Mit: Guy Pearce, Samantha Mumba, Mark Addy, Sienna Guillory, Orlando Jones, Jeremy Irons u.a.
Kurzinhalt:
Der New Yorker Wissenschaftler und Professor Alexander Hartdegen ist ein schwieriger Zeitgenosse: Von seinen Visionen, Formeln und Forschungen wie besessen, ist er oftmals enorm zerstreut. So vergisst er auch fast auf seine Verabredung mit Emma – eine ganz besondere, will er ihr doch einen Heiratsantrag machen. Emma nimmt diesen an, doch ihr Glück währt nicht lange: Alexander und Emma werden von einem Dieb überfallen, und sie verliert dabei ihr Leben. Nach diesem schweren Schicksalsschlag stürzt sich der Professor noch besessener in seiner Arbeit. 5 Jahre arbeitet er wie verbissen an einem Projekt, ehe es endlich erfolgreich fertig gestellt ist: Eine Zeitmaschine. Mit dieser möchte er jenes tragische Ereignis, dass sein Leben aus der Bahn geworfen hat, verhindern. Doch als sein Versuch, ihren Tod zu verhindern fehlschlägt, reist er stattdessen in die Zukunft, um eine Antwort auf die Frage zu finden, warum er die Vergangenheit nicht verändern kann.
Review:
Eigentlich stand ich der Idee, diesen Klassiker der SF-Filmgeschichte zu modernisieren, ja durchaus aufgeschlossen gegenüber. "Die Zeitmaschine" ist ein gelungener Film, aber meines Erachtens kein unantastbares Meisterwerk, wo allein schon die Idee eines Remakes einem Affront gleichkommt. Durch die moderne Tricktechnik ließen sich die Zeitreisen bestimmt optisch beeindruckender in Szene setzen, die ersten Designs – vor allem der Zeitmaschine, die sich nah am George Pal’s Version zu orientieren schien – sahen durchaus vielversprechend aus, und mit einem Nachfahren von H.G. Wells höchstpersönlich hinter der Kamera, schien eigentlich nichts falschgehen zu können. Richtig? Falsch! "The Time Machine" ist nicht nur eines der schlechtesten Remakes aller Zeiten, er lässt es zudem an so ziemlich allem vermissen, was H.G. Wells Literaturklassiker so ausgezeichnet hat – und mag damit gut und gern eine der unwürdigsten Adaptionen der Filmgeschichte sein.
Das beginnt schon bei so Kleinigkeiten wie der Tatsache, dass man zwar die Epoche, in der der Film spielt, unverändert lässt, dafür jedoch dem Zeitreisenden einen anderen Namen gibt und ihn aus dem viktorianischen London ins New York um die Jahrhundertwende umsiedelt. Im Vergleich zum ganzen Rest, den man sich hier geleistet hat, eine Lappalie, es zeigt aber auf sehr anschauliche Art und Weise den mangelnden Respekt der Filmemacher sowohl vor dem Original als auch der Romanvorlage. Viel schwerer wiegt allerdings die Tatsache, dass dem Zeitreisenden hier unbedingt noch eine besondere Motivation für seine Forschung und sein Interesse an Zeitreisen angedichtet werden musste. Ich gebe ja zu, in unserer heutigen Zeit, wo niemand mehr etwas zu machen scheint, wenn er sich daraus nicht einen persönlichen Vorteil erwartet, mag die Idee, einfach nur aus wissenschaftlichem Interesse zu Forschen und zu Erfinden, angestaubt, veraltet und nicht nachvollziehbar erscheinen. Genau das war aber einer jener Punkte, welche für mich sowohl Roman als auch Originalverfilmung ausgezeichnet haben.
Viel schlimmer ist aber, wie sein Scheitern umgesetzt wurde; hier überschreitet man dann nämlich endgültig die Grenze von "unwürdig" zu "dämlich": Er reist zurück, es gelingt ihm, seine Geliebte zu retten, doch kurz darauf stirbt sie bei einem ziemlich ungewöhnlichen Unfall. Daraus schließt Alexander natürlich sofort, dass er sie nicht retten kann, und beschließt in die Zukunft aufzubrechen, um eine Antwort auf die Frage nach dem „Warum?“ zu finden. Lasst mich das bitte nochmal wiederholen: Alexander verbringt nach dem Tod seiner heißgeliebten Emma 5 Jahre (!!) damit, eine Zeitmaschine zu erfinden, um diese tragische Wendung des Schicksals zu verhindern. Er reist zurück, versucht es ein einziges Mal, doch Emma wird von einem aufgescheuchten Pferdegespann über"fahren". Und anstatt vielleicht auf die Idee zu kommen, es noch einmal zu versuchen, sie woanders hinzubringen wo es sicherer ist etc., gibt er einfach auf? Nach einem Versuch? Nachdem er 5 Jahre lang von der Idee besessen war, sie zu retten, und sein ganzes Leben diesem Zeit geopfert hat? Muss man das verstehen?!?!
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Grundsätzlich finde ich die Idee, dass er die Vergangenheit nicht ändern kann, sowie die Begründung die dafür später gegeben wird, recht gelungen. Aber so wie es hier umgesetzt wurde ist es einfach nur bescheuert. Wenn sie uns in einer kurzen Montage gezeigt hätten, wie er es wieder und wieder versucht, und immer damit scheitert, dann hätte ich es verstehen können, wenn er schließlich aufgibt. Aber so machte es einfach überhaupt keinen Sinn. Es hilft auch nicht, dass ihr Tod so absurd ist, dass man meinen könnte, "The Time Machine" hätte die "Final Destination"-Reihe inspiriert. Wenn sie einfach so, scheinbar grundlos, genau zu jenem Zeitpunkt als sie in der ursprünglichen Zeitlinie angeschossen wurde gestorben wäre, hätte mir das deutlich besser gefallen, als dieser recht unglaubwürdige Unfall. Es hilft auch nicht, dass uns seine große Liebe für Emma nie wirklich gezeigt wird – wir sollen diese wohl allein deshalb akzeptieren und als gegeben hinnehmen, da Sienna Guillory so bezaubernd aussieht. Der letzte Kritikpunkt an dieser Idee betrifft dann schließlich die Tatsache, dass man die Frage, was eigentlich mit dem "richtigen" Alexander passiert, schlicht umgeht, in dem man erst gar nicht darauf eingeht.
Doch auch nach seiner Reise ins Jahr 802701 wird der Film kaum besser; ganz im Gegenteil, hält sich doch die hier vorgestellte Zukunftsvision in einem ganz wesentlichen Punkt (der in George Pal’s Verfilmung zwar leicht abgeschwächt wurde, aber nichtsdestotrotz immer noch vorhanden war) nicht im Geringsten an die faszinierende Vorlage: Die Gesellschaftsordnung, bzw. die eigenwillige Beziehung zwischen Eloi und Morlocks. In H.G. Wells Roman waren beide Seiten voneinander abhängig: Die Morlocks brauchten die Eloi als Nahrung, und letztere waren so hilflos, dass sie ohne die Hilfe der Morlocks, die ihnen Essen, Kleidung etc. bereitstellen, nicht lange überleben könnten. Eben dies war eine der zentralen Eckpunkte und faszinierendsten Ideen des Romans; und wird von H.G. Wells eigenem Urenkel völlig ignoriert. In "The Time Machine" können die Eloi nämlich sehr wohl für sich selbst sorgen; aus einer faszinierenden Idee ist eine schlichte 08/15-Geschichte rund um ein Volk geworden, dass von einem anderen terrorisiert wird.
Um zumindest etwas aus der Original-Verfilmung beizubehalten, hat man wenn schon keine der Stärken zumindest eine Schwäche übernommen: So sprechen – zumindest einige – Eloi hier so wie in George Pal’s Film Englisch, was doch etwas unglaubwürdig erscheint und noch dazu hier völlig hirnrissig erklärt wird (die Eloi erlernen die Sprache mit Hilfe von ein paar Steintafel? Ernsthaft?), aber, unglaublich aber wahr, im Vergleich zu den ganzen anderen Problemen des Films sogar noch vergleichsweise vernachlässigbar erscheint. Viel schlimmer fand ich da schon die Idee eines Über-Morlocks, was erneut H.G. Wells Zukunftsvision einer sowohl über- als auch unterirdisch degenerierten Menschheit völlig ad absurdum führt und mit Füßen tritt. Ich könnte mich jetzt noch weiter über die Handlung oder unlogische Schwächen auslassen, wie den überaus großen Zufall dass genau jenes Auskunftsprogramm aus dem Museum als allereinzigstes überlebt (und selbst nach fast 800.000 Jahre noch funktioniert), das Alexander damals bei seinem ersten kurzen Sprung in die Zukunft getroffen hat – aber um ehrlich zu sein, ich habe nun wirklich schon genug Zeit an „The Time Machine“ verschwendet.
Neben den zahlreichen Schwächen gibt es auch Aspekte, die weder sonderlich positiv noch negativ auffallen, oder aber beides. Letzteres gilt z.B. für den Soundtrack von Klaus Badelt, der stellenweise durchaus gefallen kann, sein Thema für die Eloi (klick) – so wunderschön es auch klingen mag – erinnert aber von der musikalischen Gestaltung her dann doch etwas zu sehr an den Refrain von "Adiemus". Das Design der Morlocks orientiert sich zwar grundsätzlich an George Pal’s Verfilmung, aber dadurch, dass man die leuchtenden Augen einspart und die Masken generell etwas steif und damit nicht mehr wirklich zeitgemäß wirken, können sie nur bedingt überzeugen. Die schauspielerischen Leistungen sind soweit in Ordnung. Guy Pearce gefällt, ohne zu glänzen, Samantha Mumba verleiht Weena wenn schon sonst nichts zumindest eine exotische Schönheit, und Jeremy Irons schlüpft erneut in eine recht einfallslose Bad Guy-Rolle, die es ihm aber zumindest erlaubt, den Film kurz zu dominieren.
Darüber hinaus gibt es dann auch noch ein paar gänzlich positive Aspekte, die zumindest ansatzweise für den Rest des Films – insbesondere die enttäuschende Handlung – entschädigen. Allen voran sind hier die Effekte zu nennen; vor allem die Zeitreisen sind optisch überzeugend umgesetzt und wissen zu gefallen. Auch die Zerstörung des Mondes wurde imposant ungesetzt, und sorgt für einige denkwürdige Bilder. Letzterer ist für mich übrigens eine der wenigen guten Ideen an dieser Neuinterpretation von H.G. Wells Klassiker. War es dort die gesellschaftliche Trennung in eine Ober- und Unterschicht, und in George Pal’s Verfilmung ein Krieg, ist es hier ein zu rasanter wissenschaftlicher Fortschritt bzw. die Gewinnsucht eines Konzerns, die zur Katastrophe führen. Durchaus gelungen finde ich auch die Rollenaufteilung der Morlocks in Kundschafter, Jäger etc. Die mit Abstand beste Szene des Films ist jedoch die clever umgesetzte letzte Einstellung, als Philby und Mrs. Watchett über das Schicksal des Zeitreisenden sinnieren, während wir ihn im gleichen Bild dabei sehen, wie er dabei ist sowohl seine Zukunft sowie jene der Menschheit neu zu gestalten. Nach all den Enttäuschungen und Ärgernissen davor schafft es dieser versöhnliche Abschluss, der sogar ansatzweise berühren kann, mich doch noch halbwegs milde zu stimmen…
Fazit:
Es ist immer traurig, wenn ein guter Film oder ein noch besserer Roman als Vorlage für eine unwürdige Neuinterpretation herhalten müssen, die gerade jene Elemente welche diese so ausgezeichnet hat, ausspart, und damit die Vorlage mit Füßen tritt. Wenn aber just der Ur-Enkel des Autors bei dieser Schändung an vorderster Front mit dabei ist, verleiht es dem Endprodukt erst recht einen tragisch-enttäuschenden Beigeschmack. Simon Wells hat entweder den Roman seines Urgroßvaters nicht verstanden, oder es war ihm schlicht und ergreifend egal – und es fällt mir schwer zu entscheiden, was davon schlimmer wäre. Völliger Reinfall ist "The Time Machine" dennoch keiner: Er konzentriert sich zwar zu sehr auf Action und mündet schließlich in einem klischeehaften Showdown, bleibt aber aufgrund des hohen Tempos nichtsdestotrotz unterhaltsam – zumindest sofern man es schafft, sich nicht zu sehr über diese Verschandelung des Romans/des Originals zu ärgern. Vor allem jenen, welche weder das eine noch das andere kennen und es zudem schaffen, ihr Hirn auszuschalten, dürfte "The Time Machine", der trotz aller Schwächen noch akzeptable Unterhaltung liefert, durchaus gefallen – leider gehöre ich nicht dazu. Als Abenteuerfilm im Stile eines Jules Verne wäre "The Time Machine" ja durchaus in Ordnung, aber als Verfilmung einer der ganz großen Klassiker der SF-Literatur ist er eine absolute Schande…