Mit: George Clooney, Shailene Woodley, Amara Miller, Nick Krause, Patricia Hastie, Matthew Lillard, Judy Greer, Beau Bridges u.a.
Kurzinhalt:
Nach einem Unfall bei Wasserschifahren liegt Matt's Frau Elizabeth im Koma. Anfangs ist Matt noch zuversichtlich, dass sie sich schon bald erholen wird, doch schließlich schockieren ihn die Ärzte mit der tragischen Offenbarung, dass sie nicht mehr aus dem Koma erwachen wird. Da seine Frau verfügt hat, dass sie in einem solchen Fall nicht durch die Maschinen künstlich am Leben gehalten werden will, heißt es nun Abschied nehmen. Für Matt bricht damit eine Welt zusammen – vor allem, da die Erziehung der Kinder bisher eher Elizabeth's Sache war, und er sich überwiegend auf seine Arbeit konzentriert hat. In dieser schweren Zeit muss er also nun Versuchen, zu seinen beiden Töchtern Alexandra und Scottie eine Beziehung aufzubauen und für sie da zu sein. Eine Offenbarung seiner älteren Tochter droht ihn dann endgültig aus der Bahn zu werfen: Seine Frau hatte eine Affäre. Als er dies erfährt, setzt Matt alles daran, ihren unbekannten Liebhaber aufzuspüren – und tut sein Bestes, mit seinen nun sehr widersprüchlichen Gefühlen gegenüber seiner Frau fertig zu werden…
Review:
Regisseur und Drehbuchautor Alexander Payne ist bekannt dafür, in seinen Filmen tragisches und komödiantisches zu einem unverwechselbaren, bestechenden Mix zu vereinen, und zugleich mit einer sehr stillen, stilvollen Inszenierung in erster Linie seine Figuren – und deren Darsteller – ins Zentrum zu rücken. Auch "The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten" ist hier keine Ausnahme, sondern bewegt sich ganz im Gegenteil in bester Alexander Payne-Tradition – und könnte insgesamt sogar sein bisher gelungenster und bester Film sein. Erneut schwenkt er mit bestechender Leichtigkeit zwischen Humor und Tragik, zwischen Lustigem und Traurigem, zwischen ernsthaft-ernüchternd und locker-aufmunternd. Das Ergebnis ist ein ungemein – und angesichts der Grundthematik unerwartet – unterhaltsamer Film, der den Verlust eines geliebten Menschen zwar keine Sekunde lang herunterspielt, aber auch klar macht, dass das Leben trotz allem weitergeht. Er hat damit durchaus eine katharsische Wirkung, und macht durch seine lebensbejahende Aussage Mut.
Wie bei vielen seiner Filme erweist sich auch bei "The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten" die Besetzung als eine der größten Stärken des Films. George Clooney zählt nun schon seit Jahren zu den verlässlichsten Schauspieler (und Regisseure), der vor allem auch mit seiner Rollenwahl immer wieder überrascht, und dabei durchaus Wandlungsfähigkeit erkennen lässt. In "The Descendants" muss er viele verschiedene Gefühle zeigen, und diese zumeist in erster Linie über seine Mimik transportieren, und schafft dies erneut mit bestechender Leichtigkeit. Auch die Last der vielen, oft auch starken tonalen Schwankungen – manchmal sogar in einer Szene, quasi von einer Sekunde auf die nächste – liegt in erster Linie auf seinen Schultern. Er mag nicht der "lauteste", melodramatischste Schauspieler sein, beweist aber auch hier wieder die Richtigkeit der Weisheit "In der Ruhe liegt die Kraft". Eine bestechende, tolle Performance, für die ein Oscar sicherlich nicht unverdient wäre. An seiner Seite gelingt es dann vor allem noch der relativen Newcomerin Shailene Woodley, dank ihrer immer natürlichen und grandios die verschiedensten Szenen und Töne des Films meisternden Performance, zu beeindrucken und im Gedächtnis zu bleiben. Was ihr dabei besonders gut gelingt ist, sowohl die harte, von Wut und Zorn geprägte Seite, als auch ihren weichen, emotionalen Kern, perfekt und überzeugend darzustellen, und damit eine sehr abwechslungsreiche Darstellung abzuliefern. Jedenfalls haben wir nach ihrer Performance nun eine weitere Jungschauspielerin aus Hollywood, die es – nicht nur aufgrund ihres bezaubernden Aussehens – im Auge zu behalten gilt.
Amara Miller mag – noch – nicht zu den besten Kinderdarstellerinnen aller Zeiten zählen, kann aber in ihrer Figur, mit der sie auch einige durchaus anspruchsvolle und schwierige Szenen zu meistern hat, ebenfalls überzeugen. Nick Krause ist als Sid in erster Linie dazu da, Komik beizusteuern, bekommt jedoch auch einige ernsthaftere Szenen. Auch ihm gelingt es, beide Facetten seiner Figur zu meistern, und einen zu Beginn extrem nervigen Charakter, der vor allem mit einigen unpassend-unsensiblen Bemerkungen auffällt, im weiteren Verlauf des Films doch noch sympathisch zu machen. Hervorzuheben ist auch Matthew Lillard, der in den letzten Jahren – nicht nur optisch – sichtlich gereift ist, und jene hyperaktive Pausenclowns, auf die er früher abonniert war (siehe "Scream", "Wing Commander" und "Scooby-Doo"), hinter sich zu lassen. Er beweist hier in einer überraschend stillen Rollen zum möglicherweise ersten Mal seine Wandlungsfähigkeit, und vermag trotz eines kurzen Auftritts positiv in Erinnerung zu bleiben. Eine Schlüsselrolle kommt auch Judy Greer zu. Einzig den Auftritt von Beau Bridges empfand ich als leicht irritierend, vor allem angesichts seiner verhältnismäßig kleinen Rolle. Eine gute Leistung hat aber natürlich auch er – dennoch – abgeliefert.
Wie oben schon erwähnt zählt Alexander Payne nicht zu den verspieltesten Regisseuren, sondern stellt seine Inszenierung immer zuerst in den Dienst der schauspielerischen Leistungen. Dennoch fängt er in einigen Bildern und Einstellungen die Schönheit Hawaii's gekonnt ein. Besonders gut gefiel mir aber auch, dass er uns nicht nur die typischen Postkartenmotive zeigt, sondern auch das andere, weniger bekannte Gesicht Hawaiis nicht vor uns verbirgt. Für die musikalische Untermalung setzt er neben einem wundervollen, stillen klassischen instrumentalen Score – der natürlich in erster Linie auf die für Hawaii typischen Instrumente und Klänge setzt, auf hawaiianische Volkslieder, die er überwiegend von Gabby Pahinui interpretieren und einspielen lässt. Damit spiegelt sich das Setting auch musikalisch wieder, und bilden Klangbild und Optik ein stimmiges Ganzes. Neben den schauspielerischen Leistungen ist es aber wohl in erster Linie die Handlung, die zu begeistern vermag, und für glänzende – jedoch nie oberflächliche – Unterhaltung sorgt. Dabei erweist sich vor allem Alexandra's lästiger Freund Sid als unerschöpflicher Quell des Humors, wobei eine spätere Szene ihm durchaus auch einiges an Tiefgang zugesteht, so dass er nie zu einer reinen Witzfigur verkommt – ebenfalls eine große Stärke des Films. Darüber hinaus bezieht "The Descendants" seinen Humor in erster Linie aus zahlreichen amüsanten Dialogen und grandiosen humoristischen Szenen und Begegnungen. Wenn es überhaupt irgendetwas gibt, dass man an "The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten" kritisieren kann, dann ist es der vergleichsweise überflüssig erscheinende Nebenplot rund um das zum Verkauf anstehende Grundstück. Es mag eine wichtige Aussage über die Bewahrung der Natur und ihrer Schätze darin stecken, wirkt aber wie ein Fremdkörper, und will zum Rest des Films nicht wirklich passen.
Fazit:
"The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten" ist ein wundervoller Film, der sich gleich mehreren schwierigen Themen – wie der Verlust eines geliebten Menschen, jedoch auch der Erkenntnis, sich in jemandem getäuscht zu haben und von ihm betrogen worden zu sein – auf sehr unterhaltsame Art und Weise nähert. Trotz der ersten Grundthematik gibt es unzählige witzige Szenen, jedoch ohne aus dem Film gleich eine billig-oberflächliche Klamotte zu machen; dafür sorgen die ebenfalls vorhandenen ernsten Töne, die sich mit den amüsanteren Momenten perfekt abwechseln und so – wie man das von Alexander Payne gewohnt ist – ein sehr abwechslungsreiches, stimmiges und höchst unterhaltsames Ganzes ergeben. Neben Handlung und Drehbuch ist die größte Stärke die schauspielerischen Leistungen, grundsätzlich von allen Beteiligten, insbesondere aber von George Clooney sowie Newcomerin Shailene Woodley. Insgesamt ist "The Descendants" trotz einiger ernst-dramatischer Töne und einigen durchaus tragisch-melancholischen Szenen ein sehr amüsanter und warmherziger Film mit positiver, lebensbejahender Aussage und einem hoffnungsfrohen, Mut machenden Ende, der vor allem Freunde der anspruchsvolleren Unterhaltung und/oder der Filme von Alexander Payne ansprechen und gut unterhalten sollte.