"Cassandra's Run": Interview mit Jörg Pelleter über das Dark Future Hörspiel
"Wir sind der im schmutzigen Untergrund agierende Widerstand..."Kategorie: Interviews - Autor: Lene van Beek - Datum: Donnerstag, 02 Dezember 2010
Am 04. Dezember 2010 startet die sechste
Folge des interaktiven Dark Future Hörspiels "Cassandra's Run".
Dazu führte unsere Gastautorin Lene van Beek (Mitherausgeberin und Lektorin beim e!Scope-Magazin)
mit Jörg Pelleter a.k.a. "Psychotischer Pfifferling" ein Gespräch.
Dystopische Welten! Datenkontrollwahnsinn! Untergrund-Tonstudios!
Umsonst! Zusammenbrechende Streams! Achtung, Konzern hört mit!
Für alle, die "Cassandras's Run" noch nicht kennen, hier vorab der offizielle Pressetext:
"Cassandra's Run" ist eine interaktive Dark Future Hörspielserie.
Interaktiv heißt: Die Zuhörer sind Teil der Handlung. Als brainZ stimmen sie live über den weiteren Weg von Cassandra ab, tragen Informationen zusammen, geben Ratschläge, helfen beim Lösen von kniffligen Rätseln. Ein banales Beispiel: Cassandra steht vor zwei Türen und weiß nicht, durch welche sie gehen soll. Sul gibt die Frage an die brainZ, die Hörerinnen und Hörer an den Radiogeräten, weiter, die während der folgenden Musik im Sender anrufen und ihren Tipp durchgeben. Die Mehrheit entscheidet, durch welche Tür Cassandra geht, das Abenteuer geht weiter.
Nachdem ein Teil im Radio live gespielt wurde, landet der Mitschnitt auf www.cassandrasrun.de, wo er kostenlos heruntergeladen werden kann.
Lene van Beek:Ihr habt doch bestimmt mal "Shadowrun" oder "Cyberpunk 2020" gespielt... Entstand "Cassandra's RunV" aus einem eurer "Runs"? Psychotischer Pfifferling:Eigentlich entstand "Cassandra's Run" im Kern aus einem "Einsamer Wolf" Solo-Rollenspielbuch. Im Rahmen der Heavy Metal
Sendung "ZOSH"
auf dem kleinen Nürnberger Alternativsender "Radio-Z"
wurde in grauer Vorzeit live on air daraus vorgelesen. Die Hörer der
Sendung durften immer mal wieder anrufen und bestimmen, wo die Reise
weiter hingeht. Über diese witzige Idee fanden dann die ersten
beiden Mitglieder des Teams zusammen, die sich dachten "Das müsste
man doch auch noch etwas ausgefeilter hinbekommen!".
In Hinblick auf die thematischen
Hintergründe: Entgegen vieler Vermutungen hat nur ein einziges
Mitglied des "Cassandra's Run"-Teams jemals "Shadowrun"
gespielt. Und "Cyberpunk 2020" hat meines Wissens nach sogar
niemand aus dem Team jemals ausprobiert. Gewisse Anleihen und
Hommagen an "Shadowrun" und sonstige Zukunftsdystopie-Szenarien
sind aber in jedem Fall da, keine Frage. Wobei es wohl auch schwer
wäre, eine Zukunftsvision ganz ohne Elemente zu schaffen, die in
Spielen, Filmen oder Büchern schon einmal in der einen oder anderen
Form dargestellt wurden.
Uns ging es deswegen auch weniger
darum, unsere Saga mit Gewalt von allem und jedem abzugrenzen. Wir
wollten in erster Linie eine stimmige Welt, die einen realistischen
Background für die oft ja ziemlich unrühmlichen Einsätze des
Widerstandes darstellt. Die Welt in "Cassandra's Run" ist daher
eher ein vorsichtiges Weiterdenken aktueller gesellschaftlicher
Entwicklungen, eine Extrapolation des Status Quo ohne ganz große
technische Sprünge, Magie oder lustige neue Rassen. 2030 war zu
Beginn der Saga 30 Jahre entfernt, heute sind es gerade noch 20...
und in den letzten 10 Jahren hat sich auch rückblickend nicht so
richtig viel Spektakuläres getan. Weder fliegen unsere Autos (was
angesichts mancher Fahrkünste wohl auch ganz gut ist), noch hat sich
der Mars-Tourismus fest etabliert. Entwicklungen brauchen einfach
Zeit, und nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch
wirtschaftlich sinnvoll.
Deswegen liegt der Fokus der Saga oft
auch eher auf den Einstellungen und Idealen der beteiligten Personen
als auf visionären Technikneuerungen und sonstiger Effekthascherei.
Da geht es etwa um die Frage, wie weit sich Menschen bevormunden und
eine heile Welt vorgaukeln lassen, wo die Grenzen zwischen Freiheit
und Sicherheit verlaufen. Und natürlich um die Tatsache, dass der
Widerstand mit seinen Aktionen trotz aller Nagelstiche und
kurzzeitigen Erfolge unter dem Strich auf weitgehend verlorenem
Posten steht.
Lene van Beek:Wie
entsteht bei euch eine Folge? Schreibt ihr das Skript zusammen und
verschanzt ihr euch eine Woche lang im Studio? Psychotischer Pfifferling:
Nein. Neue Skripte werden uns immer von harfenschwingenden
Engels-Chören fertig gebunden auf den Schreibtisch geliefert... (lacht) Meistens beginnt es mit einem
umfassenden Blick auf den "Cassandra's Run"-Ideenfriedhof.
Immer, wenn wir beim Schreiben unserer Ansicht nach tolle Ideen
haben, die aber gerade nicht ins Konzept passen, werden diese
archiviert und später noch einmal durchgeschaut. Das sind offene
Fäden, bekannte und neue Charaktere, Ideen zu den Hintergründen der
verschiedenen Parteien oder auch mal grober Unfug, den wir einfach
lustig finden.
Aus diversen Ideen und einigen
Kernmotiven (Ausgrenzung und Propaganda wie bei "Schratherbst",
Datenkontrollwahnsinn wie bei "Scanesis" oder im Fall von "Rauschgold"
menschliche Gier), wird dann in vielen, vielen Zwischenschritten das
fertige Skript. Hier ist die Besonderheit der Saga, dass die brainZ
während der Erstaustrahlung selbst mitentscheiden können, wie der
Run abläuft. Das ist natürlich Fluch und Segen zugleich. Einerseits
können wir bei den einzelnen Wegen so viel mehr Ideen und Wendungen
einbauen. Andererseits erhöht das natürlich die Komplexität des
Ganzen enorm und bedingt, dass immer einige sehr schöne Optionen ungespielt im Archiv landen.
Wenn das Skript dann steht, wird
traditionell das Nürnberger Parabol Studio
geentert (das uns dankenswerterweise immer mal wieder die
erforderliche Technik zur Verfügung stellt) und in ein bis zwei
Wochen alles aufgenommen. Nachdem das ganze Projekt aus Spaß an der
Freude betrieben wird und Macher wie Sprecher die Aufnahmen in ihrer
knappen Freizeit stemmen, ist das mitunter etwas spannend. Aber
irgendwie bekommt man es dann doch immer hin. Ja... und dann kommt
der Schnitt...
Lene van Beek: Seid ihr Autodidakten oder hat jemand von euch bereits Erfahrung gehabt, als ihr anfingt, das Hörspiel zu machen? Psychotischer Pfifferling:Die beiden ersten Mitglieder des Teams hatten seinerzeit offen
gesagt keine Ahnung, wie genau man so etwas umsetzen könnte.
Weswegen das weitgehend fertige Skript zum ersten Run auch erstmal
gepflegte weitere zwei Jahre in der Schublade lagerte. Erst durch den
Kontakt zu einem weiteren, in Sachen Audiobearbeitung sehr fitten
Teammitglied (den Sprecher von "Cassandra's Run"-Moderator Suleiman Morlock), kam dann
wirklich Bewegung in die Sache.
Nach mittlerweile 10 Jahren hat man
natürlich diverse Sachen gelernt. Einige durch learning by doing,
andere durch blutige Nasen. So ganz perfekt ist das, was wir in
Sachen "Cassandra's Run" zusammenzimmern wahrscheinlich bis
heute nicht und wird es auch nie sein. Zum Anhören und Spaß haben
reicht es aber allemal, und am Ende des Tages sind wir ja auch der im
schmutzigen Untergrund agierende Widerstand und nicht das Tonstudio
des Bayrischen Rundfunks.
Lene van Beek: Was für Probleme gab es am Anfang? Ist schon einmal etwas so richtig schiefgegangen? Psychotischer Pfifferling:
Eigentlich gibt es immer irgendwelche Probleme. Gerade gestern ist
etwa der Schnittrechner abgeraucht, was natürlich zwei Wochen vor
der Veröffentlichung nicht so wirklich grandios ist. Aber es wäre
nicht die erste Folge, die erst wenige Stunden vor dem Sendetermin
fertig wird.
Eine witzige Geschichte hatten wir bei
der letzten Folge "Scanesis". Hier hatten wir erstmals
verschiedene Webstreams angeboten, um möglichst alle der
mittlerweile weit über die Sendereichweite von Radio Z hinausgehende
Anhängerschaft der Saga an dem Run teilhaben zu lassen. Da hieß es
dann vorher "Macht Euch da mal keine Gedanken! Die Streams sind so
dick, die bekommt ihr nie ausgelastet!".
Naja. Fünf Minuten nach dem Run waren
jedenfalls alle Streams voll, und nach einer Viertelstunde nahm unser
Provider die CassRun-Seite vom Netz, weil er die massiven Zugriffe
für einen Hackerangriff hielt. Hat uns einiges an Nerven gekostet,
aber an anderer Stelle wiederum auch Spannendes bewirkt. So haben
einige der brainZ ihren Zugang zum Webstream über TeamSpeak und
Skype multipliziert und wiederum an andere Hörer weitergeleitet, die
in den eigentlichen Stream nicht mehr hinein kamen. Gelebte
Vernetzung des Widerstandes... so haben wir uns das vorgestellt!
Und damit es weiterhin spannend bleibt,
spielen wir dieses Mal das gesamte Stück nur übers Netz. Wie das
genau funktioniert, wird auf unserer Homepage erklärt.
Keine Ahnung, ob das am Ende klappt, aber nachdem wir mit der Saga
auch immer mal wieder Grenzen und neue Möglichkeiten austesten
möchten, gehen wir dieses Risiko jetzt einfach mal ein.
Lene van Beek: Wann kann man die ersten drei Folgen der Hörspielreihe wieder auf eurer Homepage herunterladen? Momentan sind sie ja leider nicht verfügbar. Psychotischer Pfifferling:
Voraussichtlich ab dem Frühjahr 2011.
Lene van Beek: Habt
ihr im nächsten Jahr schon Live-Termine geplant? Psychotischer Pfifferling:
Aktuell noch nicht. Wir basteln aber gerade an einem zweiten
Live-Stück und hoffen natürlich, mit beiden CassRun Live-Teilen
irgendwann mal 'ne Woche durch die Republik zu tingeln. Sobald sich
diesbezüglich was tut, wird es auf der Homepage
angekündigt. Und wenn Ihr dann in Eurer Gegend eine Location wisst,
die Cassandra, Sul und den brainZ gerne mal einen Abend eine Bühne
bieten würde, lasst es uns einfach wissen!
Lene van Beek: Danke für eure Zeit, trotz Terminstress noch ein Interview dazwischen zu schieben. Habt ihr für unsere Leser noch letzte Worte zur neuen Folge "Rauschgold"? Psychotischer Pfifferling:
Haltet Augen und Ohren offen - der Konzern ist überall... Wir haben auch dieses Mal einige
Details und Querverbindungen im Stück versteckt, die nur die
aufmerksamen brainZ entdecken werden. Und manchmal ist es gerade ein
solch kleines Detail, welches den Unterschied zwischen Erfolg und
Scheitern ausmacht.
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