Episodennummer: 1x01 Bewertung: Erstausstrahlung D: 17.09.1966 Drehbuch: Rolf Honold & W.G. Larsen Regie: Michael Braun Hauptdarsteller: Dietmar Schönherr als Major Cliff McLane, Eva Pflug als Leutnant Tamara Jagellovsk, Claus Holm als Leutnant Hasso Sigbjörnson, Wolfgang Völz als Leutnant Mario de Monti, F. G. Beckhaus als Leutnant Atan Shubashi, Ursula Lillig als Leutnant Helga Legrelle, Benno Sterzenbach als General Wamsler, Friedrich Joloff als Oberst Villa Gastdarsteller: Charlotte Kerr als General Lydia van Dyke, Franz Schafheitlin als Sir Arthur, Hans Cossy als Marschall Kublai Krim, Thomas Reiner als M. Spring-Brauner, Lieselotte Quilling als Ingrid Sigbjörnson, Wolfgang Hess als Com. Stein (Stimme), Nils Clausnitzer als Bodenkontrolle (Stimme)
Kurzinhalt:
Wegen seines aufmüpfigen Verhaltens und seiner ständigen Befehlsverweigerungen wird die Mannschaft des schnellen Raumkreuzers Orion unter dem Kommando von Commander Cliff Allister Mclane zur Raumpatrouille strafversetzt. Mit Leutnant Tamara Jagellovsk wird der Crew eweiterhin ine Mitarbeiterin des Galaktischen Sicherheitsdienstes zur Seite gestellt, die sie von eigenmächtigen Unternehmungen abhalten soll. Ihr erster Routineflug führt die Orion zum Erdaußenposten MZ-4. Da kein Kontakt hergestellt werden kann, schickt McLane seine Offiziere Atan und Hasso mit einer Lancet zur Basis. Dort stellen sie fest, dass die gesamte Mannschaft tot ist und sich die Basis in der Hand von Exoterristen befindet. Gleichzeitig wird die Orion von fremden Raumschiffen angegriffen…
Review von Björn Flügel (17.09.2011):
45 Jahre sind vergangen, seit die "phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion" erstmals über die Fernsehschirme flimmerten. Den Auftakt bildet die Episode "Angriff aus dem All". Sie gönnt sich keinerlei Leerlauf und nutzt jeden Augenblick, um den Zuschauer zu fesseln und zu begeistern. Man hat sich schnell mit McLane und Co. angefreundet, hat einen Eindruck über das Leben und die leidige Bürokratie in dieser Zukunft gewonnen und staunt über den technischen Fortschritt, der uns - möglicherweise - noch bevorsteht. Es ist bemerkenswert, dass dieses Konzept immer noch so gut funktioniert wie vor 45 Jahren, als die Orion erstmals in die Tiefen des Alls aufbrach. Das ist nicht nur dem temporeichen, straffen Drehbuch und den durchdachten, detaillierten Dekorationen zu verdanken, sondern auch - oder gerade - den herausragenden Darstellern. Jeder der Beteiligten, gleich ob vor oder hinter der Kamera, trägt professionell und routiniert zum Gelingen der ersten Episode bei. Das ist umso beachtlicher, berücksichtigt man, dass Science Fiction zu diesem Zeitpunkt Neuland im deutschen Fernsehen war; es gab noch nicht einmal brauchbare Referenzen z.B. aus den USA oder Großbritannien, die zwar schon einiges an Science Fiction auf die Beine gestellt hatten, jedoch nichts, was in irgendeiner Form mit dem Projekt "Raumpatrouille" vergleichbar gewesen wäre. Auch wenn man die "Raumpatrouille" heute mit anderen Augen als bei ihrer Erstausstrahlung sieht, staunt man immer noch über den Einfallsreichtum der Macher. Angefangen bei den herrlich-verrückten Ausstattungsdetails - allen voran das berühmte Bügeleisen - bis hin zu den imposanten Tricksequenzen. Wenn die Orion von der Tiefseebasis aus in den Weltraum emporsteigt, ist das für mich immer noch eine der spektakulärsten Szenen der SF-Fernsehgeschichte.
Dass "Angriff aus dem All" ausgesprochen professionell inszeniert wurde, belegen die beklemmenden Szenen auf MZ-4. Hier kommen raffinierte Beleuchtungs- und Tontechniken zum Einsatz, die die Angst auch für den Zuschauer spürbar machen, während Atan und Hasso die Station erkunden. Der Anblick der verstorbenen Besatzung, die in ihren Bewegungen eingefroren ist, lässt einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Dabei wird der Nervenkitzel durch die dynamische, punktgenaue Musik von Peter Thomas auf die Spitze getrieben. Als man schließlich die "Frogs" erstmals zu Gesicht bekommt, wird klar, dass man es hier mit einem überlegenen, völlig andersartigen Gegner zu tun hat. Die Idee, die "Frogs" als glitzernde Silhouetten darzustellen, gefällt mir immer noch sehr gut, schließt dieser Einfall doch von vornherein jegliche Identifikation oder Vermenschlichung aus. Auch die spritzigen Dialoge wissen zu gefallen. Seien es die Reibereien zwischen der eingeschworenen Orion-Crew und ihrer neuen Gouvernanten, das Kompetenzgerangel zwischen den verschiedenen Abteilungen des irdischen Verwaltungsapparates oder auch die dramatischen Szenen, in denen McLane beschließt, MZ-4 per Energiebrand auszulöschen - Jede Textzeile sitzt perfekt. Zieht man am Ende der Episode ein Resumee, so ist man bereits gänzlich im "Orion"-Universum angekommen, hat mit McLane und Co. neue Freunde gewonnen und traut nur ihnen zu, die Erde vor den feindlichen "Frogs" zu behüten.
Fazit:
"Angriff aus dem All" ist eine spannende, temporeiche Episode, die mit Bravour die Herausforderung meistert, die Charaktere vorzustellen und ein Bild der Zukunft zu gestalten. Auch wenn viele Ausstattungsdetails heute eher zum Schmunzeln als zum Staunen anregen, überzeugt die "Raumpatrouille" immer noch mit ihren großartigen Drehbüchern, ihren ausgezeichneten Darstellern und ihrem verblüffenden Design. Nostalgische Gefühle sind freilich mit an Bord und sind Begleiter auf diesem mutigen Abenteuer, das bis heute einmalig ist.
Wertung: 5 von 5 Punkten
Björn Flügel
Review von Christian Siegel (27.04.2022):
"Raumpatrouille Orion" (bitte verzeiht, wenn ich den kompletten Titel "Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion" der Einfachheit halber nur sporadisch verwenden, und stattdessen überwiegend abkürzen werde) wurde ja bereits vor mehr als zehn Jahren – zum 45. Geburtstag der Serie – von meinem geschätzten Kollegen Björn Flügel besprochen. Dennoch möchte ich es mir nicht nehmen lassen, ebenfalls noch meinen Senf zu dieser Kultserie beizusteuern. Hierbei sei gleich festgehalten, dass ich sie tatsächlich seit meiner Kindheit nicht mehr gesehen habe – sprich, man kann das eigentlich so gut wie als Neusichtung ansehen. Zumal ich "Raumpatrouille" als Kind zwar durchaus mochte, sie aber für mich an "Raumschiff Enterprise" (und noch vielen anderen; aber der Vergleich mit "Star Trek" drängt sich halt im Vergleich zu z.B. einem "Batman" eher auf) nie herankam. Insofern war das dann eher so ein Fall wie "UFO" oder "Mondbasis Alpha": Wenn sie mir im Fernsehen untergekommen sind, habe ich sie mir gern angesehen. Ich hätte aber nicht aktiv nach Ausstrahlungen gesucht, um dann gebannt (teilweise auch noch bei der x-ten Wiederholung) in die Röhre zu starren.
Jedenfalls war ich gespannt, wie mir die Serie nach all der Zeit gefallen würde. Und zumindest von "Angriff aus dem All" war ich mal wirklich angetan. Die Episode macht einen guten Job dabei, um einerseits das Setting und die Figuren zu etablieren, und andererseits eine für sich genommen interessante Geschichte zu erzählen. Die meisten Charaktere – inklusive Tamara, auch wenn diese eher als Hinder- oder zumindest Ärgernis angelegt zu sein scheint – waren mir dabei praktisch auf Anhieb sympathisch. Auch schauspielerisch gibt es nichts zu Mäkeln, wobei für mich insbesondere Dietmar Schönherr positiv hervorstach, der für die (Haupt-)Rolle als Major Cliff McLane die nötige Präsenz mitbringt. Gefreut habe ich mich zudem über das Wiedersehen mit dem sympathischen Wolfgang Völz, mit dessen Stimme ich aufgrund seiner zahlreichen Synchronrollen quasi aufgewachsen bin, den ich jedoch als Schauspieler nur sehr sporadisch wahrnahm. Aber auch Eva Pflug, Claus Holm, Friedrich G. Beckhaus, Ursula Lillig usw. sind mit genau der richtigen Mischung aus Ernst und Augenzwinkern bei der Sache. Produktionstechnisch bin ich von der Serie – in Anbetracht der damaligen Möglichkeiten (sowie der deutschen Herkunft) ebenfalls sehr angetan. Natürlich gibt es immer wieder unfreiwillig komische Elemente, wie das mittlerweile legendäre Bügeleisen, insgesamt merkt man der Serie aber an, wie viel Aufwand und Mühe in die Ausstattung, die Sets usw. gesteckt wurde, und generell kann und muss man festhalten: Hier wurde definitiv geklotzt, statt gekleckert. Rein konzeptionell fühlte ich mich dabei teilweise an die vier italienischen Filme rund um die Gamma Eins-Raumstation erinnert – wobei "Raumpatrouille" im direkten Vergleich mit diesen die Nase sehr weit vorne hat.
Aber auch die Effekte konnten mir wirklich gut gefallen. Natürlich gilt auch hier wieder, dass man ihnen ihr Alter ansieht, aber einerseits haben solche alte Aufnahmen für mich nach wie vor einen großen Retro-Charme, vor allem aber finde ich es beachtlich, dass sich "Raumpatrouille" vor ähnlich gelagerten internationalen Produktionen – insbesondere im TV-Bereich – absolut nicht verstecken muss (einzig "Raumschiff Enterprise" bleibt unerreicht, das setzte allerdings in dieser Hinsicht damals auch für US-amerikanische Verhältnisse neue Maßstäbe, und stach Konkurrenten wie "Lost in Space" deutlich aus). Dabei hatte es mir ganz besondere die Verbindung einzelner Aufnahmen/Elemente – das Aquarium im Casino, oder auch die Landestelle– angetan. Aber auch die Frogs fand ich mit diesem Schimmer, der über die Kostüme gelegt wurde, phantastisch (und originell) umgesetzt. Zugegeben, einiges – wie der Tanz – wirkt doch etwas unfreiwillig komisch. Zudem übertriebt man es ein bisschen mit dem sinnlosen Technogebrabbel (um futuristischer/science fiction-iger zu wirken?) sowie den Countdowns (die man damals wohl aufgrund der NASA-Starts derart mit dem Weltall verband, dass man gleich mehrere solche Momente in die Episode einbaute). Und das Ende war dann sehr plötzlich, antiklimaktisch, und verletzte den guten alten "Zeigen, nicht erzählen"-Grundsatz. Insgesamt kann sich "Angriff aus dem All" in meinen Augen aber auch mehr als 55 Jahre später immer noch sehen lassen!
Fazit:
"Ein Märchen von Übermorgen", heißt es im Einleitungstext – und auch wenn die Abenteuer des Raumschiffs Orion mittlerweile über 55 Jahre auf dem Buckel hab, kann man das immer noch unterschreiben. Natürlich wirkt die Serie aus heutiger Sicht vergleichsweise angestaubt, und stellenweise auch unfreiwillig komisch. Als jemand mit großem Herz für Retro-Science Fiction habe ich mich über die guten alten Effekte aber definitiv deutlich mehr gefreut als echauffiert. Zumal die Serie unter Berücksichtigung ihres Alters, der Natur als TV-Produktion und der deutschen Herkunft in vielen Bereichen – diesbezüglich sei insbesondere die Kombination mehrerer Aufnahmen hervorgehoben – geradezu herausragend ist. Die Effekte im Weltall mögen mit dem großen Konkurrenten "Raumschiff Enterprise" nicht mithalten können – das konnte damals aber selbst "Verschollen zwischen fremden Welten" nicht, und wäre dementsprechend eine unfair hohe Messlatte. Von den Sets und der Ausstattung war ich – abseits der mittlerweile wohlbekannten Ausreißer wie dem Bügeleisen – ebenfalls sehr angetan. Die SchauspielerInnen machten einen ebenso guten Ersteindruck, wie die Figuren, die sie verkörpern. Und auch wenn die Story – nicht zuletzt, da es sich um eine Pilotfolge handelt – ein bisschen braucht, um in Fahrt zu kommen, fand ich dann insbesondere die zweite Hälfte, mit dem ersten Auftritt der Frogs, durchwegs mitreißend. Kleinere Schönheitsfehler mögen den Gesamteindruck zwar ein bisschen trüben. Insgesamt konnte mir das erste Abenteuer der Orion aber auch nach all der Zeit immer noch verdammt gut gefallen.