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Vom Skript zur Folge:
Diesmal gibt es keine wesentlichen Änderungen, die erwähnenswert wären.
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11"
Stimmen zur Episode:
Robin Atkin Downes über seine Rolle: „Joe hat sich bei Byron teilweise einer wundervoll poetischen Sprache bedient. Er ist sehr klassisch, sehr lyrisch, und ich liebe das Klassische. I liebe Shakespeare, und mochte es, dass er Byron Shakespeare-Zitate gegeben hat und bei ihm gelegentlich Gedichte aufblitzen. Ich liebe, wie leidenschaftlich die Figur ist, und dass er sein Herz auf der Zunge trägt. Es ist einfach eine überaus reizvolle Rolle.”
Patricia Tallman über Byron: „Er ist selbstlos und setzt sich für das Beste für alle Telepathen ein. Er redet über Dinge, die so lange verboten waren, aber es fühlt sich richtig an, vor allem für Lyta. Sie weiß aus erster Hand, wie benutzt, ausgenutzt und dann links liegen gelassen Telepathen sind, wenn er also über diese Probleme spricht, hört sie ihm auch wirklich zu. Ich denke zuerst hat sie sich natürlich gedacht, er sei ein Windbeutel, aber dann sah sie dass er dazu bereit war, seinen Worten Taten folgen zu lassen, und änderte so später seine Meinung über ihn.”
Robin Atkin Downes über die Arbeit mit Pat Tallman: „Sie ist durch und durch eine wundervolle Frau. Sie ist intelligent, klug, wunderschön und talentiert, und es hat Spaß gemacht, mit ihr zu arbeiten. Wir taten uns sogar vorab zusammen und unterhielten uns über unsere Figuren, und arbeiteten an den Szenen, was für TV-Serien, denke ich, eher selten ist. Üblicherweise arbeitest du das erste Mal an einer Szene, wenn du sie direkt vor den Dreharbeiten am Set probst. Aber als wir an 'Die Stimme des Universums' arbeiteten, trafen wir uns in ihrem Wohnwagen und unterhielten uns über die Figuren, und gingen die Szene durch und arbeiteten daran, und ich denke dass dies einen großen Unterschied gemacht hat, als es dann Zeit war, sie zu drehen.”
Andreas Katsulas über G'Kars Entwicklung: „Während einer Convention wurde ich vom Publikum gefragt, was ich gerne sehen würde, wie sich G'Kar in der fünften Staffel weiterentwickelt. Ich antwortete – und Joe hörte das natürlich – dass ich gerne etwas von dem sehen würde, was G'Kar geschrieben hat. In der vierten Staffel hatte zuerst in seiner Zelle und danach in seinem Quartier geschrieben, wir sahen aber nie, worüber er geschrieben hat. Und ich denke, darauf hat er mitgekriegt. Es ist nicht notwendigerweise so dass er daraufhin entschied, mich zu seinem Sprachrohr zu machen, aber er dachte einfach, das sei eine gute Idee, griff sie auf.”
Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 5: The Wheel of Fire"
Kommentare von JMS
Auf die Gefahr hin, das Offensichtliche auszusprechen, aber die Risse in der Interstellaren Allianz haben ihren Ursprung in ähnlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gründungsvätern Amerikas darüber, welche Bestimmungen in der Freiheitsurkunde enthalten sein sollten, ein Dokument von dem einige von ihnen dachten, dass es überhaupt erst gar nicht geschrieben werden sollte, aus genau denselben Gründen die Londo und andere hier nennen. Der umstrittenste Passus betraf natürlich die Sklaverei, und wurde letzten Endes aus der Urkunde entfernt, was zwar den damaligen Stillstand aufhob, aber Fragen offen ließ, die letztendlich nur durch das Blutvergießen während des Bürgerkriegs geklärt werden konnten.
Wenn es eine Passage aus "Babylon 5" gibt, die mehr als alle anderen an allen möglichen Orten nachgedruckt, zitiert und referenziert wird, dann ist es G'Kars Grundsatzerklärung, die hier zum ersten Mal rezitiert wird. Sie wurde seither bei Predigten in katholischen, baptistischen, protestantischen und unitarischen Kirchen wiederholt, sowie in Synagogen und paganischen Sonnwend-Gebeten. Sie wurde in Hochzeitszeremonien und bei Begräbnissen verwendet, in Rollenspielen, politisch- und spirituell orientierten Webseiten (manche von ihnen sind mit ihr durchgebrannt, ohne Hinweis darauf, wo sie herkam). Sie wurde ins italienische, polnische, russische, norwegische, chinesische, japanische und ein halbes Dutzend anderer Sprachen übersetzt – was nur passend ist, angesichts der Tatsache, was sie über das Universum aussagt, das in verschiedensten Sprachen spricht, aber nur mit einer Stimme.
Und dabei hatte ich das verdammte Ding in etwa zehn Minuten fertig.
Der Verdienst ist jedoch nicht mir zuzuschreiben. Wie ich immer wieder erwähne, lief der Prozess, "Babylon 5" zu schreiben, so ab: Ich öffne ein Fenster zu dieser Welt, spähe hinein, knalle das Fenster zu und schreibe das, was ich gesehen habe, so schnell als möglich nieder. Ich setze mich also nicht hin und denke darüber nach, was sie vielleicht sagen würden, ich höre einfach nur zu. Das mag ansatzweise psychotisch klingen, aber ich höre ihre Stimmen in meinem Kopf so klar und deutlich als wären es reale Personen, die neben mir im Raum stehen. Der schwierige Teil ist nicht, sie zum Reden zu bringen, sondern vielmehr sie wieder die Klappe halten zu lassen, vor allem Londo und G'Kar. In diesem Fall, nachdem ich es so eingerichtet hatte, dass G'Kar an etwas wirklich großem und tiefgründigem arbeitete, wusste ich, dass das Endprodukt auch wirklich groß und tiefgründig sein müsse, weil es sonst eine große Enttäuschung wäre. Als ich also die betreffende Stelle im Drehbuch erreichte, lehnte ich mich zurück, schloss meine Augen, und hörte einfach zu. Dann, so deutlich als würde es jemand diktieren, hörte ich "Das Universum spricht in vielen Sprachen, aber nur einer Stimme." Es lief ohne Pause direkt durch bis zum Ende. Es war einfach da. Sobald das Ende erreicht war, öffnete ich meine Augen, schnappte mir die Tastatur und schrieb, als würde mein Leben davon abhängen, um auch wirklich alles niederzuschreiben. Dann lehnte ich mich zurück und las es.
Es gibt Momente wo du weißt, dass du etwas Großes berührt hat, wo du eine Box geöffnet hast und etwas, das viel größer ist als du, daraus auf dich hervorgeblickt hat. Dies war ein solcher Moment. Dass diese Worte, und diese Ideen, an so vielen Orten rund um die Welt Wurzeln geschlagen haben ist für mich eine der mich am tiefsten berührenden Folgen dieser Serie, und dieser Figur. Ob diese Worte, in einem fiktionalen Universum geboren, jemals etwas echtes, konkretes Gutes in der realen Welt bewirken werden, weiß ich nicht. Aber so wie die Welt in diesen Tagen läuft, können sie zumindest mal nicht schaden.
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11"
Zusammengestellt und übersetzt von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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