Mit: Colin Firth, Geoffrey Rush, Helena Bonham Carter, Michael Gambon, Guy Pearce, Eve Best, Derek Jacobi u.a.
Kurzinhalt:
Prinz Albert, Herzog von York und Sohn des englischen Königs George V., leidet seit seiner Kindheit an einer Sprachstörung. Er stottert fast unentwegt, und vor allem wenn es gilt eine große Rede zu halten, wird dies sowohl für ihn als auch für seine Zuhörer zur Qual. Verschiedenste Therapeuten haben sich bereits daran versucht, ihn zu heilen, doch bisher blieben alle erfolglos. Albert's Frau Elizabeth wendet sich daraufhin an einen Australier, der ihr von verschiedenen Seiten empfohlen wird. Doch die Methoden von Lionel Logue sind recht eigenwillig und unkonventionell, was zu einigen Konflikten mit Albert, den er in ihren Therapiestunden stets mit "Bertie" anspricht, führt. Dennoch entsteht zwischen den beiden langsam aber sicher eine Freundschaft, und Albert macht merklich Fortschritte. Die Erfolge scheinen jedoch fast wie weggewischt, als König George V. stirbt. Zwar geht die Krone eigentlich an dessen erstgeborenen Sohn David weiter, doch dieser ist mit einer geschiedenen Amerikanerin liiert, und möchte diese bald heiraten - etwas, das mit dem Beruf des Königs und damit auch des Oberhaupts der britischen Kirche unvereinbar ist. Er beschließt, seinem Herzen zu folgen und den Thron an Albert abzutreten. Dieser nimmt die Krone als König George VI. an, und ist nun mehr denn je auf Lionel's Hilfe angewiesen. Zumal ein Krieg mit Hitler-Deutschland unausweichlich scheint, und das britische Volk einen König braucht, zu dem es aufsehen kann und zutraut, sie durch diese schwierigen Zeiten zu führen…
Review:
Nach "The Queen" ist "The King’s Speech" der nächste Film, der sich ausführlich mit der englischen Königsfamilie auseinandersetzt und diese näher beleuchtet. Mit King George VI. hat man sich dabei eine Person ausgesucht, die wohl insbesondere im deutschsprachigen Raum und vor allem all jenen unter 40 wohl nicht mehr so viel sagen wird. Ich fand es daher durchaus interessant, einen Einblick sowohl in die Königsfamilie dieser Epoche zu erlangen, als auch den (späteren) König und seine Frau etwas näher kennenzulernen. Und auch wenn bei solchen Filmen natürlich immer die Frage offenbleibt, wie viel davon denn nun genau der Wahrheit entspricht, und was aus dramaturgischen Gründen erfunden/verändert wurde, so gelang es "The King’s Speech" jedenfalls, für King George VI. Sympathien zu wecken. Wenn man sieht, wie er sich anstrengen muss, einen einzigen klaren Satz zu formulieren, geschweige denn eine komplette Rede zu halten, kann man gar nicht anders als vor ihm den Hut zu ziehen.
Doch auch Lionel Logue gewinnt mit seiner exzentrisch-unkonventionellen – aber erfolgreichen! – Art schnell die Sympathien des Zuschauers. Auch die sich langsam entwickelnde Freundschaft zu King George wurde meines Erachtens gut und überzeugend dargestellt, ist diese Entwicklung doch nicht immer reibungsfrei, sondern auch mit einigen Rückschlägen gepflastert. Die anderen Figuren haben teilweise auch essentielle Rollen – allen voran George’s Frau Elizabeth und sein Bruder David – doch dienen sie in erster Linie dazu, die Entwicklung dieser Freundschaft bzw. von George’s langsamen, mühsamen Weg der Besserung voranzutreiben bzw. durch daraus resultierende Rückschläge zu dramatisieren. So kann man gar nicht anders als mit George mitzufühlen, wenn er sich seinen Frust über David von der Seele redet. Oder auch später, als sowohl seine größten Träume als auch schlimmsten Alpträume wahr werden, als David die Krone an ihn abtritt und George bewusst wird, dass es nun noch wichtiger ist als jemals zuvor, sein Stottern in den Griff zu bekommen – ein Druck, der bei ihm erst recht wieder einen kleinen Rückfall auslöst. Wenn er am Ende im Aufnahmeraum steht und seine Rede an die Nation hält, fühlt man sich jedenfalls so, als würde man gemeinsam mit ihm und Lionel in diesem Raum stehen und mit ihm mitfiebern, dass er diese große Hürde erfolgreich meistert.
Neben dem Drehbuch haben natürlich auch die Schauspieler einen großen Anteil daran, dass man mit King George VI. mitfiebert. Colin Firth liefert hier nach "A Single Man" erneut eine phantastische Performance ab, die sich den Oscar auch durchaus verdient hätte. In jeder Szene merkt man ihm bzw. seiner Figur an, wie diese mit den Worten kämpft; aufgrund der Sprachstörung ist es umso wichtiger, Empfindungen wie z.B. seinen Frust über Mimik und Gestik zu vermitteln, was Firth bravourös gelingt. Auch Geoffrey Rush überzeugt, wenn seine Rolle auch im Vergleich etwas weniger hergibt und nicht ganz so fordernd erscheint. Dennoch gelingt es auch ihm, die sich langsam entwickelnde Freundschaft sehr überzeugend zu vermitteln. Helena Bonham Carter zeigt sich ebenfalls äußerst spielfreudig, und offenbart als gutmütige, liebevolle Ehefrau von King George VI. wieder einmal ihre Wandlungsfähigkeit, nachdem sie zuletzt in eher düster-bösen Rollen aufgefallen ist. In Nebenrollen wissen dann auch noch Michael Gambon als König George V. und Guy Pearce als "Bertie’s" Bruder David zu gefallen, wobei mich vor allem letzterer wieder einmal überzeugt hat. Einzig, dass er jünger aussah als Colin Firth, wo er doch eigentlich dessen älteren Bruder spielen sollte, hat mich teilweise etwas gestört…
In einigen Kritiken wird Tom Hoopers Inszenierung als eher schlicht bezeichnet, und auch wenn dies fast immer lobend gemeint ist (dahingehend, dass er von den grandiosen Leistungen seiner Darsteller nicht ablenkt) kann und will ich dies nicht unwidersprochen stehen lassen. Nicht nur sind einige der Außenaufnahmen sehr atmosphärisch und visuell überzeugend umgesetzt, wie z.B. durch den gelegentlichen Einsatz von Nebel, auch sonst fällt mit der Zeit ein interessanter inszenatorischer Kniff auf: So sind viele Einstellungen und Szenen so gestaltet, dass sich die Figuren eher am Rand des Bildes befinden. Auch ist die Kamera oftmals nicht gerade, sondern etwas geneigt, wodurch seltsame, etwas ungewöhnliche Perspektiven entstehen. Und auch mit einer weiteren Regel der eher traditionellen Kameraarbeit bricht er: So schauen Figuren üblicherweise wenn sie im Bild sind immer in jene Richtung, in der mehr freie Fläche vorhanden ist (im Fachjargon „dead space“ genannt); bei "The King’s Speech" ist es oftmals bewusst umgekehrt. All diese kleinen Tricks sollen wohl George’s Unbehagen, seinen ständigen inneren K(r)ampf sowie die daraus resultierende Distanz zur Außenwelt vermitteln. Je mehr Fortschritte King George VI. macht, desto traditioneller wird die Bildgestaltung. Zugegen, es ist ein sehr subtiler Effekt, aber wenn er einem auffällt zeigt sich umso deutlicher, mit wie viel Cleverness und Bedacht Tom Hooper hier vorgegangen ist. Gemeinsam mit dem tollen, stilvollen Score von Alexandre Desplat ergibt sich so ein audiovisuelles Kunstwerk, dass zwar niemals zu viel Aufmerksamkeit auf sich selbst lenkt und den Schauspielern die Bühne überlässt, sie aber nichtsdestotrotz bei ihrer Arbeit unterstützt und wesentlich dazu beiträgt, "The King’s Speech" zu einem wirklich gelungenen Film zu machen.
Fazit:
Die offensichtlichste – wenn auch nicht einzige – Stärke von "The King’s Speech" sind die glänzenden schauspielerischen Leistungen, allen voran von Colin Firth, Geoffrey Rush und Helena Bonham Carter. Vor allem ersterer beeindruckt mit einer Performance, der es trotz der Tatsache, dass es seiner Figur schwer fällt mit der Außenwelt zu kommunizieren, problemlos gelingt, uns die Gefühle und den inneren Kampf der Figur zu vermitteln. Darüber hinaus wissen vor allem die clevere (wenn auch bewusst eher unauffällige) Inszenierung sowie die elegante Filmmusik zu gefallen. In erster Linie ist es aber die Handlung bzw. sind es die Figuren, welche "The King’s Speech" so gelungen machen. Man fühlt und leidet mit allen Beteiligten, allen voran natürlich "Bertie", richtiggehend mit. Umso erhebender ist es, mitzuerleben, wie er seine Probleme langsam aber sicher in den Griff bekommt, auch wenn deutlich ist, das öffentliche Reden für ihn bis zuletzt eine große Herausforderung darstellen und sein Kampf gegen das Stottern eine immerwährende Anstrengung ist. Am besten gefällt mir an "The King’s Speech" aber, wie (also mit welchen Mitteln) er seine Sprachstörung überwindet, nämlich mit harter Arbeit, vollem Einsatz, und vor allem: einer tief empfundenen Freundschaft…