FilmRückblick 2011 - 10 "Direct to DVD"-Empfehlungen
Die DTV-Highlights des JahresKategorie: DVD & Kino - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 09 Januar 2012
10 "Direct to DVD"-Empfehlungen aus 2011
Früher war der DTV-Bereich ja in erster Linie Ablageplatz für billig produzierte B-Movies und Fortsetzungen bzw. Nachahmern populärer und erfolgreicher Filme – doch angesichts der zunehmenden angewohnheit der deutschen Filmverleiher, Nischenfilme sowie solche kleinere Produktionen, die in den USA an den Kinokassen untergegangen sind, hierzulande erst gar nicht mehr in die Lichtspielhäuser zu bringen, sind diese Zeiten längst vorbei. Im letzten Jahrzehnt fanden sich zahlreichen Filmperlen, die erst auf dem zweiten Vertriebsweg den Weg zu uns gefunden haben – allen voran natürlich Richard Kelleys Meisterwerk "Donnie Darko". Trotzdem wird der DTV-Markt aber natürlich nach wie vor immer noch von einigem Mist überflutet. Mit der nachfolgenden Liste möchte ich euch 10 "Direct to DVD"-Filme des abgelaufenen Jahres präsentieren, die meines Erachtens einen Blick wert sind.
Angesichts der Fülle an jährlichen DTV-Veröffentlichungen, von denen ich mir nur einen Bruchteil vorknöpfen konnte (immerhin liegt mein Schwerpunkt nach wie vor bei den Kinofilmen) stellt die nachfolgende Aufstellung meinerseits weder den Anspruch der Vollständigkeit, noch, ein "Best Of's" der DTV-Veröffentlichungen des vorangegangen Jahres zu sein. Es handelt sich schlicht und ergreifend um 10 (bzw. 11 – angesichts der Ehrennennung eines Films, der 2010 war in Deutschland im Kino gezeigt wurde, in Österreich aber ohne vorherigen Kinorelease direkt auf DVD veröffentlicht wurde) empfehlenswerte DTV-Filme, über die ich bei meinem Besuchen in der Videothek meines Vertrauens im vorangegangenen Jahr gestolpert bin.
Platz 10: Space Battleship Yamato
Lasst uns gleich eins klarstellen: Wenn ihr mit Pathos und/oder Selbstaufopferungen am laufenden Band Probleme habt, könnt ihr gleich bei Platz 9 weiterlesen. Falls ihr derartige Schwächen jedoch – vor allem wenn ihr dafür eine groß angelegte Space Opera zu sehen bekommt, von denen es in den letzten Jahren ja nicht gerade viele gab – verzeihen könnt, solltet ihr vor allem als Fans des SF-Genres bei Gelegenheit einen Blick riskieren. Ja, "Space Battleship Yamato" trieft nur so vor Pathos und übertreibt stellenweise derart, dass es unfreiwillig komisch wird (exemplarisch sei die Rede des neuen Captains genannt, während der uns die Kampfvorbereitungen seiner Crew in Zeitlupe gezeigt werden), und die Fülle an heldenhaften Aufopferungen wurde auch mir gegen Ende hin etwas zu viel des Guten, zumal auch diese richtiggehend zelebriert werden (wobei hier halt auch festzuhalten gilt, dass es sich hierbei nun mal um einen festen und wichtigen Bestandteil japanischer Kultur handelt). Dafür waren Handlung und Spezialeffekte recht gelungen, und sorgten Weltraumaction und Inszenierung für gute Unterhaltung. Die größte Stärke ist aber wohl der phänomenale Soundtrack, der mir als Import sogar stolze € 40,- wert war, und viel zur Atmosphäre des Films beiträgt. Als Science Fiction-Fan ist "Space Battleship Yamato" jedenfalls meines Erachtens trotz der vorhandenen Schwächen sicherlich einen Blick wert. 6/10
Platz 9: It's Kind of a Funny Story
Nicht ganz das erhoffte Indie-Highlight, aber ein durchaus unterhaltsamer und gelungener Film, der sich einem ernsten und oftmals leider totgeschwiegenem Thema – nämlich dem enormen Druck, dem sich Teenager in der heutigen Gesellschaft aus allen möglichen Richtungen gegenübersehen – auf locker-amüsante Art und Weise annähert. Während die Handlung an sich in doch eher gewöhnlich-bekannt-klischeehaften Bahnen verläuft und dadurch etwas vorhersehbar geraten ist, sind es vor allem die immer wieder eingestreuten inszenatorischen Kniffe, wie kurze Animationen etc., die diesem Film seinen "Indie-Spirit" verleihen und ihn für einen gemütlich-unaufgeregten DVD-Abend durchaus empfehlenswert machen. Und wäre "It's Kind of a funny story" in die Kinos gekommen, wäre die geniale "Under Pressure"-Musical-Nummer (mit Abstand die beste Szene des Films) ein ernsthafter Kandidat für den Feel Good-Moment des Jahres gewesen. 7/10
Platz 8: Spurlos - Die Entführung der Alice Creed
Zu Beginn des zweiten Drittels des Films folgt eine Offenbarung, welche zwar die bis dato vorherrschende Dynamik zwischen den Figuren auf den Kopf stellt und eine interessante Ausgangssituation für den Rest des Films schafft, mich aber doch nicht 100%ig überzeugen kann. Zugegeben, ohne diesen Kniff wäre "Die Entführung der Alice Creed" noch gewöhnlicher gewesen als er ohnehin schon ist, hätte mir aber vielleicht im Endeffekt trotzdem noch eine Spur besser gefallen. Und auch das Ende war mir dann doch etwas gar predigend, nach dem Motto "Verbrechen zahlt sich nicht aus". Trotz dieser Kritikpunkte bietet "Spurlos" aber gute Thriller-Unterhaltung, bei dem neben einigen sehr spannenden Szenen vor allem die bedachte, professionelle Vorbereitung bzw. der Ablauf der Entführung zu erschrecken sowie Gemma Artertons eindringliche Performance gefallen können. 7/10
Platz 7: The Losers
Ich finde es sehr schade, dass dieser im direkten Vergleich mit anderen zu dieser Zeit entstandenen "Man on a Mission"-Filmen wie "The Expendables" und "A-Team" deutlich gelungenere Vertreter nicht in die Kinos geschafft hat. Zugegeben, er ist nicht perfekt. Vor allem Bösewicht Max ist grauenhaft überzeichnet und verliert durch den karikaturesken Zugang gänzlich an Schrecken. Dafür ist das Zusammenspiel des Teams sehr gelungen, und auch die Charakterisierung der Figuren gefällt mir besser als bei jenen Konkurrenzprodukten, denen im Gegensatz zu den "Losers" ein Auftritt auf der großen Leinwand vergönnt war. Ja sogar die Actionszenen konnten mich hier mehr überzeugen als bei den Entbehrlichen und dem B-Team, da sie deutlich übersichtlicher inszeniert waren (wenn sie auch was das Spektakel betrifft mit der großen Konkurrenz nicht mithalten können). Highlights waren für mich der Kampf zwischen Zoe Saldana und Jeffrey Dean Morgan zu Beginn des Films, die für ihn untypische – und gelungene – Darstellung eines Geeks durch Chris Evans, sowie die köstliche "Don't stop believing"-Szene, die definitiv zu den besten DTV-Momenten des vergangenen Jahres zählt. "The Losers" ist sicherlich nichts Besonderes, bietet aber solide Actionunterhaltung, die sich vor den bekannteren Vertretern dieses Action-Subgenres nicht zu verstecken braucht – ganz im Gegenteil! 7/10
Platz 6: The Silent House
Ach… wenn doch nur der unnötige Twist am Ende nicht wäre, der den Film fast ruiniert hätte. Er ist nicht unbedingt unlogisch, und die kurze Szene nach dem Abspann trägt viel dazu bei, sie zu rehabilitieren und plausibilisieren, dennoch kam ich mir nachdem ich über eine Stunde lang in die Ereignisse des Films investiert und mitgefiebert hatte doch irgendwie verraten vor. Eben diese erste Stunde war dafür grandios und wohl die nervenaufreibendste Erfahrung, die ich je in einem Kinosaal (Viennale sei Dank) hatte. Ich weiß, dass nicht alle so auf "The Silent House" reagieren werden, aber wie in meinem Review beschrieben, empfand ich ihn gerade aufgrund des Echtzeit-Zugangs und der Tatsache, dass er ohne erkenntlichen Schnitt gedreht wurde, so effektiv, da ich gemeinsam mit der Protagonistin in diesem überhaupt nicht stillen Haus gefangen war. Ich wusste einfach, so lange sie darin gefangen ist, kann es auch für mich kein Entkommen geben, und damit auch keine Sekunde, um mal kurz durchzuschnaufen und zu entspannen. Schon allein deshalb kann ich jedem Horror-Fan, trotz der wenig überzeugenden Wendung am Ende, nur empfehlen, sich die DVD/Blu Ray bei Gelegenheit mal auszuleihen und diesem Horrorfilm aus Uruguay eine Chance zu geben. 7/10 >> Zum Review
Platz 5: Inside Job
Wenn ihr euch nur einen Film über die Finanzkrise anschauen wollt, dann rate ich statt dem – zumindest für mich – eher enttäuschenden "Margin Call", der sich für meinen Geschmack zu sehr mit den Auswirkungen und zu wenig mit den Ursachen auseinandergesetzt hat, zu dieser von Matt Damon kommentierten Doku. Zwar sicherlich nicht so unterhaltsam wie die "Dokus" von Michael Moore – dafür aber auch nicht ganz so populistisch – vermittelt er selbst für Laien auf sehr anschauliche und leicht verständliche Art und Weise, wie es so weit kommen konnte, wer die Hauptverursacher waren, und was genau denn da eigentlich schief gegangen ist. Und auch wenn ich sicherlich kein völliger Laie auf dem Gebiet von Veranlagungen bzw. dem Finanzsektor bin, waren auch für mich einige neue, interessante Aspekte und Offenbarungen dabei – vor allem die Verknüpfungen zwischen Wirtschaftsexperten der US-Regierung und einigen Investmentfirmen. Wen das Themengebiet zumindest rudimentär interessiert und keine gänzliche Abneigungen gegenüber Dokumentationen hat, sollte in "Inside Job" spätestens bei der Free TV-Ausstrahlung (die wohl nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen sollte) reinschauen. 7/10
Platz 4: Rabbit Hole
Trotz der depressiven Thematik – ein Ehepaar versucht verzweifelt, mit dem Tod ihres Sohnes fertig zu werden – und dem mangelnden Erfolg an den US-Kinokassen ist mir unverständlich, warum es dieses mit Nicole Kidman und Aaron Eckhart hochkarätig besetzte Drama nicht in unsere Lichtspielhäuser geschafft hat. Er ist zwar kein Meisterwerk, aber dank der aufrichtigen Art und Weise, wie mit diesem Thema umgegangen ist, sehr gefällig, mit tollen schauspielerischen Leistungen und einigen nachhallenden Szenen. "Rabbit Hole" macht wieder einmal deutlich, dass es womöglich kein schwerer zu verkraftendes Schicksal im Leben gibt, als den Tod eines Kindes verkraften zu müssen, und man fühlt unweigerlich mit den beiden mit, als sie verzweifelt versuchen, wieder in ein ansatzweise normales Leben zurückzufinden. Sicherlich kein leichter Stoff, und man sollte schon in der richtigen Stimmung sein, aber wenn ihr mal wieder ein ehrliches, anspruchsvolles (wenn auch eher unaufregendes) Drama sehen wollt, sei euch "Rabbit Hole" ans cineastische Herz gelegt. 7/10
Platz 3: The Killer Inside Me
Die kontroverse Verfilmung des kontroversen Romans. Bei den Kino-Aufführungen in den USA gab es einige teils heftige Reaktionen auf den Film, vor allem die brutale Ermordung einer bestimmten Filmfigur (welche genau soll aus Spoilergründen hier natürlich nicht verraten werden) – was ich durchaus verstehen kann. Die Szene ist in der Tat nichts für schwache Nerven und schwer zu ertragen – wie es aber meines Erachtens auch sein sollte. Abseits der kurzen, aber dafür umso heftigeren und schonungslos umgesetzten Ausbrüche der Gewalt, ist "The Killer Inside Me" aber eine eher ruhige Mischung aus Drama, Thriller und Charakterstudie, mit einem phantastischen Casey Affleck, sowie sehr guten unterstützenden Performances von (u.a.) Kate Hudson, Jessica Alba, Elias Koteas, Bill Pullman, Ned Beatty und Simon "The Mentalist" Baker. Aus meiner Sicht sollte man sich jedenfalls als Fan der etwas anspruchsvolleren Thriller-Unterhaltung diese packende und teils verstörende Charakterstudie nicht entgehen lassen. 8/10
Platz 2: The Woman
Wo wir grade von kontroversen Filmen mit teils heftigen Reaktionen und schwer erträglichen Szenen sprechen… Auftritt "The Woman", der vor allem dank der Hasstirade eines fuchsteufelswilden Besuchers des Sundance-Festivals Berühmtheit erlangt hat. Eigentlich habe ich in meinem Review schon alles gesagt, was es zum Film zu sagen gibt – zumindest sofern man nicht zu viel verraten will. Ein sehr schwieriger und aufgrund der hier gezeigten Brutalität (wobei sich vor allem in den ersten zwei Dritteln erstaunlich viel im Kopf des Zuschauers abspielt, und der Film erst beim Finale wirklich explizit wird) auch sehr anstrengender Film mit einigen verstörenden Szenen, bei dem die Familiendynamik mindestens ebenso erschreckt, wie die Behandlung der titelspendenden Frau. Für Horror-Fans aus meiner Sicht jedenfalls ein absoluter Pflichttermin, und für mich der DTV-Geheimtipp des vergangenen Jahres! 8/10 >> Zum Review
Platz 1: I Saw the Devil
Wie in meiner KinoVorschau für 2012 schon erwähnt: Keiner macht so gute Rache-Thriller wie die Südkoreaner. Regisseur Jee-woon Kim, der mit seinem Regie-Erstling, dem gelungenen und ebenfalls empfehlenswerten "östlichen Western" "The Good, The Bad, The Weird" bereits einen Achtungserfolg erzielen konnte, knüpft hier und scheinbar mühelos an die legendäre Rachentrilogie von Chan-wook Park an, und präsentiert einen grandiosen Thriller mit zahlreichen originellen Einfällen und Momenten und damit abseits vieler üblicher Genre-Konventionen. Statt in eine reine Gewaltorgie abzugleiten, bietet "I Saw the Devil" vielmehr ein packendes Katz- und Maus-Spiel zwischen einem Serienkiller und dem – als Geheimagent tätigen – Mann seines letzten Opfers, sowie seinen Handlangern. Denn Kim Soo-hyeon begnügt sich nicht einfach damit, seinen Widersacher (Min-sik Choi, der in "Oldboy" noch als Held Oh Dae-su im Einsatz war) zu quälen, vielmehr möchte er ihn verunsichern, ihm Angst einjagen, und ihm zeigen, was Terror bedeutet. Doch als er diesen unterschätzt, droht sich das Blatt erneut zu wenden. Mehr möchte ich aber zu "I Saw the Devil" nicht mehr verraten – einfach ansehen und genießen! 9/10
"Honorary Mention": Einfach zu haben
Wäre "Einfach zu haben" hierzulande – wie in Deutschland – 2010 im Kino gelaufen, hätte er es bei meinem letztjährigen FilmRückblick vermutlich sogar in meine Top 10 geschafft. Das Einzige, was man ihm meines Erachtens vorwerfen kann, ist der dahingehend naiv-prüde Zugang, als dass Olive als 17-jährige auf iherr Highschool deshalb ins Gespräch kommt, da sie (angeblich) Sex hatte – in der Realität dürfte es sich selbst in den USA mittlerweile eher umgekehrt verhalten, und man in diesem Alter eher als Jungfrau als Außenseiter/in dastehen. Dass Olive's erstes Mal in der Realität an einer High School tatsächlich solch hohe Wellen schlagen könnte, erscheint jedenfalls eher unglaubwürdig. Sieht man über diesen Kritikpunkt hinweg, offenbart sich einem jedoch eine unglaublich charmante und unheimlich witzige Jugendkomödie in bester John Hughes-Tradition, mit einer "star-making" Performance der wieder einmal beeindruckenden, unwiderstehlichen und Emma Stone. Neben ihr erweist sich vor allem das Drehbuch voller witzig-spritzig-frecher Dialoge als die größte Stärke. Sicherlich eine der besten Komödien, die ich im letzten Jahr gesehen habe! 9/10
Abschließend nun die Aufstellung jener 25 "Direct to DVD"-Filme, welche in diesen Artikel eingeflossen sind:
13 Assassins, Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen, Einfach zu haben, I Saw the Devil, Inside Job, Ironclad - Bis zum letzten Krieger, It's kind of a funny story, Jonah Hex, MacGruber, Mother's Day, Rabbit Hole, Red State, Space Battleship Yamato, Spurlos - Die Entführung der Alice Creed, The Killer Inside Me, The Losers, The Reef, The Resident, The Silent House, The Warrior's Way, The Woman, Timecrimes, Vampire Nation, Wrecked, Your Highness.