Mit: Anthony Hopkins, Jude Law, Rachel Weisz, Ben Foster, Jamel Debbouze, Moritz Bleibtreu, Maria Flor, Juliano Cazarré u.a.
Kurzinhalt:
Ein englischer Geschäftsmann in Wien, ein brasilianischer Fotograf in London, eine russische Zahnarzthelferin in Paris… Menschen und ihre Leben - verbunden durch die modernen Transportwege der Zivilisation des 21. Jahrhunderts. So beginnt diese Geschichte des Flügelschlags eines Schmetterlings mit einer Prostituierten aus Bratislava, die ihr Glück in Wien versucht. Ihr Leben und ihre Entscheidungen sind der erste fallende Dominostein, der diesen Episodenfilm in Gang setzt.
Review:
Kaum hat sich der erste Perspektivenwechsel vollzogen ahnt man, dass 360 versuchen wird, auf den Pfaden von Filmen wie "L.A. Crash" oder "Babel" zu wandeln. Leider holt er einen nicht so ab, wie diese beiden Vertreter der Gattung Episodenfilm. "L.A. Crash" zog mich damals in seinen Bann, weil es ein brutales und durchaus glaubhaftes Alltagsamerika zu zeigen scheint, dessen Figuren alle in derselben Stadt unterwegs sind und deren Leben sich so glaubwürdig überschneiden. Auch "Babel" war aufgrund seiner tatsächlich weltumspannenden Geschichten und Aktualität einen Kinobesuch wert, hier lagen die Geschichten irgendwie weit genug auseinander.
"360" kann sich nicht so recht entscheiden, worauf es seinen Fokus setzen will und verliert ihn deshalb fast völlig. Das fängt mit den Schauplätzen an, die hauptsächlich in Europa liegen aber dann doch auch mal in die USA driften ohne wirklich international zu werden. So dümpeln die Leben der Protagonisten nebeneinander her und deren Überschneidungen wirken teilweise zu konstruiert. Zufälligen Ereignissen wird eine zu große Bedeutung beigemessen, die zu Begegnungen führt, die dem Drehbuch passen. Die vom Film gefeierte Verbundenheit aller Menschen in unserer heutigen Welt ist sicher wahr, in der jeder jeden um sechs Ecken kennt, aber hier ist es immer irgendwie eine Ecke zu viel.
Die Einzelleistungen der Darsteller sind bestimmt nicht schlecht. Im Gegenteil, Ben Foster ("Contraband") zum Beispiel, legt eine unter die Haut gehende Darstellung eines Sexualstraftäters ab und Anthony Hopkins ("Thor") hat bei einem Treffen anonymer Alkoholiker einen großartigen Monolog. Leider verweilt der Film nicht lang genug bei seinen Figuren um zu ergründen, was sie antreibt; es sind dann für die Laufzeit des Films ein oder zwei Stories zu viel, so dass man unbefriedigt zurückbleibt. Es sind halt auch leider keine Kurzgeschichten, die zufällig in derselben Stadt spielen, wie bei dem von mir sehr verehrten "Paris, je t'aime". Die eher lose Verknüpfung der Einzelschicksale dieses Films, hätte "360" vermutlich besser getan, als der Anspruch sie möglichst eindeutig zu verbinden und das auch zeigen zu wollen. Mit dem Dampfhammer. Damit das Publikum das auch ja mitbekommt.
Fazit:
"360" besitzt eine gespaltene Persönlichkeit, die ich so von Regisseur Fernando Meirelles ("City of God", "Der Ewige Gärtner") und seinem Drehbuchautor Peter Morgan ("Die Queen", "Frost/Nixon") nicht erwartet hätte. Er will Drama sein und Liebesfilm, Komödie und Gangsterfilm – nur unterhalten tut er leider nicht. Die Besetzung ist spitzenmäßig, aber man könnte leicht ein Bild finden ("Die Sternennacht" von Van Gogh, zum Beispiel), in dem mehr Bewegung steckt als in "360".