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Ein deprimierendes, herzzerreißendes Meisterwerk Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Mittwoch, 03 August 2011
 
Blue Valentine
(Blue Valentine, USA 2010)
 
Blue Valentine
Bewertung:
Studio/Verleih: Hunting Lane/Senator Film
Regie: Derek Cianfrance
Produzenten: U.a. Lynette Howell, Alex Orlovsky, Jamie Patricof, Ryan Gosling & Michelle Williams
Drehbuch: Derek Cianfrance, Cami Delavigne & Joey Curtis
Filmmusik: Grizzly Bear
Kamera: Andrij Parekh
Schnitt: Jim Helton & Ron Patane
Genre: Drama
Kinostart (Deutschland): 04. August 2011
Kinostart (USA): 29. Dezember 2010
Laufzeit: 112 Minuten
Altersfreigabe: Ab 16 Jahren
Trailer: klick
Kaufen: Blu Ray, DVD, Soundtrack
Mit: Michelle Williams, Ryan Gosling, Faith Wladyka, John Doman, Mike Vogel u.a.


Kurzinhalt: Dean und Cindy sind mittlerweile seit sechs Jahren verheiratet, und Eltern einer kleinen Tochter. Doch aus der einst so harmonisch-glücklichen Beziehung ist längst eine Tortur geworden. Gefangen im Frust des Alltagstrotts, kommen jahrelang zurückgedrängte und dadurch aufgestaute Gedanken und Emotionen langsam an die Oberfläche und drohen ihre Ehe zu vergiften; aus Liebe wird zunehmend Hass. Als ein Schicksalsschlag die ohnehin angespannte Situation bis zum Bersten zu belasten droht, beschließt man, sich für eine Nacht in ein Hotel zurückzuziehen, und den Alltag und den damit verbundenen Frust und Zorn hinter sich zu lassen. Ein letzter Versuch, um ihre zerrüttete Ehe doch noch zu retten…

Review: ImageFür einen Wiener und selbsternannten Liebhaber des Mediums Film mag es fast einer Schande gleichkommen, aber bis vor wenigen Jahren fand das jährliche Filmfestival "Viennale" weitestgehend unter meinem Radar statt. 2007 sollte sich dies jedoch ändern: Die Viennale nahm "Blade Runner – The Final Cut" ins Programm und gab mir damit nicht nur die Gelegenheit, einen meiner Lieblingsfilme zum ersten Mal auf der großen Leinwand zu erleben, sondern auch, einen ersten Blick auf diese ultimative neue Fassung des Films zu erhaschen, einige Wochen eher er dann endlich auf DVD veröffentlicht wurde. Seither durchstöbere ich Jahr für Jahr das Programm, und schaue zumindest für 1-2 Vorstellungen vorbei. So auch 2010, wo ich mir zwei Filme (die am gleichen Abend gezeigt wurden) angeschaut habe. Während mich "Somewhere" doch eher enttäuschte, hat "Blue Valentine" alles gehalten, was ich mir von ihm versprochen hatte. Und während man in Österreich leider nach wie vor auf einen offiziellen Kinostart warten muss, können sich deutsche Fans des anspruchsvolleren Films ab nächsten Donnerstag – zumindest in ausgewählten Kinos – selbst ein Bild von ihm machen…

Die Ausgangssituation von "Blue Valentine" mag an "Zeiten des Aufruhrs" erinnern – doch wo Sam Mendes' Beziehungsdrama, so gut der Film auch gewesen sein mag, teilweise doch ins Melodramatische verfiel, bleibt "Blue Valentine" sehr authentisch. Sowohl die Figuren als auch die Situationen, in denen sie sich wiederfinden, wirken echt und lebensnah. Natürlich ist "Blue Valentine" kein universelles filmisches Dossier über das Scheitern einer Beziehung – dafür sind wir, sind Beziehungen, viel zu komplex und unterschiedlich. Und dennoch glaube ich, dass so ziemlich jeder, der sich schon einmal in einer ähnlichen Situation befunden hat wie die beiden Protagonisten, im einen oder anderen Moment wiederfinden wird. Ich konnte es jedenfalls – und vermutlich auch deshalb hat mich "Blue Valentine" so berührt wie er das getan hat. Berührt, und auch verstört. Deprimiert. Ausgelaugt. Aufgrund seiner kompromisslosen Ehrlichkeit und Authentizität ist er ein ungemein anstrengender, deprimierender Film. Es tut einfach weh, zu sehen, wie diese beiden Menschen verzweifelt versuchen, an einer Liebe festzuhalten, die möglicherweise schon vor langer Zeit verloren gegangen ist. Teilweise wirken ihre Versuche so verzweifelt – und vergeblich – als würden sie Versuchen, Luft festzuhalten. Zugleich hat "Blue Valentine" aber auch etwas sehr katharsisches – vor allem wenn man etwas ähnliches selbst schon mal durchgemacht hat und sich durch die Anstrengung und die Qualen der Figuren unweigerlich an die eigenen schmerzlichen Erlebnisse erinnert.

ImageDie schauspielerischen Leistungen sind einfach nur absolut grandios. Michelle Williams mag auf dem ersten Blick die interessantere Rolle und damit die besseren Szenen haben, aber bloß weil sie vielleicht die "lautere" Figur ist, macht das Ryan Goslings Darstellung noch lange nicht schlecht. Ganz im Gegenteil, ich fand seinen ruhig-verhaltenen Ansatz, bei dem man doch ständig merkt, welche Gefühle in seinem Inneren brodeln, teils sogar erschreckender. Damit will ich jetzt aber auch keinesfalls Michelle William's Leistung schmälern! Auch ihre Darstellung ist ungemein vielschichtig und absolut beeindruckend. Zudem sind ihrer beiden Performances auch durchaus mutig – und das ist jetzt nicht nur auf den wieder einmal vollen Körpereinsatz von Michelle Williams bezogen. Sie führen ihre beiden Figuren scheinbar furchtlos an teils sehr dunkle Orte, ohne sich darüber Gedanken zu machen, die Sympathien der Zuschauer zu verlieren. Jedenfalls liefern beide in meinen Augen hier die mit Abstand (bisher) besten Leistungen ihrer noch jungen Karriere ab.

Neben den grandiosen Darstellern liegt es aber natürlich in erster Linie an Regisseur und Drehbuch(co-)autor Derek Cianfrance, dass "Blue Valentine" so gelungen ist. Neben dem (bereits angesprochenen) authentischen Ton des Films fällt auch seine gewiefte, angenehm ruhige Regie auf, die nie zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenkt und stattdessen ganz klar die Darsteller – und damit die Figuren – ins Zentrum rückt. Darüber hinaus ist es aber vor allem auch sein Drehbuch, welches zu begeistern vermag. So fällt zuerst einmal positiv auf, dass er uns hier zwei Protagonisten mit Ecken und Kanten serviert, statt die Schuld nur auf eine(n) von ihnen zu schieben. Beide haben ihre guten, charmanten, positiven und liebevollen Seiten, jedoch zugleich auch ihre Schwächen – und dürfen uns beide Aspekte ihrer Figur offenbaren. Darüber hinaus zeigt er uns eine psychologisch ungemein komplexe und vielschichtige Beziehung, und würzt "Blue Valentine" zudem mit einigen absolut schonungslosen und richtiggehend harten Szenen – nicht etwa aufgrund von physischer, sondern psychischer Gewalt. Auch wenn ich "Blue Valentine" in seiner Gesamtheit grandios finde, so ist doch für mich der mit Abstand beste Teil des Films alles, was sich im Hotelzimmer abspielt. Hier finden sich dann auch die denkwürdigsten Momente des Films – allen voran die erschütternde Sexszene. Derek Cianfrance musste lange kämpfen, um "Blue Valentine" so drehen und diese Geschichte so erzählen zu können, wie er das wollte – doch angesichts dieses Endergebnisses war es das definitiv wert.

ImageDer wahre Geniestreich des Films liegt jedoch darin, dass wir nicht einfach "nur" das drohende Ende einer langjährigen Beziehung miterleben. Denn parallel dazu erzählt uns Derek Cianfrance, wie sich die beiden ursprünglich kennen- und lieben gelernt haben. Während wir auf der einen Seite sehen, wie ihre Ehe zerbricht, offenbart man uns andererseits ihre glücklich(st)en Momente. Wir erleben, wie sie sich ineinander verlieben, und wünschen ihnen, dass sie so glücklich bleiben. Mehr noch: Wir wollen, müssen glauben, dass sie glücklich sein und bleiben können, dass es für sie ein "für immer" geben kann – nicht nur, da wir sie ins Herz geschlossen haben, sondern auch, da wir in ihnen zumindest teilweise uns selbst erkennen. Wir wollen an ein Happy End für sie glauben, weil wir glauben wollen, dass es auch für uns eines geben kann und wird. Jedenfalls… dieses anfängliche Hochgefühl mitzuerleben, und zugleich Zeuge davon zu werden, wie ihre einst so stark scheinende Liebe nun zerbricht, ist ungemein deprimierend, und absolut herzzerreißend. Letztendlich ist es dieser Geniestreich, der "Blue Valentine" für mich aus der Riege der Beziehungsdramen hervorstechen und zu einem kleinen, feinen modernen Meisterwerk werden lässt…

Fazit: "Blue Valentine" ist ein brutaler, authentischer und schonungslos ehrlicher Film über ein zerrüttetes Paar und den verzweifelten Versuch, ihre Ehe noch zu kitten. Der wahre Geniestreich besteht aber darin, dass wir zugleich in Rückblenden erleben, wie sie sich ursprünglich ineinander verliebt haben. Zu sehen, wie viel die beiden füreinander einst empfunden haben und wie perfekt sie füreinander zu sein schienen, und zugleich vor Augen geführt zu bekommen, wohin sich ihre Beziehung schließlich entwickelt hat, ist ungemein deprimierend und herzzerreißend. Neben dem tollen Drehbuch, dass einige in ihrer Schonungslosigkeit absolut denkwürdige Szenen zu bieten hat, und der stilvollen, ruhigen Inszenierung wird "Blue Valentine" dabei vor allem von den grandiosen schauspielerischen Leistungen von Ryan Gosling und Michelle Williams getragen. Trotzdem fällt es mir schwer, den Film uneingeschränkt weiterzuempfehlen. Frisch Verliebte könnten den Kinosaal recht desillusioniert verlassen, Paare die bereits länger zusammen sind ihre Beziehung in Frage stellen, und (unglückliche) Singles selbst den letzten Funken Hoffnung auf immerwährende Liebe verlieren. Wer sich jedoch von einem Film wieder mal so richtig das Herz rausreißen lassen will, ist bei "Blue Valentine" genau richtig…

Wertung:10 von 10 Punkten



Christian Siegel
(Bilder © Senator Film)


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