"Wir wollten künstlerisch und mutig sein."Kategorie: Interviews - Autor: Joe Utichi - Datum: Dienstag, 31 Juli 2012
Fernsehzuschauern ist Idris Elba wahrscheinlich am besten durch seine
herausragende Darstellung des Russel "Stringer" Bell in der Erfolgsserie THE WIRE
bekannt, die im Auftrag des amerikanischen Senders HBO produziert wurde. Der
Brite spielte in allen fünf Staffeln der von Kritik und Publikum gefeierten Serie mit.
Seit den frühen 1990ern ist Elba als Schauspieler in TV- und Filmproduktionen zu
sehen, darunter Spielfilme wie ARMY GO HOME!, 28 WEEKS LATER, ROCKNROLLA
und THE LOSERS. In jüngster Zeit wirkte er in Filmadaptionen von Marvel-Comics mit,
darunter Kenneth Branaghs erfolgreiche Verfilmung von THOR sowie GHOST RIDER 2:
SPIRIT OF VENGEANCE an der Seite von Nicolas Cage.
Schon vor seiner Rolle in PROMETHEUS – DUNKLE ZEICHEN hat Elba im Oscarnominierten
AMERICAN GANGSTER mit Ridley Scott zusammengearbeitet. In
PROMETHEUS – DUNKLE ZEICHEN spielt er Captain Janek. Am Filmset in den
Londoner Pinewood Studios sprach er über seine Rolle und den Film. Das Interview führte Joe Utichi. 20th Century Fox stellte uns den Text für unser Special freundlicherweise komplett zur Verfügung.
Utichi: Sie haben bereits vorher mit Ridley Scott gearbeitet – waren Sie trotzdem
aufgeregt, als der Anruf kam und es hieß, er wolle einen weiteren ALIEN-Film
drehen?
Elba: Auf jeden Fall. Ich arbeite sehr gern mit Ridley zusammen, und es ist aufregend, dass
er nun zu einem Genre zurückkehrt, mit dem er schon die ganze Welt begeistert hat.
Es ist toll, daran teilzuhaben.
Utichi: Wie hat er Ihnen das Projekt beschrieben?
Elba: Er rief mich an und sagte, dass er mich gerne in dem Film hätte. Dann schickte er mir
das Drehbuch. Wir telefonierten nochmal und sprachen über seine Ideen in Bezug
auf die Figur, das war alles sehr direkt und unkompliziert. Er war definitiv sehr
begeistert und wollte diesen Film unbedingt machen, das war deutlich zu spüren.
Utichi: War es damals noch eine Vorgeschichte zu ALIEN?
Elba: Das Wort ALIEN ist nie gefallen, eigentlich bis heute nicht. Er hat nur einmal so etwas
wie einen Vergleich gezogen, damals beschrieb er es so, dass dieser Film auf jeden
Fall die DNA der ALIEN-Filme in sich trägt. Das war aus dem Drehbuch klar ersichtlich,
aber wir haben nie wirklich über ALIEN gesprochen. ALIEN ist Vergangenheit, der
neue Film ist anders. Das war sein Standpunkt: dass wir jetzt etwas Neues, etwas
Anderes machen.
Utichi: Zwei der bedeutendsten Science-Fiction-Filme aller Zeiten stammen von Ridley
Scott. Fühlen Sie dadurch mehr Verantwortung – weil Sie nicht nur mit Ridley Scott
arbeiten, sondern ihn auch unterstützen wollen, einen dritten Meilenstein des
Genres zu liefern?
Elba: Man trägt immer eine gewisse Verantwortung: dafür, dass man am Set präsent ist
und alles tut, um die dargestellte Figur vollständig mit Leben zu füllen. Ich glaube,
man kann keine Verantwortung dafür übernehmen, wie wichtig der Film im Vergleich
zu anderen ist. Vielleicht ist es für ihn so, aber auch das glaube ich nicht. Dieser
Blickwinkel trifft eher auf die Zuschauer zu als auf die Leute, die den Film machen.
Unsere Verantwortung ist es, einen guten Film zu machen und dabei so künstlerisch
und so mutig zu sein, wie wir können. Und Ridley ist mit Sicherheit einer der
mutigsten Filmemacher, die es je gab. Das zeigt schon seine Filmografie. Doch er
lässt sich dadurch nicht vorschreiben, was er als nächstes tut, und auch uns als
Schauspielern schreibt das nicht vor, was wir tun sollen. Aber mir ist auf jeden Fall bewusst, dass die Fans große Erwartungen haben, und die möchte ich erfüllen und
nicht enttäuschen. Aber ich möchte niemals die Fans enttäuschen, egal, was ich
mache.
Utichi: Janek scheint ein wenig stiller zu sein als viele andere Crewmitglieder. Wie sehen
Sie ihn?
Elba: Er ist Ingenieur. Er arbeitet auf riesigen Raumschiffen, die für Langstrecken-
Weltallflüge gebaut wurden. Er ist der Kapitän der Prometheus und das war’s auch
schon fast. Er macht einfach nur seinen Job und ist nicht besonders geheimnisvoll.
Warum auch? Seine Arbeit ist ziemlich klar. Seine Persönlichkeit offenbart sich im
Laufe des Films. Aber seine Aufgabe auf dem Raumschiff ist, es zu steuern und von A
nach B zu bringen. Er hat nicht wirklich etwas mit den ganzen Interessenskonflikten
zu tun, die sich entspinnen.
Utichi: Also ist er nur wegen des Geldes dabei?
Elba: Natürlich interessiert er sich bis zu einem gewissen Maße auch dafür, was auf dem
Raumschiff geschieht, denn das betrifft ja schließlich alle an Bord. Aber er sieht seine
Aufgabe in erster Linie darin, alle ans Ziel zu bringen. Alle sind auf einer Mission und
er hat die Verantwortung für das Raumschiff. Was geschieht, hat auf die eine oder
andere Weise für alle Folgen, und als Kapitän des Raumschiffs hat er bestimmte
Pflichten, die er erfüllen muss. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, ihn zu spielen, das
musste gar nicht besonders komplex sein und war trotzdem toll. Es ist weder eine
große noch eine keine Rolle, es ist einfach eine großartige Rolle. Ich glaube, diese
Figur spielt letztlich eine große Rolle im Film.
Utichi: Haben Sie viel über die Thematik des Films nachgedacht?
Elba: Ich denke, dass wir uns alle irgendwo im Hinterkopf mit der Frage beschäftigen, wer
wir wären oder was wir täten, wenn unser Menschsein als solches in Frage gestellt
würde. Wie würden wir damit umgehen? Das ist auf jeden Fall ein wesentlicher
Bestandteil aller Filme von Ridley. Er betrachtet die menschliche Existenz und wie wir
uns in extremen, manchmal bizarren Situationen verhalten. Ich denke, das ist bei
diesem Film nicht anders. Für mich bedeutet das auf jeden Fall auch genau zu
erforschen, was Captain Janek durchmacht, was seine moralischen Grundsätze sind
und wie er handeln soll. Ich hab nie ein Raumschiff geflogen, ich war nie an Bord
eines Raumschiffs, aber durch diese Erfahrung habe ich wirklich begriffen, was ich
tun würde, wenn ich da draußen in dieser Welt wäre, mit so einer Maschine
herumfliegen würde und dann so etwas Extremes passieren würde, wie es den
Leuten im Film zustößt. Das war für mich als Schauspieler sehr faszinierend und hat
mich sehr motiviert. Ich schätze, die Drehbuchautoren hatten viel Spaß dabei, diese
ganzen Möglichkeiten auszuloten. Und ich hatte viel Spaß daran, sie zu spielen.
Utichi: Macht es die Darstellung vielschichtiger, wenn man ein persönliches Interesse an
diesen Fragen hat?
Elba: Ich denke, Ridley arbeitet gerne mit Schauspielern zusammen und verlässt sich auf
ihre Intuition, egal, was nun genau im Drehbuch steht. Er nutzt diese Intuition. Er
schaut den Schauspielern gerne zu und arbeitet bei den Aufnahmen sehr individuell
mit ihnen zusammen. Dadurch kann er im Schnittraum weiter kreativ sein. Jeder ist
anders, und das von Tag zu Tag. Heute hab ich ewig einen Parkplatz gesucht und als
ich endlich einen hatte, fehlte mir das Kleingeld für die Parkuhr. Heute nervt mich das
nicht so sehr, aber an einem anderen Tag wäre ich vielleicht richtig sauer darüber.
Beim Dreh bedeutet das zwei ganz verschiedene Aufnahmen. Im Schnittraum träumt
jeder Regisseur davon, dass er seine Geschichte weiter erschaffen und ausbauen
kann.
Utichi: Die Kulissen sind unglaublich – es kann nicht allzu schwer gewesen sein, sich auf
dieser Brücke wie ein Raumschiffkapitän zu fühlen.
Elba: Absolut. Die Kulissen machen es leichter für uns, unsere Figuren zum Leben zu
erwecken. Selbst an das kleinste Detail wurde gedacht und das meiste funktionierte
sogar. Ich könnte nie im Leben ein Raumschiff fliegen, aber dank dieser
unglaublichen Detailgenauigkeit saß ich vor einer Konsole, die tatsächlich
funktionierte. Wenn ich auf diesen Knopf drücke, passiert etwas, wenn ich auf den
nächsten Knopf drücke, passiert etwas anderes… Und das Erstaunliche an Ridley ist,
dass er wirklich alles über das Raumschiff weiß. Denn er hat es in seinem Kopf
entworfen. Genau das macht ihn so besonders.
Text- und Bildquelle: Pressematerial (c) 20th Century Fox