Mit: Lily Collins, Julia Roberts, Armie Hammer, Nathan Lane u.a.
Kurzinhalt:
Die Königin ist in den besten Jahren, doch es zeigen sich erste Fältchen, denen sie mit Schönheitskuren der obskuren Art zu Leibe rückt. Zudem haben ihre ausufernden Feste den Hof an den Rand des Bankrotts gebracht und als wären diese Probleme nicht genug, wird ihre viel zu hübsche Stieftochter Schneewittchen 18 Jahre alt. Als sich die Lösung ihrer Probleme, in Form des jungen Prinzen Alcott von Valencia darbietet, muss Schneewittchen aus dem Weg geschafft werden - zeigt der Prinz doch großes Interesse an ihr. So beginnt die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen…
Review:
Schneewittchen gehört wohl zu den bekanntesten Märchen, die die Gebrüder Grimm 1812 in ihre "Kinder- und Hausmärchen" aufnahmen. Trotz vieler Variationen, die seitdem entstanden und erzählt worden sind – selbst die erste Fassung der Gebrüder Grimm war schon ein Amalgam aus verschiedenen Quellen - hat sich die Grundgeschichte nie verändert: die alternde Königin klammert sich an ihre Schönheit, die nicht so ewig zu währen scheint, wie sie das gerne hätte. Sie neidet ihrer (Stief-)Tochter die jugendliche Frische und verbannt das arme Kind, als Mahnmal ihres drohenden Verfalls, kurzerhand in den dunklen Wald. Dort trifft sie auf sieben Zwerge, die abseits der anderen Bewohner des Königreiches leben, und schließlich auch einen Prinzen, dessen Liebe sie errettet.
Auch in Tarsem Singhs ("Krieg der Götter") Version als pompöse Komödie, bleiben diese Elemente erhalten und erfahren eine Auffrischung, die man als modern bezeichnen könnte. Die fantastischen Elemente des Märchens wurden familiengerecht aufbereitet und mildern die eigentliche Grausamkeit der Geschichte ab. Julia Roberts ("Eat Pray Love") darf sich als Königin ganz ihrer komödiantischen Seite hingeben und tut dies mit Inbrunst. Ihr zur Seite stehen der wunderbare Nathan Lane ("The Producers") als Kammerdiener Brighton und Mare Winningham ("Mildred Pierce") als Zofe und Bäckerin Margaret, die all ihre Launen ertragen müssen und diese oft und gerne ungehörig kommentieren. In "Spieglein, Spieglein" sehen wir die bezaubernde Lily Collins ("Atemlos") wieder, die seit ihrem ersten größeren Auftritt neben Sandra Bullock in "Blind Side" zu einem Liebling Hollywoods avanciert (vier weitere Produktionen mit ihr sind schon geplant bzw. in der Postproduktion) und hier nun die Hauptrolle Schneewittchen übernimmt. Sie schafft hier einen Wandel vom naiven und gehorsamen Kind zur mutigen und scharfsinnigen Anführerin, die, als sie die Wahrheit über die Zustände im Königreich erfährt, die offensichtliche Ungerechtigkeit nicht länger hinnehmen will. Sie bekommt widerwillig Unterstützung von einem Pack Räuber, sieben Halunken, die die Königin aufgrund ihres Aussehens aus der Gesellschaft ausgeschlossen hatte. Sie üben nun auf den Straßen und Pfaden des dunklen Waldes ihre Art der Rache – indem sie Edelmänner überfallen. Jeder Zwerg hatte schon immer seinen speziellen Charakter – ähnlich, wie Peyo erst sehr viel später seine Schlümpfe nach ihren Charakterzügen benennen wird – die im Film wunderbar gespielt werden. Die großartig übertriebenen Kostüme (oder deren Fehlen) unterstreichen dabei nicht nur die Eigenheiten der Zwerge, sondern auch die der anderen Figuren. Man könnte sie böse auch als Clichéverstärker bezeichnen.
Der Film gibt dem finsteren Stoff eine rechte Leichtigkeit, und trifft damit genau das anvisierte Publikum. Familien werden sehr viel Spaß haben, aber auch (halbwegs erwachsene) Männer, wie ich selbst, müssen sich, ob des Charmes der Produktion, das ein oder andere Schmunzeln nicht verkneifen. Der komische Anteil wird ganz klar durch die Königin und die Geschehnisse um sie herum getragen und fehlt mir bei Schneewittchen etwas, der nun aber leider auch die Aufgabe der weltverbessernden Spielverderberin zukommt. Es gibt einen kleinen figurenbezogenen Twist, der Genrefans gefallen dürfte, die sich nicht die komplette Besetzungsliste vorab durchlesen.
Fazit:
"Spieglein, Spieglein" entführt in eine kleine magische Welt voller Witz und Charme, der man sich nur schwer entziehen kann. Für 106 Minuten muss man das ja auch gar nicht, und vielleicht tröpfelt am Ende gar etwas von der Magie mit in die reale Welt, außerhalb des Kinosaals. Dieses Jahr kommt von einem anderen Studio eine weitere Verfilmung des Märchens in die Kinos, die ganz auf Action setzen wird. Vielleicht ist "Spieglein, Spieglein" der stark benötigte Gegenpol, für alle, die Schneewittchen nicht als raues, schwermütiges "Herr der Ringe"-Epos sehen können oder möchten.