Originaltitel: This Side of Paradise Produktionsnummer: 1x25 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 02.03.1967 Erstausstrahlung D: 04.01.1988 Drehbuch: Nathan Butler & D.C. Fontana Regie: Ralph Senensky Hauptdarsteller: William Shatner als Captain James T. Kirk, Leonard Nimoy als Mr. Spock, DeForest Kelley als Dr. Leonard McCoy, James Doohan als Scotty, George Takei als Hikaru Sulu, Nichelle Nichols als Lt. Uhura Gastdarsteller: U.a. Jill Ireland als Leila Kalomi, Frank Overton als Elias Sandoval, Grant Woods als Kelowitz , Michael Barrier als DeSalle
Kurzinhalt:
Vor rund drei Jahren wurde auf dem Planeten Omicron Ceti III eine Kolonie gegründet. Zu spät bemerkte die Föderation, dass dieser von einer starken Strahlung heimgesucht wird, die für Menschen binnen einer Woche unweigerlich zum Tod führt. Umso überraschter sind Kirk, Spock, McCoy und der Rest des Landetrupps, als sie die Kolonisten quicklebendig vorfinden. Tatsächlich geht es ihnen laut McCoy so gut wie schon seit Jahren nicht mehr – selbst frühere Verletzungen sind geheilt. Gemeinsam mit der Kolonistin Leyla, die schon vor Jahren für ihn geschwärmt hat, und ganz offensichtlich nach wie vor viel für ihn empfindet, macht sich Spock auf, um das Geheimnis der Kolonisten zu ergründen. Leyla führt ihn zu einer mysteriösen, unbekannten Blume. Als er von deren Sporen getroffen wird, brechen die Gefühle nur so aus ihm heraus. Er kann nun endlich lieben, und scheint glücklich zu sein – ist jedoch zugleich antriebslos, und weigert sich, Kirks Befehlen Folge zu leisten. Kirk und der Rest der Landetrupp sind über sein Verhalten zutiefst verwundet – doch nach und nach fällt auch der Rest der Crew den Sporen zum Opfer. Kirk, der vorerst als einziger verschont bleibt, sieht sich mit einer Meuterei konfrontiert, und bleibt schließlich, nachdem sich alle Crewmitglieder auf den Planeten heruntergebeamt haben, um dort glücklich und in Frieden den Rest ihres Lebens zu verbringen, allein auf der Enterprise zurück. Auf sich allein gestellt, muss er einen Weg finden, die Wirkung der Sporen auszuschalten…
Denkwürdige Zitate:"I have never understood the female capacity to avoid a direct answer to any question."
(Damit bist du nicht allein, Spock.)
"I thought you said you might like him if he mellowed a little."
(Kirk zu McCoy, nachdem Spock von den Sporen infiziert wurde.)
"Man stagnates if he has no ambition, no desire to be more than he is."
(Kirk über die Natur des Menschen.)
"I'm beginning to realize just how big this ship really is."
(Kirk, alleine auf der Enterprise.)
"I am what I am, Leila. And if there are self-made purgatories, then we all have to live in them. Mine can be no worse than someone else's."
(Spock zu Leila am Ende der Episode.)
"Maybe we weren't meant for paradise."
(Es ist nicht das erste Mal, dass Kirk solch einen Gedanken äußert.)
Review:
Eine der größten Stärken von "Falsche Paradiese" ist die herrliche Verknüpfung humoristischer und ernster Elemente. So sind die Reaktionen der infizierten Crewmitglieder teilweise wirklich zum Brüllen. McCoy spricht seinen Captain mit starkem Südstaatenakzept als "Jimmy-Boy" an, und vor allem Spocks untypisches Verhalten sorgt für mindestens genauso viel Amüsement wie Erstaunen. Vor allem die Szene, als er auf dem Baum herumklettert (offenbar stammen nicht nur die Menschen, sondern auch die Vulkanier von Affen ab) und zu "Jim" meint, er hätte keinen Bock gehabt, sich an seine Befehle zu halten, ist einfach nur köstlich. Auf der anderen Seiten haben wir aber auch solche Szenen wie Kirk, der als letztes und einziges auf der Enterprise verbliebenes Besatzungsmitglied über seine Einsamkeit und die Größe und Leere des Schiffes sinniert, oder auch die berührende letzte Szene zwischen Spock und Leila, als dieser ihr – für seine Verhältnisse erstaunlich emotional – klar macht, dass er ihr einfach nicht das geben kann, was sie sich von ihm erhofft. Und auch der Moment der Erkenntnis von Sandoval nach seiner "Heilung" gefällt mir ausgesprochen gut.
Das Triumvirat Kirk, Spock und McCoy kommt hier wieder einmal so richtig zur Geltung. Die Dynamik zwischen den Figuren und das Zusammenspiel der Darsteller ist einfach nur phantastisch, und wertet "Falsche Paradiese", wie auch so viele andere Episoden der Serie, definitiv auf. Trotzdem liegt der Schwerpunkt ganz klar auf den beiden Hauptdarstellern. Leonard Nimoy darf in seiner Rolle als Spock zum ersten Mal seit "Implosion in der Spirale" wieder einmal Gefühle zeigen, und damit die menschliche Seite von Spock erneut zum Vorschein bringen. Die Szenen des glücklichen oder auch am Baum hängenden Spock funktionieren eben genau deshalb so gut, weil wir den stoischen Vulkanier mittlerweile sehr gut kennen, und daher auch wissen, wie untypisch dieses Verhalten für ihn ist. Zugleich gönnt man ihm das Glück und den inneren Frieden, den er in dieser Episode (im Vergleich zu "Implosion in der Spirale") finden darf. Umso tragischer dann natürlich, als er nachdem er von der Wirkung der Sporen geheilt ist, diesem Teil seines Ichs den Rücken kehrt. William Shatner wiederum überzeugt vor allem in der zuvor bereits erwähnten Szene, als Kirk allein auf der Brücke seiner Verzweiflung Ausdruck verleiht, und dem Computer seine Einsamkeit anvertraut (es ist übrigens das erste Mal innerhalb der Serie, das wir bei einer Logbuch-Aufzeichnung "live" dabei sind; und diese vornehmlich dazu dient, uns die Gedanken einer Person zu schildern. Sonst sind sie meistens nur dazu da, um den Zuschauer nach der Werbeunterbrechung wieder in die Episode "zurückzuholen", bzw. auch zu Beginn eine Folge die Rahmenbedingungen abzustecken). Außerdem gelingt es Kirk zuletzt doch noch, einen Weg zu finden, die Wirkung der Sporen auszuschalten – womit er erneut seine Cleverness unter Beweis stellen kann.
Der Kampf zwischen Kirk und Spock mag zwar – vor allem aufgrund des kleinen Raums, in dem dieser stattfindet, was es dem Regisseur schwer gemacht hat, den Einsatz von Stuntmännern zu verbergen – nicht optimal inszeniert sein, zählt aber nichtsdestotrotz zu den Schlüsselszenen der Episode. Vor allem, da man erkennt, wie sehr es Kirk schmerzt, dass er seinen Freund so beleidigen musste (ein Lösungsansatz, der übrigens an "Der alte Traum" erinnert). Das bereits erwähnte letzte Gespräch zwischen Spock und Leila ist ein weiterer ganz wesentlicher Höhepunkt der Episode. Auch abseits derartiger Szenen und Dialoge ist das Drehbuch überwiegend gelungen. Die Idee rund um die Sporen und ihre Wirkung ist durchaus interessant – wenn sie auch thematische Ähnlichkeiten mit "Landru und die Ewigkeit" offenbart. Auch dort waren die Menschen aufgrund eines externen Einflusses antriebslos und ohne Ambitionen – und auch dort wurde dieses "Paradies" schließlich von Kirk und Spock zerstört. In "Falsche Paradiese" ergibt sich die interessante mögliche Interpretation, dass Zufriedenheit und Glück für das Streben und die Weiterentwicklung der Menschheit sogar kontraproduktiv sein könnten. Ein Gedanke, dem ich zwar so nicht unbedingt zustimmen würde, der aber definitiv faszinieren kann.
Allerdings: so interessant der Grundgedanke grundsätzlich auch ist, ganz kann "Falsche Paradiese" was die Faszination des Grundkonzepts bzw. der Handlung betrifft, mit den diesbezüglich besten "Star Trek"-Episoden nicht mithalten. Zu offensichtlich ist, dass wir hier im Wesentlichen eine "Drogenfolge" mit entsprechender warnender Message vor uns haben. Auch die Spannung hält sich selbst in den dramatischen und/oder scheinbar aussichtlosen Momenten in etwas gar engen Grenzen. Und so gut mir die Handlung rund um Spock auch grundsätzlich gefallen mag, ist auch diese nicht frei von Mängeln. So vermittelt "Falsche Paradiese" den Eindruck, dass Spock keine Gefühle hätte, statt dass er sie "nur" unterdrücken würde. Auch das Eingeständnis von Spock, zum ersten Mal in seinem Leben glücklich gewesen zu sein – und zwar nachdem er von der Wirkung der Sporen geheilt ist – wirkt etwas untypisch und "unlogisch"; angesichts der Tatsache, wie abwertend er Emotionen doch sonst so gegenübersteht. Ich meine: Wenn ihn das Freilassen seiner Gefühle wirklich so glücklich gemacht hat, warum legt er dann seine stoisch-vulkanische Art nicht einfach ab? Wie gesagt: Er hat ja Emotionen, er entscheidet sich nur dazu, sie zu unterdrücken. So gesehen funktioniert das Dilemma am Ende, das uns dazu bringen soll mit Spock mitzufühlen, nicht so recht. Weiters fällt wieder einmal eine sehr bequeme Wendung auf – nämlich, dass Kirk für lange Zeit nicht infiziert ist. Zugleich erscheint es höchst unvorsichtig von ihm, die Blume auf der Brücke zu belassen – wo sie ihn schließlich ja auch erwischt (im Übrigen fand ich diese Szene, wo er allein auf der Brücke hockt, sich die Kamera von ihm entfernt und wir die Blüte sehen, schon immer köstlich. Ich hoffe, es war von den Machern auch so gedacht, und nicht etwa bedrohlich). Und auch seine Lösung für das Problem (starke Emotionen – was wiederum ein wenig an "Der Käfig" erinnert), die schließlich in einer Massenschlägerei endet, ist nicht unbedingt sonderlich elegant. Hier hatte ich unweigerlich das Gefühl, dass dies nur eingebaut wurde, um am Ende noch ein bisschen Action zu haben.
Zudem konnte ich mich teilweise des Eindrucks nicht erwehren, das alles so oder so ähnlich schon bei anderen "Star Trek"-Episoden gesehen zu haben – wie ja auch die Vielzahl an Episoden zeigt, auf die ich im Verlauf des Reviews referenziert habe. Dadurch wirkt "Falsche Paradiese" leider stellenweise nicht besonders originell, sondern eher wie ein Sammelsurium aus Versatzstücken früherer Folgen. Mein größter Kritikpunkt ist jedoch, dass es von allen Besatzungsmitgliedern der Enterprise natürlich just – und ausschließlich – Kirk gelingt, den Einfluss der Sporen von selbst zu überwinden. Wem denn sonst? Natürlich muss der Captain der Beste, Cleverste, Stärkste und Heldenhafteste von allein sein; ein Klischee, dem ich nicht viel abgewinnen kann. Da mag man sich in Fankreisen auch noch so redlich bemühen, seine Widerstandsfähigkeit gegenüber den Sporen damit zu erklären, dass seine wahre Liebe der Enterprise gilt, und er diese daher nicht verlassen wollte – auf mich wirkt es doch ziemlich unglaubwürdig, konstruiert und erzwungen.
Fazit:
"Falsche Paradiese" bietet gute, solide "Star Trek"-Unterhaltung. Zu verdanken ist dies in erster Linie dem Humor – beschert uns das untypische Verhalten der Enterprise-Crew doch einige köstliche Szenen und amüsante Dialoge. Dennoch kommen auch die ersteren Töne nicht zu kurz, wobei vor allem Spock und seine Gefühlswelt wieder näher beleuchtet werden. Auch die Inszenierung ist durchaus gefällig, mit einigen aussagekräftigen Einstellungen (wie der allein auf der Enterprise zurückgebliebene Kirk auf der Brücke) und Kamerafahrten. Inhaltlich kann die Episode hingegen nicht vollständig überzeugen. Dass die Sporen und ihre Wirkung eine Analogie auf Drogen sind, ist doch etwas zu offensichtlich, und daher aufdringlich. Viele einzelne Elemente aus der Handlung kennt man zudem schon aus früheren Episoden, sei es der seinen Gefühlen freien Lauf lassende Spock, die Idee einer aufgrund von äußeren Einflüssen antriebslosen und damit stagnierenden Gesellschaft, oder auch das Konzept eines trügerischen Paradieses. Am meisten stört mich jedoch, dass es just Kirk als einzigem gelang, den Einfluss der Sporen abzuschütteln. Eben diese inhaltlichen Schwächen sind es auch, die – trotz der sehr unterhaltsamen Handlung, welche die knapp 50 Minuten wie im Flug vergehen lässt – doch eine höhere Wertung verhindern.
Wertung: 3 von 5 Punkten