Originaltitel: The Corbomite Maneuver Produktionsnummer: 1x02 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 10.11.1966 Erstausstrahlung D: 07.10.1972 Drehbuch: Jerry Sohl Regie: Joseph Sargent Hauptdarsteller: William Shatner als Captain James T. Kirk, Leonard Nimoy als Mr. Spock, DeForest Kelley als Dr. Leonard McCoy, James Doohan als Scotty, George Takei als Hikaru Sulu, Nichelle Nichols als Lt. Uhura Gastdarsteller: Grace Lee Withney als Yeoman Rand, Anthony Call als Dave Bailey, Clint Howard als Balok, Walker Edmiston als Stimme von Balok, Ted Cassidy als Stimme von Baloks Puppe
Kurzinhalt:
Die Enterprise trifft auf ein fremdes Gebilde, welches ihr nicht nur den Weg versperrt, sondern auch verhindert, dass sie sich wieder zurückzieht. Als die Strahlung, welche die seltsame Gestalt absondert, lebensgefährliche Ausmaße annimmt und die Crew der Enterprise umzubringen droht, beschließt Captain Kirk, es zu zerstören. Nun stellt sich die Frage: Weiter in den unbekannten Raumbereich vordringen, oder sich zurückziehen? Kirk besinnt sich der Aufgabe des Raumschiffes – mutig dorthin vorzustoßen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist – und beschließt, den Flug fortzusetzen. Kurz darauf sieht sich die Enterprise einer weitaus größeren Bedrohung gegenüber: Ein unfassbar riesiges Schiff nimmt es in den Traktorstrahl, und Kommandant Balok informiert die Besatzung darüber, dass die Enterprise in 10 Minuten vernichtet wird. Die Lage scheint aussichtslos – bis Kirk die Idee hat, einen sehr riskanten Bluff zu wagen…
Denkwürdige Zitate:"You could see the alarm lights flashing from there McCoy. Why didn’t you tell me?" "I had to finish physical on you, didn’t I? What am I, a doctor or a moon shuttle conductor?"
(Kirk verlässt die Krankenstation, die Tür schließt hinter ihm, und lässt McCoy allein zurück.) "If I jumped every time a light came on around here, I’d end up talking to myself."
(Schon seltsam, dass dieser Witz in der deutschen Fassung verlorengegangen ist, heißt es dort doch nur "würde ich noch verrückt werden"; und das, wo die Synchro-Verantwortlichen doch so darauf bedacht waren, mehr Humor in die Serie zu bringen…)
"Those of you who have served for long on this vessel have encountered alien lifeforms. You know the greatest danger facing us is ourselves, an irrational fear of the unknown. But there's no such thing as the unknown, only things temporarily hidden, temporarily not understood."
(Kirks Ansprache an seine Crew, die zudem die Message der Folge beinhaltet.)
Review:
"Pokerspiele" ist einer jener Folgen, die durch die Zeichen der Zeit leider ein wenig an Wirkung verloren haben. In den 60ern mag das fremde Raumschiff sehr seltsam und wirklich bedrohlich gewirkt haben – heutzutage macht es mehr den Eindruck, als würde die Enterprise von einer riesigen Weihnachtslichterkettenkugel aufgehalten und bedroht werden – was ungefähr so beängstigend ist, als würden in einem Horrorfilm plötzlich die Teletubbies hinter dem Sofa hervorspringen und "winke winke" rufen (wobei ich gestehen muss, irgendwie hat dieser Gedanke sogar etwas furchteinflößendes). Daher lässt sich leider die Bedrohung, der sich die Enterprise gegenübersieht, nur bedingt nachvollziehen, was natürlich ein wenig auf die Spannung drückt. Auch die Remastered-Fassung schafft hier meines Erachtens kaum Abhilfe; im Gegenteil, die neu kreierten Effekte sind mir zu glatt und wirken daher auf mich etwas billig; da hatte das Original definitiv mehr Atmosphäre und Charme.
Weitere wesentliche Kritikpunkte sind für mich die zum Overacting tendierende Darstellung von Bailey, seine wie aus dem nichts kommende Entscheidung am Ende (die dadurch auch überhastet und nicht nachvollziehbar wirkt), sowie kleinere logische Schwächen (so fragt man sich, wie Kirk einen Eintrag ins Computerlogbuch zur Bedrohung durch die Sonde vornehmen kann, wenn er doch noch in der Krankenstation von Pille auf Herz und Nieren untersucht wird und erst kurz darauf von Spock über die Geschehnisse auf der Brücke informiert wird). Und: So gelungen ich die Auflösung am Ende grundsätzlich auch finde (dazu gleich mehr), fragt man sich rückwirkend unweigerlich: Warum das Ganze? Warum droht Balok ihnen den Tod an etc.? Irgendwie ergibt sein Verhalten zuvor nur mehr bedingt Sinn. Zuletzt muss auch noch erwähnt werden, dass dies die erste Folge ist, in der die flapsige deutsche "Gaudi-Synchro" zum ersten Mal so richtig – unangenehm – auffällt. Insbesondere im Gespräch über Janice Rand hat man ordentlich übers Ziel hinaus geschossen, wird hier doch auf recht gemeine Art und Weise auf ihr herumgehackt. In der englischen Originalfassung könnte Kirk zwar ebenfalls ein bisschen netter zu ihr sein, doch die Szene ist deutlich harmloser und besitzt generell einen ganz anderen Ton. Jedenfalls fand ich die respektlose Darstellung von Kirk in dieser Szene (in der deutschen Fassung, wohlgemerkt) doch recht störend.
Von diesen Kritikpunkten abgesehen gefällt mir die Episode aber nach wie vor ungemein gut – vor allem das clevere, wendungsreiche Drehbuch bzw. generell die angenehm fokussierte Geschichte, sowie die atmosphärische Inszenierung. Regisseur Joseph Sargent lässt sich zudem ausreichend Zeit, um uns die Anspannung an Bord nachvollziehen zu lassen. Da man des Weiteren auf störende B-Handlungen verzichtet und die Geschichte auch wirklich nur aus der Perspektive der Enterprise-Crew verfolgt, fühlt man sich teilweise so, als würde man sich mit ihnen auf der Brücke befinden. Die Anspannung der Crew wird dabei vor allem auch durch Konflikte wie Bailey's Zusammenbruch oder auch den Streit zwischen Pille und Kirk deutlich. Letzterer darf in einigen Szenen wieder einmal deutliche Selbstzweifel durchscheinen lassen, die der Figur einiges an Profil verleihen und sie interessant(er) machen, zugleich aber natürlich auch beweisen, dass er zu recht im Sessel in der Mitte sitzt.
Ebenfalls ein wichtiger – positiver! – Aspekt ist die großartige Musik von Fred Steiner, der hier zum ersten Mal zum Einsatz kam, und dem Zuschauer die Gefahr in der die Enterprise steckt noch einmal verdeutlicht, und die Stimmung der Folge insbesondere in den spannungsgeladenen Szenen perfekt unterstützt. Zudem sei festgehalten, dass sich meine Kritik bezüglich des Schiffsdesigns ausschließlich auf das Mutterschiff, die Fesarius bezieht. Sowohl Balok's kleines Raumschiff, vor allem aber auch die Sonde zu Beginn, finde ich von Idee und Umsetzung her nach wie vor gelungen, interessant, originell und überzeugend. Sehr positiv auch, wie das Problem rund um die Bedrohung durch die Fesarius schließlich gelöst wird. Wo spätere Star Trek-Serien in Technobabble verfallen wären und den Schwerpunkt auf eine technische Lösung gelegt hätten, sind es hier Cleverness, Taktik und Beharrlichkeit, welcher der Crew der Enterprise schließlich den Sieg einbringen. Die letzte große Stärke von "Pokerspiele" ist für mich dann die Offenbarung am Ende, die mir nach wie vor ungemein gut gefällt. Zugegeben, bei der Darstellung von Balok mag die Idee besser gewesen sein als die Ausführung; vor allem bei seinem Lachen schießt man beim Versuch, die große Angst und Besorgnis zuvor als unbegründet zu entlarven, etwas übers Ziel hinaus. Doch die Grundaussage dahinter finde ich nach wie vor einfach nur großartig…
Fazit:
Zugegeben, der Zahn der Zeit war bei dieser Folge nicht gerade gnädig, und hat vor allem was die Effekte rund um Baloks Mutterschiff betrifft ein wenig an Bedrohlichkeit und damit leider auch Spannung abgenagt. Deutsch-Gucker (oder wohl eher: Hörer) stören sich zudem am ersten merkbaren Einsatz der Gaudi-Synchro, wobei der Humor vor allem bei der Szene in Kirk's Quartier, wo über Janice Rand gelästert wird, einen unangenehm unangebrachten Eindruck hinterlässt. Doch davon – und ein paar weiteren kleineren, jedoch nicht wirklich relevanten Kritikpunkten – abgesehen kann mich "Pokerspiele" nach wie vor begeistern. Dies liegt vor allem am spannenden und fokussierten Drehbuch sowie der atmosphärisch dichten Inszenierung, welche die Anspannung an Bord der Enterprise fast spürbar macht. Das Tüpfelchen auf dem i ist dann die gelungene Offenbarung am Ende, welche zudem die gefällige Grundaussage der Episode deutlich macht: Die eigentliche Bedrohung, die es zu überwinden gilt, liegt in unserer Furcht vor dem Unbekannten, und nicht im Unbekannten an sich…