Mit: Georgie Henley, Skandar Keynes, William Moseley, Anna Popplewell, Tilda Swinton, James McAvoy, Jim Broadbent, Liam Neeson u.a.
Kurzinhalt:
Als sich der zweite Weltkrieg zunehmend nach England verlagert, werden die Kinder Michael, Susan, Edmund und Lucy zu ihrer Tante auf das Land geschickt, wo sie vor Luftangriffen sicherer sind. Beim Versteckspielen stößt Lucy, die jüngste von ihnen, auf einen riesigen Kleiderschrank – und als sie diesen betritt, findet sie sich auf einmal in einem zauberhaften Märchenland namens Narnia wieder. Sie trifft auf einen Faun, mit dem sie sich sofort anfreundet. Doch auch in Narnia ist nicht alles eitel Wonne, regiert doch seit fast 100 Jahren die weiße Hexe mit eisiger Hand – im wahrsten Sinne des Wortes, herrscht doch seit dieser Zeit ein eisig-kalter Winter. Es gibt jedoch eine Prophezeiung, nach der zwei Söhne und Töchter von Adam und Eva die weiße Hexe besiegen und Narnia den Sommer wieder zurückbringen werden – weshalb die weiße Hexe befohlen hat, alle Menschen die sich nach Narnia verirren unverzüglich zu ihr zu bringen. Als Lucy durch den Schrank wieder zurückkehrt, will ihr natürlich niemand glauben, und als sie diesen erneut öffnen, finden sie lediglich eine Holzwand. Doch es lässt ihr keine Ruhe, und sie schleicht in der Nacht erneut in den Kleiderschrank hinein – diesmal gefolgt von Edmund. Während sie ihren Freund besucht, wird Edmund von der weißen Hexe aufgelesen. Diese verspricht, ihn zum König zu machen – dafür müsse er lediglich all seine Geschwister nach Narnia und zu ihr bringen…
Review:
Nach dem sensationellen Erfolg von "Herr der Ringe" begann bei allen Filmstudios – außer Warner, die ja mit "Harry Potter" noch über einige Jahre hinweg ein weiteres heißes Fantasy-Eisen im Feuer hatten – die Suche nach einem würdigen Nachfolger, mit dem man im Fahrwasser von Peter Jacksons Trilogie die nach mehr Fantasy-Nahrung lechzenden Fans begeistern – und ausnehmen – könnte. Angesichts der Tatsache, dass sich J.R.R. Tolkien und C.S. Lewis kannten und ihre Bücher in etwa zur gleichen Zeit veröffentlicht haben, bot sich die Narnia-Reihe wohl förmlich an. Doch wo sich "Der Herr der Ringe" doch eher an erwachsen(er)e Leser gerichtet hat, sind die Bücher von C.S. Lewis doch in erster Linie für Kinder gedacht – und haben damit mehr mit dem "Herr der Ringe"-Vorgänger "Der Hobbit" gemein, als der Trilogie an sich. Nun gebe ich unumwunden zu, die Narnia-Romane noch nicht gelesen zu haben – aber angesichts dessen, was in diesem Film an Handlung, Thematiken, christlicher Symbolik und fragwürdigen Untertöten enthalten war, bezweifle ich, dass ich diese literarische Bildungslücke jemals schließen werde.
Da jedoch über den Inhalt der Narnia-Bücher und dessen Aussagen schon genug kritische Essays geschrieben wurden, will ich diesen Aspekt mal eher außen vor lassen, und mich stattdessen auf den Film konzentrieren. Denn selbst wenn man von den religiösen Anspielungen sowie dem Kritikpunkt, dass hier Kinder in den Krieg ziehen, und man dies als etwas Gutes, Positives und Ehrbares darstellt (wie generell Krieg hier schrecklich verherrlicht wird), absehen, offenbaren sich noch zahlreiche Schwächen, die dafür sorgen, dass sich "Der König von Narnia" nicht einmal ansatzweise mit Peter Jacksons genialer Trilogie messen kann. So wirkten die Jungs und Mädels von WETA Digital hier leider angesichts der Fülle an digitalen Kreaturen und Tieren doch ein wenig überfordert. Während einzige Wesen, wie Aslan, phantastisch aussehen, offenbaren andere ihre digitale Herkunft etwas zu deutlich. Viel schwerer wiegen aber die inhaltlichen Schwächen, allen voran die Vorhersehbarkeit des Drehbuchs, die sich nicht nur bei der Handlung an sich, sondern auch bei einzelnen Dialogen zeigt. So habe ich als ich "Der König von Narnia" zum ersten Mal gesehen habe schon genau gewusst, dass der Centaur auf Michael's Frage "Werdet ihr mir folgen" mit "Bis in den Tod" antworten würde. Tatsächlich hatte ich es damals laut ausgesprochen, und vom Timing – und der theatralisch-bedeutungsschweren Intonation – derart exakt getroffen, dass es (bis auf die andere Stimme) nicht aufgefallen wäre, wenn das Synchronstudio meinen Satz über die Stelle gelegt hätte (das daraus entstandene Amüsement von mir und meiner damaligen Freundin war übrigens mit Abstand der Höhepunkt des Films).
Sehr skeptisch stehe ich auch Aslan's Opfer, genauer gesagt seiner Wiederauferstehung, gegenüber. Nun ist es ja nicht so, als ob die "Herr der Ringe"-Trilogie an Schein-Toden arm wäre, so gesehen kann man das allein "Der König von Narnia" nur bedingt vorwerfen – aber so wie es hier umgesetzt wurde, war es ungeschickt bis zum geht nicht mehr. Wohl da man bei solch hochdramatischen Todesszenen im Fantasy-Genre mittlerweile eine Rückkehr der jeweiligen Figur ja schon fast erwartet, ist man in meinen Augen absolut übers Ziel hinausgeschossen. Gandalf ist wenigstens "nur" in einen tiefen Abgrund gestürzt – wir sahen ihn nie sterben. Hier wird uns hingegen nicht nur Aslans Tod gezeigt, Lucy und Susan sitzen zudem die ganze Nacht neben seinem Kadavar. Nicht nur war das etwas zu viel des Guten, es hat noch nicht einmal funktioniert: Bin ich doch keinen Augenblick lang davon ausgegangen, dass Aslan nicht zurückkehren würde. Aufgrund dieses Wissens erscheint jedoch nicht nur sein Opfer wertlos und seine gar betrübte Stimmung auf dem Weg zur weißen Hexe nicht nachvollziehbar, es sorgt zudem dafür, dass sein angeblicher Tod absolut nicht berühren kann.
Ähnliches gilt übrigens für jene Szene, als Edmund verletzt ist. Es ist einfach völlig klar, dass Lucy ihn mit dem Zaubertrank des Weihnachtsmanns retten wird. Ihr habt übrigens richtig gelesen… der Weihnachtsmann hat in diesem Film ebenfalls einen Auftritt – mit Abstand die dümmste Idee und die schlechteste Szene des Films. Vor allem auch, aufgrund der Geschenke die er austeilt: Außer Lucy bekommen nämlich alle anderen Kinder von ihm Waffen! Und das vom Aushängeschild des Fests der Liebe. Doch zurück zu Edmund, bzw. generell zum Film: Da sich dieser in erster Linie an Kinder richtet, ist von vornherein klar, dass niemandem der vier Pevensie-Kinder etwas passieren kann und wird. Da man zu keiner der nicht-realen Figuren eine echte Beziehung aufbaut – vielleicht mit Ausnahme von Mr. Tumnus, der jedoch schon bald von der Bildfläche verschwindet – hält sich die Spannung doch recht arg in Grenzen. Generell ist mir der Ausgang dieses Konflikts etwas gar zu schöngezeichnet. Lucy rennt herum und heilt alle Verwundeten mit ihrem Zaubertrank, und Aslan's Gebrüll sorgt dafür, dass sogar all jene, die von der weißen Hexe mit ihrem Zauberstarb berührt und zu Stein/Eis/wasauchimmer erstarrt sind, wieder zum Leben erwachen. Und auch wenn das vielleicht etwas inkonsequent klingen mag, aber… was mich auch sehr gestört hat ist, welch passive Rolle Susan als – fast schon erwachsene – Frau den ganzen Film hinweg, insbesondere dann aber bei der letzten Schlacht, gespielt hat. Bekam sie doch nichts zu tun, außer auf Aslan zu reiten. Krieg ist eben nun mal auch im chauvinistischen Narnia Männersache…
Womit sich "Der König von Narnia" dann schließlich auch absolut keinen Gefallen tut, sind die zahlreichen Ähnlichkeiten zu "Der Herr der Ringe", die sich vor allem in Einzelszenen offenbart. Da versteckt man sich auf der Flucht unter einem Vorsprung, so wie Frodo, Sam, Merry und Pippin in "Die Gefährten" vor dem schwarzen Reiter – nur das hier über unseren Helden der Weihnachtsmann lauert. Die bereits erwähnte nachfolgende Geschenkszene offenbart wiederum Ähnlichkeiten zum Abschied aus Lothlorien. Kurz darauf bricht das Eis eines Flusses auf, der daraufhin entfesselt wird – die Bruinenfurt lässt grüßen. Und während all diese Szenen und Momente wohl auf die Vorlage zurückzuführen sein dürften, und dem Filmteam daher nur bedingt anzulasten sind (auch wenn man hier aus meiner Sicht mehr Sorgfalt walten und die entsprechenden Szenen zumindest etwas weniger aufdringlich-ähnlich hätte umsetzen können) – spätestens, wenn die bösen Gefolgsleute der weißen Hexe mit ihren Speeren auf den Boden stampfen, wird's lächerlich. Vom Enya-ähnlichen Song am Ende ganz zu schweigen…
Trotz aller berechtigter Kritik sollen jedoch auch die – ebenfalls vorhandenen – positiven Aspekte nicht verschwiegen werden. So ist vor allem der erste Besuch in Narnia phantastisch umgesetzt. Hier schafft es Andrew Adamson wirklich, den Zauber dieser Welt zu vermitteln und für einen "sense of wonder" zu sorgen. Generell zählt seine Inszenierung zu den größten (und wenigen) Stärken des Films. Zudem gelingt es ihm, aus diesen schauspielerisch noch eher bis gänzlich unerfahrenen Kindern gefällige bis richtiggehend gute Leistungen herauszuholen – wobei vor allem Georgie Henley positiv auffällt. Deren Freundschaft mit dem Faun Tumnus (James McAvoy in einer seiner ersten Filmrollen) zählt aufgrund ihrer Warmherzigkeit ebenfalls zu den überschaubaren Höhepunkten von "Der König von Narnia". Gleiches gilt für die zauberhaft-magische Filmmusik von Henry Gregson-Williams, die ich mir trotz Missfallens des damit hinterlegten Films bedenkenlos zugelegt habe. Einfach wunderschön. Ebenfalls sehr gut gefallen konnte mir Tilda Swinton als weiße Hexe, wobei neben ihrer schauspielerischen Leistung auch Design und Make-Up der Figur sehr gelungen sind. Jedenfalls ist jeder Moment mit ihr ein Highlight, wobei vor allem ihre gemeinsamen Szenen mit Edmund hervorstechen – allen voran natürlich, wie sie in wenigen Augenblicken seine geheimsten Wünsche und Sehnsüchte erkennt und dies ausnutzt, um ihn auf ihre Seite zu ziehen. Und auch das Ende konnte mir, mit der Krönung, den erwachsen werdenden Kindern und ihrer Rückkehr in die "reale" Welt – gut gefallen. Last but not least: Trotz aller vorhandener Schwächen bleibt "Der König von Narnia" nichtsdestotrotz die meiste Zeit über unterhaltsam – was mehr ist, als man von einigen anderen "Herr der Ringe"-Nachahmern behaupten kann.
Fazit:
Man muss kein Problem damit haben, dass hier junge Menschen bis hin zu kleinen Kindern in einen Krieg hineingezogen werden, und dieser noch dazu verherrlicht wird, um von "Der König von Narnia" enttäuscht zu sein. Denn auch abseits der fragwürdigen Thematik und Aussage des Films offenbaren sich zahlreiche Schwächen, wie die Vorhersehbarkeit, die nicht immer gelungenen CGI-Effekte, oder auch die mangelnde Spannung. Die mit Abstand schlechteste – und fragwürdigste – Szene war aber wohl das Zusammentreffen mit dem ihnen Waffen bescherenden Weihnachtsmann ("Now you have a machine gun – Ho Ho Ho!"). Es hilft auch nicht, dass man sich in einigen Momenten und Szenen unweigerlich an die "Herr der Ringe"-Filme erinnert fühlt – mit denen sich "Der König von Narnia" in keinerlei Hinsicht messen kann. Statt uns den Vergleich zur überlegenen Trilogie von Peter Jackson förmlich aufzudrängen, wäre es wohl besser gewesen, solche Ähnlichkeiten so weit als möglich zu vermeiden. Gänzlicher Reinfall ist dieser Einstieg in die Welt von Narnia zwar nicht. So gibt es einige gelungene Momente, allen voran Lucy's ersten Besuch in dieser der Märchenwelt. Die Filmmusik von Henry-Gregson Williams ist wunderschön und fängt den Zauber der Welt gekonnt ein. Die schauspielerischen Leistungen der Kinder können ebenfalls gefallen, und trotz der langen Laufzeit kommt selten bis nie richtige Langeweile auf. Trotzdem: Als "Herr der Ringe"-Fan, der hoffte, in den "Chroniken von Narnia" einen würdigen "Nachfolger" zu finden, wurde ich von "Der König von Narnia" bitter enttäuscht.