Mit: Jeremy Renner, Rachel Weisz, Edward Norton, Stacy Keach, Donna Murphy, Louis Ozawa Changchien, Michael Chernus, Corey Stoll, Scott Glenn, David Strathairn, Albert Finney, Oscar Isaac, Joan Allen u.a.
Kurzinhalt:
Der Fall Jason Bourne versetzt die CIA in helle Aufregung. Neben den damit verbundenen Programmen Treadstone und Blackbriar drohen noch zahlreiche weitere Geheimagenten-Programme aufzufliegen. Eines davon ist "Operation Outcome", für das Eric Byer verantwortlich ist. Er beschließt, das Programm mit sofortiger Wirkung einzustellen und alle Beweise zu vernichten – dies schließt die daran beteiligten Wissenschaftler sowie natürlich die Probanden mit ein. Doch einer von ihnen, nämlich Agent No. 5 Aaron Cross, gelingt es, dem Anschlag zu entkommen. Auch die Ärztin Marta Shearing überlebt den vermeintlichen Amoklauf eines Kollegen im Institut mit viel Glück. Tags darauf bekommt sie Besuch von mehreren Agenten, die sie scheinbar zum Vorfall befragen wollen – in Wahrheit jedoch vielmehr deshalb geschickt wurden, um den Job zu beenden. Doch just in diesem Moment trifft Aaron Cross ein, und schaltet einen nach dem anderen aus. Er hat Marta aufgesucht, da er dringend einen Nachschub für seine Medikamente braucht – nimmt er doch blaue und grüne Tabletten, um seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu steigern. Doch Marta hat keinen Vorrat bei sich zu Hause, und auch in jenem Labor, wo sie ihn in regelmäßigen Abständen untersucht hat, liegen keine Tabletten auf. Die beiden brechen daher zur Fabrik in Manila auf. Doch Eric Byer und seine Untergebenen kommen ihnen schon bald auf die Spur…
Christian Siegel
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Review von Sven Kietzke:
Da Jason-Bourne-Darsteller Matt Damon ohne seinen Stamm-Regisseur Paul Greengrass kein Interesse an einem weiteren Kapitel der Agentenreihe hatte, die Serie aber viel zu erfolgreich war, um sie einfach einzustampfen, musste eine Lösung her. Diese zeigt sich nun in Form eines Bourne-Films ohne Jason Bourne, Doch kann das funktionieren? Es kann. Jason Bourne heißt nun Aaron Cross – sonst ändert sich nix. Zumindest nicht viel. Während Jason Bourne auf der Jagd nach seiner eigenen Identität war, ist Aaron Cross auf der Jagd nach dringend benötigten Medikamenten. Denn Cross ist kein normaler Agent, sondern wurde im Rahmen des Outcome-Programms genetisch verändert, um stärker und intelligenter zu werden. Um diese außerordentliche Leistung beibehalten zu können, ist jedoch die regelmäßige Einnahme spezieller Pillen notwendig. Und um diese zu finden, hetzt Cross gemeinsam mit der von ihm geretteten Wissenschaftlerin Dr. Marta Shearing (Rachel Weisz) um den halben Globus.
Und damit bin ich auch schon beim ersten Kritikpunkt: Im Vergleich zu Bournes Suche, die aufgrund der Ungewissheit stets interessant war, wirkt Cross’ Einsatz einfach nur beliebig. Von Anfang an ist klar worum es geht. Hier warten keine Überraschungen und keine Aha-Momente auf den Zuschauer. Das macht den Film zwar nicht unbedingt uninteressant, aber … nun ja, beliebig (man verzeihe mir die Wortwiederholung, aber ein passenderes will mir partout nicht einfallen). Da helfen auch stiefmütterlich eingestreute moralische Bedenken nichts. Hinzu kommt, dass Jason Bourne es stets verstand, seinen Verfolgern durch Tricks und Taktik jederzeit einen Schritt voraus zu sein. Aaron Cross hingegen hat lediglich einen Zeitvorteil, lässt aber jegliche Raffinesse, die einen Top-Agenten (zumindest in Hollywood) ausmacht, vermissen. Doch ich will nicht zu viel meckern, denn “Das Bourne Vermächtnis” (und ja, ich weiß, dass da eigentlich ein Bindestrich hingehört, aber hey, der Titel beinhaltet nun mal ein Deppenleerzeichen) macht auch vieles richtig. Die Story ist zwar nicht besonders innovativ, fügt sich aber nahtlos ins Bourne-Universum ein. Dass die neuen Charaktere nicht im Hauruck-Verfahren eingeführt werden, sondern sich viel Zeit dafür genommen wird, rechne ich den Machern ebenfalls positiv an. Und die Action, nicht ganz so unruhig wie in den Bourne-Filmen mit Jason Bourne, kann ebenfalls überzeugen – auch wenn die finale Jagd auf den Motorrädern gerne etwas kürzer hätte ausfallen dürfen und der Rutsch auf dem Treppenvorsprung nun wirklich arg überzogen wirkt. Jeremy Renner und Rachel Weisz machen ihre Sache gut, auch wenn Renner niemals an Matt Damons Agentendarstellung heranreicht. Edward Norton spielt eiskalt wie schon lange nicht mehr und durch die Auftritte bekannter Gesichter wie Joan Allen, David Strathairn und Scott Glenn sowie der bekannten Endmelodie blitzt ab und zu sogar echte Bourne-Atmosphäre durch.
Fazit:
Solider Actionthriller im Agentenmilieu, der gerne etwas eigenständiger und vor allem origineller hätte sein dürfen. Dennoch hätte ich gegen ein Wiedersehen mit Aaron Cross oder gar einen gemeinsamen Auftritt mit Jason Bourne nichts einzuwenden. Fans der Bourne-Reihe können sich "Das Bourne Vermächtnis" auf jeden Fall bedenkenlos anschauen.
Wertung:6 von 10 Punkten
Wir bedanken uns bei Sven Kietzke für das Review! Mehr von ihm findet ihr auf seinem Blog CineKie.
Review von Christian Siegel:
Eigentlich stand ich "Das Bourne Vermächtnis" ja durchaus hoffnungsfroh gegenüber. Angesichts der vielen verschiedenen Agenten-Programme erschien es mir nicht zu weit her geholt zu sein, nach Matt Damon's Weigerung, ohne Paul Greengrass zurückzukehren, halt die Geschichte eines anderen Agenten zu erzählen. Jeremy Renner, der sich bereits in "Tödliches Kommando", "Mission Impossible – Phantom Protokoll" und zuletzt "The Avengers" für Actionrollen empfohlen hat, schien zudem der perfekte Kandidat zu sein, um die Franchise-Fackel von Matt Damon zu übernehmen und in dessen (vorläufiger?) Abwesenheit hochzuhalten. Und nicht zuletzt wurde mit Tony Gilroy, der nicht nur wie bei den bisherigen Filmen für das Drehbuch verantwortlich war, sondern auch gleich die Regie übernahm (nachdem er bei "Michael Clayton" und "Duplicity – Gemeinsame Geheimsache" erste dementsprechende Erfahrung gesammelt hatte), wurde auch hinter der Kamera so weit als möglich die Kontinuität gewahrt. Beste Voraussetzungen also für eine würdige Fortsetzung, und um den Fluch der vierten Teile – dem zuletzt u.a. "Fremde Gezeiten" unterlag – zu umschiffen.
Leider jedoch erweist sich das Bourne-Vermächtnis als zu großes Erbe. Eines der Hauptprobleme des Films ist, dass Tony Gilroy meines Erachtens keinen guten Zugang gefunden hat, um auf die Bourne-Trilogie aufzubauen. So gibt es zwar gelegentlich Verknüpfungen zu den bisherigen Filmen, diese waren aber für meinen Geschmack zu oberflächlich, und wirkten auf mich doch eher halbherzig. Hin und wieder lässt man zwar kurz ein bekanntes Gesicht über die Leinwand huschen, wie Scott Glenn, David Strathairn oder Joan Allen (wobei man hierbei auch häufig auf Archivmaterial aus der Trilogie zurückgreift). Und obwohl die Ereignisse in etwa zeitgleich zu "Ultimatum" spielen, - von ähnlich genialen Verknüpfungen wie zwischen diesem und Verschwörung (wo die letzte Szene des 2. Teils in der Mitte des 3. Teils platziert wurde) ganz zu schweigen. Jedenfalls… trotz der ständigen Erwähnungen – Jason Bourne hier, Treadstone da – fühlte sich das Ganze für mich nicht wie ein weiterer Film der Reihe an. Und so war ich am Ende doch etwas irritiert, als beim Abspann plötzlich das inoffizielle Bourne-Thema "Extreme Ways" von Moby zu hören war… denn wie ein richtiger, vollwertiger Teil oder gar die logische Weiterentwicklung der Geschichte wirkte "Das Bourne Vermächtnis" auf mich zu keinem Zeitpunkt. Es hilft auch nicht, dass ein wesentliches Element der bisherigen Bourne-Filme eingespart wurde, nämlich das im Zentrum der Handlung stehende Mysterium. In "Identität" ging es darum, dass Bourne sein Gedächtnis wiedererlangt und in Erfahrung bringt, wer er überhaupt ist – und warum man ihn töten will. In "Verschwörung" wurde es des Mordes bezichtigt, und machte sich daran, die Hintermänner der titelspendenden Verschwörung ausfindig zu machen. Und "Ultimatum" brachte uns an den Ursprung zurück und klärte die Hintergründe des Treadstone-Projekts auf. In allen stand eine zentrale Frage im Mittelpunkt, die allein schon mein Interesse wecken konnte.
Nicht so "Das Bourne Vermächtnis". Geradliniger geht es nicht. Es gibt keine großen Wendungen und/oder Offenbarungen, die Handlung schlägt keine Haken, und sie weckte nicht durch offene Fragen von Beginn an mein Interesse. Vielmehr wissen wir praktisch ab der ersten Minute, wer wer ist, worum es geht, und wo sich das alles hinbewegt. Und vieles davon war noch dazu aus der Bourne-Trilogie nur allzu bekannt, so dass mich zwischendurch doch auch immer wieder ein Déjà-vu ereilte. Dadurch fehlte es auch für viel zu lange Zeit an Spannung, da die Figuren allein sowie die wenig originelle Geschichte einfach zu wenig waren, um mein Interesse zu wecken. Lediglich vereinzelte gelungene, spannende Szenen, wie der Kampf in Marta's Haus, die erschreckend realistisch wirkende Suche und Verfolgung von Aaron und Marta durch die CIA-Agenten in der Zentrale, sowie ihr Einbruch in die Fabrik in Manila, sorgten kurzzeitig für glänzende (Thriller-)Unterhaltung. Der Rest reichte hingegen von unauffällig bis praktisch völlig redundant (wie die viel zu ausgedehnten Szenen zu Beginn von Aaron mit dem anderen Agenten in einem Haus in Alaska).
Vor allem letzteres ist ein weiteres großes Problem des Films: Viele Szenen sind zu ausgedehnt, und/oder ihr narrativer Zweck erschließt sich mir nicht, wodurch sie rückblickend ungemein redundant wirken. Exemplarisch seien die Szenen relativ zu Beginn zwischen Aaron und dem anderen Agenten im Haus in Alaska genannt. Wozu waren diese da, und warum ver(sch)wendete man mehrere Filmminuten, um ihr angespanntes Kennenlernen zu zeigen, wenn dieses dann ohnehin nirgends hinführt, sondern sich vielmehr – so wie das Haus – kurz darauf in Luft auflöst? "Das Bourne Vermächtnis" ist leider voll von solch unnötigen Szenen; andere dauern wiederum viel zu lange. Vor allem angesichts der akuten Inhaltsarmut wäre es jedenfalls in meinen Augen ratsam gewesen, die Laufzeit um mindestens 15 Minuten zu kürzen. Auch die Figuren muss ich – gerade auch im Vergleich zur Trilogie – zu den Schwächen des Films zählen. Jeremy Renner macht seine Sache als Bourne-Ersatz zwar grundsätzlich nicht schlecht, bekommt aber hier trotz der mehr als doppelten Screentime weniger zu tun als bei "The Avengers". Es gibt eine einzige Szene, in der er sein Talent als Schauspieler kurz durchblitzen lassen darf, nämlich als er Marta und uns den Grund dafür nennt, warum er die Medizin unbedingt benötigt. Davon abgesehen bleibt er leider sehr blass. Ähnliches muss leider über Rachel Weisz gesagt werden, deren Rolle viel zu sehr auf das "Fräulein in Nöten"-Klischee zurechtgestutzt ist. Gut, ok, sie ist Ärztin, und dementsprechend verständlicherweise mit dieser Situation überfordert; trotzdem. Außerdem war ihre Liebesgeschichte nur ein Schatten von jener zwischen Jason Bourne und Marie. Und Edward Norton leidet darunter, dass er ständig nur auf Bildschirme starren und Anweisungen geben darf, was ihm kaum Gelegenheit dazu gibt, sich als Bösewicht in Szene zu setzen. Weshalb dann ja auch quasi in letzter Sekunde noch ein weiteres bisher unbekanntes Agentenprogramm aus dem Hut gezaubert wird, um Cross doch noch einen würdigen Gegner auf den Hals zu hetze – in dessen Rolle übrigens ein etwas bekannteres Gesicht als Louis Ozawa Changchien wohl auch nicht geschadet hätte.
Was die Inszenierung betrifft, verlässt Tony Gilroy leider jenen eleganten Stil, den er bei "Michael Clayton" und "Duplicity" gezeigt hat, und orientiert sich stattdessen an seinen Bourne-Vorgängern Doug Liman und Paul Greengrass. Der doch etwas ruhigere Stil von ersterem dominiert die ersten zwei Drittel, die mit einigen netten Einstellungen aufwarten können. Wenn dann in Manila die Action losgeht, legt er jedoch das Stativ auf die Seite und inszeniert mit jener Wackelkamera-Optik, für die die Reihe ab Teil 2 ja irgendwie bekannt geworden ist. Immerhin wählt er glücklicherweise nicht ganz so schnelle Schnitte wie Greengrass, dennoch haben es mir die verwackelten Bilder schwer bis unmöglich gemacht, der Action – als sie dann in Form einer Verfolgungsjagd auf kleinen Bikes endlich in Erscheinung trag – verfolgen und damit genießen zu können. Was ein wesentlicher Grund dafür sein dürfte, dass mir die Verfolgungsjagd viel zu lang erschienen ist, und sich mit der Zeit doch etwas Langeweile eingestellt hat. Und was immer man über die Bourne-Trilogie im Allgemeinen und deren Action-Szenen im Besonderen auch sagen mag, aber… langweilig waren sie nie.
Fazit:
Angesichts der steigenden Einspielergebnisse im Laufe der Trilogie ist der Wunsch von Universal Pictures, die Reihe auch ohne Matt Damon fortzusetzen, verständlich. Leider jedoch hat Bourne-Drehbuch-Veteran Tony Gilroy – der auch die Regie von Paul Greengrass übernommen hat – meines Erachtens keinen vernünftigen kreativen Ansatz gefunden, um das schwierige Erbe anzutreten. Mit einem zugrundeliegenden Mysterium, welche die Handlung antreibt, fehlt zugleich auch eine grundlegende Stärke der Trilogie, welche früh das Interesse des Zuschauers geweckt hat. "Das Bourne Vermächtnis" ist diesbezüglich viel zu geradlinig, und lässt es sowohl an interessanten Fragen als auch überraschenden Wendungen vermissen – weshalb es über weite Strecken an Spannung mangelt. Die Schauspieler tun zwar ihr bestes, werden jedoch vom Drehbuch überwiegend im Stich gelassen, dass ihnen kaum die Möglichkeit gibt, ihr Talent aufzuzeigen. Zwar gibt es vereinzelte Highlights, wie die Schießerei im Haus, oder auch den Einbruch in die Fabrik, aber insgesamt ist die Action etwas sporadisch und auch recht ungeschickt verteilt – denn die Verfolgungsjagd am Ende ist, nachdem man sich zuvor nach ein bisserl Action verzehrt hat, dann wiederum schon fast wieder zu viel des Guten. Too much, too late, sozusagen. So manche redundante oder auch einfach "nur" zu ausgedehnte Szene, sowie die halbherzige Verknüpfung zur Bourne-Trilogie geben diesem "Vermächtnis" dann schließlich den Rest. Einem weiteren Einsatz von Aaron Cross – dann gerne auch im Team mit Jason Bourne – würde ich zwar durchaus noch eine Chance geben, doch seine erste Mission kann ich leider nur den hartgesottensten "Bourne"-Fans empfehlen.