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Lars von Triers düster-melancholische Apokalypse Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Freitag, 18 November 2011
 
Melancholia
(Melancholia, DK/S/F/D 2011)
 
Melancholia
Bewertung:
Studio/Verleih: Zentropa Entertainments/Concorde Filmverleih
Regie: Lars von Trier
Produzenten: U.a. Meta Louise Foldager, Peter Garde, Peter Aalbæk Jensen & Louise Vesth
Drehbuch: Lars von Trier
Filmmusik: -
Kamera: Manuel Alberto Claro
Schnitt: Molly Marlene Stensgaard & Morten Højbjerg
Genre: Drama/Science Fiction
Kinostart Deutschland: 06. Oktober 2011
Kinostart Dänemark: 26. Mai 2011
Laufzeit: 136 Minuten
Altersfreigabe: Ab 12 Jahren
Trailer: YouTube
Kaufen: noch nicht verfügbar
Mit: Kirsten Dunst, Charlotte Gainsbourg, Alexander Skarsgård, Kiefer Sutherland, Charlotte Rampling, John Hurt, Stellan Skarsgård, Jesper Christensen, Udo Kier u.a.


Kurzinhalt: Aufgrund von Problemen mit ihrer Limousine kommen Justine und Michael viel zu spät zur Feier ihrer eigenen Hochzeit – was ihre Schwester Claire und vor allem deren Mann John, der das alles finanziert, vor den Kopf stößt. Dies ist jedoch nur der erste, vergleichsweise harmlose Faux Pas einer Hochzeitsfeier, die zunehmend in Chaos und Katastrophen zu versinken droht – vor allem, da es Justine immer schwerer fällt, ihre Depressionen unter Kontrolle zu behalten. Als sie ihrem Michael dann auch noch den Vollzug der Ehe verweigert, kommt es endgültig zum Eklat. Wenige Wochen später nehmen Claire und John – letzterer eher widerwillig – Justine bei sich auf, deren Depression sie mittlerweile regelrecht apathisch gemacht hat. Neben diesen familiären Problemen sorgt jedoch auch ein drohendes globales Desaster für Anspannung, haben doch Wissenschaftler einen Planeten, genannt Melancholia, entdeckt, der sich auf Kollisionskurs zur Erde befindet. Zwar geht man davon aus, dass er unseren Planeten haarscharf verpassen wird, es gibt jedoch auch kritische Stimmen, die mit der Ankunft des wunderschönen blauen Planeten die Apokalypse gekommen sehen. Dabei scheint Melancholia eine seltsame Faszination auf Justine auszuüben, die immer mehr zu sich zurückfindet, je näher der Planet an die Erde herankommt. Schließlich ist dann der alles entscheidende Tag gekommen…

Review: ImageDer Anfang von "Melancholia" – quasi der Prolog, ehe mit Teil 1 die eigentliche Geschichte beginnt – ist ungemein imposant, und ganz klar das Beste am Film. Lars von Trier präsentiert hier in wenigen Minuten mehr beeindruckende und atemberaubende Bilder, als es die meisten Filme über die komplette Laufzeit hinweg vermögen. Zusammen mit der passend-melancholischen musikalischen Untermalung ergibt sich eine hypnotische Sequenz von berauschender Schönheit. So eindrucksvoll, begeisternd und "schön" ist die Welt jedenfalls noch nie untergegangen. Allerdings gelingt es von Trier leider nur bedingt, das Versprechen dieser grandiosen ersten Minuten über den kompletten Spielfilm hinweg zu halten, bzw. an diesen imposanten Einstieg anzuknüpfen. Als größte Schwäche erweist sich dabei "Teil 1", der den Titel "Justine" trägt, und uns von ihren Hochzeitsfeierlichkeiten erzählt. Zu Beginn dieses Teilabschnitts gibt es noch eine grandiose kleine Szene, welche den Humor, den das Leben manchmal für uns bereithält, gekonnt pointiert – und sowohl uns als auch den Protagonisten damit vor der folgenden Düsternis einen kurzen Moment der Unbeschwertheit und des Glücks gönnt.

Die nun folgende knappe Stunde, welche ausführlich über die Hochzeitsfeierlichkeiten erzählt, ist für sich genommen nicht unbedingt schlecht – aber bei weitem nicht interessant genug, um diese Laufzeit zu rechtfertigen. Es gibt ein paar gelungene Momente zwischendurch, und die schauspielerischen Leistungen sind allesamt großartig; es ist eine Freude, diesen DarstellerInnen zuzusehen (allen voran den immer grandiosen John Hurt, sowie einen herrlich amüsanten Udo Kier), weshalb schon allein deshalb nie Langeweile aufkommt. Dennoch stellte sich mir am Ende des Films die Sinnfrage bezüglich dieses ersten Abschnitts. Teil 1 erscheint keinen ersichtlichen Zweck zu erfüllen. Was hat von Trier damit beabsichtigt? Wenn er uns die Figuren näherbringen bzw. sie uns sympathisch machen wollte, ist er damit meines Erachtens gescheitert. Im Gegenteil, durch einige absurde Szenen und die Tatsache, dass die Figuren immer mehr zu wissen scheinen als wir – gerade auch was ihre Beziehungen zu- und Konflikte untereinander, bzw. auch ihre gemeinsame Geschichte betrifft – entstand für mich eine gewisse Distanz sowohl zum Geschehen als auch den Figuren an sich, die verhindert haben, dass ich so richtig in die Handlung eingetaucht wäre oder mich mit einer/einem der Protagonisten identifiziert hätte. Meines Erachtens lernen wir hier keine Figur näher kennen, und bauen auch keine Verbindung zu ihnen auf. Sie sind uns nach dieser Stunde genau so nah – oder eben eher fremd – wie zuvor. Wozu also das Ganze? Wie gesagt, es gibt ein paar gute Szenen und gelungene Momente – ich sage also nicht, dass sich von Trier diesen Abschnitt hätte komplett sparen sollen. Aber ihn deutlich zu straffen, in etwa um die Hälfte, hätten diesen meines Erachtens ablenkenden und unnötigen Teil des Films um einiges weniger störend gemacht, als ich ihn in der vorliegenden Form empfand.

ImageDas Ende des ersten Teils hat hier meines Erachtens sogar nochmal eins draufgesetzt. Es war für mich absolut nicht nachvollziehbar und hat daher erneut enorme Distanz zwischen mir und dem Geschehen aufgebaut. Um dies näher zu erläutern muss ich leider in Spoiler-Grenzgebiet vordringen. Wer so wenig wie möglich über den Film wissen will, ehe er ihn sieht, sollte diesen Absatz demnach überspringen und erst beim nächsten weiterlesen. Was ich nämlich überhaupt nicht verstanden habe, ist dass sich Justine und Michael am Ende trennen. Die beiden haben sich erst vor wenigen Stunden das "Ja-Wort" gegeben – in guten wie in schlechten Zeiten. Eine Entscheidung, von der ich mal annehme, dass sie nicht aus dem nichts gefällt wurde, sondern auf eine tiefempfundene Liebe zurückzuführen ist. Und auch wenn deutlich ist, dass man diese Hochzeitsfeier definitiv unter den "schlechten Zeiten" ablegen muss, und Justine einige schwer entschuldbare Dinge tut, so kam mir diese Trennung doch etwas zu abrupt. Zumal Michael ja ganz offensichtlich von ihren Depressionen weiß. Und beim ersten Anzeichen von Problemen und/oder schwierigen Zeiten haut man den Hut drauf? Für mich unverständlich…

Teil 2, der den Titel von Justine's Schwester Claire trägt, vermag dann aber zumindest ansatzweise für die nicht wirklich überzeugende Handlung rund um die Hochzeitsfeier zu entschädigen. Wirklich gestört haben mich dort nur die pseudo-bedeutungsschwangeren Szenen mit dem Pferd und der Brücke. Davon abgesehen fand ich den zweiten Teil grandios; wenn der Film nur aus diesem Abschnitt – sowie dem genialen Einstieg – bestanden hätte, wäre er mir wohl die Höchstwertung wert gewesen (oder maximal haarscharf daran vorbeigeschrammt). Besonders interessant fand ich dabei, dass Justine, die zu Beginn einen völlig verzweifelten, apathischen Eindruck macht, immer mehr zum Leben erweckt, je näher der Planet der Erde kommt. Zugegeben, eben dies wird einem teilweise auf nicht gerade subtile Art und Weise vermittelt, wie z.B. in jener Szene, als Kirsten Dunst nackt im Licht der "Melancholie" badet. Allerdings ist damit in der zweiten Hälfte des Films wenigstens eine Charakterentwicklung erkennbar, in dem die beiden Schwestern quasi das Spiegelbild der jeweils anderen darstellen. Denn je "gesünder" Justine wird, desto verzweifelter und depressiver wird Claire, ob der drohenden Apokalypse. John wiederum gibt in gewisser Weise die Stimme der Vernunft – was vor allem eine spätere Entscheidung der Figur aussagekräftig (wenn auch erneut wenig subtil) macht. Absolut grandios dann die letzten 15-20 Minuten, die den Film zu einem überraschend versöhnlichen, ja geradezu euphorischen, Abschluss bringen – endet "Melancholia" doch mit einem (Achtung, Spoiler!) finalen (Spoiler Ende) Akt der Menschlichkeit.

Image"Melancholia" ist ein Musterbeispiel dafür, die visuellen Effekte in den Dienst eines Films zu stellen, und nicht umgekehrt. Der Planet Melancholia ist optisch grandios umgesetzt; es wirkt durchaus ironisch, dass das drohende Ende der Welt gerade von etwas so schönen wie diesem blauen Planeten ausgelöst werden soll, der nicht nur auf Justine, sondern auch den Zuschauer eine seltsame Faszination und Anziehungskraft ausübt. Daneben erweisen sich vor allem die – über die gesamte Laufzeit hinweg – überzeugenden schauspielerischen Leistungen als größte Stärke des Films. John Hurt und Udo Kier habe ich ja bereits positiv erwähnt, diese dienen jedoch in erster Linie der amüsanten Auflockerung. Den mit Abstand schwersten Part hat hier Kirsten Dunst, die mit einer leidenschaftlichen, eindringlichen und kompromisslosen Performance hier vielleicht zum ersten Mal in ihrer noch jungen Schauspiel-Karriere zum ersten Mal offenbart, wozu sie darstellerisch fähig ist. Charlotte Gainsbourg hat zwar diesmal im Gegensatz zu Antichrist eine deutlich unaufregendere Rolle, kann aber erneut mit viel Gefühl überzeugen. Kiefer Sutherland war wohl abseits seines 8-tätigen Einsatzes als Jack Bauer selten so gut wie hier, und darüber hinaus gibt es noch unzählige Darsteller, die es trotz kleiner Rollen schaffen, dem Film für kurze Zeit ihren Stempel aufzudrücken. Wahrlich ein beachtliches, begeisterndes Ensemble…

Fazit: "Melancholia" besticht mit phantastischen Darstellerleistungen und einigen der imposantesten Bilder und Einstellungen, die es dieses Jahr im Kino zu bestaunen gab. Doch so positiv und versöhnlich mich der atemberaubende, berauschende Prolog sowie der grandiose zweite Teil – insbesondere das Ende – auch stimmen mögen, so kann ich doch nicht ganz in die euphorische Jubelstimmung, die Lars von Trier angesichts zahlreicher europäischer Filmpreise entgegenschlägt, einstimmen. Hauptgrund hierfür ist mein einziger echter – dafür jedoch großer – Kritikpunkt betreffend des ersten Teils des Films rund um die Hochzeitsfeier, erscheint mir dieser doch völlig überflüssig. Jedenfalls wollte sich mir der Sinn dieser viel zu ausgedehnten und mit der Zeit doch etwas ermüdend werdenden einstündigen Charakterstudie partout nicht erschließen. Weder wird wichtiges vermittelt noch würde man die Figuren besser kennen lernen/sie uns ans Herz wachsen. Generell blieb mir persönlich zu vieles im Dunkeln bzw. war etwas seltsam und/oder nicht nachvollziehbar, und hat Distanz zum Geschehen und den Figuren aufgebaut. Bis auf die pseudo-aussagekräftige Szene rund um das Pferd und die Brücke fand ich den zweiten Teil aber ganz groß – vor allem das Ende. Das Beste war aber ganz klar der 5-minütige Einstieg voller imposanter Bilder und beeindruckender Einstellungen, gepaart mit einer (passend) düster-schwermütigen musikalischen Untermalung. Und Kirsten Dunst beim Melancholia-baden…

Wertung:8 von 10 Punkten


Christian Siegel
(Bilder © Concorde Filmverleih)


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