Spoiler-Warnung!Die nachfolgende Inhaltsangabe sowie das Review enthalten - teils große - Spoiler zur Handlung aus dem Vorgänger-Roman, "Heimsuchung". Wenn ihr diesen noch nicht gelesen habt, solltet ihr daher erst beim Fazit weiterlesen. Zu "Schatten" selbst sind hingegen nur milde Spoiler enthalten.
Kurzinhalt:
Zwar ist es der Sternenflotte gelungen, die Raumschiffe des Typhon Pakts aufzuhalten, doch der Preis dafür war hoch: Ein unbekannter Agent des Typhon Pakts installierte Bomben am Fusionsreaktor der Raumstation Deep Space Nine, und als deren Sensoren die Schiffe des Pakts entdeckten, wurden diese gezündet, und die Station zerstört. Zwar konnten dank einer schnellen Evakuierung noch viele Zivilisten gerettet werden, doch insgesamt fanden über tausend Lebewesen den Tod. Die Präsidentin der Föderation, Nanietta Bacco, ist außer sich, als sie von den Ereignissen im Orbit von Bajor erfährt, und fühlt sich von ihrem romulanischen Gegenstück, Praetorin Kamenor, verraten. Währenddessen versucht die Sternenflotte verzweifelt, den Grund für den Angriff herauszufinden. Auf die Gefahr hin, dass sich der Pakt mit dem Dominion verbünden wollte, schickt man Captain Sisko mit der U.S.S. Robinson in den Gamma-Quadranten, um sich mit Vertretern des Dominion zu treffen. Währenddessen erfährt Praetor Kamenor, dass die Leiterin des Tal'Shiar, Sela, hinter den Angriffen steckt. Diese scheint alles dafür zu unternehmen, dass auch die Schiffe des Typhon Pakts mit Slipstream-Antrieben ausgerüstet werden können – und eine Technologie des Dominion erweist sich diesbezüglich als Schlüssel. Sie vermutet, dass Sela in Kürze einen weiteren Versuch starten wird, und in der Tat ist kurz darauf ein romulanischer Schlachtkreuzer spurlos verschwunden. Um den Frieden zu bewahren und die verräterischen Elemente in ihrer eigenen Regierung ein für alle Mal auszuschalten, sieht sie sich zu radikalen Maßnahmen gezwungen…
Review:
Mit "Schatten" lässt David R. George III die durchwachsene Qualität seiner bisherigen Einträge in die "Typhon Pact"-Reihe endlich hinter sich, und kann sogar ansatzweise an seinen grandiosen DS9-Roman "Zwielicht" anknüpfen. Hauptverantwortlich dafür ist wohl, dass einige der Schwächen, die "Bestien" und/oder "Heimsuchung" geplagt haben, diesmal nicht zu finden sind. Zwar ist "Schatten" ähnlich lang, hat aber im Gegensatz zu den zuvor genannten diesmal auch wirklich eine Geschichte zu erzählen, welche diese Länge auch rechtfertigt. Dank des Kampfes am Wurmloch, dem Versuch die Schiffe des Typhon Pakts aufzuhalten, sowie die letzten Überlebenden aus den Trümmerstücken von Deep Space Nine zu retten, ist der Einstieg ungemein packend, und vermag "Schatten" von der ersten Seite an zu fesseln. Zudem profitiert der Roman davon, dass sich die Ereignisse diesmal nur im Zeitraum von etwas mehr als einem Monat – statt mehreren Jahren – abspielen, wodurch auch der etwas fragmentarische Eindruck des Vorgängers vermieden wird (der ja zudem darunter litt, dass man auf den ersten 100 Seiten zu viele bereits bekannten Ereignisse aus anderer Perspektive erneut Revue passieren ließ).
Generell hat man auch nach dem hochdramatischen Einstieg diesmal nie das Gefühl, dass David R. George III Seiten schinden und die Handlung zu lange ausdehnen würde. Was durchaus auch daran liegen könnte, dass er dies bei "Schatten" einfach nicht nötig hat: Die Geschichte entwickelt sich flott, ist wendungsreich, und auch ansatzweise episch und komplex. In "Heimsuchung" hat er alle Figuren und Handlungselemente in Stellung gebracht, und nun führt er sie zu einem gelungenen, überzeugenden und befriedigenden Abschluss. Es gibt zahlreiche gute Momente und Highlights, wie z.B. das kurze Verhör von Tomalak durch Picard, das Wiedersehen von Sisko und Odo, oder auch die Begegnung zwischen Nanietta Bacco und Praetor Kamenor. Wie man es von David R. George III gewohnt ist, sind die Figuren sehr genau und gut beschrieben und charakterisiert. Immer wieder erhalten wir Einblick in ihre Gedanken und Gefühle, die diesmal Gott sei Dank nicht mehr so nervige Abgründe erreichen wie z.B. in "Bestien". Selbst Sisko kam diesmal vergleichsweise sympathisch rüber. Positiv auch, dass es endlich ein Wiedersehen mit einigen schon länger "verschollenen" DS9-Figuren gibt.
Die größte Stärke des Romans sind jedoch ganz klar die letzten knapp 80 Seiten, wo verschiedenste zuvor ausgelegte Fäden schließlich zu einem sehr gelungenen und emotional befriedigenden Finale zusammenlaufen. Vor allem die Ereignisse im Wurmloch sind sehr schön beschrieben, und die darauffolgende Vision hält für einige DS9-Figuren endlich ein lang ersehntes und hochverdientes Happy End bereit. Generell gefällt mir, wo die Figuren am Ende stehen. "Schatten" stellt für die Geschichte von Deep Space Nine und ihre Figuren in vielerlei Hinsicht eine Zäsur dar, und wäre – im unwahrscheinlichen Fall, dass dies das letzte Abenteuer der DS9-Crew war – ein würdiges, gelungenes und befriedigendes Ende, welches mir im direkten Vergleich auch um einiges besser gefällt, als das eigentliche Finale aus der Serie. Zugleich lässt es aber auch Raum für viele neue, spannende Abenteuer offen, und lässt die Figuren an vielversprechenden neuen Positionen und Orten zurück. Es ist ein Ende voller Möglichkeiten, dass mich erwartungsvoll in die weitere "Star Trek"-Roman-Zukunft blicken lässt.
Gibt es auch Punkte, die man kritisieren kann? Objektiv betrachtet lässt sich anmerken, dass dem Roman die ganz große Spannung fehlt. Selbst beim Finale kann man aufgrund der vorhergehenden Vision schon ziemlich genau erahnen, was passieren wird. Und auch wenn David R. George III diesmal sicherlich viel an Handlung zu vermitteln hatte, hie und da hätte eine straffere Erzählweise wohl trotzdem nicht geschadet. Subjektiv gesehen empfand ich es als schade, dass Captain Picard und seine Crew der U.S.S. Enterprise – obwohl das Schiff am Cover prominent vertreten ist – wieder einmal nur eine Statistenrolle spielen. Ein richtiges Crossover ist diese Duologie jedenfalls nicht, und statt "Typhon Pact" hätte man genauso gut auch "Deep Space Nine" in den Titel schreiben können. Zuletzt habe ich mich auch an der Verwendung von Alfred Tennysons Ulysses gestört. Bereits bei der Serie waren leider immer wieder Ähnlichkeiten zu "Babylon 5" offenkundig, die den Verdacht nahe gelegt hatten, dass man sich hie und da an der Konkurrenz von JMS orientiert. In "Schatten" nun just genau diese eine Stelle dieses einen Zitats an prominenter Stelle zu platzieren, dass auch in "Babylon 5" rezitiert wurde, halte ich für etwas unglücklich, da ich dadurch unweigerlich – und unnötigerweise – wieder an diesen längst vergangenen Konflikt erinnert wurde.
Fazit:
"Schatten" ist mehr als nur der Abschluss eines DS9-Zweiteilers innerhalb der "Typhon Pact"-Reihe. Es liefert auch – endlich? – einen befriedigenden, gelungenen und zufriedenstellenden Abschluss für die Handlung von "Deep Space Nine" und seiner Crew; jedoch nicht, ohne sie dergestalt zu positionieren, dass sich Möglichkeiten für viele neue, spannende Abenteuer rund um die Station und ihre (ehemalige oder derzeitige) Besatzung ergeben. Als solcher Abschluss vermag "Schatten" definitiv zu überzeugen, und auch als eigenständiger Roman ist er dank einer inhaltlich deutlich reicheren Handlung wieder um einiges besser als der unmittelbare Vorgänger. Zwar ist David R. George III Schreibstil nach wie vor nichts für Ungeduldige, aber im Falle von "Schatten" war die darin erzählte Geschichte die dafür aufgewendeten Seiten wenigstens endlich wieder wert.
Christian Siegel
Bewertung: 4/5 Punkten
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