Mit: James McAvoy, Michael Fassbender, Kevin Bacon, Jennifer Lawrence, Rose Byrne, January Jones, Nicholas Hoult, Jason Flemyng, Zoe Kravitz, Caleb Landry Jones, Lucas Till u.a.
Kurzinhalt:
In den frühen 60ern wird die CIA auf einen Mann namens Sebastian Shaw aufmerksam, der offenbar Verknüpfungen zu zahlreichen hochrangigen Männern innerhalb der US-Regierung besitzt. Als es der Agentin Moira MacTaggert gelingt, sich in eines seiner geheimen Treffen einzuschleichen, sieht sie, wie die Haut eine seiner Mitarbeiterinnen plötzlich wie von Diamanten überzogen zu sein scheint. Außerdem verschwindet eine weitere Person plötzlich vor ihren Augen. Bei ihren Nachforschungen wird sie auf eine Arbeit des soeben als Professor auf der Universität von Cambridge ausgezeichneten Charles X. Xavier über Mutationen aufmerksam. Gemeinsam mit seiner "Schwester" Raven hilft er daraufhin der CIA, Shaw aufzuspüren. Diesem gelingt zwar dank seiner Mutanten-Helfer die Flucht, doch bei dem Einsatz wird man auf einen weiteren mächtigen Mutanten aufmerksam: Erik Lehnsherr, der Shaw aus persönlichen Gründen ebenfalls verfolgt. Er schließt sich ihnen an, und gemeinsam macht man sich daran, weitere Mutanten für eine Spezialeinheit der CIA zu rekrutieren – um Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Schon bald wird klar, dass die Bedrohung, die durch Sebastian Shaw ausgeht, weitaus größer ist als erwartet: Denn am Ziel seiner Pläne steht ein verheerender Atomkrieg zwischen Russland und den USA…
Christian Siegel
Review von Michael Spieler:
Nach der Trilogie und einer Origin-Story dürfen Marvels Mutanten erneut in Aktion treten. Auch diesmal handelt es sich um die Geschichte des Entstehens. Doch wird viel mehr als bei "X-Men Origins: Wolverine" auf die Entstehung der zwei antagonistischen Gruppen innerhalb der Gemeinde der Mutanten Wert gelegt. Wie trafen Proffessor X und Magneto aufeinander, wie kamen sie zu ihren Decknamen und was brachte sie auseinander? Diese Themen behandelt das, mit dem deutschen Titel "Erste Entscheidung" (statt "First Class") versehene, Leinwandabenteuer. Dabei wurden auch bekannte Szenen verwendet und erweitert; so sehen wir nun was Erik im Vernichtungslager der Nazis wiederfährt und wie stark ihn seine Erlebnisse dort prägten, ja sie sind sogar der Entstehunspunkt des Hauptplots des restlichen Films.
In einem Fall bringt für mich das Auslassen einer bestimmten Begegnung, wie wir sie in Teil 3 der ursprünglichen Trilogie gesehen haben, ein Kontinuitätsproblem mit sich, was aber eher daran liegt, wie "X-Men: Der letzte Widerstand" diese dargestellt hat. Ihr werdet wissen, was ich meine, wenn ihr ins Kino geht - denn das solltet ihr unbedingt! Diese Geschichte ist um einiges spannender, persönlicher und vielschichtiger als "The Last Stand". Der Film war bei uns (bei knapp über 2h unverständlicherweise) mit Pause. Zeit, die ich lieber noch im Film gehabt hätte, weil er extrem viel Handlung, Schauplätze und zwei Zeitperioden umspannt um die Brücke zum ersten "X-Men" mit allen möglichen dort schon beginnenden, erahnbaren Handlungssträngen zu schlagen. Leider wirkt er dadurch doch etwas gehetzt, vermutlich wäre ein Kurz-Serienformat für diese Art Geschichte echt von Vorteil. Kennern der Filme werden all die kleinen Verknüpfungen und Hinweise, die dieser Film wie Brotkrumen auf den Weg der Zuschauer streut lieben. Kenner der Comic(buch-)reihe werden vermutlich wie schon vorher Diskrepanzen feststellen, aber diese kann ich nicht wiedergeben. Neben einigen bekannten Figuren setzt sich diese "1. Klasse" auch aus mir vorher unbekannten Mutanten zusammen. Auch gibt es Beziehungen der Figuren untereinander, die mir so nicht bekannt waren und auch hier kann ich leider nicht sagen wie viele Freiheiten sich die Macher herausgenommen haben. Abseits der Mutantengeschichten spielt der Film zeitlich zur Kubakrise/im Kalten Krieg und bedient sich ihrer und integriert sie in das X-Men-Universum, ähnlich wie die Nixonära in "Watchmen - Die Wächter" angepasst wurde.
Nun aber zum Besten am ganzen Film: die Besetzung. James McAvoy (Charles Xavier/Prof. X) & Michael Fassbender (Erik Lehnsherr/Magneto) spielen ihre übermenschlichen Rollen mit der selben Hingabe und der Spannung, wie man sie immer zwischen Patrick Steward und Ian McKellen gespürt hat, wenn sie in den selben Rollen aufeinandertrafen. In gewisser Weise sind sie sogar besser, da sie den Anfang dieser Freundschaft und die unausweichliche Trennung zeigen mussten. Die jungen Mutanten im Film sind zuerst natürlich völlig unvorbereitet auf die Situation in die sie von den beiden gebracht werden und die meiste Zeit doch eher als Teenager angelegt, die dem sonst sehr ernsten Geschehen ein kleines Gegengewicht liefern.
Fazit:
Alles in Allem finde ich dieses Prequel extrem gut gelungen, natürlich sind auch die Effekte gut und das Fehlen von 3D war eine willkommene Abwechslung. Einzig ein Moment von deutlich als animiert erkennbaren Palmenbäumen sprang mir ins Auge. Als Ursprungsgeschichte kann ich "X-Men: Erste Entscheidung" nur wärmstens empfehlen.
Wertung:8 von 10 mutierten Genen
Michael Spieler
Review von Christian Siegel:
Nach Sequels und Remakes sind Reboots in Hollywood der neueste Trend. Vor allem nach einem finanziellen und/oder künstlerischen Flop drückt man zuletzt gern auf den Reset-Knopf, um noch einmal von vorne anzufangen; siehe "Batman & Robin" und "Batman Begins", "Hulk" und "Der unglaubliche Hulk", oder auch "Spider-Man 3" und "The Amazing Spider-Man". Angesichts der – vorsichtig ausgedrückt – zurückhaltenden Resonanz auf "X-Men: Der letzte Widerstand" und "X-Men Origins: Wolverine" hatten wohl daher nicht wenige erwartet, dass 20th Century Fox mit der "Ersten Entscheidung" ebenfalls den Reboot-Weg einschlagen würde – doch weit gefehlt: "X-Men: First Class" ist ein waschechtes Prequel, dass nach wie vor im gleichen Universum spielt, dass uns 2000 von Bryan Singer auf so gelungene Art und Weise vorgestellt wurde.
Zu keinem Zeitpunkt wird das so deutlich wie gleich zu Beginn, ist doch die erste Szene – mal abgesehen davon, dass man die Einstellungen mit dem jungen Magneto neu drehen musste – mit jener aus dem ersten "X-Men" Film identisch, und zeigt uns Erik Lensherr als kleiner Junge in einem Konzentrationslager in Polen. Diesmal sehen wir aber auch, wie der Anstaltsleiter – Sebastian Shaw – auf ihn aufmerksam wird. In der darauffolgenden, durchaus drastischen Szene – einer der besten des gesamten Films – wird uns Magneto’s Hass auf Shaw, der den restlichen Film antreibt und ihn bestimmt, verständlich gemacht. Auch nach diesem grandiosen Einstieg gibt es noch zahlreiche weitere Anspielungen auf die "späteren" Filme (u.a. zwei höchst gelungene und willkommene Cameos, die ich hier nicht vorwegnehmen will). Doch "X-Men: Erste Entscheidung" ist nicht einfach "nur" ein Prequel, er ist sogar so ziemlich die beste Art von Prequel, die man sich vorstellen kann. So wird nicht nur das Fundament für die weiteren Filme gelegt und die Figuren vorgestellt, sondern – dank einiger neuer Erkenntnisse – diese sogar rückwirkend aufgewertet. So mag zwar Comic-Kennern bewusst gewesen sein, dass Nightcrawler Mystique’s Sohn ist, doch ohne dieses Hintergrundwissen war es aus "X-Men 2", zumindest für mich, nicht herauszulesen. Zwar auch in "Erste Entscheidung" nur ganz zaghaft angedeutet, kann man es aber mit ein bisschen kombinieren bereits erahnen, was die Szene am Lagerfeuer zwischen ihr und Nightcrawler deutlich aufwertet.
Generell profitiert vor allem Mystique rückwirkend enorm von diesem Prequel. So erfahren wir hier nicht nur, dass sie Charles X. Xavier sogar näher stand als Magneto, und sie eine langjährige Freundschaft verbindet, sie macht zudem die größte Charakterentwicklung durch. Zu Beginn erinnert sie fast ein wenig an Rogue: Sie möchte nichts weiter, als normal sein, bzw. zumindest normal aussehen, und beneidet jene Mutanten – wie eben auch Charles – ein wenig, deren Mutation anderen Menschen verborgen bleibt. Doch Magneto überzeugt sie schließlich davon, dass ihre Fähigkeiten und ihre Mutation ein Segen sind; sie ist wunderschön, genau so wie sie ist. Dadurch beginnt sie schließlich, sich selbst zu akzeptieren, und dies dann eben auch von der Gesellschaft zu erwarten – was ihre "Heilung" in "X-Men: Der letzte Widerstand" nochmal um einiges tragischer macht, als sie es bisher schon war.
Im Mittelpunkt steht aber natürlich die Freundschaft zwischen Magneto und Professor X, welche die früheren Filme ebenfalls deutlich aufwertet. Zwar haben Patrick Stewart und Ian McKellen in den "Vorgängern" gute Arbeit dabei geleistet, uns ihre frühere Freundschaft und tiefe Verbindung – trotz ihrer unterschiedlichen Ansichten – spürbar zu machen, dennoch ist es etwas anderes, ihre Freundschaft erahnen zu können bzw. darüber zu erfahren, und sie auch wirklich zu sehen. Die Dynamik zwischen den beiden Figuren erinnert dabei etwas an Luke Skywalker und Darth Vader in "Rückkehr der Jedi-Ritter": Charles erkennt all den Zorn und Hass in Erik, und wie dieser ihn förmlich aufzufressen scheint, bemerkt aber auch das Gute in ihm. Er versucht, ihm zu helfen und ihn zu retten – nur dass dieses Bestreben hier von weniger Erfolg gekrönt ist als bei "Star Wars". Eine der Schlüsselszenen – und zugleich wohl das emotionale Highlight des Films – ist jene, als Erik versucht eine große Satellitenschüssel zu bewegen, und Charles ihn dazu bringt, sich an das schönste Erlebnis aus seiner Kindheit zu erinnern. James McAvoy und Michael Fassbender gelingt es absolut perfekt, die Emotionen dieser Szene zu vermitteln, und welch tiefgreifende Verbindung zwischen den beiden Männern durch dieses Erlebnis entsteht. Jedenfalls war es schön, nach dem sehr zielorientierten "X-Men: Der letzte Widerstand", dem es in erster Linie darum ging seine Geschichte zu erzählen und von A nach B zu kommen, sowie dem hohlen, actionorientierten "X-Men Origins: Wolverine" endlich wieder einen X-Men Film zu bekommen, bei dem – wie bei den ersten beiden – die Figuren im Mittelpunkt stehen.
Eben dies bedeutet aber natürlich auch, dass die Schauspieler hier doch etwas geforderter sind als im handelsüblichen 08/15-Blockbuster, weshalb es sich auch ausgezahlt hat, weniger auf Starpower denn auf gute SchauspielerInnen zu schauen, die ihre Rollen überzeugend vermitteln können. Trotz des Prequel-Charakters des Films scheuen sich dabei James McAvoy und Michael Fassbender nicht davor, den Figuren ihren eigenen Stempel aufzudrücken, statt einfach nur Stewart und McKellen zu kopieren, was es sehr erfrischend macht, ihnen zuzuschauen und uns erlaubt, neue Facetten dieser altbekannten Charaktere zu entdecken. McAvoy's Rolle gibt dabei im Vergleich zwar weniger her, macht seine Sache aber wirklich gut. Kevin Bacon hat mich hier überrascht. Er gibt einen erstaunlich charismatischen Bösewicht; vor allem in seiner ersten Szene mit dem noch jungen Erik.
Die für ihre Leistung in "Winter's Bone" zu recht oscarnominierte Jennifer Lawrence verleiht Raven/Mystique eine angenehme Tiefe. Das Drehbuch gibt ihr einen wundervollen Arc und einige tolle Szenen, und sie genießt es sichtlich, dies auch zu nutzen. Der aus "About a Boy" bekannte Nicholas Hoult wiederum überzeugt als ihr potentieller "love interest" Hank McCoy aka "Beast". Einzig January Jones bleibt etwas blass – wobei ihre unterkühlte Performance zur Figur durchaus passt – und Rose Byrne bekommt leider (zu) wenig zu tun. Die mit Abstand beste Performance des Films kommt jedoch ganz klar von Michael Fassbender. Zugegeben, im Vergleich zu McAvoy hat er auch die deutlich interessantere und komplexere Rolle, dennoch drückt er mit seiner charismatischen Performance dem Film eindeutig seinen Stempel auf und verfügt – unabhängig von der Figur – über eine stärkere (bzw. die stärkste) Leinwandpräsenz. In "X-Men" war Hugh Jackman die große Entdeckung des Films. Das gleiche kann hier nun über Fassbender gesagt werden. Dass er ein guter Schauspieler ist, war vor allem Cineasten spätestens seit "Hunger" bereits bekannt und bewusst – doch hier beweist er, dass er darüber hinaus das Zeug zu einem Filmstar hat. Er ist der geborene "leading man". Merkt euch meine Worte: Wann auch immer Daniel Craig genug davon hat, Martinis zu schlürfen und in die Rolle des wohl bekanntesten Geheimagenten der Filmgeschichte zu schlüpfen, wird es an Michael Fassbender sein, die Lizenz zum Töten entweder anzunehmen oder abzulehnen. Jedenfalls wird er der erste sein, den man fragen wird – und ich freue mich jetzt schon auf sein erstes Bond-Abenteuer mehr als auf das nächste (und letzte?) mit Craig.
Wo wir grade von Bond sprechen: Nicht zuletzt dadurch, dass der Film in den frühen 60ern spielt, vermittelt "X-Men: Erste Entscheidung" teilweise durchaus den Charme und Flair der ersten Bond-Abenteuer. Generell gelingt es Vaughn sehr gut, die Besonderheiten dieser Zeitepoche einzufangen und zu vermitteln. Gelungen und durchaus originell auch, wie hier realhistorische Ereignisse in einen neuen, fiktiven Kontext gestellt werden. Die Handlung ist generell sehr vielschichtig und abwechslungsreich. Relativ zu Beginn sehen wir z.B. Magneto noch bei der Nazi-Jagd (ob das wohl Überbleibsel des ursprünglich geplanten "X-Men Origins: Magneto"-Films sind?). Wie bereits erwähnt bleibt der Schwerpunkt aber trotz aller drohenden Atomkriege und Verschwörungen etc. immer auf den Figuren, denen generell angenehm viel Zeit eingeräumt wird, so dass man vor allem bei den Hauptfiguren nie das Gefühl hat, hier nur eindimensionale Schablonen vor sich zu haben.
Die Action mag zwar nicht so beeindruckend, originell und gewieft inszeniert sein wie bei "Kick-Ass", weiß aber nichtsdestotrotz durchaus zu gefallen – vor allem natürlich der spektakuläre Showdown. Trotz der über knapp 2 Stunden liegenden Laufzeit und den zahlreichen Charaktermomenten vermittelt "X-Men: Erste Entscheidung" nie einen sonderlich langsamen Eindruck; zugleich wirkt er aber dadurch, dass Matthew Vaughn den Entwicklungen etc. ausreichend Zeit gibt, um ihre Wirkung beim Zuschauer zu entfalten, auch nie gehetzt. Ich persönlich empfand das Tempo des Films jedenfalls als ziemlich perfekt; Adrenalinjunkies mögen hier anderer Meinung sein. Jedenfalls blieb für mich dank der interessanten Handlung, der stellenweise durchaus vorhandenen Spannung sowie dem immer wieder eingestreuten, gelungenen Humor (hier wäre vor allem Cameo-Auftritt Nr. 1 zu nennen) der Unterhaltungswert immer auf angenehm hohen Niveau – wenn mich „X-Men: Erste Entscheidung“ zugegebenermaßen auch nie zu ähnlichen Begeisterungsstürmen hingerissen haben mag wie "Kick-Ass". Die Effekte sind ordentlich und geben sich – im Vergleich zu "Wolverine", der diesbezüglich einige geradezu peinliche Momente zu bieten hatte – keine Blöße. Lediglich die Diamantenhaut von Emma Frost fand ich nicht immer überzeugend, aber dies dürfte eher am Design bzw. der Wahl der optischen Gestaltung denn an den Effekten selbst liegen, und mag auch damit zu tun haben, dass ich nach dem Kurzauftritt einer Mutantin mit ähnlichen Fähigkeiten in "X-Men Origins: Wolverine" einfach etwas anderes erwartet hatte, nämlich – so wie dort gezeigt – kleinere funkelnde Diamanten statt eine Art Riesendiamant-Kokon.
Womit wir auch schon einen flüssig-schleichenden Übergang zu den – leider auch vorhandenen – Schwächen des Films geschaffen hätten. So merkt man ihm meines Erachtens die – vor allem für einen derartigen Blockbuster ungewöhnlich – rasche Produktionszeit stellenweise doch etwas an. Da und dort hätten vor allem Drehbuch und Schnitt noch etwas mehr Zeit vertragen, um den Film noch etwas zu schärfen. Schade fand ich auch, dass wir nun innerhalb der Reihe im 5. Film den bereits 5. fast gänzlich eigenständigen Score des 5. Filmkomponisten (hier Henry Jackman) präsentiert bekommen. Damit bleibt man zwar irgendwie auch wieder konsequent, trotzdem halte ich dies nach wie vor für eine vertane Chance, da musikalisch keine (oder kaum eine) Verbindung innerhalb der Reihe besteht, sondern jeder Film fast gänzlich für sich allein steht.
Am schwersten wiegt für mich aber, dass die Fülle an für den weiteren Verlauf der Handlung wichtigen Ereignissen, die sich hier nur in wenigen Tagen abspielt, etwas unglaubwürdig wirkt. Mir ist bewusst, dass niemand vorher wissen konnte, ob der Film ein Erfolg wird und ein oder zwei Fortsetzungen rechtfertigen würde, und man daher einige wichtige Entwicklungen hier schon unbedingt unterbringen wollte, aber meines Erachtens hat man es damit dann doch ein wenig übertrieben. Ohne zu viel verraten zu wollen: Mit Ausnahme von einigen Figuren, die in weiterer Folge mit ihrer Abwesenheit glänzen, scheinen alle im Großen und Ganzen am Ende von "X-Men: Erste Entscheidung" genau dort zu stehen, wo sie auch am Anfang von "X-Men" sind. Und auch wenn dies von den Machern wohl genau so gedacht war, finde ich, dass man sich mit der einen oder anderen Entwicklung – allen voran dem Zerwürfnis zwischen Xavier und Magneto – vielleicht doch etwas mehr Zeit hätte lassen sollen. Die bisherigen Filme haben mir den Eindruck vermittelt, als hätten sie sich schon seit Ewigkeiten gekannt und wären auch lange bevor sich ihre Wege getrennt haben enge Freunde gewesen. Das "eng" kann man nach "First Class" nachvollziehen - das "lang" leider nicht. Zudem entsteht hier ein eklatanter Kontinuitätsfehler mit der Trilogie, was den Besuch bei Jean Grey betrifft. Hier konzentriert man sich meines Erachtens dann doch zu sehr darauf, direkt in den ersten Film überzuleiten, so als wäre dazwischen nichts (wichtiges) geschehen.
Fazit:
Als Matthew Vaughn-Film nach den grandiosen "Der Sterndwanderer" und "Kick-Ass" eine kleine Enttäuschung, als "X-Men"-Film aber nach dem enttäuschenden "letzten Widerstand" und dem katastrophal-langweiligen "Wolverine" wieder ein deutlicher Aufschwung. Zwar nicht ganz so gut wie die Einträge von Bryan Singer, gibt es doch einige tolle Szenen und gute Momente. Im Vergleich zu den beiden unmittelbaren Vorgängern rücken die Figuren hier endlich wieder ins Zentrum, wodurch dem Film zumindest ein Hauch von Anspruch und Tiefgang verliehen wird. Die schauspielerischen Leistungen sind allesamt sehr gut, wobei mich vor allem Kevin Bacon überrascht, Jennifer Lawrence verzaubert und Michael Fassbender dank seinem Charisma und seiner Leinwandpräsenz ungemein beeindruckt hat. Besonders positiv empfand ich auch, dass "X-Men: Erste Entscheidung" – wie die besten Prequels – die anderen Filme durch einige neue Erkenntnisse und Wendungen nachträglich aufwertet, da nun mit dem genaueren Hintergrundwissen einige Szenen daraus in einem neuen Licht zu sehen sind bzw. größere Wirkung entfalten (werden). Trotz kleinerer Schwächen – allen voran, wie unglaubwürdig viele für die weiteren Filme relevanten Ereignisse sich hier innerhalb weniger Tage abspielen, und man etwas zu glatt in den ersten "X-Men"-Film überleitet – bietet "Erste Entscheidung" alles in allem gute Popcorn-Unterhaltung, und bringt die X-Men-Reihe damit nach den mittelmäßig bis schwachen letzten beiden Einträgen wieder auf Spur.
Eigentlich ist der genau das gleiche wie Superman Returns. In beiden Fällen war ein Regisseur am Werk, der kein Fan der jeweiligen Thematik ist, sondern ein Fan der jeweils ersten beiden Filmen und all denen, die daran beteiligt waren.
Hmm... das glaube ich eigentlich weniger. War Vaughn nicht nach Singers Ausstieg kurz für den 3. im Gespräch? Nur war er damals noch eine eher unbekannte Größe.
Im übrigen stimmt die Aussage selbst gegenüber Singer nicht wirklich. Der war ja ein riesiger Superman-Fan, sonst hätte er den X-Men zum Abschluss der Trilogie nicht den Rücken gekehrt . Dass er aber die Donner-Filme sehr mochte und diesen Tribut zollen wollte, steht außer Streit. Ob das bei Vaughn und "X-Men: First Class" auch der Fall war, kann ich allerdings nicht beurteilen.