Star Wars Classic Games - Teil 1Kategorie: Kolumnen - Autor: Alexander Lutz - Datum: Freitag, 29 Juni 2012
Wir schreiben das Jahr 2012. "Star Wars" feiert sein 35. Jubiläum und Fans in aller Welt haben bis vor einigen Monaten noch sehnsüchtig auf die Veröffentlichung
des neuen MMO "The Old Republic" gewartet. Doch das, was Lucas
Arts und Bioware im Dezember 2011 veröffentlichten, ist leider nicht der
große Wurf, auf den sich alle gefreut haben. Die Spielerzahlen sinken trotz
massiver Werbemaßnahmen. Die Fans sind teilweise sogar frustriert, sie
wurden in den letzten Jahren zu oft von "Star Wars"-Games und der
Spieleschmiede Lucas Arts enttäuscht. Doch das war nicht immer so! In der ersten Hälfte der 1990er Jahre war
Lucas Arts einer der erfolgreichsten Spieleentwickler der Welt. So gut wie jedes ihrer Spiele wurde ein Kassenschlager und die Kritiken waren gleichermaßen
überwältigend.
...und an genau diese Spiele soll hier in der "Star Wars Classic Games"-Reihe im Rahmen unserer Empfehlungskolumne FollowTheBox erinnert werden. Den Anfang machen "X-Wing" und "TIE Fighter".
X-Wing
Im Februar 1993 veröffentlichte Lucas Arts mit "X-Wing" (Originaltitel: Star Wars: X-Wing Space Combat Simulator) seinen ersten "Star
Wars"-Flugsimulator für den PC. Und wie könnte es anders sein, der Spieler
durfte als Rebellen-Pilot in den Cockpits der berühmten Rebellen-Raumjäger Platz nehmen. So steuerte der Spieler im Grundspiel nicht nur
den legendären X-Wing, den auch Luke Skywalker in den Filmen verwendete, sondern durfte auch den Y-Wing (einen deutlich trägeren Bomber) und
den flinken A-Wing-Abfangjäger fliegen.
Doch auch damals war schon aller Anfang schwer, und auf "X-Wing" traf
dies im besonderen Maße zu. Nachdem der Spieler am Empfang des Mon
Calamari-Kreuzers Independence einen Piloten erstellt hatte, durfte er
zunächst das Training der Rebellen Allianz absolvieren. Dazu
musste man in der vorgegebenen Zeit eine bestimmte Anzahl von ins
All projizierten Holo-Plattform-Toren durchfliegen, wobei diese in
höheren Trainingslevels sogar mit Kanonen ausgestattet waren und es
mussten die sogenannten historischen Missionen, als ein weiteres
Training abgeschlossen werden. Erst danach durfte der Spieler in die drei Feldzüge des Hauptspiels
starten. Diese Feldzüge spielten Zeitlich kurz vor, bis hin zur Schlacht
um Yavin. Unter anderem musste man in einer Mission bei der
Erbeutung der Pläne des Todesstern helfen. Das große Finale des dritten
Feldzugs war jedoch nichts Geringeres als der Angriff auf den Todesstern
selbst. Und in der letzten Mission durfte der Spieler dann, wie einst
Luke Skywalker, durch den Graben des Todessterns fliegen und den alles
entscheidenden Protonen-Torpedo in den Abluftschacht schießen.
Nach dem gigantischen Erfolg des Hauptspiels ließ auch eine Fortsetzung
nur Monate auf sich warten. Bereits im Sommer '93 wurde mit "Imperial
Pursuit" die erste Mission Disk bzw. das erste Add-on veröffentlicht. Für den
deutschen Markt wurde das Paket sogar noch erweitert und in "Upgrade
Kit" umbenannt. Denn im Gegensatz zum englischen Markt enthielt die
Pappbox nicht nur eine 3,5" Diskette, sondern zwei. Während die erste
Disk einen vierten Feldzug lieferte, brachte die zweite Diskette das Upgrade von
der bisher nur englischen Version des Hauptspiels auf die komplett
deutsche Version. Nachdem auch dieses erste Add-on den Händlern förmlich aus den
Händen gerissen wurde, kam bereits im Herbst des selben Jahres die zweite
und letzte Mission Disk, mit dem Titel "B-Wing" in den Handel. Im
Gegensatz zum Upgrade Kit lieferte dieses Add-on nicht nur den fünften und
letzten Kreuzzug, sondern auch den B-Wing-Jagdbomber als spielbaren
Raumjäger. Während sich das Grundspiel inhaltlich mit der Vorbereitung und der
Schlacht um Yavin befasste, schlossen die beiden Mission Disks die Lücke zu "Das
Imperium schlägt zurück", so dass man hier nun auch erfuhr wie die
Rebellen den Planeten Hoth als Heimat für ihre Basis fanden.
Auf "X-Wing" trafen damals wirklich viele Superlative zu. Es war das
"Star Wars"-Erlebnis schlechthin. Aber es hatte auch einen enormen
Schwierigkeitsgrad. Ich selber kenne Spieler, die sich monatelang mit
dem Spiel beschäftigten und manche Missionen bis zu 100 Mal wiederholten
bis sie diese erfolgreich abschließen konnten. "X-Wing" definierte für viele Weltraum-Flugsimulatoren die Regeln: Jedes
Raumschiff besitzt einen Reaktor, der nur eine bestimmte Menge von
Energie lieferte und es lag nun in der Entscheidungsgewalt des Spielers,
wie er die zur Verfügung stehende Energie verwenden wollte. Leitete er
alle Energie in die Schilde, wurde das Raumschiff sehr langsam und
konnte sehr schnell nicht mehr feuern. Leitete er jedoch alles in die
Kanonen, brachen die Energieschilde weg und das langsame Raumschiff war
eine perfekte Zielscheibe. Die dritte Alternative war genauso verheerend:
Leitete der Spieler die gesamte Energie in den Antrieb, flog er sehr
bald ohne Schilde und Geschütze durch das Kampfgetümmel. Es war also
zwingend notwendig, dass man die Energiekonfiguration der
jeweiligen Situation anpasste oder zumindest die Energie gleichmäßig
auf Antrieb, Schilde und Waffen verteilte.
Die drei 1993 erschienen "X-Wing"-Teile erschien auf den für die damalige
Zeit üblichen 3,5" Disketten für MS-Dos. Erst 1994/95 veröffentlichte
Lucas Arts eine CD-Rom Edition, die nicht nur das Hauptspiel und alle
Add-ons enthielt, sondern auch grafisch verbessert wurde und 12 der 120
Missionen in vereinfachter Form enthielt. Selbst Lucas Arts hatte wohl
bemerkt, dass der Schwierigkeitsgrad teilweise viel zu hoch war. 1998
erfolgte eine weitere Neuauflage. Diesmal war das Spiel auf Basis der
CD-Version erneut grafisch verbessert worden und nun auch auf Windows 95/98
lauffähig.
TIE Fighter
Im Juli 1994 war es endlich soweit: Lucas Arts veröffentlichte den
offiziellen Nachfolger von "X-Wing". Mit deutlich verbesserter Grafik,
durchgehender Sprachausgabe und aufwendigen Cutscenes durfte der Spieler
in "TIE Fighter" dieses Mal für das Imperium fliegen. Obwohl das Spiel fast gleich aufgebaut war wie sein Vorgänger, bot es
doch entscheidende Neuerungen. Der Spieler konnte nun auch geheime
Bonus-Missionen vom Geheimbund des Imperators annehmen. So stieg man durch erledigte Bonus-Missionen nicht mehr nur im Rang der
imperialen Marine, sondern auch im Geheimbund auf. Damit erhielt der Spieler nun also
nicht mehr nur Abzeichen, Orden und Titel, sondern auch ein von
Machtblitzen eingebranntes Symbol auf dem Unterarm. Wer jedoch im Kampf abgeschossen wurde, bekam genau wie
bei "X-Wing" entweder eine Cutscene mit Krankenstation oder
Weltraum-Bestattung anstatt eines Geheimbund-Rituals.
Im Gegensatz zu "X-Wing", das letztendlich der Geschichte der Filme
folgte ging "TIE Fighter"
neue Wege. Eine der beachtlichsten Neuerungen im Vergleich zu allen bis dahin erschienen "Star Wars"-Veröffentlichungen
(Filme, Comics, Romane etc.) war, dass das Imperium nicht nur als abgrundtief böse
dargestellt. wurde Vielmehr wird es aus der Sicht eines Soldaten gezeigt, der
hinter den Zielen seiner Regierung steht und die Rebellion als
terroristische Organisation betrachtet.
Während zunächst der Kampf gegen Piraten und die Rebellenallianz im
Mittelpunkt stand, geriet der Spieler im Laufe seiner Missionen zwischen
die Fronten der verschiedenen imperialen Admirale. Denn sehr bald
stellte sich heraus, dass einige der ranghöchsten Offiziere in die
eigene Tasche wirtschaften. Irgendwann wurde der Spieler Admiral Thrawn unterstellt und durfte
durch seine Heldentaten dann dessen Beförderung zum (einzigen
nicht-menschlichen) Großadmiral ermöglichen. Ganz am Ende der zweiten Erweiterung wird der Spieler vom neukonstruierten zweiten Todesstern abgezogen und auf den Sternenzerstörer Schimäre versetzt. So
entgeht man der Zerstörung des Todessterns und des Imperiums.
Wie auch "X-Wing" war "TIE Fighter" darauf ausgelegt, dass das Hauptspiel
noch zwei Mission Disks bekommen sollte. Allerdings führte der Siegeszug
der CD-ROM dann dazu, dass nur die erste Erweiterung "Defender of the Empire"
noch als klassische Mission Disk auf 3,5" Disketten erschien. Die zweite
Erweiterung "Enemies of the Empire" erschien ausschließlich als
Bestandteil der grafisch verbesserten CD-Version des Gesamtspiels.
X-Wing vs. TIE Fighter
1997 veröffentlichte Lucas Arts mit "X-Wing vs. TIE Fighter" (XvT) das erste Spiel, das nicht mehr
von Lucas Arts selbst sondern von Totally Games produziert wurde.
Erstmals war es möglich in einem Spiel sowohl für die Rebellenallianz,
als auch für das Imperium zu fliegen. Doch die grösste Neuerung war die
Mehrspieler-Option, bei der 2 bis 8 Spieler über Modem, Internet oder
Netzwerk gegeneinander antreten können. Auch die Grafik war für damalige
Verhältnisse phänomenal, konnte man doch tatsächlich die Umrisse der
Piloten in den Cockpits der Raumschiffe erkennen.
Allerdings war XvT für mich auch die erste ganz grosse Enttäuschung in
Sachen SW-Games. Anstatt einer spannenden Handlung wie bei X-Wing oder
TIE Fighter bekam der Spieler im Hauptspiel nur ein Menü über das er
zusammenhanglose Missionen konfigurieren und starten konnte. Auch die
grandiosen Cutscenes aus den Vorgängern suchte man vergebens. Ausser
einem Intro hatte das Spiel keine Videosequenzen zu bieten.
Erst die noch im gleichen Jahr erschienene Erweiterung „Balance of
Power" brachte die von den Spielern gewünschten Kampagnen, die aber
ebenfalls nur über das lieblose Menü gestartet werden konnten. Leider
bekamen die Fans auch mit dieser Erweiterung keine Cutscenes, die ja den
besonderen Charme der bisherigen SW-Games ausmachten.
X-Wing Alliance
Nachdem XvT nicht den erwarteten Erfolg brachte,
veröffentlichte Lucas Arts am 28. Februar 1999 den bisher letzten
offiziellen Teil der X-Wing/TIE Fighter-Reihe. "X-Wing Alliance" ging dorthin zurück, wo "X-Wing" und "TIE Fighter"
erfolgreich waren: Es lieferte eine Geschichte mit einem sehr ähnlichen
Design wie die erfolgreichen Vorgänger. Es gab
Cutscenes und erstmals auch Ingame-Emails, die die Handlung vorantrieben. Nachdem der Spieler bisher als Pilot auf Seiten der Rebellen oder des
Imperiums die jeweiligen Raumjäger fliegen durfte, konnte er nun auch als
unabhängiger Händler Frachtraumschiffe steuern, vergleichbar mit Han Solos Millennium
Falcon und Dash Rendars Outrider. Der Spieler übernahm die Rolle des neutralen Händlers Ace Azzameen, der
aufgrund einer Familienfehde alles verlor und sich so der Rebellion
anschloss.
Der absolute Höhepunkt dieses Spiels - wenn nicht sogar der gesamten X-Wing/TIE Fighter-Reihe - ist das mehrere Missionen umfassende Finale: Anstelle von Lando Calrissian steuert der Spieler als Ace
Azzameen den Millennium Falcon in der Schlacht von Endor. Und genau wie
in "Rückkehr der Jedi-Ritter" muss er dazu in den Todesstern hineinfliegen, den Reaktor zerstören und danach durch ein explodierendes
Tunnelsystem fliehen.
Genau wie XvT besaß auch "X-Wing Alliance" einen Mehrspieler-Modus, in dem
bis zu 8 Spieler über Internet oder Netzwerk gegeneinander antreten
konnten.
Star Wars Galaxies: Jump to Lightspeed
Das erste SW-MMO "Star Wars Galaxies" enthielt zum Launch
ausschließlich Quests, die auf Planeten stattfanden. Die Reisen
zwischen den Planeten waren nur mit öffentlichen Personen-Raumschiffen
möglich. Dies änderte sich erst mit dem Release des ersten kostenpflichtigen
Add-Ons "Jump to Lightspeed" (JtL). JtL führte drei Weltraum-Fraktionen ein, denen
die Spieler beitreten konnten. Somit musste man sich entscheiden, ob
man als Imperialer oder als Rebellen-Pilot oder doch lieber als unabhängiger
Freelancer fliegen wollte. Außerdem führte dieses Add-On auch zu jedem
der damaligen Planeten ein Weltraumgebiet ein, in dem die Spieler ihre Schlachten führen konnten. Somit war JtL letztendlich das, was XvT hätte werden sollen: Single- oder Multiplayer-Gefechte im Weltraum. Da JtL das Steuerungs- und Flugmodell der X-Wing/TIE Fighter-Reihe
verwendete, nenne ich dieses SWG-Addon an dieser Stelle, obwohl es
offiziell nicht mehr zu dieser Reihe angehört.
Persönlicher Rückblick
Einige Monate bevor ich mir 1994 einen PC für meine Diplomarbeit
kaufte, erzählte mir ein Bekannter auf der Heimfahrt vom Studium von
"X-Wing". Er erzählte mir, während unserer einstündigen Bahnfahrt, was für
ein großartiges Game "X-Wing" doch sei, aber dass es auch einen
grausamen Schwierigkeitsgrad besitzen würde. Er sagte, dass es bei
manchen Missionen sogar notwendig sei, vorab zu wissen, wo eine feindliche
Staffel im Spielfeld eintraf. Nur so konnte man rechtzeitig dorthin
gelangen, um die Gegner zu vernichten und das eigene (Bonus-)Ziel zu
erreichen. Damit war für mich sofort klar, dass ich (der fanatische
"Star Wars"-Fan) mir dieses Game nach dem Kauf eines PCs ebenfalls holen
würde.
Als ich meinen PC endlich bestellt hatte, war "X-Wing" bereits
überholt und "TIE-Fighter" stand im Regal des Bürofachgeschäfts in
Tübingen, in dem ich regelmäßig nach Games suchte. So wurde "TIE
Fighter" eines meiner ersten drei PC-Spiele. Die beiden anderen waren "Rebel
Assault" und "Indiana Jones and the Fate of Atlantis". Und so kam es,
dass ich in der imperialen Trainingsanlage das Fliegen lernte. Das Spiel
faszinierte mich total und ich kann mich auch heute noch daran erinnern,
wie ich stundenlang durch die Röhren der Trainingsanlage flog und
hunderte von Objekten zerstörte, um mir den Weg freizuschießen und
zusätzliche Flugzeit zu sammeln. Als ich nur wenige Wochen
später "X-Wing" inkl. Upgrade Kit kaufte war ich bereits ein
eingefleischter Imperialer, der dem viel schwereren Rebellen-Flugi nur
noch wenig Begeisterung entlocken konnte. Nachdem ich dann hörte, dass
mit XvT ein Crossover von "X-Wing" und meinem Lieblingsspiel "TIE Fighter"
kommen sollte, war die Freude zunächst riesig und ich konnte es kaum
erwarten, das Spiel in Händen zu halten. Aber als ich es endlich installiert hatte und zu den ersten
Flugrunden ansetzen wollte, war es für mich eine so große Enttäuschung,
dass ich XvT kaum spielte. Nach ein paar Tagen griff ich doch
lieber auf das grafisch einfachere, aber soviel faszinierendere "TIE
Fighter" zurück. Dann kam "X-Wing Alliance", und extra dafür auch ein neuer PC. Ein Intel
Celeron 400 mit 3D-Grafikkarte. Und das Spiel war es wert.
"Alliance" konnte in mir zwar nicht mehr ganz die Begeisterung wecken, die
ich für "TIE Fighter" empfand, aber ich habe es wirklich gerne
gespielt. Letztlich war ich glücklich, dass ich nach dem XvT-Disaster endlich
wieder einen würdigen Nachfolger von "TIE Fighter" gefunden hatte.
Für mich war das ganz besondere Highlight an all diesen Games die
Tatsache, dass der Spieler in "TIE Fighter" Thrawn unterstellt wurde und
sogar dessen Aufstieg verfolgen konnte. Großadmiral Thrawn ist zweifelsfrei neben Mara Jade eine der
beliebtesten, wenn nicht sogar die beliebteste Figur aus dem erweiterten
SW-Universum. Thrawn tauchte erstmals in dem von Timothy Zahn
geschriebenen Roman "Erben des Imperiums" auf und brachte in dieser als "Thrawn Trilogie" bekannten Buchreihe, beinahe der Neuen Republik den Untergang; 5 Jahre nach der Schlacht um
Endor. "Erben des Imperiums" ist jenes Buch, das Anfang der 1990er Jahre das
große SW-Revival einläutete. Seither ist SW praktisch ununterbrochen in
den Medien sowie dem Literatur- und Merchandising-Sektor präsent. Die hier vorgestellten Spiele sollten einige der herausragenden Klassiker zeigen, die aus diesem Revival entstanden sind. So bleibt schlussendlich nur zu hoffen, dass Lucas Arts irgendwann zur alten Form zurückfindet und seiner langen Hitliste endlich neue "Star Wars"-Simulationen auf dem Niveau von "X-Wing" und "TIE Fighter" hinzufügen kann.
In Teil 2 unserer "SW Classic Games"-Reihe wartet auch schon das nächste Highlight auf euch: "Rebel Assault".