Originaltitel: The Apple Produktionsnummer: 2x08 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 13.10.1967 Erstausstrahlung D: 15.02.1988 Drehbuch: John Meredyth Lucas Regie: Marc Daniels Hauptdarsteller: William Shatner als Captain James T. Kirk, Leonard Nimoy als Mr. Spock, DeForest Kelley als Dr. Leonard McCoy, James Doohan als Scotty, George Takei als Hikaru Sulu, Walter Koenig als Pavel Chekov, Nichelle Nichols als Lt. Uhura Gastdarsteller: Keith Andes als Akuta, Celeste Yarnall als Martha London, David Soul als Akora, Shari Nims als Sayana u.a.
Kurzinhalt:
Captain Kirk führt ein Außenteam an, dass den scheinbar paradiesischen Planeten Gamma Trianguliani IV untersuchen soll. Doch ihre Freude über diesen vermeintlichen Garten Eden währt nicht lange, denn nur kurz nachdem sie heruntergebeamt sind, verliert das erste Crewmitglied aufgrund einer Vergiftung durch eine aggressive Pflanze sein Leben. Wenig später stirbt eine weitere Sicherheitswache durch einen Blitz, ein anderer wiederum tritt auf einen explosiven Stein. Ein gefährliches Paradies, also, das zudem auch die Enterprise gefährdet: Denn ein Traktorstrahl, der vom Planeten ausgeht, zieht das Raumschiff unaufhaltsam aus dem Orbit. Kirk und dem Außenteam bleiben nur mehr wenige Stunden, um die Gefahr zu beseitigen – sonst wird die Enterprise in der Atmosphäre verglühen. Mit diesen düsteren Aussichten trifft man endlich auf den ersten Bewohner des Planeten, der sich als Akuta vorstellt. Von ihm erfahren sie, dass die Bevölkerung des Planeten eine vermeintliche Gottheit namens Vaal anbeten, die sie mit allem versorgt, dass sie zum Leben brauchen. Er steuert das Wetter des Planeten, und macht sie sogar unsterblich. Jedoch werden sie von ihm auch unterdrückt und kontrolliert, weshalb ihre Kultur stagniert. Als das Außenteam auf Vaal trifft, erkennen sie, dass es sich bei ihm um eine Maschine handelt, mit einem Schlangenkopf-förmigen Einlass an der Oberfläche, durch den die Bewohner des Planeten sie füttern. Kirk muss nun einen Weg finden, die Maschine auszuschalten, um die Enterprise zu retten und zugleich den Bewohnern des Planeten die Freiheit zu schenken…
Denkwürdige Zitate:"Well, there goes paradise…"
(McCoy, nachdem er erfahren hat, dass auf dem Planeten Liebe verboten ist.)
"But these people… I mean, if they don't know anything about… What I mean is, they don't seem to have any natural… I mean, how is it… done?" "Mister Spock? You're the science officer. Why don't you explain it to the young lady." "Well, I believe it's safe… *cough* safe to assume that they would receive the necessary instructions." "From a machine? That I'd like to see."
(Natürlich aus rein medizinisch-professionellem Interesse, versteht sich.)
"Second degree burns. Not serious, but I'll bet they smart." "Doctor, you have an unsurpassed talent for understatement."
(Spock zu McCoy, nach dessen Diagnose.)
"Are you casting me in the role of Satan?" "Not at all, Captain." "Is there anyone on this ship who even remotely looks like Satan?" "I am not aware of anyone who fits that description, Captain." "No, Mister Spock. I didn't think you would be."
(Für mich einer der köstlichsten Abschlussdialoge der Serie.)
Review:
Die Inspiration für "Die Stunde der Erkenntnis" ist nur allzu offenkundig, nämlich die Bibel, genauer gesagt die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies. Dabei kommt James Kirk (bzw. dem Außenteam der Enterprise generell, denn natürlich haben auch die verliebten Chekov und Landon daran einen nicht unwesentlichen Anteil) praktisch die Rolle der Schlange zu. Was hinter dem (im Original) titelspendenden Apfel steckt, lässt sich schon deutlich vielfältiger interpretieren. Wissen? Freiheit? Liebe? Jedenfalls verfolgt man hier einen durchaus interessanten Ansatz – vor allem auch, da Kirks Entscheidung, sie vom Einfluss Vaals zu befreien, als etwas Positives dargestellt und ihre vorangehende Stagnation in diesem vermeintlichen Paradies stark kritisiert wird. Generell finde ich die im Zentrum stehende Debatte der Episode auch abseits aller Bibel-Analogien höchst interessant. Denn die Bewohner des Planeten sind ja durchaus glücklich, und dank Vaals Einfluss sogar unsterblich. Ist es unter diesen Voraussetzungen in Ordnung, dass Kirk derart eklatant in ihre natürliche Entwicklung eingreift, und sie quasi aus dem Paradies vertreibt, in dem er Vaal ausschalten lässt?
Eine Diskussion, die es den drei Teilen des Triumvirats erneut erlaubt, ihre jeweiligen Überzeugungen zu vertreten und dem Zuschauer zu vermitteln. Spock ist dabei, wie so oft, die Stimme der Vernunft, und analysiert den Zustand der Bewohner emotionslos und aus rein wissenschaftlichen Aspekten. Sie sind gesund, sie werden von Vaal mit allem notwendigen versorgt, und "füttern" ihn im Gegenzug mit Energie. Aus dieser Sicht haben Vaal und "sein" Volk demnach eine symbiotische Beziehung. Doch Kirk und McCoy, vom Freiheitsdrang der Menschen geprägt, sehen dies naturgemäß anders. Sie sehen, wie Vaal diese Humanoiden unterdrückt und kontrolliert, ja vielleicht sogar benutzt. Ja, er hält sie am Leben und gibt ihnen zu Essen – damit sie dann wiederum ihn mit Energie versorgen können. Zugleich unterwirft er sie gänzlich seinem Willen – "sein Wille geschehe", sozusagen. Jedwede Berührungen, und damit auch Zuneigung und Liebe, sind seinen Schäfchen verboten. Für den emotions"losen" Spock kein großer Verlust, doch McCoy vertritt den Standpunkt, dass dies kein Leben ist. Sie existieren, aber sie leben nicht. Und Captain Kirk beklagt, wie schon bei einigen Episoden zuvor, vor allem den Umstand, dass die Bevölkerung des Planeten völlig stagniert. Er vertritt jedoch die Meinung, dass die Weiterentwicklung einer Kultur essentiell für ihr Wohlbefinden und ihre Existenz ist. Und natürlich stößt ihm auch die Tatsache auf, dass die Bevölkerung von einem mechanischen Tyrannen unterdrückt wird, und sie nicht in Freiheit leben können. Ich will damit nicht sagen, dass Spock all diese Aspekte nicht bewusst sind, aber im Vergleich zu seinen menschlichen Kollegen sieht er eben auch die Vorteile ihrer Lebensweise – was denen wiederum äußerst schwer fällt. Und selbst wenn auch ich dazu neige, Kirks Entscheidung als die richtige anzusehen, finde ich es positiv, dass man sie durch Spock – und damit eine uns sympathische Figur – hinterfragen lässt.
Auch abseits dieser Debatte ist das Drehbuch von Max Ehrlich und Gene L. Coon sehr gelungen. So finden sich erneut einige gut geschriebene und/oder amüsante Dialoge. Neben dem Triumvirat, welches den Dreien wieder einmal sehr viel Gelegenheit gibt, zu glänzen, wird vor allem auch Chekov, dank seiner Romanze mit einem Crewmitglied, einiges an Laufzeit eingeräumt; während Scotty zum wiederholten Mal auf der Enterprise feststeckt und man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass sich die Autoren etwas schwer taten, ihm etwas sinnvolles zu tun zu geben. Originelle Einfälle wie die völlig unerwartete Reaktion von Akuta, als er von Kirk geschlagen wird, runden die positiven Aspekte des Drehbuchs ab. Die Inszenierung ist ebenfalls recht gefällig, wie auch die Musik – selbst wenn bei dieser auf einiges an Archivmaterial zurückgegriffen wird, passt sie wie die Faust aufs Auge. Das Design von Vaal ist ebenfalls recht gelungen, vor allem mit den leuchtenden grünen Augen. Viel Mühe hat man sich auch bei der Set-Dekoration voller Pflanzen gegeben. Und der orangene Himmel hilft dabei, die Illusion einer fremden Welt ansatzweise glaubhaft zu vermitteln.
Es gibt jedoch auch einige Schwachpunkte. Wo wir gerade beim Himmel waren: Nicht nur, dass die Kameraeinstellung in einigen Szenen schlecht gewählt ist, so dass der Rand der Bühnenkulisse zu erkennen ist, vor allem die Aufnahmen der Wolken vor einem blauen Himmel spießen sich mit der restlichen optischen Gestaltung des Planeten. Negativ fallen auch die zahlreichen Todesfälle im Außenteam auf. Selten war der Rothemden-Verschleiß so groß wie hier, und für mich ist es das erste Mal innerhalb der klassischen Serie, wo sich dieses Phänomen richtiggehend aufdrängt und negativ auffällt. Ein Kritikpunkt, der durch die tollen Szenen, in denen Kirk den Tod seiner Leute betrauert, und erneut seine Selbstzweifel und Schuldgefühle zeigen darf, zwar teilweise, aber eben nicht vollständig, relativiert wird. Zumal es ja wirklich zufälligerweise just und bis auf den letzten genau die vier Männer in den roten Uniformen erwischt – wenn auch alle auf unterschiedliche Art und Weise. Noch viel schwerer wiegt aber für mich, dass Kirks angeblich so große und weitreichende Entscheidung einen schwerwiegenden Haken hat: Sie ist bei weitem nicht so schwer, wie man uns das einzureden versucht. Denn angesichts der bevorstehenden Zerstörung der Enterprise, hat er ja genau genommen gar keine andere Wahl. Jedenfalls macht es ihm die Gefahr, in der seine gesamte Besatzung steckt, für meinen Geschmack viel zu leicht, gegen Vaal Partei zu ergreifen und in die Entwicklung des Planeten einzugreifen. Mein größter Kritikpunkt ist aber das mangelnde Vertrauen in die Intelligenz des Zuschauers, und in seine Fähigkeit, die Anspielungen auf die Bibel selbst zu erkennen. Mit dem Garten Eden wird bereits ab der ersten Minute der Bezug zum "Buch der Bücher" hergestellt, und am Ende wird an Bord der Enterprise sogar noch einmal über die Ähnlichkeiten zum Buch Genesis reüssiert. Wie man hier meint, dem Zuschauer alles bis ins letzte Detail vorkauen zu müssen, fand ich schon etwas schade, und hat mir die Episode doch ansatzweise verlitten.
Fazit:
Wie vielen Episoden der klassischen "Star Trek"-Serie, liegt "Die Stunde der Erkenntnis" eine sehr interessante Grundidee zugrunde – doch auch hier steckt Satan wieder im Detail. So waren die Bibel-Analogien für meinen Geschmack dann doch etwas zu aufdringlich – zumal man sich seitens der Drehbuchautoren bemüßigt sah, dem Zuschauer alles im Detail vorzukauen, statt ihnen zuzutrauen, die Anspielungen auch ohne diese Zaunpfähle zu verstehen. Darüber hinaus reckt das Rothemden-Syndrom hier zum ersten Mal so richtig sein scheußliches Haupt, und die an und für sich interessante Debatte rund um Einmischung oder nicht leidet maßgeblich darunter, dass Kirk de facto keine andere Wahl bleibt als Vaal zu vernichten, wenn er die Enterprise retten will. Vor allem letzteres torpediert und sabotiert die für mich eigentlich größte Stärke der Episode, nämlich die im Zentrum stehende Debatte, enorm. Sich rein auf das Dilemma der Bevölkerung zu konzentrieren, ohne die Enterprise in Gefahr zu bringen, hätte ich hier definitiv vorgezogen. Immerhin, das Drehbuch konnte mir erneut mit vielen gelungenen Dialogen gefallen, die schauspielerischen Leistungen waren auf dem gewohnt hohen Niveau, die Inszenierung sowie die visuelle Gestaltung des Planeten von kleineren Schnitzern abgesehen sehr gelungen, und auch die Musik wurde sehr passend aus der ständig wachsenden Bibliothek ausgewählt. "Die Stunde der Erkenntnis" unterhält – regt aber leider nicht einmal ansatzweise so sehr zum Denken an, wie sich das sowohl die Macher als auch meine Wenigkeit gewünscht hätten.