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Hugo Cabret Drucken E-Mail
Martin Scorsese's erster Jugend- und 3D-Film! Kategorie: Filme - Autor: C. Siegel | B. Flügel - Datum: Freitag, 24 Februar 2012
 
Georges Méliès - SPECiAL

Hugo Cabret
(Hugo, USA 2011)
 
Hugo Cabret
Bewertung:
Studio/Verleih: GK Films/Paramount Pictures
Regie: Martin Scorsese
Produzenten: U.a. Martin Scorsese, Tim Headington, Graham King & Johnny Depp
Drehbuch: John Logan, nach dem Roman von Brian Selznick
Filmmusik: Howard Shore
Kamera: Robert Richardson
Schnitt: Thelma Schoonmaker
Genre: Abenteuer/Familie/Drama
Kinostart Deutschland: 09. Februar 2012
Kinostart USA: 23. November 2011
Laufzeit: 126 Minuten
Altersfreigabe: Ab 6 Jahren
Trailer: YouTube
Kaufen: Soundtrack, Romanvorlage
Mit: Asa Butterfield, Ben Kingsley, Chloe Grace Moretz, Sacha Baron Cohen, Helen McCrory, Jude Law, Emily Mortimer, Ray Winstone, Christopher Lee, Frances de la Tour, Richard Griffiths u.a.


Kurzinhalt: Paris in den 1930ern. Der Waisenjunge Hugo Cabret lebt in versteckten Behausungen des Pariser Hauptbahnhofs, wo er seinem Onkel bei der Wartung der Uhren zur Hand ging – ehe dieser von einem Tag auf den nächsten verschwand. Seither hält sich Hugo mit kleineren Diebstählen über Wasser, und nimmt sich vor dem Stationsvorsteher in acht, der ihn, falls er ihn je erwischen sollte, unverzüglich den 1930ern lebt der Waisenjunge Hugo Cabret versteckt hinter den Wänden des Pariser Hauptbahnhofs, ständig auf der Flucht vor dem wachsamen Stationsvorsteher, der ihn sofort in ein Waisenhaus verfrachten würde. Neben dem Warter der Uhr und dem Stehlen von Lebensmitteln verbringt Hugo seine Zeit in erster Linie mit dem einzigen, was ihn von seinem Vater geblieben ist: Ein Automatenmensch, den dieser aus dem Museum gerettet hat, ehe er verschrottet worden wäre. Dieser ist jedoch defekt, und Hugo arbeitet mit Hilfe der Notizen seines Vaters daran, ihn wieder zur reparieren – ist er doch davon überzeugt, dass der Automat, der ganz offensichtlich dazu gebaut wurde, etwas zu schreiben, eine Nachricht seines verstorbenen Vaters enthält. Ein ganz essentielles Stück fehlt ihm jedoch noch, um ihn wieder in Gang zu setzen: Ein mysteriöser, herzförmiger Schlüssel. Als er beim versuchten Diebstahl am Verkaufsstand eines verbitterten alten Mannes von diesem erwischt wird, und er kurz darauf auf dessen abenteuerlustige Patentochter trifft, bringt ihm das nicht nur unbewusst seinem Ziel näher, sondern auch auf die Spur eines gut behüteten Geheimnisses, dass ihn zu einem der größten Pioniere der Filmkunst führen wird…
Christian Siegel


Review von Björn Flügel: Es mag im ersten Moment kurios erscheinen, einem der bedeutendsten Filmschaffenden aller Zeiten in Form eines Kinderfilms zu huldigen. Doch im Nachhinein hätte Altmeister Martin Scorsese kaum ein passenderes Format auswählen können, um Georges Méliès ein filmisches Denkmal zu setzen und zugleich eine Liebeserklärung an das Kino zu verfassen.

Hugo Cabret mit seinem Vater"Hugo Cabret" ist ein bezauberndes Märchen. Die Geschichte über den Waisenjungen, der versucht, das Geheimnis einer Automatenfigur, dem einzigen Erbe seines Vaters, zu entschlüsseln, der mit seiner neu gewonnenen Freundin seine Liebe für den Film teilt, der mit ihr die Spuren des in Vergessenheit geratenen, aber von ihm verehrten Georges Méliès verfolgt, diesem schließlich leibhaftig begegnet, ihn von seiner Melancholie befreit und zu verdienten Ruhm verhilft, könnte kaum warmherziger, kaum magischer sein. Diese Geschichte ist ergreifend, sie ist traumhaft/verträumt und besinnt sich auf ihren zauberhaften Charakter - Eben jene Attribute, die die Werke von Georges Méliès kennzeichnen und wie er sein Schaffen verstand. Méliès nutzte die Möglichkeiten des Films, um Träume wahr werden zu lassen, um faszinierende Geschichten zu erzählen und um sein Publikum einzufangen. Seine Filme sollten nicht nur unterhalten, sondern auch zu einem Erlebnis werden. Genau dieses gelingt auch Scorsese. Er betrachtet die Geschichte durch die Augen eines verträumten, sehnsüchtigen Kindes, und er fordert uns ebenso auf, diese Perspektive einzunehmen. Entschwinden wir also dem Alltag, vergessen wir die Vernunft, träumen wir einfach!

Was narrativ gelingt, gelingt auch visuell. "Hugo Cabret" zehrt von seiner unglaublichen, zauberhaften Optik, die eine perfekte Symbiose mit der Filmhandlung eingeht. Die Bilder aus dem Inneren des Bahnhofs, die Panoramaaufnahmen von Paris, der Blick auf die gigantischen Uhrwerke - All das wird atemberaubend auf die Leinwand projiziert. Nicht nur durch die perfekten 3D-Effekte entfalten die Bilder ihre Wirkung, sondern auch durch ihre warme Farbgebung und vor allem ihren passgenauen Einsatz. Keine der Aufnahmen wirkt überflüssig, auch geben sie präzise die Stimmung der dazugehörigen Handlung wieder. Sie vermögen, den Betrachter zu berühren, zu fesseln, mitzureißen. Sie lassen ihn in seine (märchenhafte) Welt eintauchen. Der atmosphärische Soundtrack aus der Feder von Howard Shore ist mit den gleichen Attributen versehen. Die Musik verschmilzt mit der dargestellten Handlung, mit ihrer Leidenschaft ist sie ebenso wie die phantastische Optik essentiell für die Wirkung des Films - oder eher für das Einfangen des Zuschauers.

Sacha Baron Cohen, Chloe Grace Moretz und Asa ButterfieldDie Darsteller ergeben eines der besten Ensembles, die man in letzter Zeit zu Gesicht bekam. Insbesondere der 14-jähriges Asa Butterfield meistert die Herausforderung, die Handlung größtenteils allein zu stemmen, mit Bravour. Es ist zu hoffen, dass seine Karriere maßvoll verläuft, so dass aus dem jetzigen Kinderstar auch langfristig eine Schauspielgröße wird. Er ist hochtalentiert und spielt mit einer unbeschreiblichen Hingabe. Bei der ebenfalls 14 Jahre alten Chloë Grace Moret mag der Funke allerdings nicht wirklich überspringen, sie wirkt auffällig kühl und distanziert. Sacha Baron Cohen habe ich bislang eher als Nervensäge empfunden, in seiner Rolle als Stationsaufseher hat er mich zwar nicht unbedingt begeistert, aber doch zumindest positiv überrascht. Ihm gelingt es, seine Figur mit mehreren Facetten auszustatten, so dass sie als Charakter in Erinnerung bleibt. Über jeden Zweifel erhaben ist die Performance von Sir Ben Kingsley, der die Wandlung vom verbitterten hin zum warmherzigen Ersatzgroßvater Papa Georges virtuos darstellt.

Was den Film schlussendlich von bloßer Kinderunterhaltung abhebt, ist sein Bezug auf die Ursprünge des Kinos und seine offenkundige Verneigung vor Georges Méliès. Man erfährt viel über dessen Leben und Wirken, bekommt mehrere bekannte und vielleicht auch unbekannte Filmausschnitte zu sehen und blickt auf interessante Weise hinter die Kulissen der aus heutiger Sicht naiven Trickfilme. Und wenn Georges Méliès am Ende des Films feierlich sein Publikum begrüßt und dieses begeistert applaudiert, schließt "Hugo Cabret" nicht nur eine gefühlvolle, magische Geschichte ab, sondern vollendet zugleich seine Liebeserklärung an den Film an sich.

Fazit: "Hugo Cabret" ist ein warmherziger Familienfilm, der sein Publikum dazu einlädt, seine magische Geschichte durch die Augen eines verträumten Kindes zu betrachten. Er berichtet von den Tagen, als die leuchtenden Bilder laufen lernten, und so wie Méliès einst seine Zuschauer verzauberte, verzaubert auch Scorseses "Hugo Cabret". Wenn es ihm gelingt, heutige Generationen von Filmliebhabern dazu zu bringen, sich mit den Ursprüngen des Kinos auseinanderzusetzen und für die frühen Phantasien zu begeistern, wertet er das Filmschaffen als solches unermesslich auf. Haben wir mittlerweile nicht beinahe schon vergessen, dass Filme uns verzaubern und zu Träumen inspirieren können, dass sie es uns ermöglichen, unvorstellbare Welten zu erkunden?

Wertung:9 von 10 Punkten


Björn Flügel



Review von Christian Siegel: Hugo Cabret erlebt ein großes AbenteuerDass man nie zu alt dafür ist, um mal etwas Neues zu versuchen, beweist Regie-Altmeister Martin Scorsese mit "Hugo Cabret" auf gleich zweifache Art und Weise. Einerseits ist es sein erster Film, der sich vornehmlich – wenn auch keinesfalls ausschließlich – an Kinder bzw. Familien richtet. Außerdem bedient er sich – angesichts der Tatsache, dass der Ursprung und die Anfänge des Kinos eine wichtige Rolle spielen, nicht unironischerweise – einer der jüngsten Innovationen, die das Kino zu bieten hat, nämlich der dritten Dimension. Letzteres stellt auch eine der wesentlichen Stärken des Films dar – denn im Vergleich zu vielen anderen Filmen wertet das 3D "Hugo Cabret" definitiv auf. Wie schon zuletzt Steven Spielberg bei "Tim & Struppi" zeigt nun ein weiterer altgediegener Meister seines Fachs allen "jungen", wie man's richtig macht. Zwar bin ich generell ein Fan von 3D und mag daran vor allem die zusätzliche Tiefe, die es den Bildern verleiht, aber "Hugo Cabret" hat wohl den besten Einsatz der Technologie seit "Avatar".

Zwar kein Effekt-Spektakel, haben die Bilder dennoch nicht nur viel Tiefe – wobei Scorsese die entsprechenden Einstellungen perfekt zusammenstellt, so dass die Ebenen klar voneinander abgetrennt sind. Auch immer wieder auftretende, kleine Details, wie herumfliegende Schneeflocken und/oder Staubkörner, tragen viel zum gelungenen 3D-Effekt bei. Als besonders effektiv erweist sich dieser vor allem auch bei Weitwinkelaufnahmen, wie z.B. wenn uns der Bahnhof gezeigt wird und man dessen Größe – und die Entfernungen und Höhenunterschiede – erst so richtig abschätzen kann. Die mit Abstand denkwürdigste Einstellung ist aber jener Moment, als sich Sasha Baron Cohen als Stationswächter immer weiter über Hugo beugt – und zugleich auch immer weiter ins Publikum hinein. Normalerweise bin ich ja kein Freund, wenn etwas aus der Leinwand auf einem zukommt, setze ich dies doch normalerweise mit "billigen" 3D-Effekten gleich. Hier war es aber meisterlich umgesetzt, und hat mich umso mehr in den Film hineingezogen. Doch auch abseits des 3D-Effekts ist Martin Scorsese's Inszenierung gelungen, da gewohnt stilvoll und elegant. Attribute, die auch Howard Shores Filmmusik verliehen werden können, der hier seine "Herr der Ringe"-Komposition endlich mal gänzlich hinter sich lässt und einen völlig anderen Ton anschlägt, der natürlich (und passenderweise) stark von Frankreich/Paris inspiriert ist. Sein Hauptthema ist sehr eingängig, und spiegelt perfekt den abenteuerlich-verspielt-jugendlichen Ton des Films wieder. Die Spezialeffekte sind zwar gelegentlich als solche zu erkennen – gerade auch bei Aufnahmen des Paris der 30er – aber angesichts des märchenhaften Charakters der Bilder empfand ich es nie als störend. Positiv erwähnen muss man dann auch noch die opulente und beeindruckende Ausstattung des Films, aber auch das ist man von Martin Scorsese's Filmen ja eigentlich auch gar nicht anders gewohnt.

Beim Klauen erwischt - was nun?Asa Butterfield zählt, nach bemerkenswerten Auftritten in "Son of Rambow" und "Der Junge im gestreiften Pyjama", sicherlich zu den bekannteren Gesichtern unter den derzeitigen Kinderdarstellern, und überzeugt auch in "Hugo Cabret" wieder mit einer natürlichen, stillen und doch ausdrucksstarken Performance. Auch Chloe Grace Moretz, die langsam aber sicher zu einer jungen Dame heranreift, bestätigt sich erneut als eines der vielversprechenderen jungen Talente Hollywoods, wobei sie bei ihrem dritten großen Auftritt (nach "Kick-Ass" und "Let Me In") erneut in einer gänzlich anderen Rolle glänzen und damit eine vor allem angesichts ihres noch zarten Alters beeindruckende Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen kann. Ben Kingsley wiederum findet als "Papa Georges" genau die richtige Mischung aus Härte und Wärme, aus Verbitterung und – im späteren Verlauf des Films – Freude. Und obwohl ich nicht der größte Fan von Sacha Baron Cohen bin muss ich eingestehen, dass er die Rolle des Stationsvorstehers perfekt ausgefüllt und zwischen Bedrohung und Witzfigur hin- und hergewechselt ist.

Der einzige kleinere Schwachpunkt des Films ist das Drehbuch – zumindest zu Beginn. Mit "Hugo Cabret" ist es so wie mit einem Puzzle. Wenn man dann mal damit loslegt, die einzelnen Teile zu einem stimmigen ganzen und zu einem schönen Gesamtmotiv zusammenzustecken, macht es Spaß – doch das auspacken und herrichten der einzelnen Teile ist etwas mühsam. Eben diese Vorbereitung, ehe der Film so richtig in Schwung kommt, ist bei "Hugo Cabret" einen Hauch zu gemächlich. Hier nimmt sich John Logan für meinen Geschmack doch etwas zu viel Zeit, die einzelnen Figuren vorzustellen und weitere Entwicklungen vorzubereiten. Erst als sich Hugo und Isabelle aufmachen, das Geheimnis des Automatenmenschen zu entschlüsseln, und über dessen Botschaft auf die Spur des Filmpioniers George Méliès gebracht werden, kommt "Hugo Cabret" so richtig in Fahrt. Der Rest der Handlung dürfte vor allem Cineasten mit den zahlreichen Anspielungen auf die Anfänge des Kinos verzaubern und wunderbar unterhalten. Nicht nur werden uns kurze Ausschnitte aus einigen frühen Werken gezeigt – darunter u.a. der weltberühmte Film "L'arrivée d'un train en gare de La Ciotat" von den Lumiere-Brüdern, Scorsese wagt auch einen Blick hinter die Kulissen und zeigt, mit welchen Mitteln die phantastischen Filme von z.B. Méliès entstanden sind. Für jeden Fan des Mediums Film wohl ein Genuss. Zugleich bin ich mir jedoch nicht sicher, wie gut "Hugo Cabret" Kinder, für die er ja in erster Linie gedacht ist, unterhalten wird. Ob diese mit den Ausschnitten aus längst vergangener Zeit etwas anfangen werden können? Ich denke, diese werden wohl in erster Linie durch die Abenteuergeschichte gut unterhalten werden, die wiederum im letzten Drittel, als das große Geheimnis gelüftet ist, doch sehr in den Hintergrund rückt. Als mittlerweile doch schon etwas älteres Semester kann und will ich mir diesbezüglich aber kein Urteil erlauben und stattdessen auf das beste hoffen, nämlich: Dass "Hugo Cabret" viele junge Menschen dazu inspirieren wird, sich näher mit der Filmkunst und ihrer Geschichte zu beschäftigen.

Fazit: Hugo und Isabelle entdecken die Magie des Kinos"Hugo Cabret" ein überwiegend gelungener Film, und vor allem für Filmkenner und –liebhaber empfehlenswert, wenn nicht gar schon fast ein Pflichttermin. Als größte Stärke des Films erweist sich dabei Martin Scorseses Inszenierung, wobei vor allem der absolut beeindruckende Einsatz des 3D-Effekts besticht und einen regelrecht in den Film hineinzieht. Die schauspielerischen Leistungen sind ebenfalls gelungen, und die Filmmusik von Howard Shore einfach nur zauberhaft. Einzig das Drehbuch schwächelt ein wenig. Erst ab dem zweiten Drittel nimmt die Handlung an Fahrt auf, und so richtig zum Leben erwacht "Hugo Cabret" ohnehin erst im letzten Drittel, als Martin Scorsese sich jenen Themen zuwendet – die Geschichte des Medium Films, sowie die Bewahrung und Restaurierung alter Klassiker – die ihm offenkundig am stärksten am Herz lagen. Eben diese Elemente sind es auch, die Cineasten begeistern dürften, während Kinder wiederum vor allem durch die Abenteuergeschichte zu Beginn, sowie dem spannenden Finale auf dem Bahnhof gut unterhalten werden dürften, zwischenzeitig aber während der filmhistorischen Lehrstunde eventuell ein wenig das Interesse verlieren könnten. Möglicherweise wäre es besser gewesen, wenn sich Martin Scorsese stärker entweder auf eine oder die andere Zielgruppe konzentriert hätte – doch auch so ist "Hugo Cabret" ein phantastisches, wenn auch nicht makelloses, Stück Kino, dass hoffentlich viele Filmliebhaber, jung wie alt, verzaubern wird.

Wertung:8 von 10 Punkten


Christian Siegel
(Bilder © Walt Disney Pictures)


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Weiterführende Links:
Georges Méliès - SPECiAL
Oscar-Special 2012
Review zu "Avatar - Aufbruch nach Pandora"
Review zu "Kick-Ass"
Review zu "Let Me In"
Review zu "Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn"






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