Mit: Larry Drake, Charles Durning, Tonya Crowe, Robert F. Lyons, Jocelyn Brando, Robert J. Koster u.a.
Kurzinhalt:
Die kleine Marylee und der geistig zurückgebliebene Bubba sind beste Freunde. Als das Mädchen eines Tages schwerverletzt aufgefunden wird, wird Bubba schnell als Täter ausgemacht. Der Postbote Otis treibt die Jagd auf den vermeintlichen Mädchenschänder voran, dieser versteckt sich auf einem Feld als Vogelscheuche getarnt. Er wird gestellt und schließlich erschossen. Es stellt sich jedoch heraus, dass das Mädchen von einem Hund angefallen wurde. Die Männer um Otis werden vor Gericht zwar freigesprochen, doch kurz darauf werden sie nach und nach von einer geheimnisvollen Gestalt gerichtet…
Review:
"Die Nacht der Vogelscheuche" gilt im Allgemeinen als Begründer des Vogelscheuchen-Horrors. 1981 für das amerikanische Fernsehen inszeniert, geht es natürlich längst nicht so hart zur Sache wie in manch anderen Vertretern des Genres. Tatsächlich entpuppt sich der Film eher als atmosphärischer Mysterythriller, der hierzulande übrigens unter dem Titel "Die Rache des Gelynchten" in den Spätprogrammen zweit- und drittklassiger Sendeanstalten lief und so einen relativen Bekanntheitsgrad erlangte. 30 Jahre nach seiner TV-Premiere liegt "Die Nacht der Vogelscheuche" heuer in neuer Abtastung und ungeschnitten auf DVD und Blu-ray vor und ist damit auch einer neuen Generation zugänglich, der dieser Klassiker bislang unbekannt war.
Bemerkenswerterweise vermag "Die Nacht der Vogelscheuche" auch heute noch zu begeistern. Die darin gezeigten stereotypen Bösewichter hat man so zwar zur Genüge schon anderswo gesehen, jedoch punktet der Film ganz klar durch seine gruselige Atmosphäre. Man weiß, dass der Postbote Otis (Charles Durning) und die anderen die selbsternannten Rächer nicht ungeschoren davonkommen werden - doch wie wird es geschehen? So baut Regisseur Frank De Felitta in der ersten Halbzeit zunächst eine unheilvolle Stimmung auf. Dabei nimmt er sich reichlich Zeit, um den Zuschauer in die scheinheilige, ländliche Idylle einzuführen, ehe er die Lynchmörder nach und nach umkommen lässt. Und die Art und Weise, wie dies dann geschieht, entbehrt nicht eines gewissen Sarkasmus. So ist der Streifen mit seiner 93-minütigen Laufzeit ein recht kurzweiliges Vergnügen. Gelungen ist auch der Aspekt, dass bis zum Ende offen bleibt, wer oder was sich hinter der Rache der Vogelscheuche verbirgt. Lobend zu erwähnen sind weiterhin die routinierten Darsteller, allen voran Charles Durning, der den hetzenden und moralisch eher fragwürdigen Postboten Otis spielt. Er verkörpert die bigotte Haltung derjenigen Gesellschaft, die sich des unglückseligen Bubba schließlich entledigt. Indem Otis in militärischer Manier die Jagd auf Bubba vorantreibt und keinen Zweifel an dessen Unschuld hegt, sogar noch von oberster Instanz Absolution erhält, zeichnet "Die Nacht der Vogelscheuche" ein erschreckendes Gesellschaftsbild, in welchem die eigene Sünde verdrängt und auf den wehrlosen Außenseiter projiziert wird.
Fazit:
Aus heutiger Sicht mag "Die Nacht der Vogelscheuche" antiquiert wirken, jedoch ist der Film ein Kind seiner Zeit. Viele Klischees, die wir heute kennen, waren anno 1981 noch innovativ; das Konzept der Vogelscheuche als Horror-Protagonist hat hier seinen Ursprung und wurde bislang eher selten kopiert. Diese tragische Rachegeschichte ist inspirierend, nicht nur für nachfolgende Filmemacher, sondern auch für sein Publikum. Ich gestehe, dass ich sogar noch einen Tag später darüber sinnierte, was wirklich in der "Nacht der Vogelscheuche" stattgefunden haben mag. Die 1980er Jahre brachten einige brilliante Filmperlen hervor, hier finden wir einen kleinen, aber feinen Geheimtipp. Schockmomente sucht man zwar vergeblich, jedoch kann die gruselige Atmosphäre auf ganzer Linie überzeugen. Wie man zu einer FSK18-Freigabe kommt, kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Das vorliegende Bonusmaterial würdigt den Film, und die Bildqualität überzeugt mit gestochen scharfen Bildern. Der Ton wurde zwar auch aufgepeppt, kommt jedoch über einen guten und rauschfreien Stereoklang nicht hinaus.