Kurzinhalt:
Nach der blutigen Mordserie an Halloween verschwindet die Leiche von Michael Myers nach einem Unfall des Krankentransports auf dem Weg zur Gerichtsmedizin. Knappe zwei Jahre später sind die – nicht nur körperlichen – Wunden, die Laurie Strode und Annie Brackett von dieser schicksalhaften Nacht davongetragen haben, noch nicht verheilt. Dr. Loomis hat derweil den Ruhm, der er durch die grausame Mordserie erlangt hat, dafür benutzt, ein neues Buch zu schreiben, welches er pünktlich zum 2-jährigen Jubiläum der Morde in Haddonfield vorstellt. Dadurch wird Laurie nicht nur erneut mit den Ereignissen aus dieser schicksalhaften Nacht konfrontiert, sie erfährt zudem ein schreckliches Geheimnis: Ist sie doch in Wahrheit Angel Myers – Michael Myers Schwester. Dieser wiederum ist nach wie vor am Leben, und kehrt nun nach Haddonfield zurück, um sein Werk zu beenden…
Review:
Es gibt für alles ein erstes Mal. Grundsätzlich verfüge ich ja über ein gutes filmisches Gedächtnis. Natürlich kann ich mich an manche Filme besser erinnern als andere, aber wenn ihr mir einen Filmtitel nennt, werde ich euch mit großer Wahrscheinlichkeit sofort sagen können, ob ich ihn schon gesehen habe oder nicht. Es kommt bereits äußerst selten vor, dass ich mir bei einem Film nicht mehr ganz sicher bin, ob ich ihn schon kenne. Doch selbst das hat "Halloween II" noch einmal übertroffen: Denn als ich mich für das diesjährige Halloween-Special vorbereitet habe und beschloss, dieses Jahr quasi an unser erstes anzuschließen und mir die Fortsetzungen zum "Halloween"-Original und Remake vorzuknöpfen, war ich absolut davon überzeugt, Rob Zombie's Sequel noch nicht gesehen zu haben. Als ich dann jedoch die (Leih-)Blu Ray in den Player gelegt habe und die ersten Bilder über meinen Fernsehschirm flimmerten, wurde mir zunehmend bewusst: Den Film kenne ich schon.
Und ich meine das nicht auf clever-kommentierende Art und Weise, da "Halloween II" einem anderen Film wie ein Ei dem anderen gleichen würde, sondern wortwörtlich: Ich habe "Halloween II" schon gesehen – aber in der Zwischenzeit offensichtlich alle Erinnerungen daran verloren (oder verdrängt). Absolut davon überzeugt zu sein, einen Film noch nicht zu kennen, den ich schon gesehen habe – das war (zumindest für mich) neu. Und das, obwohl ich auch schon deutlich schlechtere Filme gesehen habe, bei denen ich wünschte, ich könnte sie auf ähnlich wirkungsvolle Weise aus meinem Gedächtnis streichen. Komischerweise ist mir das bei denen leider noch nie gelungen. Jedenfalls… als ich mir "Halloween II" also nun zum bereits zweiten Mal angeschaut habe, konnte ich mich mit jeder Minute mehr und mehr daran erinnern, warum ich mich an ihn nicht mehr erinnern konnte. Es ist eine Mischung aus Verdrängung und absoluter Un-Erinnerungswürdigkeit (wenn es dieses Wort nicht gibt, müsste man es erfinden). Das Einzige, was eine Chance hat, nun nach der zweiten Sichtung doch in meinem Gedächtnis zu bleiben, sind leider just jene Elemente, die ihn zu solch einem enttäuschenden Schmarrn machen. Dies bezieht sich allen voran auf den mystischen Subplot rund um Myers Mutter im weißen Gewand, die gemeinsam mit dem Geist des 10-jährigen Michael ihren Sohn dazu auffordert, die Familie wieder zusammenzuführen, in dem er Laurie/Angel zu ihnen holt (also tötet). Warum der von ihm im Original ermordeten Schwester kein Platz an der absurden Halloween-Tafel eingeräumt wird, ist an dieser Idee noch das geringste Problem: Mal ganz abgesehen davon, dass dieser esoterische Plot zu Michael Myers und der Halloween-Reihe nicht wirklich passen will, ist die Symbolik mit weißer Mutter und weißem Pferd derart überzogen, dass es einfach nur mehr lächerlich ist.
Zum Kopfschütteln regt auch die Tatsache an, dass selbst Laurie/Angel mit der Zeit Visionen ihrer Mutter hat, und zunehmend unter ihrem Einfluss steht. Während ich es bei Michael Myers ja angesichts seiner Nah-Tod-Erfahrung gerade noch so unter Zudrücken aller Hühneraugen akzeptieren können mag, dass er diese Geistererscheinungen hat – bei Laurie geht mir das dann doch zu weit. Zumal man wenn es nur Michael betreffen würde wenigstens dem Zuschauer die Wahl lassen würde, wie er das Geschehen interpretieren will – handelt es sich tatsächlich um übersinnliche Ereignisse, oder sind es reine Halluzinationen von Michael? Sobald auch Laurie sie sieht, muss man sich für eine innerhalb einer weltlichen Erklärung recht unplausibel klingenden Massenpsychose entscheiden, oder aber die übernatürlichen Elemente als solche akzeptieren. Von der fragwürdigen Idee und lachhaften Umsetzung mal abgesehen, begeht Zombie zudem hier zum zweiten Mal (nach seinem "Halloween"-Remake) den Fehler, das Grauen zu erklären und es dadurch seines Schreckens zu berauben – zumal man hier nun andeutet, dass hinter Myers Taten nicht mal "nur" ein Mensch mit Familienproblemen steht, sondern sich ein übernatürliches Phänomen dafür (mit-)verantwortlich zeichnet.
In anderen Bereichen zeigt "Halloween II" durchaus interessante und gelungene Ansätze, auch diese werden jedoch durch die Umsetzung zumeist zunichte gemacht. So finde ich die Idee, wie Dr. Loomis die Ereignisse aus Haddonfield dazu missbraucht, um Profit daraus zuschlagen, und die darin versteckte kritische Message in Richtung der Presse, sehr vielversprechend. Dr. Loomis wird jedoch derart überzeichnet dargestellt, dass er zur Karikatur verkommt, und ich ihn – und damit die mitschwingende Kritik – nicht mehr ernst nehmen konnte. Ähnliches gilt für die Art und Weise, wie Annie und Laurie versuchen, ihr Trauma zu überwinden und ein neues Leben anzufangen. Der Ansatz ist gut, die Umsetzung derart überzogen, dass es mich nicht überzeugen kann. Irgendwie stellt man sich auch die Frage – was ist eigentlich im Jahr davor passiert, als sich das Haddonfield-Massaker zum ersten Mal jährte? Und wo war Michael Myers da eigentlich? Hatte wohl schon andere Pläne – vielleicht ist er mit Geister-Mutti ja ihrem schönen weißen Schimmel ausgeritten, wer weiß? Was "Halloween II" ebenfalls schadet, ist die viel zu lange Laufzeit von rund zwei Stunden (im von mir begutachteten Director's Cut). Der Film hat leider weder genug Inhalt noch Substanz, um diese Dauer zu rechtfertigen, weshalb sich in einigen Bereichen doch Langeweile einschleicht. Exemplarisch sei die Halloween-Party erwähnt (die mich im Übrigen an sehr ähnliche Szenen aus "Jennifer's Body" erinnert haben – keine Kritik, nur eine Beobachtung), doch auch an vielen anderen Stellen hätte man deutlich kürzen können, um die Spannungsschraube anzuziehen. Einige Morde wirken leider auch sehr effekthascherisch und scheinen nur dazu da zu sein, um Blut, Gewalt und teilweise auch nackte Haut zeigen zu können.
Ein kurzer Teilabschnitt, der wirklich begeistern kann, ist Laurie's Aufenthalt im Krankenhaus. Rob Zombie komprimiert hier die Handlung aus dem ursprünglichen "Halloween II" zu einer atmosphärisch dichten, mordsspannenden Hatz, bei der man sich zuletzt fragt, wie Laurie aus ihrer misslichen Lage nur entkommen soll. Doch selbst diesen Teil der Handlung ruiniert Zombie letztendlich, als er die dümmste und billigste Auflösung, die das Horror-Genre zu bieten hat, auffährt. Somit bleibt "Halloween II" nur mehr eine einzige wirklich gute Szene, und das ist (Achtung, Spoiler!) Annie's Ermordung, die uns angenehm unvoyeuristisch gezeigt wird, und sogar ansatzweise zu berühren vermag – vor allem, wenn der wieder grandiose Brad Dourif seine Tochter entdeckt (Spoiler Ende). Der Showdown konnte mich dann aber leider ebensowenig überzeugen, wie das eigentliche Ende, wo Rob Zombie mit der (grundsätzlich gelungenen) "Love Hurts"-Coverversion von Nan Vernon noch einmal an die meines Erachtens schlechteste – da unfreiwillig komischste – Szene aus seinem ersten Teil erinnert, und damit für einen – angemessen – unversöhnlichen Abschluss sorgt.
Fazit:
Trotz meiner ausführlichen Kritik, die sich sehr auf die negativen Aspekte konzentriert: "Halloween II" ist kein abgrundtief schlechter Film. Rob Zombie präsentiert einige schöne Bilder und atmosphärisch dichte Szenen, die schauspielerischen Leistungen sind durch die Bank gut, und es finden sich in all dem Wahnsinn auch ein paar wirklich gute Momente, die gefallen können – allen voran der toll inszenierte Tod einer Figur, sowie die Szenen im Krankenhaus (bis zur haareraufenden Auflösung). Leider aber ist dies zu wenig, um all jenes auch nur ansatzweise auszugleichen, dass Rob Zombie hier misslungen ist. Allen voran beim Drehbuch, aber auch bei der inszenatorischen Umsetzung leistet er sich die eine oder andere Schwäche. Es finden sich einige interessante, vielversprechende Ansätze, die dazu führen, dass ich ihn trotz meines Missfallens nicht auf eine Stufe mit völligen Katastrophen wie z.B. "My Soul To Take" oder "Final Destination 4" stellen kann. Trotzdem wundert es mich nicht, dass mir "Halloween II" so überhaupt gar nicht im Gedächtnis geblieben ist, so dass ich nicht einmal mehr wusste, dass ich ihn schon gesehen habe. Das wenige, das er an Erinnerungswürdigem bietet, ist leider zugleich das, was mich ungemein frustriert und genervt hat. Auf objektiver Ebene kann ich anerkennen, was Rob Zombie hier schaffen wollte – auf subjektiver Ebene muss ich ihm jedoch attestieren, damit gescheitert zu sein.