Mit: Olgierd Lukaszewicz, Jerzy Stuhr, Bozena Stryjkówna, Boguslawa Pawelec, Hanna Stankówna, Beata Tyszkiewicz, Janusz Michalowski, Wieslaw Michnikowski u.a.
Inhalt:
Im Jahr 1991 werden die beiden Männer Max und Albert für einen wissenschaftlichen Versuch für geplante drei Jahre eingefroren. Für diesen Art Winterschlaf wird der Begriff "Hibernation" verwendet. Als sie wieder aufwachen sind ihnen die Umstände ihres Schlafes und der Zustand der Welt zunächst unbekannt. Alles erscheint seltsam und befremdlich. Mit der Zeit stellt sich dann heraus, dass sie bis ins Jahr 2044 geschlafen haben. Aufgrund eines kurz nach ihrem Einfrieren ausgebrochen Krieges wurde ihr Experiment vergessen. Durch eine von ihrem Professor entwickelten biologischen Waffe sind dabei alle Männer getötet worden und nur die Frauen haben überlebt. Die Frauen haben sie in Ihren Hibernatoren wieder entdeckt und wieder ins Leben zurückgeholt.
Die Frauen dieser Zeit leben in einem unterirdischen Stollensystem in einem totalitären Staat, welcher durch die so genannte "Frauen Liga" gegründet worden war. In diesem Staat herrscht eine Ideologie, die Männer zu Feinden der Frauen erklärt und alles Männliche als das Böse schlechthin darstellt. Die Propaganda verfälscht die Geschichte, stellt alltägliche Dinge (z.B. einen Korkenzieher) in absurder Weise als Folterinstrument der Männer für die Frauen dar und selbst die Bibel wurde entsprechend umgedeutet (So verführte laut dieser Propaganda Adam Eva im Paradies mit dem Apfel und Kain erschlug seine Schwester Abla). Zunächst sind sich die Behörden des Frauenstaates uneinig, was mit den aufgetauten Männern geschehen soll und es kommt zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen archäologischen und der genetischen Abteilung. Als sich die Männer vor ein Tribunal gestellt werden und beschlossen wird, sie einer Geschlechtsoperation zu unterziehen, flüchten die beiden und geraten dabei hinter das Geheiminis des Frauenstaates.
Review:
An was denkt man, wenn man von einem Film mit dem Titel "Sex Mission" hört? Zunächst vermutlich an den Schmuddelkram, der nach 24:00 Uhr spätnachts auf einem der Privatsender läuft und mindestens einer FSK-16-Beschränkung unterliegt. Doch weit gefehlt, bei "Sex Mission" handelt es sich um einen polnischen Science-Fiction Film, der in unserem östlichen Nachbarland längst Kultstatus erreicht hat. Oberflächlich betrachtet behandelt "Sex Mission" auf eine sehr überzogene Weise den Geschlechterkonflikt und die Themen Feminismus und Patriarchat. Der Film verliert leider etwas an Humor in der Übersetzung und so kommen die witzigen Momente in der deutschen Version teilweise etwas plump rüber. In der Synchronisation wurden sogar einige Aussagen gänzlich geändert und die deutsche Version wurde auch geschnitten und einzelne Passagen sogar umgestellt. In manchen Fällen steht dadurch der Slapstick-Humor im Vordergrund, was dem Film aber nicht gerecht wird.
Wer in einem Land mit parlamentarischer Demokratie wie selbstverständlich mit einer relativ großen Freiheit aufgewachsen ist, dem erschließt sich vermutlich nicht gleich die hintergründige Botschaft und das hinter der Geschichte versteckte Thema. "Sex Mission" ist in Polen absoluter Kult. Ob der Film in der DDR ähnlich verstanden und aufgenommen wurde, ist mir nicht bekannt. In Polen versteht jedenfalls jeder - zumindest in der Generation, die vor 1990 aufgewachsen ist - die Botschaft des Filmes. In der kommunistischen Volksrepublik Polen waren im Zusammenhang mit der Unterdrückung der Meinungsfreiheit auch Einschränkungen in der Kunst allgegenwärtig. Damit war zudem eine Unterdrückung der Meinungsfreiheit verbunden, die in den einzelnen historischen Phasen bis zur Wendezeit unterschiedlich stark ausgeprägt gewesen ist. Kritik am System war öffentlich nicht möglich und so entwickelte der polnische Film seine ganz eigene Art, heikle politische und gesellschaftliche Kritik der Gegenwart in oberflächlich unverfängliche Geschichten zu verpacken und so an der Zensur vorbei zu manövrieren.
"Sexmisja", so der Origialtitel, ist einer dieser Filme, die auf der Oberfläche einer unverfänglich wirkenden Komödie die Kritik am kommunistischen System verfremdet - aber immer so, dass sie noch von den polnischen Zuschauern verstanden werden kann. Als der Film im Mai 1983 erschien, war das Kriegsrecht seit 1981 noch in Kraft und die politischen Unruhen um die Solidarnosc-Bewegung seit Ende der 1970er-Jahre waren noch präsent. Polen befand sich 1981 in einer Zeit in der die Unterdrückung der Freiheitsrechte und der Meinungsfreiheit durch das kommunistische Regime wieder zugenommen und verstärkt hatte. Allgemein also eine bedrückende und beängstigende Zeit für die polnische Bevölkerung. Da wirkte dieser Film, der auf eine einfache und komödiantische Art in einer simplen Satire das System ad absurdum führte wie eine geistige Befreiung von den allgegenwärtigen Zwängen.
Auf einer Metha-Ebene transportiert "Sex Mission" politische Themen dieser Zeit aus einer sehr spezifisch polnischen Sicht. Der totalitäre Staat der Frauen war natürlich eine Anspielung auf das totalitäre System der Kommunisten. Die Verfälschung der Geschichte und der Bibel durch die "Frauen Liga" ist eine Parallele zu der offiziellen, verfälschten Interpretation der Geschichte durch die kommunistische Regierung. Die absurde Propaganda des Frauenstaates stellt auf symbolische Art die verlogene Propaganda der kommunistischen Regierung dar. So hat der Film noch weitere versteckte und symbolische Anspielungen auf die politischen und gesellschaftlichen Zustände im Polen der frühen 1980er Jahre, deren Beschreibung im Detail an dieser Stelle sicher zu weit führen würde.
Das Set und die Ausstattung von "Sex Mission" wirken alles in allem recht gelungen und verhältnismäßig aufwendig. Das ein oder andere ist etwas überzogen oder klischeehaft, aber im Wesentlichen kann sich der Film auch in dieser Hinsicht sehen lassen. Allerdings wartet die Produktion nicht mit besonderen Spezialeffekten auf. Alles ist eher improvisiert, was unterschiedlich gut gelungen ist. Mal wirkt die Schlichtheit sehr gelungen, mal etwas kitschig. Was den Sex in "Seksmisja" angeht, für einen polnischen Film der 1980er Jahre ist er tatsächlich sehr freizügig, vor allem was die Darstellung der weiblichen Brust betrifft.
Fazit:
Abschließend kann man sagen, dass "Sex Mission" zurecht der bekannteste polnische Science Fiction-Film ist und sich seinen Kultstatus verdient hat. Die politische Satire ist definitiv ein historisches Zeitdokument des polnischen Films. Wer sich für Science-Fiction abseits des großen Mainstreams interessiert und es wagt, ohne Scheuklappen auch nicht-westliche Produktionen anzuschauen, dem kann "Sex Mission" wirklich wärmstens empfohlen werden. Vielleicht trägt diese Besprechung zu einem besseren Verständnis des Films auch in Deutschland bei.